BGer 4A_10/2014
 
BGer 4A_10/2014 vom 08.04.2014
{T 0/2}
4A_10/2014
 
Urteil vom 8. April 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.
 
Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
Beschwerdeführer,
gegen
C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Hafner,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Vorsorgliche Massnahmen; Kosten- und Entschädigungsfolgen bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 19. November 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
Im Jahr 2009 mieteten A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) von C.________ (Beschwerdegegner, Gesuchsteller) und dessen Ehefrau auf dessen landwirtschaftlicher Liegenschaft eine Wohnung sowie einen Pferdestall mit entsprechenden Anlagen. Den Mietern wurde per 31. August 2012 gekündigt. In der Folge einigten sich die Parteien im Rahmen eines Gerichtsverfahrens am 5. Dezember 2012 auf eine einmalige Erstreckung des Mietverhältnisses bis 15. September 2013.
 
B.
Mit Eingabe vom 29. April 2013 gelangte der Gesuchsteller an das Bezirksgericht Willisau. Er stellte ein Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen nach Art. 265 ZPO und beantragte im Wesentlichen, die Mieter unter Androhung von Strafe, einer Ordnungsbusse und der Ersatzvornahme im Unterlassungsfalle zu verpflichten, ihm jederzeit freien Zugang zur Weide über den Viehtrieb zu gewähren. Diesem Gesuch wurde am 30. April 2013 superprovisorisch entsprochen. Nach Anhörung der Gegenpartei wurde es indessen am 5. Juli 2013 abgewiesen und die Kosten dem Gesuchsteller auferlegt, der den Mietern eine Parteientschädigung zu leisten hatte. Er führte Berufung beim Kantonsgericht Luzern, das seinem Antrag, die vom Bezirksgericht superprovisorisch angeordneten Massnahmen für die Dauer des Berufungsverfahrens aufrechtzuerhalten, am 14. August 2013 entsprach. Auf gerichtliche Anfrage vom 19. September 2013 erklärte der Gesuchsteller, das Verfahren sei gegenstandslos geworden, da die Mieter das Mietobjekt am 16. September 2013 verlassen hätten. Er beantragte die Verfahrenskosten den Mietern aufzuerlegen, während diese verlangten, die Kosten seien dem Gesuchsteller zu überbinden. Am 19. November 2013 entschied das Kantonsgericht, das Berufungsverfahren sei zufolge Gegenstandslosigkeit beendet. Der Gesuchsteller trage die Kosten des Berufungsverfahrens und die Mieter diejenigen des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Gesuchsteller habe die Mieter für das Berufungsverfahren, diese den Gesuchsteller für das erstinstanzliche Verfahren zu entschädigen. Die Rechtsmittelbelehrung verweist auf die Beschwerde in Zivilsachen.
 
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Mieter dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Kosten- und Entschädigungsregelung des angefochtenen Entscheides aufzuheben und bezüglich des erstinstanzlichen Verfahrens den Kostenentscheid des Bezirksgerichts Willisau zu bestätigen. Der Beschwerdegegner beantragt unter Kostenfolge auf die Beschwerde nicht einzutreten und diese eventuell abzuweisen. Die Parteien haben unaufgefordert eine Replik und eine Duplik eingereicht, während sich das Kantonsgericht nicht hat vernehmen lassen.
 
Erwägungen:
 
1.
Anlass zum Verfahren gab die Frage, ob der Vorplatz zum gemieteten Stall Teil des Mietobjekts bildete und die Mieter daher den Platz für den Beschwerdegegner, der sein Vieh über den Platz auf die Weide treiben wollte, sperren durften. Der Beschwerdegegner berief sich für den Erlass der vorsorglichen Massnahme auf seine Rechte als Eigentümer. Die Vorinstanz hielt fest, die Parteien seien sich über die zwischenzeitlich eingetretene Gegenstandslosigkeit des Verfahrens einig.
1.1. Für die Kosten- und Entschädigungsfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens stellte die Vorinstanz auf den mutmasslichen Prozessausgang ab. Sie erkannte, es sei unbestritten, dass der Vorplatz von den Beschwerdeführern regelmässig und offenbar im Einverständnis mit dem Beschwerdegegner benutzt worden sei. Aus dem Mietvertrag und dessen Anhang werde aber ersichtlich, dass die Parteien mit Bezug auf die Pferdehaltung die betroffenen Gebäudeteile und Örtlichkeiten der Liegenschaft des Beschwerdegegners im Einzelnen genannt hätten. Darunter befinde sich der streitige Vorplatz nicht, weshalb die Erfolgsaussichten des Beschwerdegegners bezogen auf das erstinstanzliche Verfahren höher einzuschätzen seien als jene der Beschwerdeführer.
1.2. Die Beschwerdeführer sind mit der ersten Instanz der Auffassung, der Vorplatz sei ohne Einschränkung Gegenstand des Mietvertrages gewesen, was eine Berechtigung des Beschwerdegegners ausschliesse. Zwar werde der entsprechende Vorplatz weder im Mietvertrag noch in dessen Anhang erwähnt. Dennoch sei erstellt, dass der Vorplatz konkludenterweise Bestandteil des Mietobjekts gewesen sei. Denn einerseits hätten die Beschwerdeführer den Vorplatz regelmässig ohne jegliche Intervention des Beschwerdegegners benutzt, andererseits bezeichne das Inserat, in dem der Offenstall inkl. Auslauf erwähnt werde, explizit den Umfang des Mietvertrages. Ein Offenfrontstall sei überdies definitionsgemäss mit einem Auslauf/Vorplatz versehen. Eine explizite Erwähnung des Vorplatzes im Mietvertrag sei daher nicht zwingend notwendig gewesen.
 
2.
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur zulässig, wenn die Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 BGG erreicht wird. Der Streitwert bestimmt sich bei Beschwerden gegen Endentscheide nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben waren (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Zinsen, Früchte, Gerichtskosten und Parteientschädigungen, die als Nebenrechte geltend gemacht werden, sowie Vorbehalte und die Kosten der Urteilsveröffentlichung fallen bei der Bestimmung des Streitwerts nicht in Betracht (Art. 51 Abs. 3 BGG).
2.1. Sowohl bei der Eigentumsfreiheitsklage (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_655/2010 vom 5. Mai 2011 E. 1.1), auf die sich der Beschwerdegegner zur Stützung seines Massnahmengesuchs berufen hatte, als auch bei mietrechtlichen Streitigkeiten (vgl. Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) handelt es sich um vermögensrechtliche Angelegenheiten, so dass das Streitwerterfordernis zu beachten ist, zumal keine Ausnahme (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) geltend gemacht wird. Der angefochtene Entscheid schliesst das kantonale Verfahren ab. Es handelt sich mithin um einen Endentscheid (Art. 90 BGG). Es ist bereits zweifelhaft, ob bezüglich der dem Erlass der vorsorglichen Massnahmen zugrunde liegenden Streitigkeit der Streitwert erreicht wird, zumal nur der Zeitraum bis Ende der Erstreckung in Betracht fällt. Vor der Vorinstanz waren sich die Parteien aber bezüglich der Gegenstandslosigkeit einig, so dass nur noch die Gerichtskosten und Parteientschädigungen, die als Nebenrechte geltend gemacht worden waren, streitig blieben.
2.2. Mit Blick darauf ist an sich entgegen der Rechtsmittelbelehrung nicht davon auszugehen, die Beschwerde in Zivilsachen stehe offen. Die Frage braucht indessen nicht abschliessend behandelt zu werden, da mit einer Beschwerde in Zivilsachen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen ohnehin nur wegen der Verletzung verfassungsmässiger Rechte angefochten werden können (Art. 98 BGG), was unabhängig vom Streitwert mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann (Art. 116 BGG). Für die Verletzung von Grundrechten gilt sodann auch in der Beschwerde in Zivilsachen das für die Verfassungsbeschwerde allgemein geltende strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Es macht daher keinen Unterschied, ob die Beschwerde als Beschwerde in Zivilsachen oder als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen wird. Insoweit kommt auch der allenfalls unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung keine Bedeutung zu.
2.3. In der Beschwerdebegründung schildern die Beschwerdeführer dem Bundesgericht die Prozessaussichten aus ihrer Sicht. Dies genügt nicht, um Willkür und damit eine Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts (Art. 9 BV) rechtsgenüglich (Art. 106 Abs. 2 BGG) aufzuzeigen (BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53). Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen). Daher genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht.
2.4. Davon abgesehen verlegte die Vorinstanz nach Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO die Kosten nach Ermessen.
2.4.1. Bei der Überprüfung derartiger Ermessensentscheide übt das Bundesgericht auch ohne die sich aus Art. 98 und Art. 116 BGG ergebenden Einschränkungen Zurückhaltung. Es schreitet auch bei voller Überprüfungsbefugnis, die hier nicht gegeben ist, nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 135 III 121 E. 2 S. 123 f.).
2.4.2. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde ohnehin zum Scheitern verurteilt. Aus der Duldung der Nutzung und einem allfälligen Hinweis auf den Vorplatz in einem Inserat, kann nicht zwingend auf ein exklusives Nutzungsrecht der Mieter geschlossen werden, das sämtliche Rechte des Beschwerdegegners ausschliesst. Die Vorinstanz hat ihr Ermessen offensichtlich nicht überschritten.
2.5. Soweit angesichts der mangelhaften Begründung überhaupt auf die Beschwerde eingetreten werden kann, ist sie abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den Beschwerdeführern auferlegt.
3. Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. April 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Luczak