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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
6B_610/2014
Urteil vom 28. August 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Amthaus 1, 4500 Solothurn.
Gegenstand
Erlass der Gerichtskosten,
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 30. April 2014.
Erwägungen:
1.
Das Obergericht des Kantons Solothurn verurteilte den Beschwerdeführer am 12. Dezember 2012 u.a. wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug, mehrfacher Geldwäscherei und mehrfacher Urkundenfälschung (Strafverfahren STAPA.2011.9). Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Bundesgericht am 13. Januar 2014 ab, soweit es darauf eintrat (6B_578/2013).
Mit Verfügung vom 30. April 2014 wies das Obergericht des Kantons Solothurn das Gesuch des Beschwerdeführers um Erlass der Verfahrenskosten von Fr. 74'649.50 aus dem Strafverfahren STAPA.2011.9 ab. Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss die Aufhebung dieser Verfügung.
2.
Die Vorinstanz prüft das Erlassgesuch gestützt auf Art. 425 StPO und ergänzend auf die Bestimmungen des Gebührentarifs des Kantons Solothurn (§ 13 ff. GebT/SO; BGS 615.11). Der Beschwerdeführer sei Eigentümer einer Liegenschaft. Damit liege Vermögenssubstrat vor. Bei einer Belehnung von 80% sei von einem Verkehrswert der Liegenschaft von Fr. 565'000.-- auszugehen oder von einer Differenz zwischen Verkehrswert und Belehnung von Fr. 113'000.--. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer überdies ein monatliches Salär von Fr. 8'000.-- bis Fr. 8'500.-- erzielt. Dass sein Einkommen heute deutlich tiefer liege und mit weiteren Verschlechterungen gerechnet werden müsse, sei zwar glaubhaft und teilweise gar belegt. Dennoch rechtfertige es sich nicht, bereits im jetzigen Zeitpunkt den Schluss zu ziehen, die Einkommensverhältnisse würden sich nicht verbessern und dem Beschwerdeführer sei es auf absehbare Zeit nicht möglich, die Kostenforderung abzutragen. Allerdings habe der Beschwerdeführer diverse Schulden. Dies rechtfertige es aber nicht, dass der Staat einseitig auf seine Forderung verzichte. Allenfalls werde der Beschwerdeführer den Weg einer Gesamtschuldensanierung beschreiten müssen. Der Erlass von Verfahrenskosten solle keine Gläubigerprivilegierung bewirken. Damit sprächen die dargelegten Umstände insgesamt gegen den Erlass der Forderung. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass der Beschwerdeführer bei der Zentralen Gerichtskasse Zahlungserleichterungen wie die Stundung der Forderung oder Teilzahlungen beantragen könne. Das Erlassgesuch sei abzuweisen.
3.
Nach Art. 425 StPO können Forderungen aus Verfahrenskosten von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden.
Stundungen und Erlass von Forderungen aus Verfahrenkosten dienen der Resozialisierung vorab der beschuldigten Person. Denn die Kostenauflage kann sie in Anbetracht der mitunter sehr hohen Auslagen erheblich finanziell belasten und eine Rückkehr in geordnete Verhältnisse erschweren. Damit Art. 425 StPO zur Anwendung gelangt, müssen die wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person derart angespannt sein, dass eine (ganze oder teilweise) Kostenauflage als unbillig erscheint. Das ist dann der Fall, wenn die Höhe der auferlegten Kosten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der kostenpflichtigen Person deren Resozialisierung bzw. finanzielles Weiterkommen ernsthaft gefährden kann ( THOMAS DOMEISEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, Art. 425 N. 3 und 4; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Art. 425 N. 4).
Art. 425 StPO ist als Kann-Bestimmung konzipiert. Sie belässt der Strafbehörde einen weiten Ermessensspielraum ( MOREILLON/PAREIN-REYMOND, Petit commentaire du Code de procédure pénale, 2013, Art. 425 N. 3; DOMEISEN, a.a.O., Art. 425 N. 5), in welchen das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur eingreift, wenn sie ihr Ermessen über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt (Urteil 6B_586/2013 vom 1. Mai 2014 E. 3.2 zum Ermessenspielraum bei der Kostenverlegung).
4.
Dass und inwiefern die Vorinstanz bei der Abweisung des Erlassgesuchs in Willkür verfallen sein und ihr Ermessen verletzt haben könnte, ergibt sich aus der Beschwerde nicht und ist auch nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer vermag die Feststellung der Vorinstanz nicht zu entkräften, es liege Vermögenssubstrat vor. Mit seinen Ausführungen und seiner Fotodokumentation zum "realistischen" Verkehrswert der angeblich stark vernachlässigten Liegenschaft, die einer Totalrenovation in der Grössenordnung von Fr. 120'000.-- bedürfte (was in etwa der vorinstanzlich ermittelten Differenz zwischen Verkehrswert und Belehnung entspricht), legt er nur seine eigene Sicht der Dinge dar. Ebenso wenig vermögen seine Einwände, wonach er kein festes Einkommen erziele und sein Salär von seiner jeweiligen Leistungsfähigkeit abhänge, die Annahme der Vorinstanz in Frage zu stellen, es sei nicht ausgeschlossen, dass sich seine Einkommenssituation wieder verbessern und es ihm in absehbarer Zeit möglich sein werde, die Kostenforderung zu bezahlen. Insbesondere zeigt er nicht auf, worin denn die behaupteten, in den letzten Jahren aufgetretenen Krankheitsfälle bestehen, die seine Leistungsfähigkeit und damit seine Fähigkeit, Einkommen zu generieren, auch für die Zukunft massgeblich beschränken sollen. Der Vorinstanz entgeht schliesslich auch nicht, dass der Beschwerdeführer neben den ihm auferlegten Verfahrenskosten weitere Schulden (Alimentenverpflichtung, Steuerschulden, Kreditschuld) hat. Aus seinen offensichtlich zumindest teilweise erfolgreichen Bemühungen, diese zu regulieren, vermag er indessen ebenfalls nichts für sich und einen Verfahrenskostenerlass abzuleiten. Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass er bei der Zentralen Gerichtskasse Zahlungserleichterung beantragen könne und allenfalls eine Gesamtschuldensanierung ins Auge fassen müsse.
Die Vorinstanz würdigt die Vermögens-, Einkommens- und Schuldensituation des Beschwerdeführers willkürfrei. Sie weist sein Erlassgesuch ab, ohne ihr Ermessen zu verletzen. Es kann auf ihre zutreffenden Erwägungen verwiesen werden.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. August 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill