BGer 5A_271/2014
 
BGer 5A_271/2014 vom 26.05.2014
{T 0/2}
5A_271/2014
 
Urteil vom 26. Mai 2014
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Möckli.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Fred Hofer,
Beschwerdeführer,
gegen
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Eichenberger,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Erbteilung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 19. Februar 2014.
 
Sachverhalt:
A. X.________ und Y.________ sind die einzigen und gesetzlichen Erben des elterlichen Nachlasses.
B. Mit Klage vom 19. Oktober 2007 (Y.________) bzw. Klageantwort vom 5. Mai 2008 (X.________) verlangten die Parteien zusammengefasst die Feststellung der elterlichen Nachlässe, unter Hinzurechnung ausgleichungspflichtiger Vorbezüge, und die Durchführung der Erbteilung.
C. Gegen diesen Entscheid hat X.________ am 2. April 2014 eine Beschwerde in Zivilsachen eingereicht. Zum einen verlangt er die Streichung der Forderung über Fr. 56'000.-- für unentgeltliches Wohnen im Elternhaus; zum anderen verlangt er eine Ausgleichung seitens der Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit einer Zahlung der Mutter über Fr. 20'173.65 für die Sanierung der Heizungsanlage. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid betreffend eine Erbteilung mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen ist damit gegeben (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).
2. Umstritten ist der Nachweis einer Zahlung der Mutter von Fr. 20'173.65 für die Sanierung der Heizungsanlage in der Liegenschaft der Beschwerdegegnerin im Jahr 1996.
2.1. Das Bezirksgericht Brugg hat diesbezüglich eine Ausgleichungspflicht der Beschwerdegegnerin verneint mit der Begründung, eine entsprechende Zahlung durch die Mutter sei mit der blossen Vorlage der auf den Namen des Ehemannes der Beschwerdegegnerin lautenden Rechnung nicht belegt.
2.2. Das Obergericht ist von der Beweispflicht des Beschwerdeführers für die behauptete Zahlung der Rechnung durch die Mutter ausgegangen. Es hat befunden, dass die erstinstanzlich eingereichte Rechnung, welche auf den Ehemann der Beschwerdegegnerin laute, für den Beweis der Zahlung durch die Mutter ungenügend sei. Die oberinstanzlich eingereichte Belastungsanzeige sei als unechtes Novum zu qualifizieren und damit aus dem Recht zu weisen. Es wäre dem Beschwerdeführer durchaus bereits im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens möglich und zumutbar gewesen, sämtliche Konten seiner Eltern nach dieser behaupteten und betragsmässig auch nicht unerheblichen Zahlung zu durchforschen bzw. die Bank der Eltern in diesem Zusammenhang zu kontaktieren und um die Aushändigung von Bankauszügen zu ersuchen. Insbesondere könne das verspätete Einreichen der Belastungsanzeige angesichts der anwaltlichen Vertretung auch nicht mit Unerfahrenheit in banktechnischen Sachverhalten (konkret: um was es sich bei einem Aktionärskonto handle) entschuldigt werden.
2.3. Der Beschwerdeführer sieht in dieser Begründung eine Rechtsverletzung. Er habe schlicht nicht damit rechnen müssen, dass eine solche Rechnung ab einem Aktionärskonto belastet werde. Logischerweise suche man betreffende Belege bei einem Sparkonto. Zwar habe ihm die Bank den Hinweis auf das Aktionärskonto geben können. Die Unterlagen habe er aber nicht von der Bank erhalten, denn es gelte auch für die Banken eine Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren; die Belastungsanzeige aus dem Jahr 1996 sei bei der Bank sicher nicht mehr vorhanden. Die Bank sei im Übrigen auch nicht seine Buchhalterin und müsse keine Auskunft über einzelne Rechnungen geben. Sodann sei nicht ersichtlich, was die anwaltliche Vertretung mit der Sache zu tun habe; ob ein Konto vorhanden sei oder nicht, sei keine Rechtsfrage, welche ein Anwalt besser klären könnte.
2.4. Sinngemäss wird eine fehlerhafte Anwendung von Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO gerügt, wonach ein erst oberinstanzlich eingereichtes Beweismittel nur noch berücksichtigt werden kann, wenn es trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnte.
2.5. Verletzt aber bereits die Hauptbegründung des Obergerichtes kein Recht, erübrigt es sich, auf die Alternativbegründung (die verlangte Ausgleichung spiegle sich nicht in den oberinstanzlichen Rechtsbegehren) und die diesbezüglichen Rügen (Ausführungen in der Berufungsbegründung seien ausreichend) näher einzugehen.
3. Umstritten ist sodann die Ausgleichungspflicht des Beschwerdeführers für unentgeltliches Wohnen mit seiner Familie in der Liegenschaft der Eltern ab April 2002 bis zum Tod des Vaters am 4. Dezember 2006 für einen auf Fr. 56'000.-- festgesetzten Gesamtbetrag bzw. der Nachweis von Gegenleistungen in mindestens diesem Ausmass.
3.1. Vor Obergericht brachte der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den Gegenleistungen vor, dass der Vater gesundheitliche Probleme gehabt und täglicher Pflege bedurft habe. Er (Beschwerdeführer) habe verschiedene Umgebungsarbeiten und seine Ehefrau den kompletten Haushalt besorgt. Nach einem schweren Unfall im Jahr 2002 sei der Vater fast wöchentlich zum Arzttermin und zu einem anderen Termin gefahren worden. Der Beschwerdeführer reichte vor Obergericht eine Aufstellung der Aufwendungen nach und machte ausserdem geltend, dass die Spitex-Rechnungen im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen seien. In Bezug auf den Umfang der ausgleichungspflichtigen Summe machte der Beschwerdeführer geltend, dass der Vater über die Raumnutzung rigoros bestimmt habe. Die Annahme eines Mietzinses von monatlich Fr. 1'250.-- und die Ausscheidung eines Anteiles von Fr. 250.-- für den Vater und von Fr. 1'000.-- für ihn und die Familie sei völlig abstrus.
3.2. In seinen Erwägungen ging das Obergericht von der unbestrittenen erstinstanzlichen Feststellung aus, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie ab April 2002 im Elternhaus wohnte und dafür keinen Mietzins entrichtete, was angesichts der Dauer (56 Monate) im Grundsatz ausgleichungspflichtig sei. Der Marktwert des Wohnens habe anhand der Liegenschaftsschätzung vom November 2001 klar festgestellt werden können. Einen Beleg für eine ausdrückliche Befreiung von der Ausgleichungspflicht habe der Beschwerdeführer nicht vorweisen können und er berufe sich auch nicht auf eine ausdrücklich erfolgte Dispensierung. Nichts abgeleitet werden könne aus dem Umstand, dass der Vater nie einen Mietzins gefordert habe, denn dies begründe ja überhaupt erst die Ausgleichungspflicht. Für die behaupteten Gegenleistungen treffe die Beweispflicht den Beschwerdeführer. Diesbezüglich habe er sich aber erstinstanzlich mit pauschalen Behauptungen begnügt. Er habe es unterlassen, die behaupteten Aufwendungen und Leistungen näher zu konkretisieren oder auch nur ansatzweise zu beziffern sowie mit Abrechnungen, Kostenaufstellungen oder dergleichen zu dokumentieren, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre. Die nunmehr oberinstanzlich nachgereichten Urkunden (eine Kostenaufstellung betreffend den angeblichen Kostenrückgang der Spitex und Rechnungen für erbrachte Arbeiten zugunsten des Vaters) seien verspätet und damit als unechte Noven aus dem Recht zu weisen. Es sei weder ersichtlich noch auch nur mit einem Satz begründet, weshalb diese Belege nicht bereits vor erster Instanz eingereicht worden seien.
3.3. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, überhöhte und damit rechtsverletzende Anforderungen an das Beweismass gestellt zu haben. Es sei ihm nicht möglich gewesen, Abrechnungen, Kostenaufstellungen oder dergleichen einzureichen, weil in familiären Angelegenheiten niemand Buch führe. Dass der Vater nicht mehr im Stand gewesen sei, den Haushalt zu führen und die Liegenschaft zu unterhalten, werde implizit auch von der Beschwerdegegnerin bestätigt, habe diese doch ausgeführt, dass der Vater sich aufgrund der stark eingeschränkten Mobilität nur noch im Erdgeschoss habe aufhalten können. Daraus ergebe sich, dass jemand anderes den Haushalt und den Unterhalt habe besorgen müssen. Um den Wert dieser Leistungen zu bemessen, sei eine Schätzung vorzunehmen. Bei einem Aufwand pro Woche von 48 Stunden und einem Stundenlohn von Fr. 27.-- ergebe sich ein Wochenlohn von Fr. 1'296.-- bzw. umgerechnet auf die 56 Monate ein Anspruch von Fr. 314'928.--. Damit sei der für die Ausgleichung eingesetzte Betrag von Fr. 56'000.-- mehr als ausgeglichen.
3.4. Der Beschwerdeführer macht von der Sache her geltend, das Obergericht habe nicht das richtige Beweismass angewandt; dies ist eine frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 136 III 401 nicht publ. E. 4.3.2). Nach Art. 8 ZGB hat, wo es das Gesetz nicht anders bestimmt, jene Partei das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, die aus ihr Rechte ableitet. Nachdem die kantonalen Gerichte den von der Beschwerdegegnerin zu erbringenden Beweis, wonach der Beschwerdeführer im Haus des Vaters während 56 Monaten unentgeltlich gelebt habe, als erfüllt erachteten, oblag dem Beschwerdeführer der Beweis für seine Behauptung, in mindestens diesem Umfang unentgeltlich Leistungen für den Vater erbracht zu haben.
4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Mai 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Möckli