Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
5A_622/2014
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Urteil vom 17. Februar 2015
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Zbinden.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Vincenzo Amberg,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
vorsorgliche Massnahmen im Ehescheidungsverfahren (Unterhaltsbeiträge)
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, vom 2. Juli 2014.
Sachverhalt:
A.
A.a. Die Eheleute A.________ und B.________ sind die Eltern der Kinder C.________ (geb. 2004), D.________ (geb. 2007) und E.________ (geb. 2010). Zwischen den Eheleuten ist nunmehr ein Scheidungsverfahren hängig. Die Kinder stehen unter der Obhut ihrer Mutter. Mit Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens vom 29. November 2013 bzw. Erläuterung und Berichtigung vom 23. Dezember 2013 wurden das Kontaktrecht des Vaters und dessen Unterhaltsverpflichtung gegenüber Frau und Kindern geregelt. Soweit hier relevant wurde A.________ dazu verpflichtet, monatlich für die drei Kinder ab 1. Dezember 2013 bis 31. Mai 2014 je Fr. 843.-- zuzüglich Ausbildungs- und Kinderzulagen, ab 1. Juni 2014 Fr. 1'204 pro Kind zuzüglich Ausbildungs- und Kinderzulagen zu entrichten. Ferner hatte er an den Unterhalt der Ehefrau monatlich ab 1. Dezember 2013 bis 31. Mai 2014 Fr. 527.-- und ab 1. Juni 2014 Fr. 1'903.-- zu leisten.
A.b. Mit Eingabe vom 7. März 2014 beantragte er, ab August 2014 und bis und mit Schuleintritt des letzten der drei Kinder sei die Ehefrau zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu verpflichten, wobei der Anstellungsgrad durch das Gericht auf mindestens 50% festzusetzen sei. Das Pensum des Ehemannes sei den notwendigen Änderungen hinsichtlich der Kinderbetreuung entsprechend anzupassen. Der Ehegattenunterhalt sei zu streichen. Der Kinderunterhalt sei zu 35% vom jeweiligen Lohn der Eltern abzuziehen und nach Abzug der Fixkosten wie Krankenversicherung entsprechend dem tatsächlichen Betreuungsschlüssel unter den Eltern aufzuteilen. Mit Entscheid vom 1. April 2014 wies das Regionalgericht Bern-Mittelland das Begehren um Abänderung der vorsorglichen Massnahmen ab.
B.
Dagegen gelangte der Ehemann mit Berufung vom 10. April 2014 an das Obergericht des Kantons Bern mit den Anträgen, den angefochtenen Entscheid, soweit die Unterhaltsbeiträge betreffend aufzuheben und die Anträge vom 7. März 2014 bezüglich Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Ehefrau gutzuheissen. Am 2. Juli 2014 gab die angerufene Instanz der Berufung nicht statt.
C.
Der Ehemann hat mit Eingabe vom 12. August 2014 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen den Entscheid des Obergerichts Beschwerde in Zivilsachen mit den vor Obergericht gestellten Anträgen erhoben. Des Weiteren ersucht er, von der Erhebung von Kosten abzusehen. Der Beschwerdeführer hat den verlangten Kostenvorschuss geleistet.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen im Scheidungsverfahren. Dabei handelt es sich um vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1 S. 397). Überdies liegt ein Endentscheid vor (Art. 90 BGG; BGE 134 III 426 E. 2.2 S. 431). Da vorliegend einzig finanzielle Aspekte strittig sind und der Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG i.V.m. Art. 51 Abs. 4 BGG) erreicht ist, erweist sich die Beschwerde in Zivilsachen als zulässig. Damit ist nicht abzuklären, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (Art. 74 Abs. 2 und lit. a BGG). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
1.2. Liegen vorsorgliche Massnahmen im Streit, kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Das Bundesgericht wendet dabei das Recht nicht von Amtes wegen an, sondern prüft die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und hinreichend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist folglich klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 393 E. 6 S. 397; 134 I 83 E. 3.2. S. 88 mit Hinweisen). Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der Beschwerdeschrift dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung willkürlich oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) zustande gekommen ist (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3 S. 255) und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22). Auf rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das Bundesgericht nicht ein. Soweit der Beschwerdeführer in allgemeiner Weise seine Arbeitsbelastung erwähnt oder Ausführungen über die Arbeitsmöglichkeiten der Beschwerdegegnerin vorträgt, erweist sich die Beschwerde nicht den vorgenannten Begründungsanforderungen entsprechend begründet. Darauf ist nicht einzutreten.
1.3. Die Rechtsmittelfrist ist eine gesetzliche Frist, die auch nicht zur Verbesserung der Eingabe erstreckt werden kann (Art. 47 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch des Beschwerdeführers um
"Komplettierung bzw. Anpassung" seiner Eingabe kann auch deshalb nicht entsprochen werden, weil die Beschwerde keine Sache auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen betrifft (Art. 43 BGG).
2.
2.1. Das Obergericht hat die Voraussetzungen für eine Abänderung der Unterhaltsregelung als nicht gegeben erachtet, da der vom Beschwerdeführer als Grund für die beantragte Änderung vorgebrachte Eintritt der Tochter E.________ in den Kindergarten zwar eine Veränderung der Verhältnisse bedeute, die allerdings für die Bestimmung der Unterhaltsbeiträge nicht von Bedeutung sei. Das Obergericht verweist sodann auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Aufnahme einer Teilzeiterwerbstätigkeit neben der Kinderbetreuung mit dem zehnten Altersjahr des jüngsten Kindes erwartet werden kann (BGE 115 II 6 E. 3c S. 10).
2.2. Der Beschwerdeführer erblickt auch vor Bundesgericht im Umstand, dass nunmehr alle Kinder eingeschult sind bzw. die Tochter E.________ den Kindergarten besucht eine erhebliche und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse, die zur Abänderung der vorsorglichen Massnahmen berechtige, zumal die Ehefrau während des gemeinsamen Haushaltes auch teilzeiterwerbstätig gewesen sei und sich die Parteien die Betreuung der Kinder aufgeteilt hätten. Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Eingabe auf Art. 8 BV (Rechtsgleichheit), Art. 10 (Recht auf Leben und persönliche Freiheit), Art. 27 BV (Wirtschaftsfreiheit) sowie Art. 35 BV (Verwirklichung der Grundrechte). Im Ergebnis erachtet er indes die Grundsätze betreffend Abänderung vorsorglicher Massnahmen als willkürlich angewendet. Den Verfassungsrügen kommt demnach keine selbständige Bedeutung zu.
2.3. Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft bzw. vorsorgliche Massnahmen für die Dauer des Scheidungsverfahrens können abgeändert werden, wenn nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils eine wesentliche und dauernde Änderung eingetreten ist oder die tatsächlichen Umstände, die dem Massnahmeentscheid zugrunde lagen, sich nachträglich als unrichtig erwiesen haben. Eine Änderung ist ferner angebracht, wenn sich der Entscheid nachträglich im Ergebnis als nicht gerechtfertigt herausstellt, weil dem Massnahmegericht die Tatsachen nicht zuverlässig bekannt waren. Andernfalls steht die formelle Rechtskraft des Eheschutz- bzw. des Präliminarentscheides einer Abänderung entgegen. Eine Abänderung ist ferner ausgeschlossen, wenn die Sachlage durch eigenmächtiges, widerrechtliches, mithin rechtsmissbräuchliches Verhalten herbeigeführt worden ist (Urteile 5P.473/2006 vom 19. Dezember 2006 E. 3; 5A_522/2011 vom 18. Januar 2012 E. 4.1).
2.4. Willkür in der Rechtsanwendung liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dabei ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 140 III 16 E. 2.1, mit Hinweisen).
2.5. Mit dem Erlass der vorsorglichen Massnahmen vom 29. November 2013 hat das zuständige Gericht die ursprünglich unter den Ehegatten vereinbarte Arbeitsteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung (offenbar 50:50) abgeändert. Dieser Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen. Er kann nur unter den in E. 2.4 erwähnten Voraussetzungen geändert werden. Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer geltend, das jüngste Kind besuche nunmehr den Kindergarten bzw. die Schule, weshalb es weniger Betreuungsbedarf habe und der Mutter folglich die (Wieder-) Aufnahme einer teilzeitlichen Erwerbstätigkeit zuzumuten sei. Die beiden Vorinstanzen haben diesen Umstand als Abänderungsgrund verworfen. Wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht, stützen sich die kantonalen Instanzen bei ihrem Entscheid auf die massgebliche bundesgerichtliche Rechtsprechung. Nun kann aber ein kantonaler Entscheid, der unbestrittenermassen im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht, von vornherein nicht offensichtlich unhaltbar sein.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer ersucht das Bundesgericht ausdrücklich darum, die fragliche Rechtsprechung zu ändern. Im vorliegenden Fall gilt es zu bedenken, dass die Rechtsprechung zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit im Fall einer Betreuung minderjähriger Kinder zum Scheidungsrecht entwickelt worden ist (BGE 115 II 6 E. 3c S. 10 mit Hinweisen). Einerseits stellt sich daher die Frage, ob eine Abänderung der Rechtsprechung zum materiellen Bundesrecht in Verfahren, in denen das Bundesgericht - wie hier - die Anwendung des Rechts nur unter Willkürgesichtspunkten prüft (Art. 98 BGG), überhaupt möglich ist. Auf der anderen Seite gilt es zu berücksichtigen, dass das Bundesgericht diese Rechtsprechung auch in Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen analog angewendet hat (vgl. Urteil 5P.170/2004 vom 1. Juli 2004). Ob die Praxis in Bezug auf ihre Anwendung im Rahmen vorsorglicher Massnahmen in einem entsprechenden Verfahren abgeändert werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden, zumal im konkreten Fall für eine Praxisänderung überhaupt keine Veranlassung besteht:
3.2. Eine Praxisänderung muss sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung als zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten (BGE 138 III 359 E. 6.1 S. 361 137 III 352 E. 4.6; 136 III 6 E. 3).
3.3. Diese Voraussetzungen erscheinen vorliegend als nicht erfüllt. Dabei gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Rechtsprechung nunmehr seit rund 20 Jahren Bestand hat und allein schon das Argument der Rechtssicherheit Zurückhaltung mit Bezug auf die Änderungswünsche des Beschwerdeführers gebietet. Sodann kann nicht gesagt werden, die Praxisänderung dränge sich aufgrund veränderter äusserer Verhältnisse bzw. infolge gewandelter Rechtsanschauung auf: Mit der besagten Rechtsprechung soll eine dem Kindeswohl angepasste Betreuung der Kinder sichergestellt werden, was auch heute der allgemein geltenden Rechtsanschauung entspricht. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass das Bundesgericht die als nicht mehr zeitgemäss erachtete Praxis vor nicht langer Zeit bestätigt hat (Urteil 5A_506/2014 vom 23. Oktober 2014 E. 5.3 mit Hinweisen auf weitere Urteile; BGE 138 III 97 E. 3.2 S. 102).
4.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Es rechtfertigt sich nicht, keine Kosten zu erheben. Angesichts des Verfahrensausgangs wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat die Gegenpartei jedoch für das bundesgerichtliche Verfahren nicht zu entschädigen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Februar 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Zbinden