BGer 6B_876/2014
 
BGer 6B_876/2014 vom 05.02.2015
{T 0/2}
6B_876/2014
 
Urteil vom 5. Februar 2015
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber Held.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Kosten- und Entschädigungsfolgen bei Verfahrenseinstellung (Vernachlässigung von Unterhaltspflichten); Willkür,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 11. August 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
1. 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts. Die Vorinstanz verkenne die Tragweite der familienrechtlichen Unterstützungspflichten. Geschütztes Rechtsgut sei der zivilrechtliche Anspruch auf (materielle) Unterstützung. Der Währungsgewinn von EUR 1'700.-, den seine Ehefrau durch den Wertverlust des Euros erziele, entspreche umgerechnet 25 % des vom Bezirksgericht in Schweizer Franken festgesetzten Betrages und stelle keine Unterhaltsleistung dar, sondern sei ein Betrag zur freien Verfügung. Dies berücksichtige die Vorinstanz nicht und ermittle deshalb den Sachverhalt falsch. Der Beschwerdeführer erfülle bereits den objektiven Tatbestand (von Art. 217 Abs. 1 StGB) nicht.
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe für die Monate August bis November 2011 weniger Unterhaltsbeiträge geleistet, als er gemäss der rechtskräftigen Verfügung des Bezirksgerichts vom 15. Januar 2010 zu zahlen verpflichtet gewesen sei. Dem Beschwerdeführer könne kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden, da er entsprechend den Instruktionen seines Rechtsanwalts gehandelt habe. Er habe jedoch durch die zu niedrigen Unterhaltsbeiträge die Einleitung des Strafverfahrens in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise schuldhaft verursacht. Bei der in Anwendung von Art. 41 OR zivilrechtlichen Grundsätzen angenäherten Haftung gelte im Gegensatz zum Strafrecht ein objektivierter Verschuldensbegriff. Jede negative Abweichung vom hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen in der Situation des Schädigers gelte als sorgfaltswidrig und damit fahrlässig. Das subjektive Unwissen bzw. ein Rechtsirrtum befreie den Schädiger nicht von der Haftung, wenn ihm "Wissen-können" oder "Wissen-sollen" vorgeworfen werden müsse. Der durchschnittlich Sorgfältige hätte (in der Situation des Beschwerdeführers) nicht eigenmächtig die Unterhaltszahlungen reduziert, sondern weiterhin die Beträge gezahlt, zu denen er rechtskräftig verpflichtet war. Unerheblich sei, dass Rechtsanwalt Y.________ im Wissen um die Verbindlichkeit des rechtskräftigen Unterhaltsentscheids aufgrund des Risikos, allfällig zu viel gezahlte Unterhaltsbeiträge bei A.________ nicht mehr erhältlich machen zu können, dem Beschwerdeführer zur eigenmächtigen Reduktion der Beiträge geraten habe, da das subjektive Verschulden nicht massgebend sei. Zudem habe Rechtsanwalt Y.________ nicht erklärt, dass sich etwas an der bisherigen rechtskräftigen Verpflichtung geändert hätte, sondern dass die gerichtlichen Entscheide nach seiner Auffassung falsch seien.
1.3. Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO).
Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO; für das Rechtsmittelverfahren Art. 436 Abs. 1 StPO). Die Strafbehörde kann die Entschädigung herabsetzen oder verweigern, wenn die beschuldigte Person rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO; siehe auch Art. 430 Abs. 2 i.V.m. Art. 428 Abs. 2 StPO).
 
1.4.
1.4.1. Nicht zu behandeln sind die Rügen "willkürlicher Sachverhaltsfeststellung". Der Beschwerdeführer legt seinen Ausführungen keinen von den vorinstanzlichen Feststellungen abweichenden Sachverhalt zu Grunde, sondern macht insoweit ausschliesslich rechtliche Einwendungen gegen die Höhe der zu zahlenden Unterhaltsbeiträge geltend. Ob die vorsorgliche Massnahmeverfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 15. Januar 2010 materiell richtig ist und das Abänderungsgesuch zu Recht abgewiesen wurde, ist nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids und hätte auch von der Vorinstanz aufgrund der formellen Rechtskraft des Entscheids und mangels Zuständigkeit nicht überprüft werden können.
1.4.2. Ob mit der Vorinstanz davon auszugehen ist, dass der durchschnittlich Sorgfältige entgegen anderslautender Instruktionen seines Rechtsvertreters weiterhin die Unterhaltsleistungen erbringen würde, zu denen er aufgrund der vorsorglichen Massnahmeverfügung (rechtskräftig) verpflichtet ist, oder aber darauf vertrauen darf, dass sein Anwalt ihm zu keinem strafbaren oder zivilrechtlich missbilligten Verhalten rät, das geeignet ist, ein Strafverfahren auszulösen, kann offenbleiben. Gemäss den unangefochtenen Feststellungen der Vorinstanz wusste der Beschwerdeführer, dass die vorsorgliche Massnahmeverfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 15. Januar 2010 mit dem diesbezüglich letztinstanzlichen Nichteintretensentscheid des Bundesgerichts vom 23. Mai 2011 formell rechtskräftig und für ihn verbindlich ist. Der Beschwerdeführer zahlte bereits, während seine Beschwerde gegen die vorsorgliche Unterhaltsverfügung beim Bundesgericht noch hängig war, die gerichtlich festgelegten Unterhaltsbeiträge von Fr. 10'200.- für seine Frau und seinen Sohn. Nach Erhalt des bundesgerichtlichen Entscheids beglich er rückständige Unterhaltsbeiträge in Höhe von Fr. 46'890.-. Im Abänderungsbegehren verlangte er zudem nicht, die bereits gerichtlich überprüfte Höhe der Unterhaltsbeiträge zu ändern, sondern nur, diese aufgrund von Kursschwankungen in Euro festzusetzen. Auch wenn er (und sein Rechtsvertreter) die gerichtlichen Entscheide nach wie vor für "falsch" hielten und befürchteten, allfällig zu viel gezahlte Unterhaltsbeiträge könnten im Nachhinein nicht mehr erhältlich gemacht werden, wusste der Beschwerdeführer, dass bis zu einer allfälligen Gutheissung des gestellten Abänderungsgesuchs die vorsorgliche Massnahmeverfügung für die Dauer des Scheidungsverfahrens bindend war. Indem er die Unterhaltsbeiträge eigenmächtig reduzierte, hat er sich zivilrechtlich vorwerfbar verhalten. Die vorinstanzliche Kostenauflage verletzt kein Bundesrecht.
1.5. Ob es vorliegend möglich und angezeigt gewesen wäre, von einer Kostenauflage an den Beschwerdeführer abzusehen und gemäss Art. 420 lit. a StPO bei dessen Anwälten Rückgriff für die entstandenen Verfahrenskosten zu nehmen, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
 
2.
Die Gerichtskosten sind infolge der Abweisung der Beschwerde dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. Februar 2015
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Held