Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img] |
|
|
{T 0/2}
6B_1171/2013
|
|
|
Urteil vom 28. April 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter,
Beschwerdeführer,
gegen
1.
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
2. Y.________,
vertreten durch Advokatin Susanne Bertschi,
3.
Opferhilfe beider Basel,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Mehrfache sexuelle Nötigung usw.; Willkür, Grundsatz "in dubio pro reo",
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 10. September 2013.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt wirft X.________ vor, er habe im Februar 2011 und zweimal im September 2011 an seiner Ehefrau gegen ihren Willen sowie unter Anwendung von Gewalt den Analverkehr vollzogen. Um ihre Schreie zu ersticken, habe er bei einem Vorfall im September 2011 der bäuchlings auf dem Boden liegenden Ehefrau eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und diese mit einer Hand an ihrem Genick zusammengehalten. Der schreienden Ehefrau, die Atemprobleme bekommen habe und in Panik geraten sei, sei es nach einigen Momenten gelungen, die Plastiktüte zu zerreissen und von ihrem Kopf zu entfernen. Am 19. Oktober 2011 habe X.________ seine Ehefrau gestossen sowie geschlagen, habe sie gegen das Bein getreten und sei ihr auf die Hände gestanden. Als seine Ehefrau geweint habe, habe er sie angewiesen still zu sein und gedroht, sie umzubringen, falls die Nachbarn die Polizei riefen.
B.
Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X.________ am 13. Juli 2012 wegen mehrfacher sexueller Nötigung, versuchter Gefährdung des Lebens, einfacher Körperverletzung und Drohung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Es verpflichtete ihn, der Opferhilfe beider Basel Schadenersatz von Fr. 323.05 und seiner Ehefrau eine zu verzinsende Genugtuung von Fr. 12'000.-- zu bezahlen.
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 10. September 2013 das erstinstanzliche Urteil.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei vollumfänglich freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO). Er sei im Vorverfahren nur einmal von der Staatsanwaltschaft einvernommen worden, während sich seine Ehefrau dreimal habe äussern können. Indem die Vorinstanz ausführe, das Ungleichgewicht sei durch die Einvernahme seiner Ehefrau an der Berufungsverhandlung ausgeglichen worden, verkehre sie die Problematik willkürlich in das Gegenteil.
Während das Opfer im Vorverfahren dreimal einvernommen wurde (16. November 2011, 30. November 2011 und 12. Januar 2012), konnte sich der Beschwerdeführer einzig am 21. November 2011 zu dessen Vorwürfen äussern (Urteil S. 5; kantonale Akten, pag. 318 ff., 350 ff., 394 ff., 431 ff.). Vor erster und zweiter Instanz wurde ihm jedoch die Möglichkeit gewährt, ausführlich zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen, die Einvernahme seiner Ehefrau mitzuverfolgen und ihr Fragen zu stellen (Urteil S. 5; kantonale Akten, pag. 763 ff., 1090 ff.).
Fraglich ist, weshalb der Beschwerdeführer im Vorverfahren trotz entsprechender Anträge nur einmal einvernommen wurde. Jedoch hat eine Schlusseinvernahme gemäss Art. 317 StPO in umfangreichen und komplizierten Vorverfahren zu erfolgen. Der Beschwerdeführer bringt zu Recht nicht vor, diese Voraussetzung sei erfüllt. Die Staatsanwaltschaft war nicht verpflichtet, ihn abschliessend nochmals anzuhören. Er konnte mittels seiner Briefe und den Eingaben der Verteidigung zu den Ermittlungsergebnissen Stellung nehmen. Wie die Staatsanwaltschaft den Zustand des Opfers besonders berücksichtigt haben und inwiefern dies für ihn nachteilig gewesen sein soll, begründet der Beschwerdeführer nicht (siehe Beschwerde S. 2 Ziff. 3). Er kam vor erster und zweiter Instanz ausführlich zu Wort. Selbstverständlich ändert dies nichts am zahlenmässigen Ungleichgewicht, jedoch besteht - wie er selbst ausführt - kein Anspruch, dass alle Verfahrensbeteiligten gleich oft und gleich lange befragt werden. Im Übrigen kommt es nicht auf die Anzahl, sondern den Inhalt der Befragungen an. Der Beschwerdeführer konnte sich im kantonalen Verfahren dreimal mündlich zu den Vorwürfen äussern. Hinzu kommen seine Briefe (siehe z.B. kantonale Akten, pag. 47 ff., 72 ff., 97 ff.). Damit sind die Verfahrensrechte gewahrt. Die Rügen sind unbegründet, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen genügen.
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Sie sei unrichtig, willkürlich und verletze die Unschuldsvermutung sowie sein Recht auf ein faires Verfahren. Indem die Vorinstanz seinen Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Analverkehr ablehne, verletze sie Art. 182 StPO.
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1; je mit Hinweisen) oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; je mit Hinweisen).
2.2. Soweit der Beschwerdeführer lediglich die erst- und vorinstanzlichen Erwägungen wiedergibt und diesen seine Sicht der Dinge gegenüberstellt, ohne auf die umfassende Beweiswürdigung der Vorinstanz einzugehen, erschöpfen sich seine Ausführungen in einer appellatorischen Kritik. Darauf ist nicht einzutreten. So argumentiert er, seine Ehefrau beschreibe den Analverkehr und dessen Umstände nur rudimentär, sie schildere weder einen Bruch des Widerstands noch wie sie auf den Rücken (gemeint ist wohl der Bauch) gedreht worden sei, ob sie Widerstand geleistet habe und wie es ihm gelungen sei, während des analen Verkehrs einen Sack herbeizuholen. Ferner lasse die Vulgärsprache des Opfers auf dessen Gefühlskälte schliessen.
Mangels genügender Substanziierung ist auch auf seine Rüge nicht einzutreten, sein Anspruch auf ein faires Verfahren sei verletzt.
2.3. An der Sache vorbei geht die Kritik an der vorinstanzlichen Erwägung, das Opfer sei im "Kern" bei seinen Aussagen geblieben. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich zweifelsfrei, dass mit "Kerngeschehen" der dreimalige Analverkehr mit einmaligem Einsatz des Plastiksacks gemeint ist (z.B. Urteil S. 8).
Gleiches gilt für den Einwand, Analverkehr sei gegen den Willen der betroffenen Person nicht möglich. Die Vorinstanz stellt willkürfrei fest, die vom Opfer geschilderten Vorgänge seien ohne Weiteres physisch möglich (Urteil S. 5). Der Antrag auf Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Analverkehr erscheint abwegig. Die Vorinstanz verletzt weder das Anklageprinzip noch verfällt sie in Willkür, wenn sie ausführt, die anale Penetration sei nicht während eines Kampfgeschehens, sondern nach dem Bruch des Widerstands erfolgt (Urteil S. 5; siehe Beschwerde S. 6 Ziff. 13.1.2). Gemäss Anklage habe der Beschwerdeführer seine Ehefrau bei jedem Vorfall geschlagen. Diese habe zwar teilweise versucht, sich zu wehren, habe jedoch schliesslich den Analverkehr erdulden müssen (kantonale Akten, pag. 460 f.). Dass er einmal einen Plastiksack zu Hilfe nehmen musste, um ihre Schreie zu ersticken, ändert nichts daran, dass ihr Widerstand letztlich gebrochen war.
2.4. Unbegründet ist der Vorwurf, die Vorinstanz auferlege dem Beschwerdeführer die Beweislast, weil sie ihn auch aufgrund seiner eigenen Aussagen verurteilt habe. Der Beschuldigte ist zwar nicht zur Aussage verpflichtet, muss sich jedoch gefallen lassen, dass etwaige Äusserungen zu seinen Lasten berücksichtigt werden. Diese sind ein Beweismittel, das wie jedes andere der freien Beweiswürdigung unterliegt. Die Vorinstanz durfte seine Aussagen analysieren und bei der Beweiswürdigung berücksichtigen. Dass sie dies auf willkürliche Weise getan hätte, bringt er nicht substanziiert vor.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer hat die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seine finanzielle Situation ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten zu berücksichtigen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. April 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Andres