BGer 6B_628/2014 |
BGer 6B_628/2014 vom 30.09.2014 |
{T 0/2}
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6B_628/2014
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Urteil vom 30. September 2014 |
Strafrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
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Gerichtsschreiber M. Widmer.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Fürsprecher Andreas A. Roth,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Grobe Verletzung der Verkehrsregeln,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 21. Mai 2014.
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Sachverhalt: |
A. X.________ kollidierte am 1. November 2012, um 01.38 Uhr, auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Zürich im Gemeindegebiet von Kappel mit einem auf dem Normalfahrstreifen abgestellten Signalisationsanhänger einer Baustelle.
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B. Die Amtsgerichtspräsidentin von Olten-Gösgen verurteilte X.________ am 16. September 2013 wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 500.--. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft sprach das Obergericht des Kantons Solothurn ihn am 21. Mai 2014 der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 170.-- und einer Busse von Fr. 400.--.
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C. X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben. Die Sache sei zurückzuweisen und er sei wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln zu verurteilen. Er ersucht um aufschiebende Wirkung.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die rechtliche Qualifikation seines Verhaltens als grobe Verletzung der Verkehrsregeln. Es sei niemand ernsthaft an Leib und Leben gefährdet worden. Auch eine erhöhte abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer habe nicht vorgelegen. Das Verkehrsaufkommen sei sehr gering gewesen. Er habe denn auch etwa zehn Minuten warten müssen, ehe zufällig jemand vorbeigefahren sei, mit dessen Hilfe er die Polizei habe verständigen können. Zudem bestreitet der Beschwerdeführer den subjektiven Tatbestand. Er habe sich weder besonders rücksichtslos noch bedenkenlos verhalten.
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1.2. Nach aArt. 90 Ziff. 2 SVG, welcher der heutigen Fassung von Art. 90 Abs. 2 SVG entspricht, macht sich strafbar, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Der objektive Tatbestand ist nach der Rechtsprechung erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer ist bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben. Diese setzt die naheliegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung voraus. Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrsregelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens grobe Fahrlässigkeit. Diese ist zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kommt aber auch in Betracht, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht. Die Annahme einer groben Verkehrsregelverletzung setzt in diesem Fall voraus, dass das Nichtbedenken der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf Rücksichtslosigkeit beruht. Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann auch in einem blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen bestehen (BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136 mit Hinweisen). Je schwerer dabei die Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird Rücksichtslosigkeit subjektiv zu bejahen sein, sofern keine besonderen Gegenindizien vorliegen (Urteile 6B_1174/2013 vom 14. Mai 2014 E. 2; 6B_571/2012 vom 8. April 2013 E. 3.4 mit Hinweis).
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1.3. Gemäss Art. 31 Abs. 1 SVG hat der Lenker sein Fahrzeug ständig so zu beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden (Art. 3 Abs. 1 der Verkehrsregelverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Das Mass der Aufmerksamkeit, das vom Fahrzeuglenker verlangt wird, beurteilt sich nach den gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (BGE 137 IV 290 E. 3.6 S. 295 mit Hinweis).
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1.4. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet. Zwar habe er die korrekt angebrachte Vorsignalisation der Baustelle und die angekündigte Sperrung einer Fahrbahn wahrgenommen, sei in der Folge aber zu wenig aufmerksam gefahren und gedanklich bei seiner Arbeit gewesen. Dass er von einem entgegenkommenden Lastwagen geblendet worden sei und keine Leuchtkegel vor dem Signalisationsanhänger angebracht gewesen seien, ändere daran nichts. Er habe fremde Rechtsgüter geschädigt und eine erhöhte abstrakte Gefahr geschaffen. Trotz der geringen Verkehrsdichte sei es lediglich glücklichen Umständen zu verdanken, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt worden sei. Er habe sich bedenkenlos verhalten, weshalb auch der subjektive Tatbestand der groben Verletzung der Verkehrsregeln erfüllt sei.
