Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1C_234/2014
Urteil vom 6. Oktober 2014
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
Bundesamt für Raumentwicklung,
Beschwerdeführer,
gegen
A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Meyer,
Gemeinde St. Antoni,
handelnd durch den Gemeinderat St. Antoni,
Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons Freiburg.
Gegenstand
Schaffung einer Reitsportzone im Rahmen der Ortsplanung,
Beschwerde gegen das Urteil vom 18. März 2014
des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof.
Sachverhalt:
A.
A.________ ist Eigentümer der Parzellen Nrn. 979 und 991 im Gebiet Krommen (auch: Chrommen) der Gemeinde St. Antoni. Die Grundstücke befinden sich gemäss dem Zonenplan aus dem Jahr 1991 in der Landwirtschaftszone, etwa 2.5 km vom Dorfzentrum und etwa 800 m vom nächstgelegenen Siedlungsgebiet entfernt. Die 50'801 m2 umfassende Parzelle Nr. 991 ist mit einem Wohn- und Ökonomiegebäude, einer Reithalle, einem Stall und einer Jauchegrube überbaut. Die Parzelle Nr. 979 hat eine Fläche von 48'690 m2, ist nicht überbaut und wird als Wiese und Acker genutzt. In seinem Betrieb "B.________" hält und züchtet A.________ Pferde ("American Paint Horses"), die sich besonders fürs Westernreiten eignen.
Im Rahmen der Gesamtrevision ihrer Ortsplanung sieht die Gemeinde St. Antoni die Einrichtung einer Reitsportzone (RSZ) vor. Gemäss Art. 22 des neuen Planungs- und Baureglements (PBR) ist die Reitsportzone für sportliche Aktivitäten im Zusammenhang mit Pferden bestimmt, wobei die Vorschriften anhand eines Konzepts in einem Detailbebauungsplan festzulegen sind. Im Planungsbericht führt die Gemeinde dazu aus, der Zonenplan sehe eine Spezialzone vor, damit der Eigentümer sein Projekt weiterentwickeln und es zu gegebener Zeit mittels eines Detailbebauungsplans legalisieren könne.
Die Gesamtrevision der Ortsplanung wurde vom Gemeinderat von St. Antoni am 20. April 2011 verabschiedet und von der Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion (RUBD) des Kantons Freiburg mit Verfügung vom 25. Februar 2013 genehmigt. Die Einzonung im Gebiet Krommen und den Art. 22 PBR nahm die RUBD jedoch von der Genehmigung aus. Zur Begründung hielt sie fest, es handle sich um eine rechtswidrige Kleinbauzone.
Gegen die Verfügung der RUBD erhob A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragte, die Reitsportzone sowie Art. 22 PBR seien zu genehmigen. Mit Urteil vom 18. März 2014 hiess das Kantonsgericht des Kantons Freiburg die Beschwerde gut.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 8. Mai 2014 beantragt das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Verfügung der RUBD, mit welcher die Einzonung abgelehnt wurde, zu bestätigen.
Das Kantonsgericht und der Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde St. Antoni weist in ihrer Vernehmlassung darauf hin, dass nicht die gesamte Fläche der Parzelle Nr. 991, sondern nur ein kleiner Teil umgezont werden solle. Die RUBD ist der Ansicht, die Reitsportzone könne weder nach Art. 15 noch nach Art. 18 RPG (SR 700) genehmigt werden und beantragt deshalb die Gutheissung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über eine Nutzungsplanung. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG). Das ARE ist nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG und Art. 48 Abs. 4 RPV (SR 700.1) im Bereich der Raumplanung zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt. Die Legitimationsvoraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 BGG sind nicht anwendbar, weshalb insbesondere eine Beteiligung am vorinstanzlichen Verfahren im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG nicht erforderlich ist (BGE 136 II 359 E. 1.2 S. 362 ff. mit Hinweisen). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1. Das ARE bringt vor, isolierte Kleinbauzonen seien nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt worden sei und an der fraglichen Zonierung ein überwiegendes Interesse bestehe. Das Interesse an der Reitsportanlage des Beschwerdegegners sei jedoch lediglich ein privates. Zudem gebe es keine hinreichende Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr, da die nächste Haltestelle rund 2 km entfernt sei. Im Planungsbericht werde auch keine ernsthafte, nachvollziehbare Analyse verschiedener möglicher Standorte im kommunalen und regionalen Kontext ausgewiesen. Es reiche als Begründung für die Standortwahl nicht aus, wenn die Vorinstanz gewisse Übereinstimmungen mit allgemein gehaltenen Festlegungen zum Reitsport im kantonalen Richtplan anführe. Im Ergebnis wäre zumindest eine Verdoppelung der heutigen Gebäude- und Anlagenflächen möglich. Dies sei mehr als nur eine massvolle Erweiterung bestehender Bauten und Anlagen. Zusammengefasst ergebe sich, dass mit der geplanten Reitsportzone eine isolierte Kleinbauzone oder Spezialzone nach Art. 18 RPG geschaffen würde, die den Grundsatz der Siedlungskonzentration und der Vermeidung der Streubauweise unterlaufe.
