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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1C_611/2014
Urteil vom 17. Februar 2015
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Stadtrat Aarau, Rathausgasse 1, 5000 Aarau,
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Gemeindeabteilung, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.
Gegenstand
Wiedererwägungsgesuch,
Beschwerde gegen das Urteil vom 7. November 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer.
Sachverhalt:
A.
Am 28. August 2014 hatte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau eine Abstimmungsbeschwerde A.________ gegen eine Referendumsabstimmung in der Stadt Aarau vom 18. Mai 2014 abgewiesen, in welcher zwei Verpflichtungskredite für den Bau verschiedener Infrastrukturanlagen gutgeheissen worden waren.
B.
Mit einer als "Wiedererwägungsgesuch" bezeichneten Eingabe gelangte A.________ am 7. Oktober 2014 erneut ans Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung des Urteils vom 28. August 2014 und die Annullierung der Abstimmung vom 18. Mai 2014. Er begründete dies im Wesentlichen damit, der Aarauer Stadtrat habe in der Referendumsabstimmung eine wesentliche Falschaussage getätigt, was sich aus dessen Stellungnahme in einem anderen Beschwerdeverfahren ergebe, stehe diese doch im Widerspruch zur Aussage in der Referendumsabstimmung. Wenige Tage später erhob er vorsorglich auch beim Bundesgericht Beschwerde.
C.
Das Verwaltungsgericht nahm das Rechtsmittel A.________s als Revisionsgesuch ("Wiederaufnahmegesuch" in der Terminologie des aargauischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes) entgegen und wies es am 7. November 2014 ab. Das Gericht befand, der angebliche Widerspruch in den Aussagen des Aarauer Stadtrats sei A.________ bzw. dessen Anwalt bereits bekannt gewesen, als die Abstimmungsbeschwerde vom 18. Mai 2014 noch bei ihm hängig gewesen sei. A.________ hätte dieses Argument dort einbringen können und müssen, weshalb die formellen Voraussetzungen für eine Revision des Verwaltungsgerichtsurteils nicht gegeben seien. Im Übrigen wären auch die materiellen Voraussetzungen nicht gegeben, denn die vom Beschwerdeführer beanstandeten Aussagen des Stadtrats seien nicht widersprüchlich gewesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegte das Verwaltungsgericht A.________. Es erwog, Stimmrechtsverfahren seien vor Verwaltungsgericht zwar grundsätzlich kostenlos und bei Revisionsgesuchen sei die Kostenregelung gleich ausgestaltet wie für die entsprechenden Beschwerdeverfahren. Die Kostenfreiheit gelte aber nicht für trölerische Rechtsmittel. Um ein solches handle es sich hier, denn A.________ gehe es bloss noch darum, mit allen Mitteln die dem Verfahren zugrunde liegenden baulichen Massnahmen zu verhindern.
D.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. November 2014 erhebt A.________ (Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 15. Dezember 2014 Beschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt zunächst die Zurückweisung der Angelegenheit an das Verwaltungsgericht (Vorinstanz) und sinngemäss die Anweisung an dieses, sein Urteil vom 28. August 2014 in Revision zu ziehen. Sodann seien für das vorinstanzliche Verfahren keine Kosten zu erheben; eventuell sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Departement für Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Stadt Aarau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
1.1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt ein Verfahren über die Revision eines Entscheids in einer Stimmrechtssache und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Auf diesem Gebiet steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. c BGG zur Verfügung. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251, 409 E. 1.1 S. 411). Die unpräzise Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels schadet dessen Gültigkeit nicht (vgl. BGE 134 III 379 E. 1.2 S. 382).
1.2. Das Beschwerderecht steht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Ein besonderes (rechtliches) Interesse in der Sache selbst ist nicht erforderlich (vgl. BGE 134 I 172 E. 1.3.3 S. 176). Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation zwar nicht; aus dem vorinstanzlichen Entscheid ergibt sich immerhin sinngemäss, dass er in Aarau wohnhaft und dort stimmberechtigt ist. Im Folgenden kann deshalb davon ausgegangen werden, dass er zur Beschwerde legitimiert ist.
1.3. Es fragt sich, ob die vorliegende Beschwerde eine den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 und Art. 42 Abs. 2 BGG hinreichende Begründung enthält.
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen).
1.3.1. Beruht der angefochtene Entscheid auf einer Doppelbegründung, so hat der Beschwerdeführer darzulegen, dass jeder Begründungspunkt Recht verletzt; andernfalls kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f., ebenso Urteil 1C_69/2009 vom 3. Juli 2009 E. 4.2). Im hier zu beurteilenden Fall hat die Vorinstanz das Vorliegen eines Revisionsgrundes aus einem prozessualen und aus einem inhaltlichen Grund verneint. Ersteren beanstandet der Beschwerdeführer: er wehrt sich gegen den Vorwurf der Vorinstanz, ihm bzw. seinem Anwalt sei die Stellungnahme des Stadtrats, die Anlass zur Revision sein solle, bereits während Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens bekannt gewesen und er hätte dieses Argument dort einbringen müssen.
