BGer 2C_229/2014 |
BGer 2C_229/2014 vom 20.11.2014 |
{T 0/2}
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2C_229/2014
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Urteil vom 20. November 2014 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Donzallaz,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Sven Gretler,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.
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Gegenstand
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Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 31. Januar 2014.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Der aus dem Kosovo stammende A.________ (geb. 1981) reiste 2009 im Alter von 27 Jahren im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein zu seiner angetrauten Landsfrau, die ihrerseits seit dem 12. Altersjahr hier lebt bzw. heute hierzulande niederlassungsberechtigt ist. Das Paar hatte 2008 in der Heimat geheiratet. Am 29. Mai 2009 erhielt A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau. Diese Bewilligung wurde in der Folge mehrfach verlängert, zuletzt mit Gültigkeit bis zum 28. Februar 2012. In den Jahren 2010/2011 war er zwischenzeitlich zweimal arbeitslos. Heute ist er bei einer Baufirma in einer Festanstellung als Akkordmaurer tätig. Das Ehepaar hat zwei Kinder (geb. 2010 und 2012), welche ebenfalls im Besitz der Niederlassungsbewilligung sind.
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A.b. A.________ wurde mit Strafbefehlen des Bezirksamts Aarau vom 4. August 2009 und 10. Juni 2010 sowie mit Strafbefehl des Bezirksamts Kulm vom 17. Mai 2010 wegen verschiedener Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz zu mehreren Bussen zwischen Fr. 120.-- und Fr. 700.-- verurteilt. Am 8. September 2011 folgte ein weiterer Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau (Busse von Fr. 200.-- wegen Ungehorsams im Betreibungs- und Konkursverfahren).
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A.c. Gestützt auf diese Verurteilungen lehnte das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau mit Verfügung vom 7. Juni 2012 und Einspracheentscheid vom 7. Februar 2013 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ ab und wies diesen aus der Schweiz weg. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 31. Januar 2014 abgewiesen.
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B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Da sich der Beschwerdeführer auf eine bestehende Ehe mit seiner niederlassungsberechtigten Ehefrau und somit auf einen grundsätzlichen Bewilligungsanspruch nach Art. 43 AuG (SR 142.20) sowie - zumindest sinngemäss - auf das Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV beruft, ist auf sein rechtzeitig eingereichtes Rechtsmittel einzutreten. Ob ihm die begehrte Bewilligung aufgrund der konkreten Umstände tatsächlich zu erteilen ist, bildet eine Frage der nachfolgenden materiellen Beurteilung (vgl. BGE 136 II 177 E. 1.2 S. 180 mit Hinweisen).
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1.2. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können diese nur dann gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Zudem ist vom Beschwerdeführer aufzuzeigen, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung oder der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356.)
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2. |
2.1. Gemäss Art. 51 Abs. 2 lit. b AuG erlöschen die Ansprüche nach Art. 43 AuG unter anderem, wenn Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG vorliegen. Einen derartigen Widerrufsgrund setzt ein Ausländer insbesondere dann, wenn er zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Art. 62 lit. b AuG). Als längerfristig im Sinne von Art. 62 lit. b AuG gilt eine Freiheitsstrafe, wenn ihre Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 u. E. 4.5 S. 379 ff.), wobei es keine Rolle spielt, ob die Freiheitsstrafe bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1).
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2.2. Die Ansprüche nach Art. 43 AuG erlöschen nicht automatisch: Bei gegebenen Voraussetzungen (Vorliegen von Widerrufsgründen [vorne E. 2.1]) rechtfertigt sich die Verweigerung bzw. Nichtverlängerung der Bewilligung nur, wenn die jeweils im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung die entsprechende Massnahme als verhältnismässig erscheinen lässt, wobei namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind (vgl. Art. 96 AuG; BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Was das Fernhalteinteresse anbetrifft, so darf bei Ausländern, welche sich - wie hier - nicht auf das Freizügigkeitsabkommen (FZA; SR 0.142.112.681) berufen können, im Rahmen der Interessenabwägung abgesehen von der aktuellen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die von der betroffenen Einzelperson ausgeht, namentlich auch generalpräventiven Gesichtspunkten Rechnung getragen werden (vgl. Urteil 2C_1026/2011 vom 23. Juli 2012 E. 3).
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2.3. Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich auch aus Art. 8 Ziff. 2 EMRK: Danach ist ein Eingriff in das von Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte und im vorliegenden Fall betroffene Familienleben dann statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung oder zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer notwendig erscheint. Bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind die Schwere eines allenfalls begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen. Zudem sind die Dauer der ehelichen Beziehung und weitere Gesichtspunkte relevant, welche Rückschlüsse auf deren Intensität zulassen (wie etwa die Geburt und das Alter allfälliger Kinder). Von Bedeutung sind auch die Nachteile, welche dem Ehepartner oder den Kindern erwachsen würden, müssten sie dem Betroffenen in dessen Heimat folgen (zum Ganzen BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.; Urteil 2C_679/2011 vom 21. Februar 2012 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen). Zu beachten ist auch die Qualität der sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zum Gast- bzw. zum Heimatland (Urteil 2C_711/2011 vom 27. März 2012 E. 4.2 mit Hinweisen; siehe zum Ganzen auch Urteil des EGMR
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3. |
3.1. Ausgangspunkt und Massstab für die Schwere des Verschuldens sowie die ausländerrechtliche Interessenabwägung ist die vom Strafgericht verhängte Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3.1 S. 216).
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3.2. Was das Fernhalteinteresse anbetrifft, so muss gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei schweren Straftaten - wozu grundsätzlich Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven gehören - selbst ein geringes Restrisiko weiterer Delinquenz nicht in Kauf genommen werden (BGE 139 I 145 E. 2.5 S. 149 f., 31 E. 2.3.2 S. 34, 16 E. 2.2.1 S. 20; 130 II 176 E. 4.2-4.4 S. 185 ff. mit Hinweisen). Auch der EGMR akzeptiert ausdrücklich, dass bei Betäubungsmitteldelinquenz von einer gewissen Schwere ein strenger Massstab angelegt wird (BGE 139 I 145 E. 2.5 S. 150 mit Hinweisen auf die Praxis des EGMR). Solche Delikte zählen im Übrigen zu den in Art. 121 Abs. 3 lit. a BV genannten Anlasstaten, deren Begehung dazu führt, dass die ausländische Person ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz verliert (zur "praktischen Konkordanz" bei der Anwendung dieser Norm, deren Wertung Rechnung zu tragen ist, soweit kein Widerspruch zu übergeordnetem Recht und gleichwertigen Verfassungsbestimmungen entsteht: BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34; Urteile 2C_170/2013 vom 20. Juni 2013 E. 2.3; 2C_1257/2012 vom 18. April 2013 E. 4.5).
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3.3. Hier fallen nicht nur die vom Beschwerdeführer begangenen Betäubungsmitteldelikte ins Gewicht. Entscheidend ist auch seine relativ kurze Aufenthaltsdauer im Lande, während der er zudem noch anderweitig - wenn auch geringfügiger - delinquierte (vorne lit. A.b). Die Nichtverlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung erscheint deshalb nicht unverhältnismässig, zumal er nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (vorne E. 1.2) den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Kosovo verbracht hat und seine beruflichen Kenntnisse auch in der Heimat verwerten kann. Auch seine Ehefrau, die er im Kosovo geheiratet hat, stammt von dort; sie lebt erst seit dem 12. Altersjahr in der Schweiz, und es sind keine Gründe ersichtlich, die eine Rückkehr für sie und die beiden Kinder - welche sich noch in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. Urteil 2C_876/2013 vom 18. November 2013 E. 3.7 mit Hinweis auf BGE 135 I 143 E. 2.2 S. 147) - als unzumutbar erscheinen lassen könnten.
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4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1.
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2.
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3.
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Lausanne, 20. November 2014
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
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