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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
8C_702/2013
{
T 0/2
}
Urteil vom 21. Januar 2014
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.
Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
K.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Unfallversicherung (Rückfall, Berufskrankheit),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 28. August 2013.
Sachverhalt:
A.
Wegen Schmerzen im rechten Handgelenk, welche während der Arbeit beim dort häufig erforderlichen Bewegen der Computermaus aufgetreten waren und ab 12. Juli bis zur Wiederaufnahme der Arbeit am 9. August 2010 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt hatten, erhielt K.________ (Jg. 1960) Leistungen (Heilbehandlung und Taggelder) der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zugesprochen. Auf eine Rückfallmeldung vom 17. Juli 2012 hin teilte die SUVA K.________ am 9. August 2012 brieflich mit, dass die neu gemeldeten Beschwerden nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 12. Juli 2010 zurückzuführen seien, weshalb keine Leistungen ausgerichtet werden könnten. Dies eröffnete sie auf Verlangen der SWICA Gesundheitsorganisation - der Krankenversicherung von K.________ - am 17. September 2012 auch verfügungsweise. Auf Einsprachen von K.________ und dessen Krankenversicherung hin hielt sie daran mit Einspracheentscheid vom 14. Februar 2013 fest.
B.
In Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht diesen Entscheid am 28. August 2013 mit der Feststellung auf, dass die SUVA dem Versicherten für die Folgen der als Berufskrankheit zu qualifizierenden Beschwerden Leistungen zu erbringen habe.
C.
Beschwerdeweise beantragt die SUVA die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Bestätigung ihres Einspracheentscheids.
K.________ und die Vorinstanz schliessen je auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Die Rückfallmeldung vom 17. Juli 2012 wird auch vom Versicherten und heutigen Beschwerdegegner selbst nicht auf ein Unfallereignis zurückgeführt, weshalb eine Leistungspflicht des Unfallversicherers im Wesentlichen nur in Betracht fällt, wenn zwischen dem als Berufskrankheit anerkannten Versicherungsfall im Jahre 2010, für welchen die SUVA ihre Leistungen erbracht hat, und den 2012 aufgetretenen Schmerzen ein Kausalzusammenhang besteht und/oder im neu gemeldeten Leiden selbst eine Berufskrankheit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 oder 2 UVG zu erblicken ist (vgl. Art. 6 UVG [insb. dessen Abs. 1]). Bezüglich des Inhalts von Art. 9 UVG wird auf E. 2.1 des angefochtenen kantonalen Entscheids verwiesen.
2.1. Wie die Vorinstanz mit Recht erkannt hat, scheidet eine Leistungspflicht gestützt auf Art. 9 Abs. 1 UVG von vornherein aus, weil der Beschwerdegegner kein Leiden aufweist, das durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden wäre, welche in Ziff. 1 der vom Bundesrat erstellten Liste im Anhang I zur UVV aufgeführt sind; auch liegt keine der in Ziff. 2 dieser Liste genannten arbeitsbedingten Erkrankungen vor (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 UVG und Art. 14 UVV).
2.2. Es stellt sich daher die Frage, ob die aktuellen Schmerzen des Beschwerdegegners im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG nachgewiesenermassen ausschliesslich oder stark überwiegend durch seine berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Das kantonale Gericht hat zutreffend dargelegt, was rechtsprechungsgemäss unter ausschliesslicher oder stark überwiegender Verursachung durch die berufliche Tätigkeit nach Massgabe dieser Norm zu verstehen ist. Darauf und auf die von der Vorinstanz zitierte, für den vorliegenden Fall bedeutsame Rechtsprechung (BGE 126 V 183 E. 2b S. 186 und 114 V 109 E. 3c S. 111 f., je mit Hinweisen) kann verwiesen werden. Die Subsumtion des konkret zur Diskussion stehenden Einzelfalles unter Art. 9 Abs. 2 UVG ist zu prüfen und wäre einem entsprechenden Beweis grundsätzlich auch zugänglich, da - auch darin ist der Vorinstanz beizupflichten - keine medizinisch gesicherten Erfahrungswerte vorliegen, welche den Nachweis einer berufsbedingten Entstehung der gesundheitlichen Schädigung des Beschwerdegegners von vornherein ausschliessen würden.
3.
3.1. Ihren Einspracheentscheid vom 14. Februar 2013 hat die SUVA primär gestützt auf die Beurteilung ihres Kreisarztes Prof. Dr. med. S.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 30. Januar 2013 begründet. Dieser hielt einen Zusammenhang der aktuellen mit den 2010 aufgetretenen, damals als Berufskrankheit anerkannten Beschwerden nur mit möglicher Wahrscheinlichkeit als gegeben und verneinte überdies das Vorliegen einer Berufskrankheit, weil die als Rückfall gemeldeten Handgelenks- bzw. Armbeschwerden weder ausschliesslich noch stark überwiegend durch die berufliche Tätigkeit als selbstständiger Konstrukteur verursacht worden seien. Dieser Betrachtungsweise des Kreisarztes haben sich die Chirurgen Dr. med. V.________ und Frau Dr. med. P.________ vom Kompetenzzentrum Versicherungsmedizin der SUVA in ihrem Bericht vom 6. Mai 2013 angeschlossen, welchen die heutige Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren beigebracht hat.
3.2. Das vorinstanzliche Gericht qualifizierte diese ärztlichen Angaben indessen als "wenig überzeugend" und wies speziell darauf hin, dass die SUVA die von Dr. med. I.________ im Jahre 2010 angegebene Diagnose damals ohne weitere Abklärungen akzeptiert und die entsprechenden Leistungen erbracht habe. Weiter führte die Vorinstanz aus, die aktuell angegebenen Schmerzen schienen dieselben wie damals zu sein. Zudem berief sie sich auf Dr. med. B.________ vom Spital X.________, welcher in seinem Bericht vom 26. Juli 2012 von einer Zwangshaltung während der Arbeit ausgehe und von einer arbeitsbedingten Überlastung und Fehlbelastung spreche. Dem Gericht schien es plausibel und nachvollziehbar, dass eine übermässige Tätigkeit mit der Computermaus die geklagten Beschwerden verursacht hat, zumal in der arbeitsfreien Zeit keine solchen Schmerzen verspürt würden. Gestützt auf die Ausführungen des Dr. med. B.________ und den Bericht des Dr. med. A.________, Leitender Arzt Handchirurgie am Spital X.________, vom 4. Juli 2012 sowie angesichts der von Dr. med. I.________ seit Jahren beobachteten Beschwerden gelangte es zum Schluss, dass die Schmerzen - wie in Art. 9 Abs. 2 UVG gefordert - mit stark überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Tätigkeit am Computer zurückzuführen seien, sodass von einer Berufskrankheit auszugehen sei, für deren Folgen die SUVA die entsprechenden Leistungen zu erbringen habe.
4.
4.1. Kreisarzt Prof. Dr. med. S.________ erneuert in seiner Stellungnahme vom 30. Januar 2013 seine schon am 27. Juli 2012 festgehaltene Auffassung, wonach die 2012 als Rückfall gemeldeten Beschwerden nicht oder nur mit möglicher Wahrscheinlichkeit auf die im Jahre 2010 von Dr. med. I.________ diagnostizierte und als Berufskrankheit anerkannte Tendovaginitis de Quervain zurückzuführen sind. Geteilt wird diese Ansicht laut Bericht vom 6. Mai 2013 auch von Dr. med. V.________ und Frau Dr. med. P.________, wobei diese beiden Ärzte nicht nur die frühere Diagnose einer Tendovaginitis de Quervain in Frage stellen, sondern darüber hinaus auch deren Charakterisierung als Berufskrankheit klar verneinen. Ob für die seinerzeitige Diagnosestellung hinreichende Gründe vorlagen und ob damals zu Recht von einer Berufskrankheit ausgegangen wurde, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist kein Anlass ersichtlich, um hinsichtlich der verneinten Kausalität des früheren für das aktuelle Beschwerdebild den - entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - überzeugenden Beurteilungen durch Kreisarzt Prof. Dr. med. S.________ und die Dres. med. V.________ und P.________, welchen die Beweistauglichkeit nicht abgesprochen werden kann, die Anerkennung zu versagen. Wegen fehlenden Kausalzusammenhanges kann daher nicht von einem Rückfall gesprochen werden, woran die Stellungnahmen der Dres. med. I.________, A.________ und B.________ mangels spezifischer Begründung einer allenfalls abweichenden Betrachtungsweise nichts zu ändern vermögen. Ohnehin nichts zu Gunsten des Beschwerdegegners ableiten liesse sich aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin seinerzeit eine Berufskrankheit ohne vertiefte Abklärungen anerkannt hat. Abgesehen davon, dass der Verzicht auf weitere Erhebungen nach Wiedererlangung einer vollständigen Arbeitsfähigkeit nach nur kurzer Zeit schon aufgrund finanzieller Überlegungen verständlich erscheint, wäre der Unfallversicherer berechtigt, zu Unrecht gewährte Leistungen für die Zukunft (ex nunc et pro futuro) einzustellen, sodass es ihm auch nicht verwehrt sein kann, künftige Leistungen aufgrund gemeldeter Rückfälle zu verweigern.