2.2. Das Kantonsgericht legt dar, die Voraussetzungen nach Art. 15 RPG für die Einzonung des Chrommen seien nicht erfüllt. Bei der Reitsportzone handle es sich jedoch gar nicht um eine Bauzone im Sinne dieser Bestimmung, sondern um eine Sondernutzungszone nach Art. 18 RPG, also eine beschränkte Bauzone. Solche isolierte Kleinbauzonen seien im Allgemeinen unzulässig. Ermöglichten sie jedoch keine zusätzliche Streubauweise, sondern einzig eine geringfügige Erweiterung bereits bebauten Gebiets oder die massvolle Erweiterung bestehender Bauten, so seien sie zulässig, sofern sie auch sonst auf einer sachlich vertretbaren Interessenabwägung beruhten. Ob es sich tatsächlich um eine Kleinbauzone handle, sei indessen fraglich, denn immerhin werde ein Gebiet von fast 10 ha der Bauzone zugewiesen. Bei dieser Grössenordnung könne wohl kaum von einer eigentlichen Kleinbauzone gesprochen werden.
Dem kantonalen Richtplan sei zu entnehmen, dass die Ausübung des Reitsports die Realisierung von Infrastrukturen wie Reitzentren und Pferdepensionen voraussetze. Der Betrieb des Beschwerdeführers entspreche dieser und den weiteren Vorgaben des Richtplans. Lediglich die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr sei nicht optimal.
Mit der Einzonung könnten theoretisch fast 10 ha Land neu überbaut werden. Es seien Stallungen für 25 Pferde sowie der Bau eines grösseren Aussenreitplatzes, von Winterausläufen sowie die Installation einer Führanlage geplant. Gemäss der RBUD werde ein Sektor ausgeschieden, der zumindest eine Verdoppelung der heutigen Gebäude und Anlagen zulasse. Dabei handle es sich offenkundig nicht um eine nur geringfügige Erweiterung bereits überbauten Gebiets. Die bauliche Entwicklung bleibe aber auf den Reitsport beschränkt und der Beschwerdegegner werde einen Detailbebauungsplan ausarbeiten müssen. Zudem gebe es offensichtlich weder in der Gemeinde St. Antoni noch in den anderen Gemeinden des Sensebezirks einen möglichen Alternativstandort. Überdies bestehe ein gewisses öffentliches Interesse auch an Sportanlagen, die nicht dem Breitensport dienten. Schliesslich beschränke sich der Beschwerdeführer nicht auf die Haltung von Tieren für Sport und Vergnügen, was für sich allein nicht zur Landwirtschaft gehöre, sondern halte und verkaufe sowohl Zucht- als auch Nutztiere und produziere für diese Futter. Es handle sich demnach um eine landwirtschaftliche Tätigkeit.
Insgesamt widerspreche die Einzonung nicht den Zielen und Grundsätzen der Raumplanung, obwohl es sich um eine Kleinbauzone handle, die nicht auf den in der Landwirtschaftszone gelegenen Standort angewiesen sei. Das bedeute für den Beschwerdegegner jedoch keinen Freipass für Änderungen an der Nutzung seiner Liegenschaft beziehungsweise für beliebige Neubauten oder Erweiterungen der bestehenden Bauten. Diesbezüglich werde der Detailbebauungsplan die Einzelheiten verbindlich zu regeln haben.
