Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img] |
|
|
{T 0/2}
1B_193/2013
|
|
|
Urteil vom 12. Dezember 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft March, Rathausplatz 1, Postfach 162, 8853 Lachen, Beschwerdeführerin, vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, Postfach 1201, 6431 Schwyz,
gegen
X.________, Beschwerdegegner.
Gegenstand
Beschlagnahme,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 22. April 2013 des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft March führt eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen Drogendelikten. Anlässlich seiner (in anderem Zusammenhang erfolgten) polizeilichen Verhaftung am 18. Januar 2013 bzw. der gleichentags durchgeführten Hausdurchsuchung wurden unter anderem Betäubungsmittel (2,86 kg Marihuana) sowie Fr. 5'000.-- in bar sichergestellt. Am 7. März 2013 verfügte die Staatsanwaltschaft die Einziehungs- und Deckungsbeschlagnahme des Geldbetrages. Eine vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, mit Beschluss vom 22. April 2013 gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den Beschlagnahmebefehl auf und legte die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 800.-- der Staatsanwaltschaft auf.
B.
Gegen den Entscheid des Kantonsgerichtes gelangte die Staatsanwaltschaft, vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft, mit Beschwerde vom 22. Mai 2013 an das Bundesgericht. Sie beantragt (im Hauptstandpunkt) die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
Der Beschuldigte liess sich am 10. Juni 2013 vernehmen. Das Kantonsgericht beantragt mit Stellungnahme vom 17. Juni 2013, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Mit prozessleitender Verfügung vom 21. Juni 2013 bewilligte das Bundesgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft replizierte am 5. Juli 2013.
Erwägungen:
1.
1.1. Die untersuchungsleitende Staatsanwaltschaft (vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft) ficht einen Entscheid an, in welchem die kantonale Beschwerdeinstanz eine Vermögensbeschlagnahme aufgehoben hat. Es stellt sich die Frage, ob die Sachurteilsvoraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) hier erfüllt ist (vgl. BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat die Möglichkeit eines solchen Nachteils (der untersuchungsleitenden Behörde) insbesondere in Fällen der Abweisung von Gesuchen um Anordnung von Telefonüberwachungen (BGE 137 IV 340 E. 2.3.3-2.3.4 S. 345 f.), von Untersuchungshaft (vgl. BGE 137 IV 22 E. 1.2-1.4 S. 23-25; 87 E. 3 S. 89-92), von Entsiegelungen (Urteil 1B_517/2012 vom 27. Februar 2013 E. 4) oder bei streitiger Parteiöffentlichkeit von Einvernahmen (BGE 139 IV 25 E. 1 S. 27) ausdrücklich oder sinngemäss bejaht.
1.2. Die Staatsanwaltschaft legt Folgendes dar: Anlässlich der Hausdurchsuchung seien beim Beschuldigten 2,86 kg Marihuana sowie Fr. 5'000.-- (fünf Tausendernoten) in bar sichergestellt worden. Schon aufgrund der grossen Drogenmenge seien die Vorbringen des Beschuldigten, es handle sich um Drogenbesitz zum Eigenkonsum, wenig glaubhaft. Hinzu komme, dass er keine nachvollziehbaren Erklärungen zur Herkunft des sichergestellten relativ grossen Bargeldbetrages gemacht habe. Es bestehe der Verdacht von Drogenhandel (bzw. massiver Eigenproduktion), der noch näher abgeklärt werden müsse. Da die Untersuchung wegen Betäubungsmitteldelikten erst am 7. März 2013 eröffnet worden sei, stünden die Ermittlungen noch im Anfangsstadium. Falls sich der Verdacht erhärtet, dass das beschlagnahmte Bargeld aus Drogenhandel stammt, werde es vom Strafrichter einzuziehen sein. Ausserdem bestehe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte eine allfällige Geldstrafe oder Busse bzw. ihm auferlegte Kosten nicht bezahlen werde. Er verdiene lediglich ca. Fr. 1'000.-- pro Monat und habe höchstens noch einige tausend Franken an beweglichem Vermögen. Es sei zu befürchten, dass er den beschlagnahmten Bargeldbetrag für seinen Lebensunterhalt verbrauchen und dadurch den Vollzug der drohenden Einziehung vereiteln würde.
1.3. Bei dieser Sachlage ist ein drohender nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil (im Lichte der dargelegten Rechtsprechung) grundsätzlich zu bejahen. Hinzu kommt, dass im angefochtenen Entscheid Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 800.-- der Staatsanwaltschaft March (als Untersuchungsbehörde) direkt und definitiv auferlegt werden, was diese ebenfalls als bundesrechtswidrig anficht.
1.4. Die Staatsanwaltschaft und die Oberstaatsanwaltschaft (welche im Kanton Schwyz die Koordination der Strafuntersuchungen durch die kantonalen Staatsanwaltschaften inne hat) sind in dieser Konstellation auch zur Beschwerdeführung grundsätzlich befugt (vgl. Art. 81 lit. a und lit. b Ziff. 3 BGG; BGE 139 IV 25 E. 1 S. 27; 137 IV 22 E. 1.2-1.4 S. 23-25; 87 E. 3 S. 89-92; 230 E. 1 S. 232; 237 E. 1.2 S. 240; 340 E. 2.3 S. 344-346).
2.
Die Staatsanwaltschaft rügt, die Vorinstanz verneine in bundesrechtswidriger Weise die Beschlagnahmbarkeit des sichergestellten Bargeldes. Insbesondere schliesse das Kantonsgericht eine Ausgleichseinziehung nach Art. 70 StGB zu Unrecht von Vornherein aus. Darin liege eine Verletzung von Art. 263 StPO.
2.1. Gegenstände und Vermögenswerte der beschuldigten Person (oder einer Drittperson) können insbesondere beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich (nach Art. 69 ff. StGB bzw. Art. 90a Abs. 1 SVG) einzuziehen sind (Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO) oder zur Sicherstellung von Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen und Entschädigungen gebraucht werden (Art. 263 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 268 StPO). Strafprozessuale Beschlagnahmen setzen voraus, dass ein hinreichender, objektiv begründeter konkreter Tatverdacht besteht (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO). Die Zwangsmassnahme muss ausserdem vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz standhalten (Art. 197 Abs. 1 lit. c-d und Abs. 2 StPO). Einziehungsbeschlagnahmen sind auch aufzuheben, falls eine strafrechtliche Sicherungs- oder Ausgleichseinziehung des beschlagnahmten Gegenstandes aus materiellrechtlichen Gründen bereits als offensichtlich unzulässig erscheint (BGE 137 IV 145 E. 6.4 S. 151 f.; 124 IV 313 E. 4 S. 316; s. auch BGE 128 I 129 E. 3.1.3 S. 133 f.; 126 I 97 E. 3d/aa S. 107). Die materiell-strafrechtlichen Voraussetzungen der Ausgleichseinziehung von Deliktserlös sind in Art. 70-72 StGB geregelt.
2.2. Der private Beschwerdegegner macht geltend, der Polizeieinsatz vom 18. Januar 2013 sei übertrieben gewesen. Bei der Pistole, die er seiner Ex-Freundin mit den Worten entgegen gehalten habe, sie solle "fertig machen, was sie begonnen habe", habe es sich um eine Plastikpistole gehandelt. Obwohl der richterliche Hausdurchsuchungsbefehl am Vorabend (um 21.00 Uhr) ausgestellt worden sei, habe der Polizeieinsatz mitten in der Nacht stattgefunden. Er habe seine Ex-Freundin nicht genötigt. Diese habe ihren Strafantrag am 22. Mai 2013 zurückgezogen. Die Polizei habe von ihr erfahren, dass er Hanf bei sich zuhause aufbewahrte. Das sichergestellte Marihuana habe er für den Eigengebrauch selbst angebaut. Er konsumiere es jeweils am Abend, wenn er Schmerzen im Knie habe.
2.3. Die Beschlagnahmevoraussetzungen sind hier grundsätzlich erfüllt. Insbesondere besteht ein konkreter Anfangstatverdacht von Betäubungsmitteldelikten (vgl. oben, E. 1.2). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann auch die Einziehbarkeit des beschlagnahmten Bargeldbetrages im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Drogenhandels nicht schon im aktuellen frühen Untersuchungsstadium zum Vornherein verneint werden. Die Staatsanwaltschaft legt sodann sachliche konkrete Gründe für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der drohenden Uneinbringlichkeit von Geldstrafen, Bussen und Kosten dar. Auch im angefochtenen Entscheid wurde eingeräumt, dass der Beschuldigte "nur über beschränktes Einkommen" verfüge. Eine unzulässige Verwertung eines Zufallsfundes oder ein unverhältnismässiges Vorgehen der kantonalen Behörden ist hier nicht ersichtlich, zumal die Vorinstanz selber ausführt, die polizeiliche Intervention vom 18. Januar 2013 sei erfolgt, nachdem der Beschuldigte seiner Ex-Freundin eine Pistole in die Hand gedrückt und sie aufgefordert habe, sie solle ihn erschiessen. Weitere gesetzliche Beschlagnahmehindernisse werden weder im angefochtenen Entscheid noch vom privaten Beschwerdegegner dargelegt. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
3.
Die Staatsanwaltschaft rügt schliesslich noch, die Vorinstanz habe ihr zu Unrecht die Kosten des kantonalen Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Fr. 800.-- auferlegt. In ihren Erwägungen (angefochtener Entscheid, S. 4 E. 4) präzisiert die Vorinstanz, diese Kosten seien "der unterliegenden Staatsanwaltschaft zu Lasten ihres Gemeinwesens" (Bezirk March) aufzuerlegen.
Da der angefochtene Beschwerdeentscheid aufzuheben und die Kosten (gemäss dem Verfahrensausgang) ohnehin neu zu verlegen sind (vgl. unten, E. 4), kann offen bleiben, ob die Vorinstanz (im Falle einer Gutheissung der StPO-Beschwerde) die Kosten des kantonalen Beschwerdeverfahrens der Staatsanwaltschaft bzw. dem Bezirk March hätte auferlegen dürfen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Staatsanwaltschaft in ihrer Funktion als untersuchungsleitende und erstinstanzlich verfügende Behörde grundsätzlich keine Partei des Strafverfahrens darstellt (vgl. Art. 16 Abs. 2 und Art. 308 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. c StPO). Bei Gutheissung einer StPO-Beschwerde des Beschuldigten im Vorverfahren könnten ihr jedenfalls keine Verfahrenskosten direkt (wie einer unterliegenden Partei) auferlegt werden (vgl. Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO). Falls die erstinstanzlich verfügende Untersuchungsbehörde mit ihrem Standpunkt unterliegt und die StPO-Beschwerde des Beschuldigten gutgeheissen wird, wären die Kosten des Beschwerdeverfahrens vielmehr auf die Staatskasse zu nehmen.
4.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Das Bundesgericht entscheidet bei der vorliegenden Sachlage reformatorisch (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG) und bestätigt die Beschlagnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft.
Über die Kosten des kantonalen Beschwerdeverfahrens hat die Vorinstanz neu zu befinden. Gemäss dem angefochtenen Entscheid habe der Beschuldigte im kantonalen Beschwerdeverfahren ein Gesuch um "amtliche Verteidigung" gestellt. Ob die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Prozessführung erfüllt (oder die Kosten des kantonalen Beschwerdeverfahrens dem Beschuldigten aufzuerlegen) sind, wird die Vorinstanz zu prüfen haben (Art. 428 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 67 BGG). Für die Prüfung von Gesuchen um amtliche Verteidigung im Untersuchungsverfahren wäre die Staatsanwaltschaft zuständig (vgl. Art. 133 Abs. 1 StPO).
Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich, für das Verfahren vor Bundesgericht von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss vom 22. April 2013 des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer, wird aufgehoben, und die Beschlagnahmeverfügung vom 7. März 2013 der Staatsanwaltschaft wird bestätigt.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 12. Dezember 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Forster