4.2. Damit bleibt die Frage zu prüfen, ob die neu gemeldeten Beschwerden als solche als Berufskrankheit im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG gelten können. Die von Kreisarzt Prof. Dr. med. S.________ festgehaltenen Befunde sowie die berufskausale Wahrscheinlichkeitsschätzung des Kreisarztes wurden in der chirurgischen Beurteilung durch die Dres. med. V.________ und Frau Dr. med. P.________ vom 6. Mai 2013 weitestgehend bestätigt. Wie die SUVA mit Recht geltend macht, ist aufgrund dieser Unterlagen jedoch davon auszugehen, dass die Überlastung resp. die Fehlbelastung der rechten Hand und der gesamten rechten oberen Extremität nicht Ursache, sondern lediglich auslösender Faktor der vorhandenen Beschwerden ist. Dass das Arbeiten mit der Computermaus und damit die berufliche Tätigkeit Ursache der Schmerzen am rechten Handgelenk und ausstrahlend in den ganzen rechten Arm wäre, kann aufgrund der medizinischen Aktenlage jedenfalls nicht als ausgewiesen betrachtet werden. Es kann lediglich von einer - unabhängig von den bei der beruflichen Tätigkeit notwendigen Manipulationen mit der Computermaus - latent vorhandenen Schmerzreaktion ausgegangen werden. Diese wird durch das Bewegen der Computermaus und die dabei eingenommene Stellung/Haltung der Hand und des Armes erst aktiviert, ist aber nicht dadurch verursacht worden. Werden die geklagten Schmerzempfindungen durch die berufliche Tätigkeit bloss ausgelöst oder veranlasst, nicht aber verursacht, kann von einer stark überwiegenden Ursache im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG ebenso wenig gesprochen werden (RKUV 1987 Nr. U 28 S. 397 E. 2 S. 399 f.) wie bei einer Begünstigung anderweitig - etwa anlagebedingt - verursachter Schmerzen (vgl. RKUV 1989 Nr. 375 Nr. U 80 E. 2c S. 380 f.). Prof. Dr. med. S.________ berichtet in seiner Stellungnahme vom 27. Juli 2012 denn auch von derart vielen Ursachen für die hier - offenbar im kurz zuvor erstatteten Bericht des Dr. med. A.________ vom 4. Juli 2012 - angegebenen Erkrankungen, dass eine berufsbedingte Verursachung eher ausgeschlossen erscheine. Dass die Schmerzen nicht nur beim Arbeiten mit der Computermaus, sondern auch beim "Töfffahren" auftreten, spricht ebenfalls gegen eine ausschliessliche oder stark überwiegende Verursachung durch die berufliche Tätigkeit.
4.3. Weil sowohl ein Kausalzusammenhang der neu gemeldeten Beschwerden mit den früheren als auch das Vorliegen einer Berufskrankheit zu verneinen ist, hält der vorinstanzliche Entscheid einer bundesgerichtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben.
5.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG) vom Beschwerdegegner als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 28. August 2013 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 14. Februar 2013 bestätigt.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. Januar 2014
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl