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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
6B_765/2014
Urteil vom 1. Dezember 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
2. A.________,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Üble Nachrede; Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 7. Juli 2014.
Sachverhalt:
A.
X.________ schrieb am 7. Dezember 2010:
"Sehr geehrter Herr A.________
Sie gehen überhaupt nicht auf meinen Fax-Brief vom 3. Dezember 2010 ein.
Obwohl es mir nicht zuzumuten ist, noch einmal mit Frau B.________ zusammen einen Vertrag zu unterzeichnen, die mich mit Ihrer Hilfe um weit mehr als eine halbe Million hinterlistig betrogen hat, bin ich um den Mieterinnen willen bereit, den Vertrag zu unterzeichnen. [...]"
Das Schreiben schickte X.________ an A.________, Frau C.________ und die Genossenschaft D.________.
Am 22. Januar 2011 sandte X.________ ein Schreiben an E.________, der es an A.________ weiterleitete. Es enthielt u.a. folgende Textpassagen:
"[...]
Dazu musste für den Anwalt A.________ bezahlt werden: Infolge betrügerischem gerichtlichem Mehrwert von 350'000. Anstelle der in der Klage geforderten 170'000.- exklusiv Zins und Zinseszins
[...]
Total 2009
illegale Anwaltskosten wegen betrügerischem Ändern der Klagesumme
39'204.05
[...]"
B.
Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte X.________ am 25. Juli 2013 zweitinstanzlich wegen mehrfacher übler Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe von 3 Tagessätzen zu Fr. 70.--.
Das Bundesgericht hiess am 21. Februar 2014 die gegen das Urteil des Obergerichts erhobene Beschwerde in Strafsachen von X.________ gut, soweit es darauf eintrat. Es hob das obergerichtliche Urteil auf und wies die Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Vorinstanz zurück (Verfahren 6B_805/2013).
Das Obergericht verurteilte X.________ am 7. Juli 2014 wiederum wegen mehrfacher übler Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe von 3 Tagessätzen zu Fr. 70.--.
C.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei freizusprechen.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesstrafgerichts (Art. 80 Abs. 1 BGG). Anfechtungsobjekt bildet der angefochtene Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern vom 7. Juli 2014. Soweit der Beschwerdeführer die Untersuchung der Staatsanwaltschaft und das erstinstanzliche Verfahren kritisiert, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Ebenfalls nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens ist das vom Bundesgericht aufgehobene Urteil der Vorinstanz vom 25. Juli 2013. Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zu diesem Urteil ist ebenso wenig einzugehen wie auf seine Vorbringen im Zusammenhang mit der Duplik des Beschwerdegegners vom 17. Januar 2013. Der Beschwerdeführer konnte sich mittlerweile dazu äussern (vgl. Verfahren 6B_805/2013).
1.2. Der Beschwerdeführer ersucht darum, seine gegen das erste Urteil der Vorinstanz gerichtete Beschwerde vom 23. August 2013, die er nochmals einreicht, als Bestandteil der vorliegenden Beschwerde zu berücksichtigen. Da die erste Beschwerde vor dem angefochtenen Urteil verfasst wurde, kann sie sich nicht mit diesem auseinandersetzen und den Begründungsanforderungen nicht genügen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Zudem enthält die Beschwerde vom 23. August 2013 sinngemäss die gleichen Rügen wie die vorliegende Beschwerde.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer erhebt in seiner umfangreichen Beschwerde eine Vielzahl von Rügen der Verletzung von Verfassungs- und Gesetzesrecht. Unter anderem macht er geltend, die Vorinstanz verletze Art. 7 und 8 BV, Art. 1, 2, 7, 8 sowie 9 ZGB, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör sowie seine Meinungsfreiheit und sei voreingenommen sowie parteiisch. Ferner stelle sie den Sachverhalt willkürlich fest und verletze Art. 173 Ziff. 1-3 StGB. Sinngemäss bringt er vor, er habe die Ehre des Beschwerdegegners nicht angegriffen und diesen nie als Betrüger bezeichnet. Jedenfalls habe er dies nicht vorsätzlich getan. Die Vorinstanz habe den Wahrheits- und Gutglaubensbeweis zu Unrecht als gescheitert erachtet.
2.2. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet, wird, auf Antrag, wegen übler Nachrede mit Geldstrafe bis 180 Tagessätze bestraft (Art. 173 Ziff. 1 StGB). Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar (Ziff. 2).
Die Ehrverletzungstatbestände schützen den Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, das heisst, sich so zu benehmen, wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt. Für die Frage, ob die Äusserung ehrenrührig ist, ist massgebend, welchen Sinn ihr ein unbefangener Adressat unter den konkreten Umständen beilegt (BGE 137 IV 313 E. 2.1 S. 315 f. mit Hinweisen). Der Vorwurf, jemand habe eine strafbare Handlung begangen, ist grundsätzlich ehrverletzend (vgl. BGE 132 IV 112 E. 2 S. 115).
2.3. Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer sei in ein Zivilverfahren als Beklagter/Widerkläger involviert gewesen, in dem der Beschwerdegegner die Klägerin/Widerbeklagte vertreten habe. Das Urteil sei am 22. Januar 2009 ergangen. Der Beschwerdeführer habe sein Rechtsbegehren, wonach die Widerbeklagte zu verurteilen sei, ihm einen Betrag von mindestens Fr. 150'000.-- zu bezahlen, anlässlich der Fortsetzungsverhandlung auf "mindestens Fr. 350'000.--" erhöht. Am 21. März 2011 habe der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Strafanklage wegen Rechtsmissbrauchs, Missbrauchs von Treu und Glauben, schweren Betrugs und finanzieller Schädigung von über Fr. 500'000.-- unter anderem gegen den Beschwerdegegner eingereicht. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren am 5. Oktober 2011 nicht an die Hand genommen, da es sich bei den vom Beschwerdeführer geschilderten Vorkommnissen ausschliesslich um zivilrechtlich relevante Sachverhalte handle (Urteil S. 5 f. Ziff. II.3).
In rechtlicher Hinsicht erwägt die Vorinstanz, die Äusserung im Brief vom 7. Dezember 2010 werde vom Durchschnittsleser als Vorwurf des Betrugs verstanden. Der Kontext, in dem sie gemacht wurde, ändere daran nichts. Indem der Beschwerdeführer das Schreiben weiterverbreitete, sei die Äusserung gegenüber Dritten erfolgt. Durch die im Brief vom 22. Januar 2011 gewählte Formulierung könne der Durchschnittsleser davon ausgehen, der Beschwerdegegner habe mit illegalen Mitteln den Prozess zu seinen Gunsten beeinflusst. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers verletzten die Ehre des Beschwerdegegners, was Ersterer gewusst und gewollt habe. Er habe die Briefe vorsätzlich an Dritte verschickt (Urteil S. 7 ff. Ziff. III.1 f.). Die Vorinstanz lässt den Beschwerdeführer zum Entlastungsbeweis zu, obwohl er keinen begründeten Anlass für seine Äusserungen gehabt habe und einiges dafür spreche, dass er dem Beschwerdegegner Übles habe vorwerfen wollen. Sie betrachtet den Wahrheitsbeweis angesichts der Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 5. Oktober 2011 als nicht erbracht. Auch der Gutglaubensbeweis sei gescheitert. Der Beschwerdeführer bestreite, dem Beschwerdegegner im Brief vom 7. Dezember 2010 einen Betrug vorgeworfen zu haben. Er könne seine Äusserung daher nicht in guten Treuen für wahr gehalten haben. Der Beschwerdeführer habe im Zivilverfahren den Streitwert angepasst. Sein eigenes Verhalten könne er nicht in guten Treuen dem Beschwerdegegner zuordnen wollen und werde es auch nicht für betrügerisch halten (Urteil S. 10 ff. Ziff. III.3).
2.4. Soweit im Folgenden auf die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht eingegangen wird, sind sie für die Entscheidfindung rechtlich nicht relevant oder genügen den Begründungsanforderungen im Sinne von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht (vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis).
Letzteres gilt insbesondere hinsichtlich seiner Einwände gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Sie sind weitgehend appellatorischer Natur; so begründet der Beschwerdeführer weitschweifig, wie sich der Sachverhalt aus seiner Sicht darstellt, und argumentiert, er habe die Ehre des Beschwerdegegners nicht willentlich sowie wissentlich beeinträchtigt. Dabei setzt er sich jedoch nicht detailliert mit der vorinstanzlichen Begründung auseinander. Soweit seine Ausführungen den qualifizierten Begründungsanforderungen genügen, sind sie nicht geeignet, aufzuzeigen, dass beziehungsweise inwiefern die vorinstanzliche Würdigung offensichtlich unhaltbar ist. Das Bundesgericht ist folglich an den festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen).
2.5.
2.5.1. Die vorinstanzliche Würdigung ist nicht zu beanstanden. Setzt man die fraglichen Textpassagen in Zusammenhang mit dem gesamten Inhalt der Schreiben vom 3. Dezember 2010, 7. Dezember 2010 und 22. Januar 2011 ist nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer die Briefe verfasste. Dies ändert nichts daran, dass die Äusserungen auch im Gesamtkontext ehrenrührig sind. Der Beschwerdeführer hätte die fraglichen Passagen weglassen können, ohne den Sinn seiner geschäftlichen Schreiben zu verändern. Mithin waren die ehrenrührigen Äusserungen für den vom Beschwerdeführer gemäss eigenen Angaben verfolgten Zweck nicht notwendig. Aus den Schreiben geht zudem eindeutig hervor, dass sich die ehrenrührigen Passagen gegen den Beschwerdegegner richten. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe im Schreiben vom 7. Dezember 2010 nur die Mandantin des Beschwerdegegners und nicht diesen selbst des Betrugs bezichtigt, geht fehl.
2.5.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, den Beschwerdegegner im Schreiben vom 22. Januar 2011 zu beschuldigen, die Klagesumme erhöht zu haben. Die kantonalen Behörden hätten als Juristen wissen müssen, dass ein Anwalt den Streitwert nicht erhöhen könne.
Ob eine Aussage ehrenrührig ist, entscheidet sich danach, welchen Sinn ihr ein unbefangener Dritter unter den konkreten Umständen beifügen würde. Belanglos ist, wie die mit dem Verfahren befassten Behörden die Äusserungen interpretieren. Aufgrund des Wortlauts des Briefes und dessen Darstellung würde ein objektiver Leser darauf schliessen, dass der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner vorwirft, den Streitwert illegal beziehungsweise betrügerisch geändert zu haben. Demnach ist irrelevant, dass der Empfänger des Briefes kein Durchschnittsleser gewesen sein und den Sachverhalt gekannt haben soll. Gleiches gilt hinsichtlich des Schreibens vom 7. Dezember 2010. Indem der Beschwerdeführer es neben dem Beschwerdegegner an weitere Personen sandte, erfolgte die Äusserung gegenüber Dritten; dass dies die Mieterin und die Mitvermieterin waren, ändert daran nichts.
2.5.3. Soweit der Beschwerdeführer wiederholt rügt, er sei zum Entlastungsbeweis nicht zugelassen worden, ist er nicht zuhören, da dies nicht zutrifft (siehe Urteil S. 11 ff. Ziff. III.3.2 f.).
2.5.4. Hinsichtlich des Wahrheitsbeweises bringt er vor, durch die Nichtanhandnahme könne sich sein früherer Wissensstand nicht ändern. Beim Wahrheitsbeweis geht es nicht darum, was der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Äusserungen wusste oder dachte, sondern er hat zu beweisen, dass sein Vorwurf wahr ist. Daher kann sich der Wahrheitsbeweis auf Umstände stützen, die erst nach der Äusserung bekannt werden oder sich aus einer späteren Abklärung ergeben (BGE 124 IV 149 E. 3a S. 150 mit Hinweisen). Der Wahrheitsbeweis bei einem Vorwurf strafbaren Verhaltens kann - von Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich nur mit einer Verurteilung erbracht werden (vgl. BGE 132 IV 112 E. 4.2 S. 118 mit Hinweisen). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz den Wahrheitsbeweis mangels Verurteilung des Beschwerdegegners und angesichts der Nichtanhandnahmeverfügung als gescheitert betrachtet.
2.5.5. Bezüglich des Gutglaubensbeweises erwägt die Vorinstanz zu Recht, der Beschwerdeführer könne seinen Vorwurf nicht für wahr gehalten haben, wenn er bestreite, den Beschwerdegegner überhaupt des Betrugs beschuldigt zu haben. Wie sich auch aus der vorliegenden Beschwerde ergibt, wusste der Beschwerdeführer, dass der Streitwert des Zivilverfahrens nicht vom Beschwerdegegner erhöht worden war. Er konnte nicht in guten Treuen annehmen, der Beschwerdegegner habe die erhöhten Anwaltskosten verursacht.
2.6. Der Beschwerdeführer verletzte mit seinen Schreiben die Ehre des Beschwerdegegners, ohne die Entlastungsbeweise nach Art. 173 Ziff. 2 StGB zu erbringen. Die Verurteilung wegen mehrfacher übler Nachrede ist bundesrechtskonform.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die bundesgerichtlichen Kosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Dezember 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Andres