Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
6B_221/2014
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Urteil vom 5. Juni 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Verletzung von Verkehrsregeln; Anklagegrundsatz, Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 9. Januar 2014.
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Solothurn verurteilte X.________ zweitinstanzlich wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln durch Nichtbeherrschen des Fahrzeugs zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 100.-- und einer Busse von Fr. 300.--.
B.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, er freizusprechen und die Sache zu neuer Entscheidung im Kostenpunkt an dieses zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Anklagegrundsatzes geltend.
1.1. Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten und nunmehr in Art. 9 Abs. 1 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte im Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt der Anklagegrundsatz den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f.; Urteil 6B_130/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 6.2, nicht publ. in: BGE 138 IV 209; je mit Hinweisen; vgl. Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO).
1.2. Dem Beschwerdeführer wird in der Anklageschrift vorgeworfen, er habe am 31. März 2012, um 19.00 Uhr, auf der Autobahn A1 bei Oensingen in Fahrtrichtung Zürich als Lenker des Personenwagens xxx mit dem Kennzeichen yyy Verrichtungen vorgenommen, die das sichere Führen nicht mehr gewährleistet hätten. Er habe sich durch seine mitfahrende Ehefrau behindern lassen, habe sie während der Fahrt mehrfach geschlagen und auf den Beifahrersitz zurückgedrückt. Sie habe mehrfach in das Lenkrad gegriffen und ihren Oberkörper auf ihn gelegt, um ein Mobiltelefon zu behändigen, das sich zwischen seinem linken Oberschenkel und dem Führersitz befunden habe. Deshalb habe er die Herrschaft über das Fahrzeug verloren und wiederholt sämtliche Fahrstreifen befahren. Auf der Autobahnausfahrt habe sich seine Ehefrau erneut zu ihm gebeugt. Er habe sie auf ihren Sitz zurückgestossen, wobei sie sich am Lenkrad festgehalten habe, weshalb das Fahrzeug über den rechten Fahrbahnrand hinaus auf das Wiesland geraten und mit dem Wildschutzzaun kollidiert sei, bevor er auf ein Verkehrssignal aufgefahren und zum Stillstand gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe mindestens unbewusst grobfahrlässig elementare Sorgfaltspflichten verletzt, indem er die Aufmerksamkeit nicht auf den Verkehr gerichtet und sein Fahrzeug nicht ständig so beherrscht habe, dass er seinen Vorsichtspflichten habe nachkommen können.
1.3. Die Vorinstanz verurteilt den Beschwerdeführer, weil er an besagtem Datum auf besagter Strecke als Lenker seines xxx seine Ehefrau zum Teil heftig auf den Beifahrersitz zurückgestossen habe. Die gegen seine Ehefrau gerichteten Handgreiflichkeiten hätten die Bedienung des Fahrzeugs erheblich erschwert. Seine Aufmerksamkeit sei nicht mehr auf die Strasse und den Verkehr gerichtet gewesen. Wegen der Handgreiflichkeiten habe er die Herrschaft über sein Fahrzeug verloren, sämtliche Fahrstreifen samt Pannenstreifen befahren, sei in der Autobahnausfahrt bei Oensingen über den rechten Fahrbahnrand hinaus geraten und mit dem Wildschutzzaun kollidiert. Zur Frage des Notstands gemäss Art. 17 StGB erwägt die Vorinstanz, dem Beschwerdeführer wäre es ohne weiteres möglich gewesen, die Gefahr nicht mit Handgreiflichkeiten sondern auf andere Art und Weise abzuwehren. Er hätte der Ehefrau das Mobiltelefon wieder zurückgeben können, was er aber unterlassen habe. Seiner Behauptung, dass die tätliche Auseinandersetzung mit der Rückgabe des Mobiltelefons nicht beendet worden wäre, könne nicht gefolgt werden. Das Mobiltelefon der Ehefrau habe im Zentrum der Auseinandersetzung gestanden und sämtliche Handlungen der Ehefrau seien darauf gerichtet gewesen, ihr Mobiltelefon wiederzuerlangen. Der Beschwerdeführer hätte jederzeit die Fahrt unterbrechen, auf dem Pannenstreifen anhalten und die Gefahr auf diese Weise bannen können.
