BGer 4A_388/2014
 
BGer 4A_388/2014 vom 24.09.2014
{T 0/2}
4A_388/2014
 
Urteil vom 24. September 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Kiss,
Gerichtsschreiber Kölz.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Abdullah Karakök,
Beschwerdeführer,
gegen
Bezirksgericht Dietikon,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ausstand, unentgeltliche Rechtspflege,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 21. Mai 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
Vor dem Bezirksgericht Dietikon ist ein Verfahren hängig, das eine Klage von A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) auf richterliche Aufhebung oder Einstellung der gegen ihn laufenden Betreibung im Sinne von Art. 85a SchKG zum Gegenstand hat. Mit Verfügung vom 8. April 2014 wies das Bezirksgericht das Gesuch des Klägers um unentgeltliche Rechtspflege für dieses Verfahren ab.
 
B.
Der Kläger begehrt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Obergerichts vom 21. Mai 2014 sei aufzuheben. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Prozessführung sowie die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu gewähren. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung "an die Vorinstanz" zurückzuweisen.
 
C.
Mit Präsidialverfügung vom 25. August 2014 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
 
Erwägungen:
 
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1; 137 III 417 E. 1 ; 135 III 212 E. 1).
 
2.
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls darauf nicht eingetreten werden kann. I n der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen ( BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116).
 
3.
In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines verfassungs- und konventionsrechtlichen Anspruchs auf einen unabhängigen Richter. Er bemängelt, am angefochtenen Entscheid des Obergerichts habe unzulässigerweise Ersatzoberrichter Dr. Stephan Mazan mitgewirkt, der zugleich ordentlicher Bezirksrichter am Bezirksgericht Dietikon sei.
3.1. Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, die also geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei ihrer Beurteilung ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 140 III 221 E. 4.1; Urteil 2C_89/2013 vom 13. Juni 2014 E. 2.2, zur Publikation vorgesehen; je mit weiteren Hinweisen).
Art. 47 ZPO umschreibt die Ausstandsgründe für die Zivilgerichte auf Gesetzesebene.
3.2. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, es liege eine Vorbefassung im Sinne von Art. 47 Abs. 1 lit. b ZPO vor, hat doch Dr. Stephan Mazan an der Verfügung des Bezirksgerichts anerkanntermassen nicht mitgewirkt. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, Dr. Stephan Mazan sei in das erstinstanzliche Verfahren sonst in irgendeiner Form persönlich involviert gewesen. Vielmehr argumentiert er, die Befangenheit von Dr. Stephan Mazan ergebe sich bereits aus dessen Funktion als Mitglied des Bezirksgerichts Dietikon. Dieser Umstand wecke im vorliegenden Fall objektiv betrachtet Zweifel an seiner Unabhängigkeit als Ersatzoberrichter.
3.3. Gemäss der Rechtsprechung bewirkt die blosse Kollegialität unter Gerichtsmitgliedern keine Ausstandspflicht, da die Mitglieder einer Kollegialbehörde in ihrer Stellung von einander unabhängig sind (BGE 139 I 121 E. 5.3 und 5.4; 133 I 1 E. 6.4.4; Urteile 5A_283/2014 vom 3. September 2014 E. 4.2; 1B_121/2014 vom 13. Juni 2014 E. 2.1). In diesem Sinne entschied das Bundesgericht, der Umstand, dass ein Parteivertreter in Drittverfahren am Gericht ein Ersatzrichteramt bekleide, stelle die Unbefangenheit der Gerichtsmitglieder nicht generell in Frage (BGE 139 I 121 E. 5). Ferner erschien dem Bundesgericht die Neutralität unterinstanzlicher Richter objektiv nicht dadurch gefährdet, dass ein Parteivertreter gleichzeitig im Nebenamt Mitglied einer Rechtsmittelinstanz ist (BGE 133 I 1 E. 6.7). Dabei war für das Bundesgericht namentlich von Bedeutung, dass der unterinstanzliche Richter keinen persönlichen Vorteil daraus zieht, wenn seine Entscheide von der Rechtsmittelinstanz geschützt werden, ebenso wenig wie seine Stellung dadurch erschüttert wird, dass ein Rechtsmittelentscheid anders ausfällt als sein eigener Entscheid (BGE 133 I 1 E. 6.5.2). Ebenso verneinte das Bundesgericht den Anschein der Befangenheit einer Bundesstrafrichterin, die in ihrer früheren Funktion als Staatsanwältin bei jener Staatsanwaltschaft, gegen deren Entscheid sich die Beschwerde richtete, mit der vorliegenden Rechtshilfesache nichts zu tun hatte, darauf keinen Einfluss nahm und hierzu auch keine Möglichkeit hatte (Urteil 1C_216/2007 vom 20. September 2007 E. 2.2.4 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR).
Dementsprechend ist es grundsätzlich auch nicht verfassungswidrig, wenn ein Ersatzrichter einer oberen Gerichtsbehörde über ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid einer unteren Gerichtsbehörde befindet, der er selber als ordentliches Mitglied angehört. Dass ein Richter einen Entscheid zu überprüfen hat, an dessen Fällung Personen mitgewirkt haben, mit denen er zusammen in derselben Kollegialbehörde als Richter tätig ist, vermag für sich allein noch nicht den Anschein von Befangenheit zu bewirken und zum Verlust der Unabhängigkeit zu führen. Die blosse Kollegialität unter Behördenmitgliedern hat auch in diesem Zusammenhang keine Ausstandspflicht zur Folge (vgl. Urteile 5A_448/2012 vom 17. Januar 2013 E. 3.2.4.1; 2A.295/2003 vom 3. Juni 2004 E. 1.2).
Mit Blick auf das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz mag es wohl wünschenswert erscheinen, dass eine Gerichtsperson, die bei mehreren einander im Instanzenzug über- respektive untergeordneten rechtsprechenden Behörden tätig ist, nicht an einem Rechtsmittelverfahren gegen eine Entscheidung ihrer eigenen Behörde mitwirkt. Das vom Beschwerdeführer geforderte entsprechende Verbot ergibt sich indessen weder aus Art. 30 Abs. 1 BV oder Art. 6 Ziff. 1 EMRK noch aus Art. 47 ZPO.
3.4. Der Beschwerdeführer stützt seine Argumentation alleine auf die unbelegte Annahme, es bestehe "ein enges Verhältnis" zwischen den Richtern des Bezirksgerichts. Dies genügt nach dem Gesagten nicht, um einen Ausstandsgrund zu belegen. Da der Beschwerdeführer demnach keine Umstände geltend macht, die den Anschein der Befangenheit der am Beschwerdeentscheid des Obergerichts mitwirkenden Gerichtspersonen erwecken könnten, geht seine Verfassungsrüge fehl.
 
4.
In der Sache beanstandet der Beschwerdeführer, die Vorinstanzen hätten sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Unrecht wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen und dadurch im Ergebnis Art. 117 ZPO verletzt.
4.1. Gemäss Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (b).
4.2. In der Sache geht es im kantonalen Verfahren um eine behauptete Darlehensforderung der Beklagten. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe weder ein Darlehen erhalten noch einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. Sein Klagebegehren lautet auf Feststellung, dass keine Schuld besteht.
4.3. Der Beschwerdeführer wendet sich in verschiedener Hinsicht gegen diese Beurteilung. Seine Ausführungen reissen allerdings einzelne Elemente aus dem Zusammenhang der vorinstanzlichen Würdigung und erschöpfen sich überdies weitgehend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid. So wiederholt er seine Behauptung aus dem kantonalen Verfahren, er habe der Beklagten Blankounterschriften gegeben, die aber zweckentfremdet worden seien. Er räumt zwar selber ein, dass das Ausstellen von Blankounterschriften "ex ante betrachtet 'erstaunlich' erscheinen" möge, versucht dieses Verhalten aber durch die Behauptung zu begründen, zu "jener Zeit" habe ein Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bestanden und es seien "davor auch bereits Vollmachten ausgestellt" worden. Ferner meint er, aus der Position der Unterschriften auf den Vertragsdokumenten könne entgegen der Vorinstanz nichts für deren Echtheit abgeleitet werden.
4.4. Sodann sieht der Beschwerdeführer Art. 53 Abs. 1 sowie Art. 157 ZPO verletzt. Er meint, die Vorinstanz gehe in unzulässiger antizipierter Beweiswürdigung davon aus, die Aussage der von ihm angerufenen Zeugin vermöge seine Prozesschancen nicht entscheidend zu verbessern, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, was die Zeugin überhaupt aussagen werde.
4.5. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz bundesrechtskonform die kantonale Beschwerde abgewiesen und dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit seiner Begehren auch für das Beschwerdeverfahren verweigert.
 
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Sie war von vornherein aussichtslos, weshalb dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren nicht entsprochen werden kann (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG).
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung zu sprechen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. September 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Kölz