BGer 9C_720/2013 |
BGer 9C_720/2013 vom 09.04.2014 |
{T 0/2}
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9C_720/2013
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Urteil vom 9. April 2014 |
II. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Kernen, Präsident,
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Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann,
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Gerichtsschreiberin Dormann.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Pierre Heusser,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Ergänzungsleistung zur AHV/IV
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(Rückerstattung; Erlass; unentgeltlicher Rechtsbeistand im Verwaltungsverfahren),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
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vom 20. August 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Die 1977 geborene A.________ ist Mutter von zwei (2001 und 2004 geborenen) Kindern und seit 4. Juli 2006 von ihrem Ehemann I.________ geschieden. Abgeleitet von dessen Berechtigung auf eine Rente der Invalidenversicherung und unter Einbezug der Kinder in die Berechnung sprach ihr die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau (SVA) mit Verfügung vom 3. November 2006 Ergänzungsleistungen ab 1. August 2006 zu. Spätestens seit 1. Januar 2009 lebt A.________ wiederum mit ihrem geschiedenen Ehemann zusammen. Die SVA berechnete dessen Anspruch auf Ergänzungsleistungen ab diesem Zeitpunkt neu, wobei sie die Kinder nun dem Vater zurechnete. In der Folge verneinte sie einen Anspruch der A.________ auf Ergänzungsleistungen ab 1. Januar 2009 und verpflichtete sie, zu viel bezogene Ergänzungsleistungen im Betrag von Fr. 68'876.- resp., unter Verrechnung der Nachzahlung für I.________, Fr. 50'270.- zurückzuerstatten (Verfügung vom 25. Juni 2010 und Einspracheentscheid vom 16. November 2010), was das Bundesgericht mit Urteil 9C_556/2011 vom 15. Dezember 2011 bestätigte.
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A.b. Das daraufhin gestellte Gesuch um Erlass der Rückerstattung wies die SVA mit Verfügung vom 17. Februar 2012 unter Verweis auf die fehlende Gutgläubigkeit der Leistungsbezügerin ab. Mit Einspracheentscheid vom 26. Juli 2012 hielt sie daran fest, gleichzeitig verneinte sie einen Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. August 2013 ab.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 20. August 2013 sei die in der Verfügung vom 25. Juni 2010 festgesetzte Rückforderung zu erlassen; zudem sei die SVA anzuweisen, für das Einspracheverfahren die unentgeltliche Rechtsvertretung zu gewähren.
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Die SVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
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Erwägungen: |
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. |
2.1. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG [SR 830.1], im Bereich der Ergänzungsleistungen anwendbar gemäss Art. 1 Abs. 1 ELG [SR 831.30]; vgl. auch Art. 2 ff. ATSV [SR 830.11]).
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Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen konnte oder bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen können. Während das Vorliegen oder Fehlen des Unrechtsbewusstseins zum inneren Tatbestand gehört und eine Tatfrage darstellt, welche das Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 97 und 105 BGG (E. 1) überprüft, gilt die Frage nach der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit (vgl. E. 4 hienach) als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; SVR 2007 EL Nr. 8 S. 19 E. 2.2, 8C_1/2007).
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2.2. Wo die Verhältnisse es erfordern, wird der gesuchstellenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Art. 37 Abs. 4 ATSG; Art. 29 Abs. 3 BV).
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Die Frage nach der sachlichen Erforderlichkeit der anwaltlichen Verbeiständung für das Verwaltungsverfahren (vgl. E. 5 hienach) ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage (Urteile 8C_996/2012 vom 28. März 2013 E. 3.1.2; 8C_814/2007 vom 25. September 2008 E. 7.1).
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3. Die Vorinstanz ist der Auffassung, in Bezug auf den Umstand, dass der geschiedene Ehemann seit 1. Oktober 2008 wieder mit der Beschwerdeführerin zusammenwohnte, sei keine explizite Mitteilung an die SVA erfolgt. Damit sei mindestens von einer grobfahrlässigen Meldepflichtverletzung auszugehen, welche den guten Glauben als Erlassvoraussetzung von vornherein ausschliesse. Zudem habe die Beschwerdeführerin die Ergänzungsleistungen, die ihr erst seit 1. August 2006 infolge Ehescheidung ausgerichtet wurden, nicht seit dem erneuten Einzug ihres geschiedenen Ehemannes während beinahe eineinhalb Jahren gutgläubig in unveränderter Höhe weiterbeziehen können. Folglich hat das kantonale Gericht einen Anspruch auf Erlass der Rückerstattung verneint. Sodann hat es für das vorangegangene Einspracheverfahren eine Verbeiständung durch einen Anwalt nicht für notwendig gehalten, weshalb es auch die Abweisung des entsprechenden Gesuchs um unentgeltlichen Rechtsbeistand bestätigt hat.
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4. |
4.1. Der gute Glaube entfällt nicht nur bei wissentlichem Bezug zu Unrecht ausgerichteter Leistungen. Vielmehr darf sich der Leistungsempfänger nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben. Der gute Glaube ist somit von vornherein nicht gegeben, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- oder Auskunftspflichtverletzung zurückgeht. Demgegenüber kann sich die rückerstattungspflichtige Person auf den guten Glauben berufen, wenn ihr fehlerhaftes Verhalten (beispielsweise die Meldepflichtverletzung) nur eine leichte Fahrlässigkeit darstellt (BGE 112 V 97 E. 2c S. 103; AHI 2003 S. 161 E. 3a, I 553/01). Wie in anderen Bereichen beurteilt sich die geforderte Sorgfalt nach einem objektiven Massstab, wobei jedoch das den Betroffenen in ihrer Subjektivität Mögliche und Zumutbare (Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.) nicht ausgeblendet werden darf (SVR 2007 IV Nr. 13 S. 49 E. 4.4, I 622/05; Urteile 9C_921/2010 vom 19. Januar 2011 E. 2; 8C_594/2007 vom 10. März 2008 E. 5.2; 9C_14/2007 vom 2. Mai 2007, E. 4.1).
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4.2. Die Vorinstanz hat zum Vorliegen des Unrechtsbewusstseins keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Es besteht jedoch, namentlich angesichts der Vermutung von Art. 3 Abs. 1 ZGB, kein Grund zur Annahme, die Beschwerdeführerin habe absichtlich die Ausrichtung von Ergänzungsleistungen erwirkt, auf welche kein Anspruch bestand. Der gute Glaube hängt unter diesen Umständen davon ab, ob eine grobfahrlässige Verletzung der Meldepflicht (vgl. Art. 24 ELV [SR 831.301]) oder ein sonstwie grobfahrlässiger Bezug der Ergänzungsleistungen (vgl. BGE 138 V 218 E. 10 S. 226; Urteil 9C_385/2013 vom 19. September 2013 E. 4.3) vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn die Beschwerdeführerin nicht das Mindestmass an Aufmerksamkeit aufgewendet hat, welches von einem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter den gleichen Umständen verlangt werden muss (vgl. SVR 2007 IV Nr. 13 S. 49 E. 4.4 [I 622/05], mit Hinweis auf BGE 110 V 176 E. 3d S. 181; Urteil 9C_14/2007 vom 2. Mai 2007, E. 5.2).
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4.3. Gemäss Art. 24 ELV hat die anspruchsberechtigte Person der kantonalen Durchführungsstelle von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich Mitteilung zu machen. Der Einzug des geschiedenen Ehemannes bei der Beschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern stellt grundsätzlich eine relevante Änderung der Verhältnisse dar und war daher meldepflichtig. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 24 ELV trifft die Meldepflicht die Beschwerdeführerin persönlich, zumal dafür in concreto keine der in der genannten Bestimmung erwähnten anderen Personen oder Behörden in Betracht fällt. Sie machte und macht nicht geltend, selber die SVA als zuständige Durchführungsstelle von der veränderten Wohnsituation unterrichtet zu haben. Das kantonale Gericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, das die Beschwerdeführerin ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen war.