Demgegenüber enthält seine Beschwerde keine Auseinandersetzung mit der zweiten, inhaltlichen Begründung der Vorinstanz. Diese hat nämlich dafür gehalten, die vom Beschwerdeführer beanstandeten Aussagen des Stadtrats seien gar nicht widersprüchlich gewesen, weshalb kein Revisionsgrund vorliege. Er macht in diesem Zusammenhang einzig geltend, die Begründung der Vorinstanz sei "willkürlich, einseitig und voreingenommen" ausgefallen, weil sie keine Stellungnahme der Stadt Aarau eingeholt habe. Diese Behauptung ist nicht nur inhaltlich unverständlich; der Beschwerdeführer setzt sich auch nicht konkret mit den dem Urteil zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen auseinander und legt nicht im Einzelnen dar, inwiefern durch die materielle verwaltungsgerichtliche Begründung bzw. durch das Urteil selbst im Ergebnis Recht im Sinne von Art. 42 Abs. 2 BGG verletzt worden sein soll (vgl. Urteil 1C_330/2014 vom 18. September 2014 E. 3.3). Hinsichtlich der Frage, ob die Vorinstanz das Vorliegen eines Revisionsgrundes zu Recht verneint habe, kann deshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
1.3.2. Hinsichtlich der Einwände des Beschwerdeführers gegen die Auferlegung von Verfahrenskosten bzw. die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch die Vorinstanz verhält es sich wie folgt:
1.3.2.1. Was die grundsätzliche (d.h. unter dem Vorbehalt der unentgeltlichen Rechtspflege stehende) Auferlegung von Verfahrenskosten betrifft, handelt es sich um die - angeblich falsche - Anwendung kantonalen (Verfahrens-) Rechts, was aber keinen Beschwerdegrund darstellt. Insoweit fällt im Wesentlichen bloss die Rüge der Verletzung von Bundesrecht in Betracht, insbesondere von verfassungsmässigen Rechten der Bundesverfassung (Art. 95 BGG). Überprüft werden kann nur, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung sonstwie gegen übergeordnetes Recht verstösst (vgl. 137 V 57 E. 1.3 S. 60; BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120; je mit Hinweisen).
1.3.2.2. Zunächst wehrt sich der Beschwerdeführer gegen den Vorwurf, es gehe ihm bloss darum, diverse Neubauprojekte mit allen Mitteln zu verhindern. Damit nehme das Verwaltungsgericht, so der Beschwerdeführer, direkt Bezug zu einer von ihm beim Regierungsrat anhängig gemachten Beschwerde gegen die Baubewilligung für das neue Stadion. Allerdings habe ihm der Regierungsrat dort die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, woraus erhelle, dass jenes Rechtsmittel keineswegs trölerisch sei. Ausserdem habe sein "Wiedererwägungsgesuch" in Stimmrechtssachen damit überhaupt nichts zu tun.
Es erscheint sehr fraglich, ob der Beschwerdeführer mit diesen Vorbringen den gesteigerten Anforderungen an die Begründungspflicht im Bereich der Rüge der willkürlichen Anwendung kantonalen Rechts genügt, zumal er weder eine konkrete Gesetzesbestimmung nennt, gegen welche die Vorinstanz verstossen haben soll, noch ausdrücklich das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für die Kostenauflage rügt. Die Frage kann indes offengelassen werden, denn die Argumente wären ohnehin nicht geeignet, den vorinstanzlichen Vorwurf der Trölerei zu entkräften. Es mag sein, dass der Beschwerdeführer in einem anderen Verfahren ein aussichtsreiches Rechtsmittel eingelegt hat, doch lässt sich daraus für den hier in Frage stehenden Prozess nichts folgern; insbesondere schliesst dieser Umstand eine trölerische Beschwerdeführung vor der Vorinstanz nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die beiden Verfahren, wie der Beschwerdeführer selbst eingesteht, nichts miteinander zu tun haben. Weitere Argumente, die den Vorwurf der ungehörigen Störung des Geschäftsgangs entkräften könnten, trägt der Beschwerdeführer nicht vor. Eine willkürliche Kostenauflage an den Beschwerdeführer ist somit nicht dargetan.
1.3.2.3. Kaum begründet ist schliesslich die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege verletzt. Die Kognition des Bundesgerichts ist hier zwar frei, soweit es um den durch die Bundesverfassung garantierten Anspruch geht, weshalb nicht die strenge Begründungspflicht von Art. 106 Abs. 2 BGG greift. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz werden dagegen bloss auf deren offensichtliche Unrichtigkeit geprüft (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweisen). Wie soeben festgehalten, durfte die Vorinstanz das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers als trölerisch bezeichnen, ohne dabei in Willkür zu verfallen. Damit steht aber auch fest, dass mangels intakter Prozessaussichten die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege fehlten. Die Rüge wäre somit unberechtigt, sofern von einer hinreichenden Begründung auszugehen wäre.
1.4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Bei diesem Prozessausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da seine Bedürftigkeit nicht feststeht (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Stadt Aarau obsiegt in ihrem amtlichen Wirkungskreis und hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Stadtrat Aarau, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Gemeindeabteilung, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Februar 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Störi