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1.5. |
1.5.1. Der Beschwerdeführer missachtete die Bestimmungen von Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV, da er nicht genügend aufmerksam war, wie er nach dem Unfall selbst zu Protokoll gab (Urteil, S. 7). Dies hatte zur Folge, dass er mit einem mit gelben Blinkleuchten ausgestatteten Signalisationsanhänger einer vorschriftsgemäss vorangekündigten Baustelle zusammenstiess. Er verletzte damit wichtige Verkehrsvorschriften in objektiv schwerer Weise (Urteil 6B_666/2009 vom 24. September 2009 E. 1.4). Der Beschwerdeführer wäre zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen, da er sich bei Nacht auf der Autobahn einer Baustelle näherte (vgl. Urteile 6B_565/2010 vom 21. Oktober 2010 E. 3.1; 6P.142/2006 vom 22. September 2006 E. 6.2; je mit Hinweisen). Stattdessen war er gedanklich bei den vor den anstehenden Ferien noch zu erledigenden Arbeiten in seinem Geschäft und nahm den Signalisationsanhänger erst unmittelbar vor der Kollision wahr.
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Der Beschwerdeführer schuf durch den nächtlichen Selbstunfall im Bereich einer Baustelle auf der Autobahn eine erhöhte abstrakte Gefährdung und damit eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. So bestand insbesondere die naheliegende Gefahr von Folge- bzw. Auffahrunfällen aufgrund der ölverschmutzten Fahrbahn und der unfallbedingt fehlenden Baustellensignalisation, die nachts besonders wichtig ist (Urteil, S. 8; vgl. BGE 120 Ib 312 E. 4c S. 316). Daran ändert nichts, dass die Autobahn zur Zeit des Unfalls nur schwach befahren war (vgl. Urteil 6B_666/2009 vom 24. September 2009 E. 1.4). Aus der vom Beschwerdeführer angeführten Rechtsprechung ergibt sich nichts Gegenteiliges.
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1.5.2. In subjektiver Hinsicht ist mit der Vorinstanz von einem grobfahrlässigen Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen. Der Grad und die Dauer der Unaufmerksamkeit waren hoch. Erforderlich gewesen wäre, wie dargelegt, jedoch eine besonders aufmerksame Fahrweise. Da er die Vorsignalisation gesehen hat, mit der Strecke vertraut war und gewusst hat, dass sich die Baustelle täglich verändert, ist sein Verhalten als bedenkenlos zu werten.
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Daran ändert nichts, dass er vor der Kollision von einem entgegenkommenden Lastwagen geblendet wurde. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass sich die Baustelle nach einer Rechtskurve befand und der Beschwerdeführer somit unmittelbar vor dem Zusammenstoss mit dem Anhänger nicht frontal habe geblendet werden können. Dies bestreitet er nicht. Er legt auch nicht dar, inwiefern er durch die seitliche Blendung für einen Moment praktisch blind gewesen sein soll. Soweit er sich dabei auf die Erfahrung beruft, kann ihm nicht gefolgt werden.
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Ob der Beschwerdeführer unmittelbar vor dem Zusammenprall noch gebremst und versucht hat, auszuweichen, ist nicht relevant, zumal er selbst angab, den Anhänger erst im letzten Moment wahrgenommen zu haben (Urteil, S. 6). Nicht entscheidend zu entlasten vermag ihn schliesslich, dass der Anhänger möglicherweise etwas "mager" signalisiert war, wie er vorbringt. Er bestreitet nicht, dass der Anhänger signalisiert war. Er macht auch nicht geltend, die Signalisation habe nicht den Vorschriften entsprochen. Die Vorinstanz erwägt zutreffend, dass er nicht in ein unbeleuchtetes Hindernis, sondern in einen mit gelben Blinkleuchten ausgestatteten Anhänger einer vorangekündigten Baustelle gefahren ist. Unter diesen Umständen ist der Schluss, der Beschwerdeführer habe sich grobfahrlässig verhalten, nicht bundesrechtswidrig.
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1.5.3. Der Beschwerdeführer machte sich der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig.
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2. Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. September 2014
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Der Gerichtsschreiber: M. Widmer
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