Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
1B_441/2013
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Urteil vom 6. Januar 2014
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg,
Beschwerdeführerin,
gegen
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau, Mellingerstrasse 2a, 5400 Baden.
Gegenstand
Telefonüberwachung,
Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. November 2013 des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen eines Tötungsdeliktes. Am 21. November 2013 ersuchte die Staatsanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau, die von ihr gleichentags (für den Zeitraum vom 21. November 2013 bis 21. Februar 2014) angeordnete (aktive) Überwachung von drei Telefonanschlüssen zu genehmigen. Das Zwangsmassnahmengericht verweigerte die Genehmigung der Überwachungsmassnahmen mit Verfügung vom 21. November 2013.
B.
Gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts gelangte die Staatsanwaltschaft mit Beschwerde vom 10. Dezember 2013 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Genehmigung der beantragten Überwachungsmassnahmen. In prozessualer Hinsicht ersucht sie darum, einen allfälligen gutheissenden Entscheid des Bundesgerichtes einstweilen nicht zu veröffentlichen.
Das Zwangsmassnahmengericht hat auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet.
Erwägungen:
1.
Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Beschwerde gegen die Nichtbewilligung der Telefonüberwachungen ist zulässig (vgl. BGE 137 IV 340 E. 2 S. 342 ff.; nicht amtl. publizierte E. 1 von BGE 138 IV 232).
2.
Die Vorinstanz begründet die Nichtbewilligung der Telefonüberwachung mit dem Argument, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine aktive Überwachung der Telefonanschlüsse von Dritten seien hier nicht erfüllt. Insbesondere befinde sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft, weshalb allfällige ihm zur Verfügung stehende Telefonanschlüsse bekannt wären und nötigenfalls direkt überwacht werden könnten.
3.
Die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft macht geltend, der dringende Tatverdacht der vorsätzlichen Tötung (eventuell des Mordes) habe sich erhärtet. Die Beweislage sei in objektiver Hinsicht "eher klar". Weiter abzuklären sei jedoch das Motiv des Beschuldigten. In diesem Zusammenhang habe sich ein Angehöriger des Beschuldigten möglicherweise einer falschen Zeugenaussage schuldig gemacht. Zwar habe das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau den von ihr, der Staatsanwaltschaft, gegen diesen Angehörigen gestellten Haftantrag (am 21. November 2013) abgewiesen. Auch sei der Angehörige der Teilnahme am untersuchten Tötungsdelikt nicht verdächtig. Er könne jedoch versucht sein, weitere (noch zu befragende) Verwandte zu warnen und ihnen Instruktionen zu erteilen. Insofern bestehe Kollusionsgefahr. Aus diesem Grund seien die Telefonanschlüsse des Angehörigen (sowie ein Anschluss seiner Frau) aktiv zu überwachen.
4.
Den von den Überwachungsmassnahmen direkt betroffenen Personen (Inhaber der zu überwachenden Telefonanschlüsse) wird keine Beteiligung am untersuchten Tötungsdelikt zur Last gelegt. Die Überwachungsmassnahme betrifft somit nicht die Telefonanschlüsse des Beschuldigten, sondern von deliktsunbeteiligten Drittpersonen. Soweit die Überwachungen der Aufklärung einer separat untersuchten falschen Zeugenaussage (Art. 307 StGB) dienen sollten, fiele diese Straftat nicht in den Deliktskatalog von Art. 269 Abs. 2 StPO.
4.1. Nach Art. 270 lit. b StPO darf der Telefonanschluss von Drittpersonen überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass entweder die beschuldigte Person den Anschluss der Drittperson benutzt (Ziff. 1) oder die Drittperson für die beschuldigte Person bestimmte Mitteilungen entgegennimmt oder von dieser stammende Mitteilungen an eine weitere Person weiterleitet (Ziff. 2).
4.2. Die Abhörung von Drittanschlüssen dient dazu, mit Fernmeldegeräten verbreitete Informationen über Straftaten auch dann zu erlangen, wenn sie nicht durch Überwachung des Telefonanschlusses des Beschuldigten beschafft werden können. Im Vordergrund steht die Konstellation, dass der Beschuldigte anstatt seines Anschlusses denjenigen einer Drittperson benutzt. Art. 270 lit. b StPO erlaubt in diesem Fall die Überwachung (Ziff. 1), geht jedoch noch weiter und gestattet sie ebenfalls, wenn der Beschuldigte selber die Fernmeldegeräte gar nicht benutzt, sondern Dritte damit beauftragt, für ihn Mitteilungen entgegenzunehmen oder an andere Personen weiterzuleiten (Ziff. 2). Weiter ist es auch denkbar, dass der Beschuldigte zwar von einem eigenen Anschluss aus Gespräche führt, dieser aber - etwa wegen dessen ständigen Wechsels - nicht ermittelt und daher nicht überwacht werden kann. Informationen über die Straftat (oder den Aufenthaltsort des Täters) lassen sich diesfalls nur durch Überwachung des Drittanschlusses erlangen, auf den der Beschuldigte anruft. Auch eine solche Benutzung eines Drittanschlusses zum Empfang von Gesprächen mit dem Beschuldigten ist nach der Praxis des Bundesgerichtes unter Art. 270 lit. b Ziff. 1 StPO zu subsumieren. Damit soll vermieden werden, dass sich mutmassliche Straftäter durch ständigen Wechsel der verwendeten Geräte einer Überwachung entziehen können (BGE 138 IV 232 E. 6.1 S. 238). Eine entsprechende Überwachung kommt allerdings nur in Frage, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschuldigte die fragliche Drittperson anruft und sich daraus Hinweise auf die Straftat oder den Aufenthalt des Beschuldigten ergeben. Die anordnende Behörde hat sodann geeignete Anweisungen zu treffen, damit die mit der Ermittlung befassten Personen nicht Informationen erlangen, die mit dem Gegenstand der Untersuchung nicht im Zusammenhang stehen (BGE 138 IV 232 E. 6.2 S. 239). Auch ist die Verhältnismässigkeit einer solchen Massnahme aufgrund der konkreten Umstände besonders genau zu prüfen (Art. 197 Abs. 1 lit. c-d und Abs. 2 sowie Art. 269 Abs. 1 lit. b StPO). Die Abhörung des Drittanschlusses ist jedenfalls abzubrechen, sobald der Anschluss, von dem aus der Beschuldigte die Gespräche führt, bekannt ist und selber überwacht werden kann (BGE 138 IV 232 E. 6.3 S. 239).
4.3. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft drängt es sich auf, die Telefonanschlüsse von zwei Angehörigen des Beschuldigten zu überwachen. Auf dessen Betreiben hin könnten diese versucht sein, das Aussageverhalten von Gewährspersonen (zu Fragen der möglichen Motive bzw. der Familienverhältnisse des Beschuldigten) zu beeinflussen. Zwar befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft, und es ist nicht ersichtlich, dass ihm in der Haft Telefonanschlüsse zur Verfügung stünden, welche von den Behörden nicht bestimmt und nötigenfalls direkt überwacht werden könnten. Die Staatsanwaltschaft legt jedoch dar, dass der Beschuldigte selbst aus der Haft heraus zu Kollusionshandlungen neige und Angehörige als Informationsvermittler einzusetzen versuche. In einem Brief an einen als Zeugen befragten Angehörigen habe der Beschuldigte mitgeteilt, dass dieser Angehörige Besuch von einem Freund erhalten werde. Beim Besucher habe es sich - nach Angaben des Beschuldigten - um einen ehemaligen Zellengenossen des Beschuldigten gehandelt. Unterdessen habe sich herausgestellt, dass es sich bei der Person, die den Angehörigen (auf Wunsch des Beschuldigten) habe besuchen sollen, um einen anderen ehemaligen Mitgefangenen gehandelt habe. Nach dessen Aussagen sei er vom Beschuldigten beauftragt worden, dem genannten Angehörigen Instruktionen darüber weiterzuleiten, wie mögliche Gewährspersonen bei Einvernahmen aussagen sollten. Ausserdem bestehe (laut Staatsanwaltschaft) der Verdacht, dass der Angehörige falsche Zeugenaussagen gemacht habe.
4.4. Bei dieser Sachlage ist hier von einem Anwendungsfall von Art. 270 lit. b Ziff. 2 StPO auszugehen. Es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die von der Überwachung betroffenen Drittpersonen vom Beschuldigten stammende Mitteilungen an weitere Personen weiterleiten könnten. Auch die Verhältnismässigkeit der Überwachung (Art. 269 Abs. 1 lit. b StPO) ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Staatsanwaltschaft untersucht ein Kapitalverbrechen, und die von Kollusion bedrohten Aussagen von Gewährspersonen erscheinen für die sorgfältige Abklärung der Staftat (insbesondere betreffend die möglichen Motive und die familiären Verhältnisse des Beschuldigten) relevant.
4.5. Da auch die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere der dringende Tatverdacht eines Katalogdeliktes und die Subsidiarität der Untersuchungsmassnahmen (Art. 269 Abs. 1 lit. a und c sowie Abs. 2 lit. a StPO) erfüllt sind, ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die angeordnete Überwachung zu genehmigen. Angesichts des Umstands, dass das Genehmigungsverfahren möglichst rasch durchzuführen ist (vgl. Art. 274 Abs. 2 StPO) und der massgebliche Sachverhalt feststeht, sieht das Bundesgericht von einer Rückweisung an die Vorinstanz ab und genehmigt selber die Überwachung (Art. 107 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 138 IV 232 E. 7 S. 240). Die Staatsanwaltschaft wird allerdings geeignete Anweisungen zu treffen haben, damit die mit der Ermittlung befassten Personen nicht Informationen erlangen, die mit dem Gegenstand der Untersuchung nicht im Zusammenhang stehen.
5.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, die angefochtene Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben und die von der Staatsanwaltschaft angeordnete Überwachung von Telefonanschlüssen zu genehmigen.
Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Verfügung vom 21. November 2013 des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau wird aufgehoben.
2.
Die von der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach am 21. November 2013 angeordnete Überwachung von Telefonanschlüssen wird genehmigt.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Januar 2014
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Forster