BGer 2C_802/2013 |
BGer 2C_802/2013 vom 28.04.2014 |
{T 0/2}
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2C_802/2013
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Urteil vom 28. April 2014 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
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Gerichtsschreiber Egli.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Philip Horber,
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gegen
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Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, Rechtsabteilung, Schlossmühlestrasse 15, 8510 Frauenfeld.
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Gegenstand
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Parteientschädigung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 5./26. Juni 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
Am 9. November 2011 erliess das Gemeindesteueramt U.________ einen Steuerdomizilentscheid mit der Feststellung, A.________ sei auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2009 bis zum Entscheiddatum unbeschränkt dort steuerpflichtig. Auf Einsprache hin bestätigte das genannte Amt den Entscheid am 16. März 2012. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wies die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau in einem einzigen Entscheid am 5. Februar 2013 ab. Die anschliessende Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 5./26. Juni 2013 gut und stellte fest, dass A.________ vom 1. März 2009 bis 31. August 2011 keinen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Das Verwaltungsgericht sprach A.________ für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'200.-- (zzgl. MWST) zu, wies jedoch den Antrag um Zusprache einer Parteientschädigung für das Verfahren vor der Steuerverwaltung und der Rekursinstanz ab (vgl. Ziff. 3 des Urteils vom 5./26. Juni 2013).
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C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Kostenentscheid in einer Steuersache ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist hierzu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 1.6).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.).
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2. |
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung von § 80 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Thurgau vom 23. Februar 1981 über die Verwaltungsrechtspflege (RB 170; nachfolgend: VRG/TG). Die Bestimmung lautet wie folgt:
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"Stehen sich in einem Rekursverfahren Privatparteien gegenüber, hat die obsiegende Privatpartei in der Regel Anspruch auf Ersatz der ausseramtlichen Kosten durch die unterliegende Privatpartei. Im Übrigen wird Ersatz ausseramtlicher Kosten nur zugesprochen, wenn sich dies bei komplizierter Sachlage oder schwierigen Rechtsfragen rechtfertigt."
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2.2. Die Vorinstanz hat unter Anwendung dieser Bestimmung erwogen, vorliegend sei weder die Sachlage kompliziert, noch würden sich schwierige Rechtsfragen stellen. Die Frage des Steuerdomizils könne in der Regel auch von einem Laien unter Nachweis der üblichen Indizien nachgewiesen werden. Dass die Vorinstanzen zu einer unterschiedlichen Bewertung der sich stellenden Fragen gekommen seien, ändere daran nichts.
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2.3. Der Steuerdomizilentscheid betraf vorliegend unstrittig die direkte Bundessteuer wie die Staats- und Gemeindesteuern. Vorinstanz wie Beschwerdeführer haben offenbar übersehen, dass die Kostenverlegung vor der kantonalen Steuerrekurskommission im Bereich der direkten Bundessteuer in Art. 144 DBG (SR 642.14) bundesrechtlich geregelt ist. Die Steuerrekurskommission hat denn auch im Entscheid vom 5. Februar 2013 ausdrücklich auf diese Norm hingewiesen. Das Harmonisierungsrecht enthält keine entsprechende Regelung, weshalb es im Bereich der Kantonssteuern Sache des kantonalen Rechts ist, eine entsprechende Ordnung vorzusehen (vgl. unten E. 4; Art. 50 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]; Urteil 2C_363/2009 vom 4. Februar 2010 E. 3.1).
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3. |
3.1. Im Bereich der direkten Bundessteuer verweist Art. 144 DBG für die Zusprache von Parteikosten auf die einschlägigen Bestimmungen im VwVG (SR 172.021), gemäss welchen die Beschwerde- bzw. Rekursinstanz der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen kann (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 VwVG). Die Höhe der Kosten des Verfahrens vor der kantonalen Steuerrekurskommission wird durch das kantonale Recht bestimmt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1-3 VwVG e contrario; Art. 144 Abs. 5 DBG). Notwendig sind Parteikosten dann, wenn sie zur sachgerechten und wirksamen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unerlässlich erscheinen (BGE 131 II 200 E. 7.2 S. 214; Urteil 2A.740/2005 vom 3. Januar 2006 E. 2.1). Der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der "notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten" gewährt der urteilenden Instanz einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Sie hat ausgehend von den konkreten Umständen des Einzelfalles bzw. der jeweiligen Prozesslage frei zu würdigen, ob und in welcher Höhe eine Parteientschädigung geschuldet ist (BGE 98 Ib 506 E. 2 S. 509 ff.; Urteil 2A.468/2005 vom 7. April 2006 E. 3.2; ferner Urteile 8C_329/2011 vom 29. Juli 2011 E. 6.1; 9C_108/2010 vom 15. Juni 2010 E. 7.2).
