BGer 4A_293/2014 |
BGer 4A_293/2014 vom 17.09.2014 |
{T 0/2}
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4A_293/2014
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Urteil vom 17. September 2014 |
I. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
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Bundesrichterinnen Hohl, Kiss,
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Gerichtsschreiber Kölz.
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Verfahrensbeteiligte |
Stiftung A.________ in Liquidation,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Luzius Schmid,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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B.________ AG,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dominik Infanger,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Mietzinsanfechtung, Schlichtungsverfahren,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, II. Zivilkammer, vom 31. März 2014.
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Sachverhalt: |
A. |
Mit Vertrag vom 20. März 2009 mietete die - mittlerweile in Liquidation befindliche - Stiftung A.________ (Mieterin, Beschwerdeführerin) von der B.________ AG (Vermieterin, Beschwerdegegnerin) das sogenannte Haus C.________ in U.________. Der Jahresmietzins betrug gemäss dem Vertrag für das erste Jahr Fr. 1'000'000.-- und ab dem zweiten Jahr Fr. 1'380'000.--.
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B. |
Am 12. Juni 2009 stellte die Mieterin bei der Schlichtungsbehörde für Mietverhältnisse des Bezirks Prättigau/Davos ein Begehren um Herabsetzung des Anfangsmietzinses im Sinne von Art. 270 OR. Die Parteien wurden zur Schlichtungsverhandlung auf den 16. Oktober 2009 eingeladen. Mit Entscheid von diesem Datum schrieb die Schlichtungsbehörde das Schlichtungsverfahren "aufgrund des Rückzugs des Begehrens durch Nichterscheinen der Gesuchstellerin zur Verhandlung" ab. Zur Begründung führte sie aus, der für die Mieterin allein zur Schlichtungsverhandlung erschienene D.________ verfüge lediglich über die Vertretungsbefugnis durch Kollektivunterschrift zu zweien. Ein Gesuch um Dispens für die Verhandlung habe die Mieterin nicht gestellt. Der Schlichtungsbehörde sei auch keine Vollmacht vorgelegt worden. Die Mieterin gelte daher als unentschuldigt nicht erschienen und ihr Gesuch als zurückgezogen.
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C. |
Mit Eingabe vom 15. Juni 2012 unterbreitete die Mieterin der Schlichtungsbehörde für Mietsachen des Bezirks Prättigau/Davos erneut ein Begehren um Herabsetzung des Anfangsmietzinses auf Fr. 605'000.--. Die Schlichtungsbehörde stellte am 31. August 2012 die Klagebewilligung aus, unter Feststellung, dass sich die Parteien nicht geeinigt hätten.
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D. |
Die Mieterin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Entscheid des Kantonsgerichts vom 31. März 2014 sei aufzuheben. Das Kantonsgericht sei "zu verpflichten, auf die Berufung vom 16. September 2013 der Beschwerdeführerin in der Sache einzutreten".
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Es wurden keine Vernehmlassungen zur Beschwerde eingeholt.
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Erwägungen: |
1. |
Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG. Sodann übersteigt der Streitwert die gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG in mietrechtlichen Fällen geltende Grenze von Fr. 15'000.-- (vgl. BGE 137 III 389 E. 1.1).
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2. |
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Soweit sich der vorinstanzliche Entscheid auf kantonales Recht stützt, kommt als Beschwerdegrund die Verletzung von Bundesrecht in Frage (vgl. Art. 95 lit. a BGG). Die Anwendung des kantonalen Rechts als solchen bildet nicht Beschwerdegrund. Überprüft werden kann insoweit nur, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung sonst wie gegen übergeordnetes Recht verstösst (BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 60). Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 IV 13 E. 5.1 S. 22; 134 II 124 E. 4.1; 132 III 209 E. 2.1; 131 I 57 E. 2, 467 E. 3.1).
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3. |
Das Kantonsgericht begründete das Nichteintreten auf die Berufung der Beschwerdeführerin damit, es fehle "an einer hinreichenden Berufungsbegründung als Prozessvoraussetzung". Die Berufung erschöpfe sich in einer unsubstanziierten "Rüge der Gehörsverletzung, rein appellatorischer Kritik und blossen Wiederholungen von bereits im erstinstanzlichen Verfahren Vorgetragenem". Sie sei somit offensichtlich unzulässig. Dabei liess es das Kantonsgericht indessen nicht bewenden. Vielmehr prüfte und verneinte es auch die Begründetheit der Berufung. Es erwog zusammengefasst, die 30-tägige Anfechtungsfrist (gemäss Art. 270 Abs. 1 OR) sei (nach eigener Auffassung der Beschwerdeführerin) am 12. Juni 2009 abgelaufen. Der von der Beschwerdeführerin angerufene Art. 63 ZPO sei unter den vorliegenden Umständen nicht anwendbar und die Einreichung des zweiten Schlichtungsgesuchs vom 15. Juni 2012 damit verspätet erfolgt, wie das Bezirksgericht zutreffend erkannt habe. Damit erweise sich die Berufung als offensichtlich unbegründet, wenn auch das Bezirksgericht die Klage richtigerweise mittels Sachentscheid hätte abweisen müssen, statt nicht darauf einzutreten.
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4. |
In der Sache rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 63 ZPO. Sie meint, sie habe ihr (zweites) Schlichtungsgesuch vom 15. Juni 2012 innert Monatsfrist seit dem Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 2012 gestellt und damit die Frist im Sinne nach Art. 270 Abs. 1 OR gewahrt.
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4.1. Gemäss Art. 270 Abs. 1 OR kann der Mieter den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übernahme der Sache bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269a anfechten.
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4.2. Die Beschwerdeführerin focht den Anfangsmietzins mit ihrer (ersten) Eingabe an die Schlichtungsbehörde vom 12. Juni 2009 an, womit sie die 30-tägige Frist nach Übernahme der Sache im Sinne von Art. 270 Abs. 1 OR gewahrt haben will. Im kantonalen Gerichtsverfahren vertrat sie sodann die Auffassung, das Resultat der Schlichtungsverhandlung vom 16. Oktober 2009 sei als Nichtzustandekommen einer Einigung zu lesen, was ihr nach aArt. 274f Abs. 1 OR innert 30 Tagen den Rechtsweg an das Gericht eröffne. Diese Auffassung verwarf indessen das Kantonsgericht. Es nahm an, der Abschreibungsbeschluss der Schlichtungsbehörde vom 16. Oktober 2009 sei nicht nach den kantonalen Prozessbestimmungen innert 20 Tagen beim Kantonsgerichtsausschuss angefochten worden, und auch die Klage (an das Bezirksgericht) enthalte keine Anfechtung. Damit sei der Abschreibungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen. Ohnehin hätte das Bezirksgericht gemäss dem Kantonsgericht aber nicht auf die Klage eintreten dürfen, weil ihm kein Schlichtungsprotokoll betreffend das Nichtzustandekommen der Einigung im Sinne eines Leitscheins vorgelegen habe. Das Bundesgericht hielt seinerseits im Urteil vom 16. April 2012 fest, am 16. Oktober 2009 habe in der Sache keine Schlichtungsverhandlung stattgefunden, weil diese vor ihrem eigentlichen Beginn aus formalen Gründen abgebrochen worden sei. Dass sich die Beschwerdeführerin danach darum bemüht hätte, die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung zu erwirken, sei nicht festgestellt und werde nicht geltend gemacht. Somit habe die Vorinstanz im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt, wenn sie dafürgehalten habe, das Bezirksgericht hätte bereits mangels einer durchgeführten Schlichtungsverhandlung ohnehin nicht auf die Klage eintreten dürfen.
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4.3. Unter den damit gegebenen Umständen konnte sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 63 ZPO respektive auf Art. 34 Abs. 2 GestG oder aArt. 139 OR berufen, wenn sie nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 2012 erneut ein Schlichtungsverfahren einleitete und in der Folge die Klagebewilligung vom 31. August 2012 dem Bezirksgericht einreichte:
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4.4. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Frist nach Art. 270 Abs. 1 OR bereits abgelaufen war, als die Beschwerdeführerin am 15. Juni 2012 ein zweites Schlichtungsgesuch stellte. Dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt. Dass sie es beim erstinstanzlichen Nichteintretensentscheid bewenden liess, obschon sie der Auffassung war, die Klage hätte richtigerweise abgewiesen werden müssen, wird von der Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren nicht beanstandet und entzieht sich der Überprüfung durch das Bundesgericht.
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4.5. Nachdem somit die Eventualbegründung des angefochtenen Entscheids in der Sache trägt, kann die Rüge der Beschwerdeführerin, wonach die Vorinstanz auf die Berufung hätte eintreten müssen, da diese eine hinreichende Begründung enthalten habe, unbeurteilt bleiben. Denn es ist nicht erkennbar, inwiefern die Beschwerdeführerin ein Interesse an einer
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5. |
Schliesslich leitet die Beschwerdeführerin aus ihren materiellen Ausführungen in der Beschwerde ab, ihre Berufung gegen den Entscheid des Bezirksgerichts vom 4. Juli 2013 sei von der Vorinstanz zu Unrecht in einzelrichterlicher Kompetenz beurteilt worden. Richtigerweise - so die Beschwerdeführerin - hätte in Dreierbesetzung entschieden werden müssen. Der Einzelrichter am Kantonsgericht dürfe nämlich gemäss dem kantonalen Gerichtsorganisationsrecht bloss über offensichtlich unzulässige oder offensichtlich begründete oder unbegründete Rechtsmittelentscheiden. Die dahingehende Qualifikation ihrer Berufung durch die Vorinstanz sei willkürlich. Überdies sieht die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang Art. 30 BV verletzt.
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6. |
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 17. September 2014
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Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Klett
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Der Gerichtsschreiber: Kölz
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