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4.4. Nach verbindlicher (E. 1) und zutreffender vorinstanzlicher Feststellung teilte der damalige Beistand des geschiedenen Ehemannes der SVA am 17. September 2008 mit, dass dieser auf den 1. Oktober 2008 zu seiner Ex-Frau ziehen werde. Die weitere Feststellung, damit sei der SVA nicht gemeldet worden, dass sich die Verhältnisse der Beschwerdeführerin änderten, steht dazu im Widerspruch und ist nicht haltbar. Daran ändert nichts, dass im Schreiben des Beistandes nicht explizit auf den Ergänzungsleistungsanspruch der Beschwerdeführerin hingewiesen wurde. Immerhin betraf es explizit "IV/Ergänzungsleistungen"; zudem war es angesichts der bekannten Familiensituation naheliegend, dass die geschiedene Ehefrau gestützt auf die Besitzstandsregelung von Abs. 1 der in die ELV aufgenommenen Schlussbestimmung der Änderung vom 28. September 2007 ebenfalls Ergänzungsleistungen bezog und der entsprechende Anspruch - der im Übrigen den Kindern zusteht (Urteil 9C_556/2011 vom 15. Dezember 2011 E. 2.1 und 3.1) - tangiert ist. Dass die Beschwerdeführerin, die im Jahr 2000 als Flüchtling aus dem Irak in die Schweiz eingereist war, über keine Berufsausbildung zu verfügen scheint und in der Schweiz nie erwerbstätig war (vgl. E. 4.1 in fine), sich auf diese Meldung des - amtlichen - Beistandes ihres geschiedenen Ehemannes verliess, kann nicht als grobe Nachlässigkeit bezeichnet werden. Die demnach bloss leichte Fahrlässigkeit bei der Verletzung der Meldepflicht schliesst jedoch den guten Glauben beim Leistungsbezug nicht aus (E. 4.1).
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Bei diesem Ergebnis ist auf die Vorbringen betreffend die Meldung bei der Einwohnerkontrolle resp. die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) nicht weiter einzugehen.
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4.5. Das kantonale Gericht scheint unter Hinweis auf BGE 138 V 218 E. 10 S. 226 anzunehmen, dass der Bezug der Ergänzungsleistungen ab 1. Oktober 2008 in grobfahrlässiger Weise erfolgte, auch wenn keine grobfahrlässige Verletzung der Meldepflicht vorliegt (vgl. E. 4.2). Zur Begründung hat es angeführt, auch für die Beschwerdeführerin sei erkennbar gewesen, dass der Leistungsanspruch nach dem Zusammenziehen mit dem geschiedenen Ehegatten nicht unverändert weiterbestehe; diesbezüglich habe sie nicht das Mindestmass an Aufmerksamkeit angewendet, das von einem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter den gleichen Umständen verlangt werden dürfe. Dem ist nicht beizupflichten: Zum einen wurde die Frage, ob die Ergänzungsleistung der Kinder weiterhin zusammen mit der Mutter zu berechnen ist, erst durch das Bundesgericht im Verfahren 9C_556/2011 (BGE 137 V 434), das nicht aussichtslos war (Urteil 9C_556/2011 vom 15. Dezember 2011 E. 5), geklärt. Zum anderen hätte die Anrechnung des auf den Ehemann entfallenden Mietzinsanteils (vgl. Art. 16c ELV) die jährliche Ergänzungsleistung lediglich um Fr. 150.- reduziert; bei diesem Betrag sind an die gebotene Aufmerksamkeit und die Pflicht, den Fehler zu melden, keine strengen Anforderungen zu stellen (Urteil 9C_385/2013 vom 19. September 2013 E. 4.4). Auch in dieser Hinsicht kann somit nicht von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden.