2.3. Bei der neu zu schaffenden Reitsportzone handelt es sich, wie von der Vorinstanz erwähnt, nicht um eine Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG, sondern um eine Sondernutzungszone im Sinne von Art. 18 RPG. Nach dem neuen Art. 22 PBR ist die Zone sportlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit Pferden vorbehalten. Die Reitsportzone ist eine beschränkte Bauzone (vgl. Urteil 1C_153/2008 vom 6. Dezember 2007 E. 3.3 mit Hinweis). Die darin zugelassenen Reitsportanlagen sind an sich nicht auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen. Sie können deshalb dem Interesse an der Freihaltung der Landschaft ausserhalb des Siedlungsgebiets und dem Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbauzonen widersprechen (a.a.O., E. 3.3 mit Hinweis). Sie befinden sich zudem rund 800 m vom nächsten Siedlungsgebiet entfernt, wobei kein Siedlungszusammenhang besteht.
Die Schaffung einer Bauzone für ein konkretes Projekt ist zulässig, wenn die Planungsmassnahme den Zielen und Grundsätzen der Nutzungsplanung gemäss dem Raumplanungsgesetz entspricht. Kleinbauzonen stellen dagegen im Allgemeinen eine Umgehung von Art. 24 ff. RPG dar und sind unzulässig, wenn sie gegen das raumplanerische Ziel verstossen, die Siedlungstätigkeit in Bauzonen zusammenzufassen und die Streubauweise für nicht freilandgebundene Bauten zu verhindern. Ermöglicht eine Kleinbauzone keine zusätzliche Streubauweise, sondern einzig eine geringfügige Erweiterung bereits bebauten Gebiets oder die massvolle Erweiterung bestehender Bauten, ist sie zulässig, sofern sie auch sonst auf einer sachlich vertretbaren Interessenabwägung beruht (BGE 124 II 391 E. 3a S. 395; Urteil 1C_774/2013 vom 16. Juli 2014 E. 5.1; je mit Hinweisen).
2.4. Im Rahmen seiner Interessenabwägung ist das Kantonsgericht davon ausgegangen, dass sowohl die Parzelle Nr. 979 als auch die Parzelle Nr. 991 und damit im Ergebnis fast 10 ha eingezont werden sollen. Dies ist unzutreffend. Aus dem Zonennutzungsplan vom 20. April 2011 geht hervor, dass die Einzonung die Parzelle Nr. 979 gar nicht und von der Parzelle Nr. 991 nur einen Teil erfasst (welcher Teil letztlich eingezont werden sollte, ist im Übrigen ungewiss, weil das von der RUBD nicht genehmigte Exemplar des Zonenplans eine etwa doppelt so grosse Fläche von Parzelle Nr. 991 bezeichnet als die Gemeinde in ihrer Stellungnahme vom 16. Juni 2014 (Act. 9) im vorliegenden Verfahren angibt). Das Kantonsgericht ist mithin bei einem für die Interessenabwägung bedeutsamen Element von einer völlig falschen Prämisse ausgegangen. In diesem Zusammenhang hat es zudem angenommen, dass in den Gemeinden des Sensebezirks kein Alternativstandort für einen Reitbetrieb bestehe. Inwiefern es sich dabei einfach auf die Angaben des Beschwerdegegners stützte oder sich von der falschen Annahme über die einzuzonende Fläche leiten liess, geht aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor.
Eine nachvollziehbare raumplanerische Interessenabwägung konnte unter diesen Voraussetzungen von vornherein nicht stattfinden. Dieser Mangel in der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz war wesentlich (Art. 97 Abs. 1 BGG). Der angefochtene Entscheid ist aus diesem Grund aufzuheben und die Sache an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Das Kantonsgericht wird bei seiner weiteren Beurteilung die am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen neuen Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes zu beachten haben. Diese sehen neben einer geänderten Regelung der Zonenkonformität von Bauten und Anlagen für die Haltung und Nutzung von Pferden in der Landwirtschaftszone (Art. 16a bis RPG) auch Übergangsbestimmungen zur Ausscheidung neuer Bauzonen vor (Art. 38a RPG und Art. 52a RPV).
3.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Angelegenheit wird zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Insoweit, als das ARE beantragt, die Einzonung bereits im jetzigen Zeitpunkt definitiv zu verweigern, ist die Beschwerde dagegen abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang obsiegt das beschwerdeführende Bundesamt im Wesentlichen. Die Gerichtskosten werden deshalb dem unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben. Die Angelegenheit wird zur neuen Beurteilung an das Kantonsgericht des Kantons Freiburg zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde St. Antoni, der Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion sowie dem Kantonsgericht des Kantons Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Oktober 2014
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Dold