BGer 4A_111/2014
 
BGer 4A_111/2014 vom 31.10.2014
{T 0/2}
4A_111/2014
 
Urteil vom 31. Oktober 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Kiss,
Gerichtsschreiber Kölz.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________ Inc.,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Lüscher,
Beschwerdeführerin,
gegen
1.  Bank B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Peter Reichart und Alexander Wintsch,
2. C.________ SA,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dimitri Santoro,
3.  Bank D.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Bachmann,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Bankgarantie, Rechtsmissbrauch,
Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
Die Bank D.________ AG mit Sitz in U.________ gewährte der C.________ S.A., einer in V.________ domizilierten Gesellschaft, mit Kreditvertrag vom 6. August 2010 eine Kreditlimite über USD 3'600'000.--. Gestützt auf einen "Spezialvertrag" vom 19. August 2010 wurde ein fester Vorschuss in der Höhe von USD 3'600'000.-- tatsächlich gewährt. Unabdingbare Grundlage der Gewährung dieses festen Vorschusses war eine Bankgarantie über USD 4'000'000.--, welche die Bank B.________ AG am 11. August 2010 gegenüber der Bank D.________ AG ausgestellt hatte.
 
B.
Am 5. Januar 2012 klagte die Bank D.________ AG beim Handelsgericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Bank B.________ AG sei zu verpflichten, ihr USD 4'000'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 8. Oktober 2011 zu bezahlen.
 
C.
Die A.________ Inc. (Beschwerdeführerin) beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Handelsgerichts vom 13. Januar 2014 sei aufzuheben. Es sei zu entscheiden, dass die Bank B.________ AG der Bank D.________ AG USD 4'000'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 8. Oktober 2011nicht zu bezahlen habe und die Klage mithin abzuweisen sei. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, "um den Beweisanträgen Folge zu leisten".
 
D.
Mit Präsidialverfügung vom 3. April 2014 wurde das Sicherstellungsbegehren der Beschwerdegegnerin 2 abgewiesen. Das Sicherstellungsbegehren der Beschwerdegegnerin 3 wurde teilweise gutgeheissen und die Beschwerdeführerin aufgefordert, der Bundesgerichtskasse den Betrag von Fr. 22'000.-- als Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung zu leisten. In der Folge überwies die Beschwerdeführerin diesen Betrag an die Bundesgerichtskasse.
 
Erwägungen:
 
1.
Das angefochtene Urteil des Handelsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer Vorinstanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG. Gegen Entscheide der nach Art. 6 ZPO als einzige kantonale Instanzen urteilenden Handelsgerichte ist die Beschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG streitwertunabhängig gegeben (BGE 139 III 67 E. 1.2). Die Beschwerdeführerin ist als prozessführende Streitberufene, die im angefochtenen Urteil überdies mit Kosten belastet wurde, zur Beschwerdeführung legitimiert (siehe Art. 76 BGG sowie Art. 80 ZPO in Verbindung mit Art. 77 ZPO). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in Zivilsachen einzutreten.
 
2.
Die Vorinstanz hielt in Übereinstimmung mit den Parteien fest, es sei ein rechtsgültiger Garantievertrag abgeschlossen worden. Sie erwog, aufgrund der Erklärung der Beschwerdegegnerin 1 vom 11. August 2010 liege eine selbständige (abstrakte) Bankgarantie im Sinne von Art. 111 OR vor.
 
3.
Dabei rügt die Beschwerdeführerin in erster Linie die Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften (Art. 8 ZGB, Art. 150 und Art. 152 ZPO) und von Art. 29 Abs. 2 BV, weil alle ihre Beweisanträge abgewiesen worden seien und kein Beweisverfahren stattgefunden habe.
3.1. Die Vorinstanz legte ihrem Entscheid die Rechtsauffassung zugrunde, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Begünstigten nur angenommen werden könne, wenn absolut klare Verhältnisse vorlägen bzw. wenn der Rechtsmissbrauch evident, ohne Zweifel feststellbar, eindeutig und gewiss sei. Erforderlich sei der sofortige und liquide Nachweis einer solchen offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie. Die Tatsachen, die den Rechtsmissbrauch begründeten, müssten für den Garanten (hier die Beschwerdegegnerin 1) überdies 
3.2. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass die den rechtsmissbräuchlichen Abruf begründenden Tatsachen 
3.3. Wird eine selbständige Garantie im Sinne von Art. 111 OR ausgestellt, so ist der Garant unbesehen eines allfälligen Streits über den Grundvertrag zur Zahlung verpflichtet, sofern die im Garantieversprechen umschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 138 III 241 E. 3.2; 131 III 511 E. 4.2 S. 524; 122 III 321 E. 4a S. 322, 273 E. 3a/aa S. 275). Dementsprechend wird bei einer selbständigen (abstrakten) Bankgarantie "auf erstes Anfordern", wie sie hier vorliegt, die Zahlungspflicht durch den formellen Garantiefall ausgelöst, d.h. wenn die im Garantieversprechen umschriebenen Zahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, unabhängig von allfälligen Auseinandersetzungen hinsichtlich des Grundverhältnisses. Die Bank muss und darf nur prüfen, ob diese formellen Zahlungsvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 122 III 273 E. 3a/aa S. 275 mit Hinweisen). Ist dies der Fall, der formelle Garantiefall also eingetreten, wird die Zahlungspflicht ausgelöst.
3.4. Die von der Beschwerdeführerin beanstandete Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach die den Rechtsmissbrauchsvorwurf begründenden Tatsachen 
 
4.
Im Weiteren beharrt die Beschwerdeführerin in der Sache auf ihrem von der Vorinstanz verworfenen Standpunkt, dass die Garantie rechtsmissbräuchlich abgerufen worden sei.
4.1. Sie wendet sich gegen die Eventualbegründung der Vorinstanz, wonach selbst bei Abstellen auf den (niedrigeren) Betrag der Forderung aus dem Valutaverhältnis von USD 3'156'632.24 gegenüber den geforderten USD 4'000'000.-- kein Missverhältnis vorläge. Sie meint, die Beschwerdegegnerin 3 habe missbräuchlich gehandelt, indem sie unter den vorliegenden Umständen (Sollsaldo von lediglich USD 3'156'632.24) die vollumfängliche Garantie von USD 4'000'000.-- eingefordert habe.
4.2. Die Beschwerdeführerin macht weiterhin geltend, dass die (restliche) Schuld der Beschwerdegegnerin 2 durch die bei der Beschwerdegegnerin 3 deponierten Wertpapiere gedeckt gewesen sei. Diese Pfandrechte hätten gewährleistet, dass die Rückzahlung nicht ausbleibe, womit "eine Bedingung der Garantie" nicht vorgelegen habe und der Abruf missbräuchlich sei.
4.3. Schliesslich ist die Beschwerdeführerin nach wie vor der Meinung, dass der Abruf der Garantie zweckwidrig gewesen sei. Wie sich aus den "Beilagen 8 und 11 (als Entwurf der Bankgarantie) " ergebe, sei der Zweck der Garantie die Sicherung eines Kaufs/Leasings eines Flugzeuges gewesen. Dieses Geschäft sei jedoch nie zustande gekommen.
 
5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 20'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin 3, die Bank D.________ AG, für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 22'000.-- zu entschädigen. Diese Entschädigung wird aus der an die Bundesgerichtskasse bezahlten Sicherheitsleistung ausgerichtet.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. Oktober 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Kölz