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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1C_397/2013
Urteil vom 21. April 2015
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Mattle.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG in Liquidation, Beschwerdeführerin, handelnd durch das Konkursamt und Betreibungsinspektorat Thurgau, vormals vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Müller-Tschumi und Rechtsanwältin Gisela Oliver,
gegen
B.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Ursula Brunner und Adrian Strütt, Rechtsanwälte,
Politische Gemeinde Horn, vertreten durch den Gemeinderat, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Kradolfer,
Amt für Umwelt des Kantons Thurgau,
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau.
Gegenstand
Kostenverteilung für notwendige Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle 2 in Horn,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 23. Januar 2013 des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau.
Sachverhalt:
A.
Die A.________ AG in Liquidation (vormals A.________ AG) führte in Horn während rund 100 Jahren einen Textilveredelungsbetrieb. Das ehemalige Werksareal umfasste unter anderem die Parzelle Nr. 2. Nach der Stilllegung des Betriebs im Jahre 1989 ergab sich, dass das Areal mit Abfällen belastet war. Im Jahre 1990 kaufte die B.________ AG die Parzelle Nr. 2. Diese wurde nach Sanierung der bekannten Belastungen im Jahre 2002 aus dem Verdachtsflächenplan entlassen. In der Folge zeigte sich, dass auf dem ehemaligen Werksareal - inklusive der Parzelle Nr. 2 - weitere Belastungen bestanden, weshalb das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau die A.________ AG in Liquidation am 5. Dezember 2006 verpflichtete, ein Sanierungsprojekt für den Standort vorzulegen.
B.
Am 14. März 2011 entschied das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau, die A.________ AG in Liquidation habe 90 % und die B.________ AG 10 % der Kosten für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 zu tragen. Einen von der A.________ AG in Liquidation gegen die Kostenverteilungsverfügung erhobenen Rekurs wies das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau am 1. Dezember 2011 ab. Dagegen gelangte die A.________ AG in Liquidation ans Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, welches die Beschwerde mit Entscheid vom 23. Januar 2013 abwies.
C.
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts hat die A.________ AG in Liquidation am 2. Mai 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, die Kosten für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 seien vollumfänglich der B.________ AG aufzuerlegen und sie sei aus der Kostentragungspflicht zu entlassen. Mit Verfügung vom 15. Juli 2013 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung der Beschwerde abgewiesen. Die Vorinstanz, das kantonale Amt für Umwelt sowie die Beschwerdegegnerin beantragen Beschwerdeabweisung. Die Politische Gemeinde Horn sowie das Departement für Bau und Umwelt liessen sich nicht vernehmen. Das vom Bundesgericht zur Stellungnahme eingeladene Bundesamt für Umwelt hat mitgeteilt, dass der angefochtene Entscheid seines Erachtens im Einklang mit dem Umweltschutzgesetz des Bundes stehe. Mit Eingabe vom 15. November 2013 hat die Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde festgehalten.
D.
Am 16. Januar 2014 ist die Beschwerdeführerin vom kantonalen Amt für Umwelt verpflichtet worden, eine Sicherstellung ihres voraussichtlichen Anteils an den Kosten für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 in der Höhe von Fr. 1'080'000.-- zu leisten. Am 19. Februar 2014 ist über die Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet worden. Daraufhin wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt (Verfügung vom 3. April 2014). Am 7. Januar 2015 bzw. am 18. Februar 2015 hat das Konkursamt und Betreibungsinspektorat des Kantons Thurgau mitgeteilt, dass es im Konkurs der Beschwerdeführerin die Konkursmasse vertrete und um baldigen Entscheid des Bundesgerichts ersuche. Mit Verfügung vom 4. März 2015 ist das Verfahren wieder aufgenommen worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Beim angefochtenen Entscheid, mit welchem gestützt auf Art. 32d USG die Kosten für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der belasteten Parzelle Nr. 2 prozentual verteilt worden sind, handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG. Genauer zu prüfen ist, ob es sich beim angefochtenen Entscheid - wie die Beschwerdeführerin annimmt - um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG handelt.
1.2. Wie den Akten zu entnehmen ist, sind im Zusammenhang mit den Belastungen auf der Parzelle Nr. 2 gewisse Untersuchungsmassnahmen, nämlich eine Voruntersuchung sowie Teile einer Detailuntersuchung, bereits durchgeführt worden. Eine ergänzende Detailuntersuchung sowie die Ausarbeitung eines Sanierungsprojekts werden hingegen noch notwendig sein, bevor gemäss der Einschätzung des kantonalen Amts für Umwelt in einem weiteren Schritt mit hoher Wahrscheinlichkeit relativ aufwändige Sanierungsmassnahmen getroffen werden müssen. Wie viel die Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 letztlich insgesamt kosten wird, steht noch nicht fest, zumal bis zum Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids voraussichtlich erst ein kleiner Teil der gesamten Kosten des Sanierungsverfahrens angefallen ist.
1.3. Weil noch nicht festgelegt worden ist, welche Sanierungsmassnahmen auf dem ehemaligen Werksareal der Beschwerdeführerin im Detail umgesetzt werden müssen, weil folglich unklar ist, wie hoch die Kosten für die Sanierung insgesamt ausfallen werden, und weil die Kostenbeiträge für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 dementsprechend noch nicht betragsmässig, sondern erst prozentual festgelegt worden sind, schliesst der vorliegend angefochtene Entscheid das Verfahren weder insgesamt noch für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen ab. Es handelt sich somit weder um einen Endentscheid (Art. 90 BGG) noch um einen Teilentscheid (Art. 91 BGG), sondern um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 f. BGG (vgl. Urteile 1C_46/2012 vom 10. Oktober 2012 E. 1.2 mit Hinweisen, 1C_566/2011 vom 4. Oktober 2012 E. 1 sowie 1C_570/2011 vom 20. September 2012 E. 1).
An der Qualifikation des angefochtenen Kostenverteilungsentscheids als Zwischenentscheid würde sich unter den gegebenen Umständen auch nichts ändern, wenn man mit dem kantonalen Amt für Umwelt davon ausginge, beim Verfahren zur Klärung der Frage, wer die Kosten der Sanierung eines belasteten Standorts zu tragen habe, handle es sich um ein separates Verfahren, welches vom Verfahren über die Anordnung von Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung zu unterscheiden sei. Dies zumal - wie bereits ausgeführt - eben noch nicht feststeht, wer letztlich betragsmässig wie viel zu bezahlen hat.
2.
2.1. Gegen Vor- und Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (vgl. Art. 92 BGG), ist die Beschwerde ans Bundesgericht gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nur zulässig, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Es obliegt dem Beschwerdeführer, detailliert darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.; 136 IV 92 E. 4 S. 95; je mit Hinweisen). Ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt der Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).
2.2. Nach ständiger Praxis zu Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist ein Vor- oder Zwischenentscheid ausnahmsweise selbstständig anfechtbar, sofern ein konkreter Nachteil droht, der auch durch einen für die rechtsuchende Partei günstigen Endentscheid nachträglich nicht mehr behoben werden könnte (BGE 140 V 321 E. 3.6 S. 326 f.; 139 V 604 E. 3.2 S. 607; 139 IV 113 E. 1 S. 115; 137 IV 237 E. 1.1 S. 239 f.; 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382; je mit Hinweisen).
Im Verfahren zur Sanierung von Standorten, welche durch Abfälle belastet sind, kann ein Zwischenentscheid unter Umständen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge haben, wenn damit ein Verursacher im Sinne von Art. 32d USG, der sich in kritischen finanziellen Verhältnissen befindet, unmittelbar zahlungs- oder realleistungspflichtig wird (vgl. BGE 136 II 370 E. 1.5 S. 374). Zwar scheint sich die Beschwerdeführerin schon im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids in schwierigen finanziellen Verhältnissen befunden zu haben. Sie bringt aber nicht vor und es ist nicht ersichtlich, dass die vom kantonalen Amt für Umwelt am 14. März 2011 verfügte prozentuale Verteilung der Kosten für die notwendigen Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 unmittelbar mit einer Zahlungs- oder Realleistungspflicht verknüpft gewesen wäre. Zur Vorlage eines Sanierungsprojekts wurde die Beschwerdeführerin nicht mit dem vorliegend angefochtenen Entscheid, sondern bereits am 5. Dezember 2006 verpflichtet, wobei die von ihr dagegen erhobenen Rechtsmittel hinsichtlich der Parzelle Nr. 2 erfolglos blieben (vgl. Urteil 1C_47/2009 vom 7. Juli 2009). Dass der vorliegend angefochtene Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken könnte, ist weder dargetan noch offensichtlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin am 16. Januar 2014 vom kantonalen Amt für Umwelt gestützt auf Art. 32d bis USG verpflichtet worden ist, eine Sicherstellung ihres voraussichtlichen Anteils an den Kosten für notwendige Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung der Parzelle Nr. 2 zu leisten. Dieser Entscheid ist nach dem vorliegend angefochtenen Entscheid der Vorinstanz ergangen und bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
2.3. Sodann legt die Beschwerdeführerin nicht dar und es ist nicht offensichtlich, inwiefern die Gutheissung der Beschwerde im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Die Abklärungen, die bis zur Verfügung über die Verlegung der betragsmässig feststehenden Kosten notwendig sind, lassen sich durch das vorliegende Verfahren nicht vermeiden.
3.
Nach dem Ausgeführten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird dem Konkursamt und Betreibungsinspektorat des Kantons Thurgau, den vormaligen Rechtsvertretern der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin, der Politischen Gemeinde Horn, dem Amt für Umwelt des Kantons Thurgau, dem Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. April 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Mattle