BGer 8C_500/2014
 
BGer 8C_500/2014 vom 06.10.2014
{T 0/2}
8C_500/2014
 
Urteil vom 6. Oktober 2014
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Freiburg, route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, vom 20. Mai 2014.
 
Sachverhalt:
A. A.________, geboren 1965, hatte am 28. Mai 2002 einen Unfall mit Verletzung der rechten Hand erlitten. Er bezog ab dem 1. November 2004 eine Invalidenrente der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) bei einer Erwerbsunfähigkeit von 46 Prozent (Urteil des Bundesgerichts U 545/06 vom 9. Januar 2008). Mit Verfügung vom 18. März 2005 und Einspracheentscheid vom 29. November 2006, bestätigt mit Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 16. Januar 2009, sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Freiburg eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zu. Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde am 11. Mai 2009 teilweise gut und wies die Sache zu neuer Verfügung an die IV-Stelle zurück zur Abklärung der Arbeitsfähigkeit in der Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2004 und zur Prüfung, in welchem Rahmen die Arbeitsfähigkeit von 72 Prozent mit Verminderung der Leistungsfähigkeit um 15 Prozent (ab dem 1. November 2004) zu verwerten beziehungsweise ob dem Versicherten ein anderer als der durchschnittliche Bruttolohn "Total" für Männer bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) anzurechnen sei (Urteil 9C_214/2009).
Mit Verfügungen vom 24. und 31. August 2011 sprach die IV-Stelle A.________ für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2004 eine ganze Invalidenrente und für die Zeit ab dem 1. November 2004 (wiederum) eine Viertelsrente zu.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Freiburg mit Entscheid vom 20. Mai 2014 ab.
C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei ihm eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 Prozent zuzusprechen.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt und auf einen Schriftenwechsel verzichtet.
 
Erwägungen:
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f., 134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f., je mit Hinweisen).
2. Nachdem die IV-Stelle dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2004 eine ganze Invalidenrente zugesprochen hat, bleibt einzig noch die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit ab dem 1. November 2004 streitig. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass sie entgegen der bundesgerichtlichen Anordnung im Urteil 9C_214/2009 nicht hinlänglich abgeklärt worden sei.
2.1. Er beruft sich zunächst darauf, dass die Arbeitsfähigkeit gestützt auf das Gutachten des Dr. med. B.________, Chirurgie FMH, speziell Handchirurgie, vom 1. Dezember 2009 zu bestimmen sei. Über die Arbeitsfähigkeit hat das Bundesgericht indessen bereits mit Urteil vom 11. Mai 2009 entschieden. Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zu Grunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Ein solcher Revisionsgrund ist ausdrücklich geltend zu machen, wobei es nicht genügt, dessen Vorliegen zu behaupten. Der geltend gemachte Revisionsgrund ist im Revisionsgesuch unter Angabe der Beweismittel anzugeben und es ist aufzuzeigen, weshalb er gegeben und inwiefern deswegen das Dispositiv des früheren Urteils abzuändern sein soll (BGE 138 II 386 E. 6.2 S. 390; Urteile 8F_15/2009 vom 7. Mai 2010 E. 1.1; 8F_2/2008 vom 4. September 2008 E. 3.1; 8F_4/2009 vom 24. August 2009 E. 1.1). Ein entsprechendes Revisionsgesuch hat der Beschwerdeführer im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren vor dem Bundesgericht nie gestellt. Mit dem Erlass des bundesgerichtlichen Urteils fehlte es aber auch an einem Gegenstand für ein Revisionsgesuch bei der Vorinstanz (BGE 138 II 386 E. 6.2 S. 390). Ein Zurückkommen auf die Frage der Arbeitsfähigkeit gestützt auf das Gutachten des Dr. med. B.________ ist daher ausgeschlossen.
2.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Rechts auf eine öffentliche Verhandlung. Für den Prozess vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt Art. 61 lit. a ATSG, dass das Verfahren in der Regel öffentlich ist. Es wird damit der von Art. 6 Ziff. 1 EMRK geforderten Öffentlichkeit des Verfahrens Rechnung getragen (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 30 zu Art. 61 ATSG), welche im erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahren zu gewährleisten ist (BGE 122 V 47 E. 3 S. 54 mit Hinweisen; in BGE 131 V 286 nicht publizierte E. 1.2 des Urteils C 13/05 vom 24. August 2005). Das kantonale Gericht hat eine öffentliche Verhandlung durchgeführt - zu welcher der Beschwerdeführer jedoch nicht erschienen ist - und insoweit Art. 6 Ziff. 1 EMRK Rechnung getragen. Blosse Beweisabnahmeanträge sind indessen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht erfasst (Urteil des EuGMR i.S. Hurter gegen die Schweiz vom 15. Dezember 2005, Nr. 53146/99, Ziff. 34; BGE 134 I 140 E. 5.2 S. 147). Dass die Vorinstanz darauf verzichtet hat, Dr. med. B.________ anlässlich einer öffentlichen Verhandlung zur Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit zu befragen, vermag daher keine Verletzung dieser EMRK-Bestimmung zu begründen.
2.3. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das kantonale Gericht entgegen den bundesgerichtlichen Bedenken (Urteil 9C_214/2009 E. 5.2) zu Unrecht ohne weitere Abklärungen erneut auf den statistischen Durchschnittslohn "Total" abgestellt habe. Dies trifft jedoch nicht zu. Die IV-Stelle hat erwogen, dass die SUVA das Invalideneinkommen anhand ihrer Dokumentation über Arbeitsplätze (DAP) auf 32'724 Franken festgesetzt habe, während sich das gestützt auf die LSE ermittelte Einkommen auf 31'537 Franken belaufen würde. Das Bundesgericht hatte dazu in seinem Urteil U 545/06 vom 9. Januar 2008 ausgeführt, dass die SUVA fünf DAP-Tätigkeiten ausgesucht habe, welche - nebst Berücksichtigung der wechselnden Körperstellung - ausdrücklich auch einhändig verrichtet werden können, und die entsprechenden Löhne mit Blick auf diese Einschränkung jeweils um bis einen Drittel reduziert habe. Der Beschwerdeführer äussert sich dazu nicht weiter. Seinem Einwand kann daher nicht gefolgt werden, und auch unter diesem Blickwinkel erübrigen sich deshalb beweismässige Weiterungen wie namentlich eine Befragung des Dr. med. B.________.
3. Über die erhobene Rechtsverweigerungsbeschwerde wird mit heutiger Verfügung 8C_383/2014 entschieden. Eine Verfahrensvereinigung ist nicht angezeigt, weil die Beschwerden nicht den gleichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen.
4. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, der AXA Winterthur, Winterthur, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. Oktober 2014
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo