BGer 2G_3/2014
 
BGer 2G_3/2014 vom 20.10.2014
{T 0/2}
2G_3/2014
 
Verfügung vom 20. Oktober 2014
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Feller.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Marc Spescha,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung; Erläuterung der bundesgerichtlichen Abschreibungsverfügung in Bezug auf die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung,
Erläuterungsgesuch zur Verfügung 2C_625/2013 vom 23. Januar 2013.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. A.________ (geb. 1981), der aus Indien stammt, lebte vom 20. Dezember 2002 bis in den September 2004 mit seiner ersten Schweizer Gattin zusammen. Die Ehe wurde am 4. April 2007 geschieden, worauf A.________ sich mit einer anderen Schweizer Bürgerin verheiratete. Aus der Beziehung ging am 11. Dezember 2007 ein Kind hervor. Am 1. April 2009 gaben die Ehegatten ihre Lebensgemeinschaft auf (Scheidung am 18. Oktober 2011), wobei der Sohn in der Obhut der Mutter blieb und A.________ ein (übliches bzw. etwas erweitertes) Besuchsrecht eingeräumt wurde.
1.2. Am 3. Mai 2012 verweigerte das Migrationsamt des Kantons Zürich die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________, was das Verwaltungsgericht am 12. Juni 2013 bestätigte. A.________ gelangte hiergegen am 5. Juli 2013 an das Bundesgericht, wobei er geltend machte, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts bezüglich der Berücksichtigung des Kindsinteresses weder der neueren bundesgerichtlichen noch der konventionsrechtlichen Praxis des EGMR zu Art. 8 EMRK entspreche.
1.3. Am 17. September 2013 heiratete A.________ eine österreichische Staatsangehörige, worauf ihm im Familiennachzug eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erteilt wurde. Er beantragte im Anschluss hieran am 2. Dezember 2013, das bundesgerichtliche Verfahren als gegenstandslos unter Entschädigungsfolge zulasten des Kantons Zürich abzuschreiben.
1.4. Mit Verfügung 2C_625/2013 vom 23. Januar 2014 schrieb der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Verfahren zufolge Rückzugs der Beschwerde als gegenstandslos ab, erhob keine Kosten und verpflichtete den Kanton Zürich, den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000 zu entschädigen.
 
2.
2.1. Am 12. März 2014 gelangte A.________ an das Bundesgericht. Er führt aus, das Dispositiv der Abschreibungsverfügung des Abteilungspräsidenten sei unvollständig, indem sich dieses über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Urteils ausschweige. Es stehe überdies im Widerspruch zum Antrag des Beschwerdeführers, der nicht den Rückzug der Beschwerde erklärt, sondern bloss mitgeteilt habe, dass das Verfahren infolge Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gegenstandslos geworden sei. Von dieser Mitteilung nicht erfasst werde der im bundesgerichtlichen Verfahren gestellte Antrag, die Vorinstanz anzuweisen, dem Beschwerdeführer auch für das kantonale Verfahren eine Parteientschädigung zuzusprechen. Die bundesgerichtliche Abschreibungsverfügung habe zum Ausdruck gebracht, dass die Beschwerde hätte gutgeheissen werden müssen; es wäre daher unbillig, wenn der Beschwerdeführer für das kantonale Verfahren Kosten zu tragen hätte und auf eine Parteientschädigung verzichten müsste.
2.2. Gemäss Art. 129 Abs. 1 BGG nimmt das Bundesgericht die Erläuterung oder Berichtigung vor, wenn das Dispositiv eines bundesgerichtlichen Entscheids unklar, unvollständig oder zweideutig ist, seine Bestimmungen untereinander oder mit der Begründung im Widerspruch stehen oder es Redaktions- oder Rechnungsfehler enthält.
2.3. Es mag sein, dass der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller die Beschwerde nicht zurückziehen, sondern lediglich erklären wollte, das Verfahren könne als gegenstandslos geworden abgeschrieben werden, weil er inzwischen gestützt auf einen anderen Rechtsgrund eine Aufenthaltsbewilligung erhalten habe. Die mögliche Fehlinterpretation seiner Eingabe blieb aber ohne konkrete Auswirkung, weil zwar im Dispositiv der Abschreibungsverfügung der Rückzug erwähnt wurde, massgebend aber nur ist, dass die Abschreibung des Verfahrens erfolgte, was der Beschwerdeführer unbestrittenermassen beantragt hatte.
2.4. Der Gesuchsteller erachtet das Dispositiv jedoch für unvollständig, weil es sich nicht über die Verlegung der Kosten und die Zusprechung einer Parteientschädigung im kantonalen Verfahren ausspricht.
Gemäss Art. 32 Abs. 2 BGG entscheidet der Einzelrichter über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs. Gleichzeitig befindet er über die Gerichtskosten und eine allfällige Parteientschädigung, im Falle der Gegenstandslosigkeit aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Im hier zugrunde liegenden Verfahren hat der Abteilungspräsident als Einzelrichter angenommen, dass die Beschwerde vermutlich hätte gutgeheissen werden müssen, weil der Beschwerdeführer über ein Besuchsrecht zu seinem schweizerischen Kind verfügt, er die Beziehung pflege und auch den Unterhaltsbeitrag regelmässig leiste sowie sein Verhalten - soweit ersichtlich - nicht zu beanstanden sei. Entsprechend erhob der Abteilungspräsident keine Kosten und sprach dem Beschwerdeführer zulasten des Kantons Zürich für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu.
Zur Kostenverlegung des kantonalen Verfahrens äusserte sich die Abschreibungsverfügung jedoch nicht. Das beruht darauf, dass gemäss Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG das Bundesgericht die Kosten des vorangegangenen Verfahrens nur modifizieren kann, wenn es auch den angefochtenen Entscheid abändert, was bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gerade nicht der Fall ist (Urteile 5A_608/2010 vom 6. April 2011 E. 5 und 1C_300/2008 vom 26. Oktober 2009 E. 3.3; Beschluss 1C_130/2008 vom 30. Mai 2008 E. 3.2).
Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung, nach welcher es bei Wegfall des Interesses in der Hauptsache zwar zulässig ist, den Kostenentscheid im vorinstanzlichen Verfahren anzufechten, aber nicht mit der Begründung, der dem Kostenentscheid zugrunde liegende Sachentscheid sei bundesrechtswidrig (Urteile 4A_352/2011 E. 2 vom 5. August 2011, 1C_180/2009 vom 14. Oktober 2009 E. 3.1 und 2P.275/2004 vom 16. März 2005 E. 6.2; siehe BGE 109 Ia 90; 100 Ia 298). In solchen Fällen tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde gar nicht erst ein.
2.5. Schliesslich mag angefügt werden, dass es dem Bundesgericht zwar nicht verwehrt ist, die Vorinstanz einzuladen, ihre Kostenregelung aufgrund des Eintritts eines Erledigungsgrundes im bundesgerichtlichen Verfahren zu überprüfen. Das ist allerdings nur dann angezeigt, wenn etwa der Rückzug des dem Verfahren zugrunde liegenden Gesuchs selber (Urteil 1C_300/2008 vom 26. Oktober 2009 E. 3.3; Beschlüsse 1C_130/2008 vom 30. Mai 2008 E. 3.2, 1A.164/2005 vom 15. November 2005 E. 5 und 1A.192/1994 vom 24. Juni 1998 E. 3) oder die nachträgliche Gutheissung desselben (Beschluss 2A.135/1996 vom 24. Oktober 1996 E. 4) durch die Verwaltung auch den vorinstanzlichen Entscheid gegenstandslos werden lässt und die Vorinstanz - ohne dass sie in der Sache ihren Rechtsstandpunkt ändern müsste - zu einer Neuverlegung der Kosten veranlassen kann. Bei der nachträglichen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf einen gänzlich anderen Rechtsgrund trifft dies jedoch nicht zu.
 
3.
Auf die Erhebung von Verfahrenskosten kann verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).
 
Demnach verfügt das Bundesgericht:
1. Das Erläuterungs- und Berichtigungsbegehren wird abgewiesen.
2. Es werden keine Kosten erhoben.
3. Diese Verfügung wird dem Gesuchsteller, dem Migrationsamt des Kantons Zürich, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Oktober 2014
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Feller