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3.2. Das Verwaltungsgericht hat Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), indem es sich zu Unrecht alleine durch das kantonale Recht gebunden sah und das massgebliche eidgenössische Recht nicht anwandte. In der Folge hat die Vorinstanz den Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft, der ihr durch Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 VwVG aufgegeben ist.
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3.3. Zu prüfen bleibt, ob dem Beschwerdeführer von Bundesrechts wegen ein Anspruch auf Parteientschädigung einzuräumen ist, dessen Höhe sich nach kantonalem Recht bemisst.
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Aus den genannten Gründen rechtfertigt es sich, dem Beschwerdeführer bereits im Verfahren vor der Steuerrekurskommission einen Rechtsvertreter beizugeben.
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3.4. Zu beachten bleibt: Auch bei anerkanntermassen gerechtfertigter Vertretung können unnötige Kosten anfallen (Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, Rz. 4.68 Fn. 200); entschädigt werden im Rahmen von Art. 144 DBG nur die notwendigen Kosten (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 VwVG). Über die Bemessung der Parteientschädigung ist jedoch nicht im bundesgerichtlichen Verfahren zu entscheiden, zumal sich die Frage nach kantonalem Recht richtet (Art. 144 Abs. 5 DBG) und der urteilenden Behörde ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. oben E. 3.1; BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383 f.; Urteile 4A_375/2012 vom 20. November 2012 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 139 III 24; 8C_797/2010 vom 11. Januar 2011 E. 5.4).
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4. |
Für den Bereich der Staats- und Gemeindesteuern gilt § 80 Abs. 2 VRG/TG, wonach Ersatz ausseramtlicher Kosten nur zugesprochen wird, wenn sich dies bei komplizierter Sachlage oder schwierigen Rechtsfragen rechtfertigt (vgl. oben E. 2.1 und 2.3). Angesichts des harmonisierungsrechtlich eingeräumten Gestaltungsspielraums zugunsten der Kantone könnte das Bundesgericht im Wesentlichen nur eingreifen, wenn sich die Thurgauer Regelung zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen als im Ergebnis geradezu unhaltbar bzw. willkürlich (Art. 9 BV) erweisen würde, was jedoch nicht zutrifft: Die wirksame Rechtsverteidigung kann zwar für juristische Laien in justizförmigen Verfahren den Beizug eines Rechtsvertreters nahelegen (vgl. oben E. 3.3). Damit geht jedoch nicht notwendigerweise ein Anspruch auf Parteientschädigung einher. Ein solcher Anspruch setzt grundsätzlich eine entsprechende gesetzliche Grundlage im anwendbaren Verfahrenserlass voraus (BGE 117 V 401 E. II/1/b S. 403 ff.; Urteile 2C_507/2013 vom 18. September 2013 E. 3.1; 1C_592/2012 vom 7. März 2013 E. 3.5; 2P.147/2005 vom 31. August 2005 E. 2). Einschlägig ist vorliegend § 80 Abs. 2 VRG/TG, wobei die Vorinstanz den Anspruch auf Parteientschädigung angesichts der klar definierten Rechtsfrage und der überblickbaren Sachlage willkürfrei verneinen durfte.
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5. |
5.1. Nach dem Gesagten erweist sich die Kostenbeschwerde als teilweise begründet. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, soweit er - bezogen auf die direkte Bundessteuer - eine Parteientschädigung im Verfahren vor der Steuerrekurskommission verneint hat. Diesbezüglich ist die Sache zur Bemessung der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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5.2. Der Beschwerdeführer dringt mit seinem Antrag nur teilweise durch. Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich, die Verfahrenskosten je hälftig dem Beschwerdeführer und dem Kanton Thurgau, der Vermögensinteressen verfolgt, aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen, ohne selbst Anspruch auf eine Parteientschädigung zu haben (Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird insoweit aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen, als dem Beschwerdeführer für das Bundessteuerverfahren vor der Steuerrekurskommission eine Parteientschädigung verweigert worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden zu Fr. 1'000.-- dem Kanton Thurgau und zu Fr. 1'000.-- dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 28. April 2014
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Egli
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