BGer 1C_595/2013 |
BGer 1C_595/2013 vom 21.02.2014 |
{T 0/2}
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1C_595/2013, 1C_596/2013
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Urteil vom 21. Februar 2014 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
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Gerichtsschreiberin Gerber.
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Verfahrensbeteiligte |
1C_595/2013
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X.________ AG,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Prof. Dr. Isabelle Häner,
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gegen
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1. Schweizer Heimatschutz (SHS),
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2. Zürcherische Vereinigung für Heimatschutz ZVH,
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Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Martin Pestalozzi,
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Baukommission Wädenswil, 8820 Wädenswil,
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vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Weber,
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Baudirektion des Kantons Zürich,
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Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich,
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und
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1C_596/2013
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1. X.________ AG,
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2. Y.________ AG, c/o X.________ AG,
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Beschwerdeführerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwältin Prof. Dr. Isabelle Häner,
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gegen
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1. Schweizer Heimatschutz (SHS),
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2. Zürcherische Vereinigung für Heimatschutz ZVH,
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3. A.________,
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4. B.________,
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5. C.________,
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6. D.________,
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7. E.________,
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8. F.________,
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9. G.________,
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10. H.________,
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11. I.________,
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Beschwerdegegner, 3.-11. vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Bickel,
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Stadtrat Wädenswil,
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Florhofstrasse 6, Postfach 650, 8820 Wädenswil,
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Baukommission Wädenswil, 8820 Wädenswil,
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beide vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Weber,
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Baudirektion des Kantons Zürich,
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Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Baubewilligung, Inventarentlassung,
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Beschwerden gegen zwei Urteile vom 7. Mai 2013 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.
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Sachverhalt: |
A. |
Im Jahr 1997 wurde der öffentliche Gestaltungsplan Giessen erlassen mit dem Ziel, eine gemischte Nutzung des Areals mit hoher baulicher Dichte zu ermöglichen. Dieser setzt verschiedene Baubereiche fest und bezeichnet Bauten, die in ihrem Volumen und ihrem generellen Erscheinungsbild zu erhalten sind (Ziff. 3.1). Die übrigen, nicht speziell bezeichneten Bauten dürfen abgebrochen und ersetzt werden, ausserhalb der Baubereiche jedoch nur im Rahmen des bestehenden Gebäudeprofils und Erscheinungsbilds (Ziff. 3.2).
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B. |
B.a. Am 12. Oktober 2010 erteilte die Baukommission die baurechtliche Bewilligung für das Bauvorhaben A (im Folgenden: Baubewilligung A). Gleichzeitig wurde die Verfügung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 12. August 2010 eröffnet, in der verschiedene Spezialbewilligungen erteilt wurden (im Folgenden: Verfügung Baudirektion A).
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B.b. Am 29. November 2011 erteilte die Baukommission die baurechtliche Bewilligung für Bauvorhaben B (im Folgenden: Baubewilligung B). Zusammen mit diesem Beschluss wurde die Verfügung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Oktober 2011 eröffnet (im Folgenden: Verfügung Baudirektion B).
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C. |
C.a. Am 20. März 2012 hiess das Baurekursgericht die Rekurse der Heimatschutzverbände und der Nachbarn teilweise gut (im Folgenden: Rekursentscheid A).
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Die Baubewilligung A wurde aufgehoben, weil das Bauvorhaben den Baubereich A gemäss Gestaltungsplan überstelle und hierfür keine Ausnahmebewilligung erteilt werden könne.
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C.b. Am 21. August 2012 hiess das Baurekursgericht auch den Rekurs der Heimatschutzverbände betreffend Bauvorhaben B gut (im Folgenden: Rekursentscheid B).
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D. |
D.a. Am 7. Mai 2013 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Bauherrschaft und der Grundeigentümerin gegen den Rekursentscheid A ab und hiess die Beschwerde der Heimatschutzverbände teilweise gut (Entscheid A ).
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D.b. Mit separatem Entscheid vom selben Tag wies das Verwaltungsgericht auch die Beschwerde der Bauherrschaft gegen den Rekursentscheid B ab (Entscheid B).
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E. |
E.a. Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid A haben die X.________ AG (im Folgenden: Beschwerdeführerin 1) und die Y.________ AG (Beschwerdeführerin 2) am 24. Juni 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben (Verfahren 1C_596/2013; Beschwerde A). Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Angelegenheit zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese sei anzuweisen, die Inventarentlassung zu schützen und die erteilte Baubewilligung auf ihre Rechtmässigkeit zu prüfen, eventualiter unter Rückweisung an das Baurekursgericht.
