BGer 6B_628/2013
 
BGer 6B_628/2013 vom 26.06.2014
{T 0/2}
6B_628/2013
 
Urteil vom 26. Juni 2014
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.
 
Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Wyttenbach,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Verwertbarkeit von Beweismitteln; Hausdurchsuchung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 26. März 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
Aufgrund anonymer Hinweise, Y.________ handle im grossen Stil mit Partydrogen, unterzog die Stadtpolizei Zürich (StaPo) ihn am 6. April 2012 gegen 21.40 Uhr in der Zürcher Innenstadt einer Personen- und Effektenkontrolle, bei der sie acht Portionen Kokain (7.6 Gramm brutto) sowie 6.2 Gramm Marihuana sicherstellte. Y.________ gab an, zur Untermiete bei X.________ ein Zimmer zu bewohnen. Einer Hausdurchsuchung stimmte er nicht zu.
Auf Ersuchen der StaPo ordnete die Staatsanwaltschaft telefonisch eine Hausdurchsuchung bei Y.________ an. Noch am selben Abend wurden mit Hilfe eines Betäubungsmittel-Suchhundes die gesamte Wohnung an der Kraftstrasse 15 in 8044 Zürich sowie Estrich und Keller durchsucht. Hierbei konnten im Zimmer von Y.________ verschiedene Betäubungsmittel, zahlreiche Betäubungsmittelutensilien und Fr. 1'500.-- Bargeld sichergestellt werden. In der Küche fand die StaPo eine Marihuana-Mühle, Minigrips mit verschiedenen Betäubungsmittelrückständen sowie im Kühlschrank sieben Portionen (26.6 Gramm) Amphetamin (MDMA). Im Zimmer von X.________ entdeckte sie 48 Portionen Marihuana (insgesamt 558.7 Gramm), Verpackungsmaterial (Minigrips, Vakuummaschine), zwei Feinwagen sowie mehrere Waffen (1 Armee-Sturmgewehr mit Verschluss, 2 Pistolen, 6 Messer, 1 Elektroschockgerät) und Munition.
Der Hausdurchsuchungsbefehl gegen Y.________ wurde am folgenden Tag von der Staatsanwaltschaft schriftlich bestätigt und ihm ausgehändigt.
 
B.
Im Berufungsverfahren sprach das Obergericht des Kantons Zürich X.________ am 26. März 2013 vollumfänglich frei.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 197 StPO und Art. 243 StPO. Die Durchsuchung des Zimmers des Beschwerdegegners sei rechtmässig erfolgt. Aufgrund der in der gemeinschaftlich genutzten Küche sichergestellten Beweismittel (Marihuanamühle mit Rückständen, diverse Minigrips mit verschiedenen Betäubungsmittelanhaftungen und sieben Portionen MDMA von insgesamt 26.6 Gramm brutto) hätten die Beamten offensichtlich den berechtigten Verdacht gehegt, nicht nur Y.________, sondern auch der Beschwerdegegner handle mit Drogen. Zudem habe es in der Wohnung stark nach Marihuana gerochen, was auf einen weiteren Tatverdächtigen des ursprünglichen Delikts hingedeutet habe, denn bei Y.________ sei nur eine kleine Menge Marihuana gefunden worden.
1.2. Die Vorinstanz führt unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen aus, gegen den Beschwerdegegner habe kein Tatverdacht bestanden, als dessen Zimmer durchsucht wurde. Dieser habe sich erst aufgrund der in dessen Zimmer sichergestellten Betäubungsmittel ergeben. Der Durchsuchungsbefehl habe ausschliesslich Räumlichkeiten umfasst, die von dem des Drogenhandels verdächtigen Y.________ bewohnt und genutzt wurden (persönliches [Schlaf-]Zimmer, Küche, Wohnzimmer und Bad). Die Polizeibeamten hätten gewusst, dass das Schlafzimmer des Beschwerdegegners nicht von Y.________ genutzt werde und vom Durchsuchungsbefehl nicht erfasst gewesen sei. Dass dessen Zimmer dennoch durchsucht wurde, könne nur aufgrund einer diffusen Ahnung - angeblich starker Marihuanageruch - oder "auf gut Glück" geschehen sein, um möglicherweise Beweismittel gegen den Beschwerdegegner zu finden. Den Beamten sei bewusst gewesen, dass allfällige Beweismittel, die im Zimmer des Beschwerdegegners gefunden würden, mit dem Ziel der gegen Y.________ angeordneten Hausdurchsuchung nichts zu tun hatten. Die Durchsuchung des Zimmers sei "ohne gesetzliche Grundlage" und rechtswidrig erfolgt.
1.3. Gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO können Zwangsmassnahmen (Art. 196-298 StPO) nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt.
 
1.4.
1.4.1. Unstreitig ist, dass bei Beginn der Hausdurchsuchung kein Tatverdacht gegen den Beschwerdegegner bestand und die Durchsuchung des ausschliesslich von ihm genutzten Zimmers nicht vom Durchsuchungsbefehl erfasst war. Hiervon geht auch die Beschwerdeführerin aus. Soweit sie im bundesgerichtlichen Verfahren vorbringt, ein "hineichender Tatverdacht" habe sich aufgrund der in der Küche sichergestellten Beweismittel (Marihuanamühle mit Rückständen, diverse Minigrips mit Betäubungsmittelanhaftungen, 26.6 Gramm brutto MDMA) und eines angeblichen starken Marihuanageruchs in der Wohnung ergeben, weicht sie mit ihrer Begründung von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) ab, ohne darzulegen, inwieweit diese willkürlich sein sollten. Der Hinweis auf den Vermerk im Durchsuchungsprotokoll, im gemeinsam genutzten Kühlschrank sei MDMA sichergestellt worden, lässt die vorinstanzliche Feststellung, die Beamten hätten das Zimmer lediglich aufgrund einer diffusen Ahnung oder "auf gut Glück" ohne hinreichenden Tatverdacht durchsucht, nicht als willkürlich erscheinen.
Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie aufgrund des von ihr festgestellten Sachverhalts einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Beschwerdegegner verneint. Da die Durchsuchung seines Zimmers rechtswidrig erfolgte, handelt es sich bei den dort sichergestellten Betäubungsmitteln und Waffen nicht um Zufallsfunde im Sinne von Art. 243 Abs. 1 StPO (vgl. BGE 137 IV 218 E. 2.3.2 ).
1.4.2. Dass die von der Vorinstanz im Rahmen der Beweisverwertung vorgenommene Güterabwägung gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO bundesrechtswidrig sei, rügt die Beschwerdeführerin nicht und ist auch nicht ersichtlich. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der im Zimmer des Beschwerdegegners sichergestellten Betäubungsmittel und Waffen annimmt.
 
2.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juni 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Held