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4.6. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei der Entgegennahme der Ergänzungsleistungen gutgläubig war. Anhaltspunkte dafür, dass die Rückerstattung bei Eintritt der Rechtskraft der Rückforderungsverfügung am 15. Dezember 2011 (vgl. Art. 4 Abs. 2 ATSV; Art. 61 BGG) für sie keine grosse Härte im Sinne von Art. 5 ATSV bedeutet haben sollte, sind nicht ersichtlich. Damit sind die Voraussetzungen für einen Erlass der Rückerstattung erfüllt.
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5. |
5.1. Die bedürftige Partei hat in nicht aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 S. 182 mit Hinweisen). Die sachliche Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren beurteilt sich nach einem strengen Massstab. Könnte der Einsprecher im Falle des Unterliegens die unentgeltliche Verbeiständung beanspruchen, hat er bei Obsiegen Anspruch auf eine Parteientschädigung (BGE 132 V 200 E. 4.1 S. 201 mit Hinweisen; Urteile 8C_717/2012 vom 8. November 2012 E. 3.5, 8C_370/2010 vom 7. Februar 2011 E. 7.1, 9C_315/2009 vom 18. September 2009 E. 2.1).
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5.2. Die Vorinstanz hat verbindlich (E. 1) festgestellt, das Prozessthema im Einspracheverfahren habe sich auf die Frage nach dem guten Glauben der Beschwerdeführerin beim Ergänzungsleistungsbezug beschränkt. Die Darlegung der tatsächlichen Gegebenheiten in diesem Zusammenhang habe keine Schwierigkeiten bereitet. Diese Umstände allein genügen indessen nicht, in concreto die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung zu beurteilen. Folgende Aspekte sind ebenfalls zu berücksichtigen: Mit der Rückforderung von Fr. 50'270.- resp. deren Erlass sind die Interessen der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Beschwerdeführerin in schwerwiegender Weise betroffen. Weiter stellten sich für die Beurteilung des guten Glaubens auch anspruchsvolle Fragen rechtlicher Natur (vgl. E. 4). Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin bereits im Verfahren betreffend die Rückerstattungspflicht an sich, das auch im vorliegenden Prozess von Bedeutung ist (vgl. E. 4.5), anwaltlich vertreten war. Angesichts dieser Komplexität ist es gerechtfertigt, dass sie die anwaltliche Hilfe auch im anschliessenden Verwaltungsverfahren betreffend den Erlass beanspruchte (vgl. Urteil I 944/05 vom 30. Januar 2007 E. 5.7).
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5.3. Nach dem Gesagten ist die Voraussetzung der Gebotenheit der Verbeiständung auch unter Anwendung eines strengen Massstabs gegeben. Ohne Weiteres ist ebenso die ausgewiesene Bedürftigkeit sowie die fehlende Aussichtslosigkeit zu bejahen. Unter diesen Umständen hätte der Beschwerdeführerin eine anwaltliche Verbeiständung für das Einspracheverfahren zugestanden werden müssen. Angesichts des Ausgangs des Verfahrens in materieller Hinsicht (E. 4) ist ihr eine Parteientschädigung (E. 5.1) zuzusprechen, deren Höhe die Verwaltung festzusetzen hat.
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6. Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Was die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens anbelangt (vgl. Art. 68 Abs. 5 BGG), so hat das kantonale Gericht anstelle der Entschädigung für den unentgeltlichen Rechtsbeistand eine Parteientschädigung zuzusprechen. Dabei darf die im vorinstanzlichen Verfahren (nachträglich) obsiegende Beschwerdeführerin entschädigungsrechtlich nicht schlechter gestellt werden als die unentgeltlich vertretene unterliegende Beschwerdeführerin resp. deren unentgeltlicher Rechtsbeistand (SVR 2011 AHV Nr. 7 S. 23, 9C_338/2010 E. 5.2 mit Hinweis).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. August 2013 und der Einspracheentscheid der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau vom 26. Juli 2012 werden aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin die Rückforderung im Betrag von Fr. 50'270.- zu erlassen und ihr für das Einspracheverfahren eine Parteientschädigung zuzusprechen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
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4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 9. April 2014
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Kernen
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Die Gerichtsschreiberin: Dormann
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