1.4. Der Anklagegrundsatz ist nicht verletzt. Der Beschwerdeführer wusste von Anfang an, was ihm vorgeworfen wird. Er konnte sich folglich gegen das ihm zur Last Gelegte wirksam verteidigen. Daran ändert nichts, dass in der Anklageschrift nicht umschrieben wird, ob und unter welchen Umständen er seiner Ehefrau das Mobiltelefon wegnahm. Es handelt sich hierbei allenfalls um einen tatrelevanten Umstand, nicht aber um den eigentlichen Tatvorwurf. Dass er die Rückgabe des Mobiltelefons verweigerte, ergibt sich hingegen zweifelsfrei aus der Sachverhaltsumschreibung, wonach seine Ehefrau wiederholt versucht habe, dieses zu behändigen, er sie jedoch jeweils auf den Sitz zurückgestossen habe. Aus der Beschreibung des Verhaltens der Ehefrau geht hervor, dass dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, er hätte sie mit der Rückgabe des Mobiltelefons ruhig stellen und die Gefahr abwenden können. In der Anklageschrift werden alle tatbestandsrelevanten Sachverhaltselemente umschrieben. Ferner verletzt die Vorinstanz den Anklagegrundsatz nicht, wenn sie festhält, der Beschwerdeführer hätte über ein milderes Mittel verfügt, da er seiner Ehefrau das Mobiltelefon hätte zurückgeben können.
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz verletze die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 10 StPO und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) als Beweislastregel, indem sie ihm im Ergebnis vorwerfe, er habe nicht belegen können, dass die Auseinandersetzung mit der Rückgabe des Mobiltelefons (recte: nicht) beendet worden wäre. Indem sie davon ausgehe, die Gefahr hätte durch die Rückgabe des Mobiltelefons gebannt werden können, verletze sie die Unschuldsvermutung als Beweiswürdigungsregel, das Willkürverbot und letztlich Art. 17 StGB. Willkürlich sei auch die vorinstanzliche Feststellung, er hätte jederzeit auf dem Pannenstreifen anhalten können.
2.1. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1; je mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Dem vom Beschwerdeführer angerufenen Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im bundesgerichtlichen Verfahren keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu. Ob der Grundsatz als Beweislastregel verletzt ist, weil das Gericht fälschlicherweise davon ausging, der Beschuldigte habe seine Unschuld zu beweisen, und ihn verurteilte, weil ihm dieser Beweis misslang, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 127 I 38 E. 2a; 120 Ia 31 E. 2; je mit Hinweisen).
2.2. Dass die Vorinstanz die aus der Unschuldsvermutung fliessende Beweislastregel verletzt haben soll, ist nicht ersichtlich. Sie wirft dem Beschwerdeführer nicht vor, er habe nicht beweisen können, dass die Gefahr mit der Rückgabe des Mobiltelefons nicht gebannt worden wäre. Vielmehr gelangt sie in Würdigung der Beweismittel zum willkürfreien Schluss, die Handlungen der Ehefrau seien auf die Wiedererlangung des Mobiltelefons gerichtet gewesen, womit diese mit dessen Rückgabe aufgehört hätten. Diese Feststellung ist ebenso wenig schlechterdings unhaltbar, wie die Erkenntnis, dass der Beschwerdeführer seine Fahrt jederzeit hätte unterbrechen und auf dem Pannenstreifen anhalten können. Daran ändert der Schuldspruch wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs nichts. Insgesamt legt der Beschwerdeführer nicht dar, dass die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung im Ergebnis willkürlich ist. Die Rügen sind unbegründet, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen genügen.
3.
Inwiefern aArt. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 100 SVG verletzt sein soll, begründet der Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht ersichtlich.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. Juni 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Andres