BGer 6B_932/2013
 
BGer 6B_932/2013 vom 31.03.2014
{T 0/2}
6B_932/2013
 
Urteil vom 31. März 2014
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Andres.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Carmen Emmenegger,
Beschwerdeführer,
gegen
1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
2. Y.________,
3.  A.________ Versicherung,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Einfache Körperverletzung; rechtliches Gehör,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 13. August 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
D.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 139 IV 179 E. 2.2; 138 IV 81 E. 2.2; 134 I 83 E. 4.1 S. 88 mit Hinweisen).
1.2. Die Vorinstanz weist einleitend auf den unbestrittenen Sachverhalt hin, wonach es zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner zunächst zu einer verbalen Konfrontation gekommen sei. In deren Verlauf habe der Beschwerdeführer das Grundstück des Beschwerdegegners betreten, worauf dieser ihn weggeschubst habe. Der Beschwerdeführer habe den Beschwerdegegner zu Boden gedrückt, ihn in den "Schwitzkasten" genommen und ihn gewürgt (Urteil S. 15 E. 2.2.3.1; erstinstanzliches Urteil S. 14 f. E. 6.1). Sie beschäftigt sich in der Folge mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Rippenfraktur des Beschwerdegegners könne nicht von dem Vorfall stammen, und kommt zum gegenteiligen Schluss. Schliesslich stellt sie fest, der angeklagte Sachverhalt sei vollumfänglich erwiesen (Urteil S. 16 f. E. 2.2.3.2). Die Aussage des Beschwerdeführers, er habe nur abgewehrt, nachdem der Beschwerdegegner in die "Boxerstellung" gegangen sei und einen Schlag gegen ihn ausgeführt habe, erwähnt sie im Rahmen der rechtlichen Würdigung. Sie geht bei der Subsumtion mit keinem Wort darauf ein, sondern führt aus, der Beschwerdeführer habe sich zu Beginn seines tatbestandsmässigen Handelns nicht in einer Notwehrsituation befunden, weshalb keine Notwehr gemäss Art. 15 StGB vorliege (Urteil S. 19 f. E. 2.2.4.3).
1.3. Während die erste Instanz sich mit den Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandersetzte, sämtliche Aussagen eingehend würdigte und schliesslich den angeklagten Sachverhalt als erstellt erachtete (erstinstanzliches Urteil S. 16 f. E. 6.3 f.), geht die Vorinstanz darüber hinweg. Eine eigentliche Beweiswürdigung zum zeitlichen Ablauf der Auseinandersetzung findet nicht statt. Auch verweist sie diesbezüglich nicht auf die erstinstanzlichen Ausführungen (Art. 82 Abs. 4 StPO; siehe Urteil S. 15 E. 2.2.3.1, wo nur auf S. 14 f. E. 6.1 des erstinstanzlichen Urteils verwiesen wird). Offen bleiben kann, ob mit einem solchen Verweis vorliegend das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers gewahrt wäre. Dieser bringt zu Recht vor, dass seine vom angeklagten Sachverhalt abweichende bzw. diesen ergänzende Schilderung massgebend für die rechtliche Würdigung sein könnte. Das Bundesgericht kann aufgrund der mangelhaften Begründung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung nicht prüfen, ob diese willkürlich ist. Daran vermögen auch die Ausführungen der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung nichts zu ändern, wonach keine Auskunftsperson die Version des Beschwerdeführers bestätigt habe. Das vorinstanzliche Urteil ist ungenügend begründet und verletzt das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers.
1.4. Eine Heilung dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs kommt im bundesgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen BGE 137 I 195 E. 2.3.2 mit Hinweisen). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, ohne dass die weiteren Rügen zu prüfen wären (siehe BGE 137 I 195 E. 2.2; 135 I 279 E. 2.6.1).
 
2.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 13. August 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2. Es werden keine Kosten erhoben.
3. Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. März 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Andres