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E.b. Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid B hat die X.________ AG gleichentags Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben (1C_595/2013; Beschwerde B). Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu materieller Entscheidung betreffend die Erteilung der Baubewilligung.
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F. |
G. |
Erwägungen: |
1. |
2. |
2.1. Hinsichtlich des Bauvorhabens A liegt ein Endentscheid vor: Das Baugesuch wurde vom Verwaltungsgericht als nicht bewilligungsfähig erachtet, da es sowohl dem Gestaltungsplan als auch dem Schutz der Inventarobjekte Waschhaus und Wohnhaus "Giessenau" widerspreche. Damit schliesst der angefochtene Entscheid das Baubewilligungsverfahren ab.
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2.2. Fraglich ist dagegen, ob auch hinsichtlich des Bauvorhabens B ein Endentscheid vorliegt. Dies wird von den Heimatschutzverbänden verneint.
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2.3. Soweit die Beschwerdeführerinnen Rügen im Zusammenhang mit dem Reidbach und dessen Gewässerraum erheben, ist zu differenzieren:
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2.3.1. Die Verlegung des Reidbachs war Gegenstand eines separaten Verfahrens. Der Antrag der Heimatschutzverbände auf Vereinigung der Rekursverfahren wurde vom Baurekursgericht abgewiesen; die dagegen erhobene Beschwerde der Heimatschutzverbände wies das Verwaltungsgericht ab (Entscheid A E. 6). Insofern sind die Beschwerdeführerinnen nicht beschwert.
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2.3.2. Die Verfügungen A und B der Baudirektion, die zusammen mit den Baubewilligungen A und B angefochten wurden, enthalten auch gewässerschutzrechtliche Bewilligungen, insbesondere für die Inanspruchnahme des Gewässerraums des verlegten Reidbachs durch Bauvorhaben B. Die diesbezüglichen Rügen der Beschwerdegegner wurden jedoch vom Baurekursgericht nicht geprüft; dies wurde vom Verwaltungsgericht geschützt (Entscheid A E. 10.4). Die in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht gemachten Hinweise zur Koordinationspflicht (E. 10.3) sind daher obiter dicta. Auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Beschwerdeführerinnen ist daher allenfalls im Zusammenhang mit einer Begründungssubstitution einzugehen (vgl. unten E. 3 a.E.).
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2.4. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Ob die Begründungsanforderungen erfüllt sind, wird im Zusammenhang mit den einzelnen Rügen zu beurteilen sein.
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2.5. Mit diesen Massgaben ist auf die Beschwerden grundsätzlich einzutreten.
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3. |
4. |
4.1. Sie machen geltend, es handle sich um Schutzobjekte von kommunaler und nicht von kantonaler Bedeutung, weshalb ein Autonomiebereich der Gemeinde zu respektieren sei. Die Begutachtung solcher Objekte gehöre nicht zu den Kernaufgaben der kantonalen Natur- und Denkmalkommissionen (NHK und KDK) nach § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Sachverständigenkommissionen gemäss § 216 PBG vom 12. Januar 2005 (LS 702.111; im Folgenden: SVK-Verordnung). Insofern komme deren Gutachten im vorliegenden Fall nicht dieselbe Massgeblichkeit zu wie bei kantonalen Schutzobjekten. Der Stadtrat habe sich daher gestützt auf den Antrag der kommunalen Denkmalpflege- und Naturschutzkommission (DNK) über die Gutachten der NHK und KDK hinwegsetzen dürfen.
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4.1.1. Die Vorinstanzen anerkannten, dass der Gemeinde Wädenswil bei der Beurteilung, ob eine Baute oder Anlage i.S.v. § 203 Abs. 1 lit. c des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 [PBG]) als wichtiger Zeuge einer Epoche erhaltenswürdig ist oder die Landschaft oder Siedlungen wesentlich mitprägt, ein erheblicher Beurteilungsspielraum und damit Autonomie zusteht. Sie gingen jedoch davon aus, dass den Gutachten der NHK und der KDK aufgrund deren besonderer Fachkompetenz bei der Entscheidfindung besonderes Gewicht zukomme; dies gelte insbesondere für die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen, von denen nur aus triftigen Gründen abgewichen werden dürfe, etwa wenn die Gutachten Irrtümer, Lücken oder Widersprüche enthielten.
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4.1.2. Diese Erwägungen sind von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. NHK und KDK wurden vom kantonalen Gesetzgeber als Sachverständige in Fragen des Natur- und Heimatschutzes eingesetzt (§ 216 Abs. 1 PBG). Sie bestehen aus Fachpersonen des Natur- und Heimatschutzes, die vom Regierungsrat ernannt werden (§ 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 SVK-Verordnung). Ihre Begutachtung ist bei wichtigen Fragen von überkommunaler Bedeutung zwingend (§ 216 Abs. 2 1. Halbsatz PBG; § 3 Abs. 1 SVK-Verordnung) und ansonsten fakultativ (§ 216 Abs. 1 PBG; § 3 Abs. 2 und § 4 SVK-Verordnung). Kommt ihren Feststellungen zu den Qualitäten eines Schutzobjekts somit grosses Gewicht zu, dürfen sich die rechtsanwendenden Behörden nicht ohne triftige Gründe darüber hinwegsetzen. Dies gilt auch dann, wenn es sich nicht um eine obligatorische, sondern eine fakultative Begutachtung nach § 3 Abs. 2 SVK-Verordnung handelt (zur analogen Rechtslage bei fakultativen Gutachten der eidgenössischen Natur- und Heimatschutz- bzw. Denkmalschutzkommissionen vgl. BGE 136 II 214 E. 5 S. 223 mit Hinweisen). Die Gemeinde bzw. private Beschwerdeführer können sich daher nicht mit Erfolg auf die Verletzung der Gemeindeautonomie berufen, wenn die Rechtsmittelbehörde eine Baubewilligung oder Inventarentlassung gestützt auf ein Gutachten der kantonalen Kommissionen aufhebt, sofern keine triftigen Gründe vorliegen, um davon abzuweichen (vgl. Urteil 1C_542/2012 vom 14. Mai 2013 E. 5.4 zu Art. 8 NHG).
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4.2. Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass die Befassung mit dem Projekt sowie die Würdigung der kantonalen Gutachten und die Abwägung der infrage stehenden Interessen durch die örtliche Kommission (DNK) nicht dokumentiert seien: In den Akten finde sich weder ein Protokoll des vorgenommenen Augenscheins noch ein begründeter Antrag an den Stadtrat. Die im angefochtenen Stadtratsbeschluss wiedergegebene Beurteilung vermöge die Gutachten der NHK und der KDK nicht in Frage zu stellen, zumal jeweils nur auf die Anträge des KDK-Gutachtens unter Ziff. 3.2 hingewiesen werde. Mangels anderweitiger Hinweise sei davon auszugehen, dass die einlässliche Begründung dieser Anträge in Ziff. 4.3, insbesondere S. 22 f. (Waschhaus) und S. 24 (Wohnhaus "Giessenau") ebenso unberücksichtigt geblieben seien wie das Gutachten der NHK.
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4.2.1. Die Beschwerdeführerinnen rügen diese Feststellung als aktenwidrig: Der Antrag der DNK, der sich mit den Erwägungen des Stadtratsbeschlusses vom 11. Januar 2010 decke, sei der Vorinstanz als Beilage 9 zur Beschwerdereplik vom 11. Dezember 2012 eingereicht worden.
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4.2.2. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Da sich der Antrag der DNK wörtlich mit dem Beschluss des Stadtrates vom 11. Januar 2010 deckt, und dieser von den Vorinstanzen zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden ist, ist es für den Ausgang des Verfahrens unerheblich, ob das Verwaltungsgericht den als Replikbeilage eingereichten Antrag der DNK zur Kenntnis genommen hat. Da dieser keine über den Stadtratsbeschluss hinausgehende Auseinandersetzung mit den Gutachten der kantonalen Kommissionen enthält, ist im Folgenden zu prüfen, ob im Stadtratsbeschluss selbst triftige Gründe für das Abweichen von den kantonalen Gutachten gegeben wurden.
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4.3. Dies wird von den Beschwerdeführerinnen bejaht. Der Stadtrat habe knapp, aber ausreichend und in nachvollziehbarer Weise begründet, weshalb den Anträgen der kantonalen Kommissionen nicht zu folgen sei. Das Verwaltungsgericht habe nicht dargelegt, weshalb die Feststellungen der kantonalen Kommissionen zuträfen und diejenigen des Stadtrats (bzw. der DNK) falsch seien.
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4.3.1. Die NHK äusserte sich v.a. zur Ortsbild- und Landschaftsverträglichkeit der beabsichtigten Überbauung. In diesem Zusammenhang regte sie eine Abänderung des Gestaltungsplans an; dabei sei insbesondere zu prüfen, ob nicht das Wohnhaus "Giessenau" und das Waschhaus besser erhalten bleiben müssten. Aus Sicht der NHK müssten diese zwei Zeitzeugen unbedingt erhalten bleiben (S. 10/11).
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4.3.2. Die KDK war von der Baudirektion beauftragt worden, die Schutzwürdigkeit der im bestehenden Inventar aufgelisteten Bauten zu begutachten. Sie kam zum Ergebnis, dass sowohl das ehemalige Waschhaus als auch das Wohnhaus "Giessenau" sich zu Recht im Inventar befinden und in ihrer äusseren Erscheinung zu erhalten seien (Gutachten S. 8 f.). Im Innern des Wohnhauses "Giessenau" seien die Tragstruktur und die bestehende Raumausstattung zu erhalten. Diese Anträge wurden (auf S. 22-24 des Gutachtens) detailliert begründet.
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4.3.3. Die KDK legte dar, dass das ursprüngliche Walchegebäude 1902, nach dem Bau der Fabrikantenvilla, um ein Stockwerk verkleinert und zu einem Waschhaus im neugotischen Stil umgebaut worden sei. Der Bau sei als "Ruine" der mittelalterlichen Sust und somit als ältestes Gebäude auf der Giessenhalbinsel inszeniert worden. Für die Gründergenerationen des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts sei die Anknüpfung an Traditionen von grosser Bedeutung gewesen. Der Bauherr, wohl Wilhelm Pfenninger-Oechslin (1845-1913), habe mit diesem Bau an die seit dem 18. Jahrhundert in den Parks beliebten "Fabrics" angeknüpft. Der Bau sei somit ein wichtiger Zeuge für das Bedürfnis erfolgreicher Industrieller der damaligen Zeit, an eine glorreiche Vergangenheit anzuknüpfen. Die Erhaltung des ehemaligen Waschhauses und seine Integration in eine Neuüberbauung seien für die Ablesbarkeit der Geschichte der Industrieanlage auf der Giessenhalbinsel von grosser Bedeutung.
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4.3.4. Zum Wohnhaus "Giessenau" führte die KDK aus, dass es 1848/49 für Heinrich Zollinger im klassizistischen Stil entstanden sei und seit 1887 zur Tuchfabrik Pfenninger gehört habe. Das zweigeschossige Wohnhaus besitze eine intakte und schutzwürdige Innenausstattung aus der Zeit zwischen 1849 und dem frühen 20. Jahrhundert. Ein Teil der Innenausstattung stamme aus der Zeit, als das Haus im Besitz der Familie Pfenninger gewesen sei. Das Wohnhaus "Giessenau" sei ein wichtiger Zeuge für die Bau- und Wohnkultur des 19. Jahrhunderts. Als einziges noch intakt erhaltenes Wohnhaus auf dem Areal habe es einen hohen Stellenwert auf dem Giessenhorn, weshalb seine ungeschmälerte Erhaltung wichtig sei (S. 22).
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4.3.5. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen haben die Vorinstanzen die Widersprüche nicht lediglich konstatiert, sondern auch dargelegt, weshalb die Begründung des Stadtrats nicht nachvollziehbar sei und jedenfalls keine triftigen Gründe vorliegen, von den Gutachten der kantonalen Kommissionen abzuweichen. Das Verwaltungsgericht verwies (in E. 9.4.4) auf die überzeugende Darlegung des Baurekursgerichts (in E. 7.5.6 ff. des Rekursentscheids A) und machte überdies ergänzende Ausführungen (E. 9.5-9.7). Mit diesen Erwägungen der Vorinstanzen setzen sich die Beschwerdeführerinnen nicht näher auseinander.
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4.4. Schliesslich machen die Beschwerdeführerinnen geltend, DNK und Stadtrat hätten die Verhältnismässigkeit einer weiteren Inventarisierung aufgrund der daraus folgenden erheblichen Nutzungsverluste für die Eigentümer verneint. Das Verwaltungsgericht habe diese Frage gar nicht geprüft und damit neben der Gemeindeautonomie auch die Eigentumsgarantie verletzt. Es habe zudem das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerinnen verletzt, indem es ihre Vorbringen zu den negativen Konsequenzen einer Erhaltung des Wohnhauses, insbesondere für den Lärmschutz und für den geplanten Zürichseeweg, nicht beachtet habe.
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4.5. Nach dem Gesagten erweisen sich die Rügen der Beschwerdeführerinnen gegen die Belassung des Waschhauses und des Wohnhauses "Giessenau" im Inventar als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Unter diesen Umständen muss nicht mehr geprüft werden, ob dieser Teil des Stadtratsbeschlusses auch aus formellrechtlichen Gründen (Koordinationsmängel) aufzuheben war (vgl. dazu unten E. 6).
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5. |
5.1. Das Bauvorhaben A setzt den Abriss des Waschhauses und des Wohnhauses "Giessenau" voraus und kann daher nicht bewilligt werden, wenn diese Bauten nicht aus dem Inventar entlassen werden. Schon aus diesem Grund erweist sich die Aufhebung der Baubewilligung als rechtmässig.
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5.2. Im Übrigen widerspricht das Bauvorhaben den Festsetzungen des Gestaltungsplans für den Baubereich A. Wie die Vorinstanzen dargelegt haben, kann hierfür keine Ausnahmebewilligung gemäss § 220 PBG erteilt werden; dies wird von den Beschwerdeführerinnen nicht bestritten.
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Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht genügend dargelegt, weshalb in dieser Situation eine Rückweisung der Sache an die Baukommission geboten und die Aufhebung der rechtswidrigen Baubewilligung unverhältnismässig gewesen sei. Auf diese Rüge ist daher nicht einzutreten.
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6. |
6.1. Diese wurde vom Verwaltungsgericht nicht materiell geprüft, sondern aus koordinationsrechtlichen Gründen aufgehoben gestützt auf Disp.-Ziff. 2 des Stadtratsbeschlusses vom 11. Januar 2010. Dieser lautet:
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"Diese Inventarentlassung steht unter dem Vorbehalt, dass für die beschriebenen Neubauprojekte die erforderlichen Bewilligungen sowie die Baufreigabe rechtskräftig erteilt werden können. Ohne Zustimmung der Baukommission dürfen an den 6 Objekten Assek.-Nrn. 25, 20, 14, 15, 11 und 22 keine tatsächlichen baulichen Veränderungen vorgenommen werden."
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Das Verwaltungsgericht folgerte daraus, dass der Stadtrat nicht gänzlich auf Schutzmassnahmen habe verzichten und die Umsetzung des Gestaltungsplans nicht der Grundeigentümerschaft habe überlassen wollen. Vielmehr habe er durch den Vorbehalt sicherstellen wollen, dass die bestehende Bebauung nur durch "die beschriebenen Neubauprojekte" ersetzt werde. Da das im Inventarentlassungsbeschluss beschriebene Neubauvorhaben A nicht mehr verwirklicht werden könne, müsse auch die Inventarentlassung des Fabrikkomplexes Giessen 8 aufgehoben werden.
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6.2. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden:
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7. |
7.1. Das Verwaltungsgericht hob den Inventarentlassungsbeschluss (in Entscheid A) und die Baubewilligung (in Entscheid B) aus koordinationsrechtlichen Gründen auf, ohne die Schutzwürdigkeit der Kosthäuser und die bau- und planungsrechtliche Zulässigkeit der Baubewilligung materiell zu prüfen.
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7.2. Die Beschwerdeführerinnen und die Gemeinde Wädenswil bestreiten, dass ein Koordinationsmangel vorliegt. Es entspreche der ständigen Praxis der Gemeinde, dass der Stadtrat über die Inventarentlassung entscheide, bevor die Baukommission die Baubewilligung erteile. Die Planung für das Bauvorhaben B habe sich seit dem Entscheid des Stadtrats nicht mehr wesentlich geändert. Zudem sei die materielle Koordination dadurch gewährleistet worden, dass der Bauvorsteher (als Stadtrat) der Baukommission angehört habe.
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7.3. Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, können diese Fragen offen bleiben, weil Baubewilligung und Inventarentlassung nicht nur wegen der ungenügenden Koordination untereinander, sondern auch wegen der noch fehlenden ortsbildschutzrechtlichen Bewilligung des Kantons aufgehoben wurden.
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8. |
8.1. Bereits das Baurekursgericht hielt fest, dass die erforderliche ortsbildschutzrechtliche Genehmigung vollständig fehle (Rekursentscheid B, E. 6.3). Es ging davon aus, dass dies für sich allein nicht zur Aufhebung der Baubewilligung führen würde, sondern der Baudirektion eine Nachfrist anzusetzen gewesen wäre, um die ortsbildschutzrechtliche Bewilligung nachzureichen, bevor im Rekursverfahren ein Endentscheid ergehe. Da die Baubewilligung aber bereits aus anderen Gründen aufzuheben sei, bleibe es beim Hinweis an die Baubehörde als für die Koordination zuständige Stelle, im Baubewilligungsverfahren für ein allfälliges Abänderungsprojekt die ortsbildschutzrechtliche Genehmigung einzuholen.
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8.2. Das Verwaltungsgericht teilte die Auffassung des Baurekursgerichts, wonach die Baudirektion in ihrer Verfügung B keine ortsbildschutzrechtliche Prüfung vorgenommen habe. Es vertrat jedoch die Ansicht, dass dieser Mangel nicht im Rechtsmittelverfahren geheilt werden könne: Die ortsbildschutzrechtliche Genehmigung sei eine unabdingbare und auch inhaltlich bedeutsame Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung gewesen. Eine materielle Prüfung der die Baubewilligung betreffenden Rügen der Beschwerdeführerin sei daher nicht möglich, ohne die ortsbildschutzrechtliche Bewilligung zum Teil vorwegzunehmen. Die Genehmigung der Baudirektion müsse daher koordiniert mit der Baubewilligung ergehen, die wiederum mit der Inventarentlassung zu koordinieren sei.
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8.3. Die Beschwerdeführerinnen sind der Ansicht, die ortsbildschutzrechtliche Genehmigung sei in der Verfügung B der Baudirektion zumindest implizit miterteilt worden. Sie verweisen auf die Stellungnahme der kantonalen Denkmalpflegestelle zu den kantonalen Schutzobjekten ("Maillart", Fabrikantenvilla und -"Kölla"-Anbau) und den dazu formulierten Auflagen. Das Ortsbild werde massgeblich von diesen drei Schutzobjekten geprägt. Die übrigen sechs Bauten seien zum damaligen Zeitpunkt bereits aus dem Inventar entlassen worden; die Baudirektion habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass sie keine Bestandteile des Ortsbildes mehr darstellen würden und habe sich zu diesen Bauten nicht mehr äussern müssen. Hinzu komme, dass die kantonale Denkmalpflege in den Planungsprozess einbezogen gewesen sei; der stellvertretende Leiter der kantonalen Denkmalpflege und der Präsident der kantonalen NHK hätten dem Beurteilungsgremium für die geplanten Ersatzneubauten angehört.
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8.4. Während die Verfügung A der Baudirektion ein ausführliches Kapitel "überkommunaler Ortsbildschutz" umfasst (S. 3 ff.), enthält die Verfügung B lediglich zwei Absätze zur Denkmalpflege (S. 3 oben), die sich ausschliesslich auf Ziff. 1.4.1.5 Anh. BVV (Denkmalpflege) stützen. Darin setzt sich die kantonale Denkmalpflege ausschliesslich mit der Umgebung der Schutzobjekte von kantonaler Bedeutung ("Maillart", "Kölla"-Anbau und Fabrikantenvilla) auseinander, ohne das Inventar der schutzwürdigen Ortsbilder von überkommunaler Bedeutung zu erwähnen.
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8.5. Sowohl die Baubewilligung als auch der Inventarentlassungsbeschluss heben das Interesse an einer aus ortsbild- und denkmalpflegerischer Sicht optimierten Gesamtlösung für das Giessenareal hervor; dieses Interesse überwiege das Interesse am Erhalt der Kosthäuser. Damit besteht ein enger Zusammenhang zwischen der ortsbildschutzrechtlichen Beurteilung der Baudirektion und den im Baubewilligungs- und Inventarentlassungsverfahren zu beurteilenden Rechtsfragen. Unter diesen Umständen durfte das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Heilung im Rechtsmittelverfahren verneinen und die angefochtenen Verfügungen aufheben, ohne Bundesrecht zu verletzen.
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9. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Verfahren 1C_595/2013 und 596/2013 werden vereinigt.
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2. Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 9'000.-- werden zu zwei Dritteln (6'000.--) der X.________ AG und zu einem Drittel (3'000.--) der Y.________ AG auferlegt.
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4. Die Beschwerdeführerinnen haben die Heimatschutzverbände (SHS und ZVH) für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 8'000.-- und die Nachbarn (A.________ und Mitbeteiligte) mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. Davon trägt die X.________ AG Fr. 8'000.-- und die Y.________ AG Fr. 5'000.--.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission und dem Stadtrat Wädenswil, der Baudirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. Februar 2014
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Die Gerichtsschreiberin: Gerber
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