BGer 8C_850/2014
 
BGer 8C_850/2014 vom 04.05.2015
{T 0/2}
8C_850/2014
 
Urteil vom 4. Mai 2015
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Hochuli.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Loher,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 23. September 2014.
 
Sachverhalt:
A. 
A.a. A.________ meldete sich am 9. Mai 2005 wegen anhaltender Beschwerden seit einem als Personenwagenlenkerin am 30. August 2003 erlittenen Distorsionstrauma der Halswirbelsäule (HWS) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach umfangreichen Abklärungen verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau einen Rentenanspruch (Verfügung vom 15. Februar 2012). Auf Beschwerde der Versicherten hin bestätigten das Versicherungsgericht des Kantons Aargau und letztinstanzlich auch das Bundesgericht die Verneinung eines Rentenanspruchs (Urteil 8C_548/2013 vom 2. Oktober 2013).
A.b. Am 23. Juli 2009 meldete sich die Versicherte zum Bezug von Hilflosenentschädigung an. Nach weiteren Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung (Verfügung vom 21. Juni 2011). Zwecks nachträglicher Gewährung des rechtlichen Gehörs zu dem von der IV-Stelle eingeholten polydisziplinären Gutachten vom 6. Mai 2011 der medizinischen Gutachterstelle B.________ ersetzte die IV-Stelle ihre Verfügung vom 21. Juni 2011 durch die im Ergebnis gleichlautende neue Verfügung vom 19. September 2011. Die hiegegen gerichtete Beschwerde der Versicherten hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau am 21. Februar 2012 teilweise gut und wies die Sache zur weiteren Abklärung und Neuverfügung an die IV-Stelle zurück. Es schloss in den Erwägungen, worauf das Dispositiv verwies, zwar aus, dass A.________ in den sechs alltäglichen Lebensverrichtungen in erheblicher Weise auf Dritthilfe angewiesen sei. Es erkannte jedoch den Sachverhalt mit Blick auf die Frage nach dem Ausmass des tatsächlichen Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung als ungenügend abgeklärt.
A.c. Nach einer weiteren Haushaltsabklärung vom 18. September 2013 lehnte die IV-Stelle erneut einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung ab (Verfügung vom 3. Dezember 2013).
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 23. September 2014 ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids beantragen, es sei ihr eine angemessene Hilflosenentschädigung zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zwecks Ermittlung der Einschränkung in der alltäglichen Lebensverrichtung und zur medizinischen Abklärung des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung an die IV-Stelle zurückzuweisen,
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
1. 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 137 II 313 E. 1.4 S. 317 f. mit Hinweis; vgl. auch BGE 139 V 127 E. 1.2 S. 129 mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; vgl. auch BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584; je mit Hinweisen). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2. Die auf medizinische Abklärungen und auf einen Abklärungsbericht an Ort und Stelle gestützten gerichtlichen Feststellungen über Einschränkungen der versicherten Person in bestimmten Lebensverrichtungen sind Sachverhaltsfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398 f.; Urteil 8C_359/2010 vom 10. November 2010 E. 1 mit Hinweis). Rechtsverletzungen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG), der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 f. E. 5.1) und eines Abklärungsberichts an Ort und Stelle (Art. 69 Abs. 2 IVV; BGE 133 V 450 E. 11.1.1 f. S. 468 f.). Die konkrete Beweiswürdigung ist Tatfrage (nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]).
2. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Hilflosigkeit (Art. 9 ATSG), den Anspruch auf Hilflosenentschädigung und die für deren Höhe wesentliche Unterscheidung dreier Hilflosigkeitsgrade (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 IVG; Art. 37 f. IVV; BGE 127 V 94 E. 3c S. 97; 125 V 297 E. 4a S. 302) sowie die leichte Hilflosigkeit bei Bedarf einer dauernden persönlichen Überwachung (Art. 37 Abs. 3 lit. b IVV) und dauerndem Angewiesensein auf lebenspraktische Begleitung (Art. 37 Abs. 3 lit. e in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 IVV) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Ausführungen zu den sechs rechtsprechungsgemäss für die Bestimmung des jeweiligen Hilflosigkeitsgrades relevanten alltäglichen Lebensverrichtungen (Ankleiden/Auskleiden, Aufstehen/Absitzen/Abliegen, Essen, Körperpflege, Verrichten der Notdurft, Fortbewegung [im oder ausser Haus]/Kontaktaufnahme; vgl. BGE 127 V 94 E. 3c S. 97, 125 V 297 E. 4a i.f. S. 303, je mit Hinweisen) sowie zu den Anforderungen an Abklärungen zwecks Feststellung des Anspruchs auf Hilflosenentschädigung (BGE 130 V 61 E. 6.1.1 und 6.2 S. 61). Darauf wird verwiesen.
3. Mit Blick auf die damals ausschliesslich Streitgegenstand bildende Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass die Versicherte aus gesundheitlichen Gründen in ihrer - trotz dieser Beeinträchtigungen zumutbaren - Leistungsfähigkeit eingeschränkt und folglich in allenfalls rentenanspruchsbegründendem Ausmass invalid sei, hat auch das Bundesgericht letztinstanzlich auf den gemäss Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ festgestellten Gesundheitsschaden und die daraus resultierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit von 30% abgestellt (Urteil 8C_548/2013 vom 2. Oktober 2013 E. 3 und 4.1) und die Verneinung eines Anspruchs auf eine Invalidenrente bestätigt (Urteil 8C_548/2013 vom 2. Oktober 2013 E. 5.5). Die 30%-ige Einschränkung der Leistungsfähigkeit beruht laut Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ (S. 45) unter anderem auf einer zeitlichen Reduktion der Arbeitsfähigkeit zwecks Absolvierung der zwei- bis dreimal wöchentlich erforderlichen physikalischen Entstauungstherapie mit manueller Lymphdrainage und anschliessendem Bandagieren infolge des Lipo-/Lymphödems. Den übrigen Gesundheitsschäden war im Rahmen der interdisziplinären Gesamtbeurteilung gemäss Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ jedenfalls keine zusätzlich einschränkende Bedeutung über die 30%-ige Leistungsfähigkeitsbeeinträchtigung hinaus beizumessen (Urteil 8C_548/2013 vom 2. Oktober 2013 E. 5.2 und 5.3). Es besteht keine Veranlassung, darauf zurück zu kommen.
4. Demgegenüber ist hier einzig strittig, ob die Vorinstanz zu Recht die von der IV-Stelle am 3. Dezember 2013 verfügte Verneinung eines Anspruchs auf Hilflosenentschädigung bestätigt hat.
5. Vorweg ist die Rechtsfrage zu prüfen, ob das kantonale Gericht den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig festgestellt, oder im Gegenteil Art. 61 lit. c ATSG verletzt hat.
5.1. Gemäss BGE 140 V 543 E. 3.2.1 S. 547 hat ein Abklärungsbericht unter dem Aspekt der Hilflosigkeit (Art. 9 ATSG) oder des Pflegebedarfs folgenden Anforderungen zu genügen:
Als Berichterstatterin wirkt eine qualifizierte Person, welche Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der aus den seitens der Mediziner gestellten Diagnosen sich ergebenden Beeinträchtigungen und Hilfsbedürftigkeiten hat. Bei Unklarheiten über physische oder psychische Störungen und/oder deren Auswirkungen auf alltägliche Lebensverrichtungen sind Rückfragen an die medizinischen Fachpersonen nicht nur zulässig, sondern notwendig [nachträgliche Hervorhebung]. Weiter sind die Angaben der Hilfe leistenden Personen zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext schliesslich muss plausibel, begründet und detailliert bezüglich der einzelnen alltäglichen Lebensverrichtungen sowie den tatbestandsmässigen Erfordernissen der dauernden Pflege und der persönlichen Überwachung (Art. 37 IVV) und der lebenspraktischen Begleitung (Art. 38 IVV) gemäss sein. Schliesslich hat er in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben zu stehen. Das Gericht greift, sofern der Bericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage im eben umschriebenen Sinne darstellt, in das Ermessen der die Abklärung tätigenden Person nur ein, wenn klar feststellbare Fehleinschätzungen vorliegen. Das gebietet insbesondere der Umstand, dass die fachlich kompetente Abklärungsperson näher am konkreten Sachverhalt ist als das im Beschwerdefall zuständige Gericht (BGE 133 V 450 E. 11.1.1 S. 468; 130 V 61 E. 6.2 S. 63; 128 V 93; SVR 2012 IV Nr. 54 S. 195; 8C_756/2011 E. 3.2).
Nach Rz. 8142 des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH; in der ab 1. Januar 2013 geltenden Fassung) nimmt der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) bei psychisch behinderten Menschen, die lebenspraktische Begleitung benötigen, insbesondere Stellung zu den Angaben im Abklärungsbericht (vgl. auch BGE 133 V 450 E. 11.1.2 S. 469; Urteil 9C_497/2014 vom 2. April 2015 E. 4.1.2).
5.2. 
5.2.1. Die Beschwerdeführerin machte bereits anlässlich der vor Ort - in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters und der sie betreuenden psychiatrischen Pflegefachfrau - am 18. September 2013 durchgeführten neuen Haushaltsabklärung betreffend Hilflosenentschädigung geltend, sie sei in den alltäglichen Lebensverrichtungen "Ankleiden" und "Verrichtung der Notdurft" infolge ihrer massiven Lipo-/Lymphödeme an beiden Beinen beim Heraufziehen der Kompressionsstrumpfhosen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe ihres Untermieters angewiesen. Das kantonale Gericht verneinte dies unter Verweis auf Internetseiten, über welche auch Kompressionsstrumpfhosen mit Anziehhilfen käuflich erwerbbar seien. Die Benutzung solcher Vorrichtungen sei im Rahmen der Schadenminderungspflicht zumutbar und eine Hilfsbedürftigkeit in den geltend gemachten Lebensverrichtungsbereichen daher vermeidbar. Dieselbe Auffassung vertrat zuvor bereits die Abklärungsperson der IV-Stelle in ihrem Bericht zur Abklärung vom 18. September 2013. Die Beschwerdegegnerin verneinte gestützt darauf - ohne hiezu zumindest eine RAD-ärztliche Stellungnahme einzuholen - einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung.
5.2.2. In den Akten findet sich keine überzeugend begründete, auf einer medizinisch-fachärztlichen Beurteilung 
5.3. 
5.3.1. Im Übrigen ist auf das Ergebnis der Hilfsbedürftigkeitsabklärung im Haushalt der Versicherten vom 18. September 2013 zu verweisen, wonach gemäss Einschätzung der Abklärungsperson der Bedarf an lebenspraktischer Begleitung während mehr als zwei Stunden pro Woche klar ausgewiesen ist. Verwaltung und Vorinstanz bestritten dies zwar nicht, vertraten jedoch - trotz offensichtlich vorhandener, nicht psychischer Gesundheitsschäden im Sinne der vorstehenden E. 5.2 - die Auffassung, bei der Beschwerdeführerin sei "lediglich die psychische Gesundheit beeinträchtigt". Deshalb erfordere die Annahme einer Hilflosigkeit hinsichtlich lebenspraktischer Begleitung gleichzeitig einen Anspruch auf mindestens eine Viertelsrente (Art. 38 Abs. 2 IVV). Da die Versicherte nach letztinstanzlich bestätigter Verneinung eines Rentenanspruchs (Urteil 8C_548/2013 vom 2. Oktober 2013 E. 5.5) diese Voraussetzung des Anspruchs auf lebenspraktische Begleitung gemäss Art. 38 Abs. 2 IVV nicht erfülle, könne der ausgewiesene Bedarf an lebenspraktischer Begleitung nicht von der Invalidenversicherung entschädigt werden.
5.3.2. Diesbezüglich strittig ist die Genese der im Rahmen des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung von der Beschwerdeführerin geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Hier fällt gemäss Bericht zur Haushaltsabklärung vom 18. September 2013 vor allem die von der Versicherten geklagte erhöhte Lärm- und Lichtempfindlichkeit in Betracht. Zu diesen Beeinträchtigungen, welchen das Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ ohne eingehende Erörterung keine die 70%-ige Restleistungsfähigkeit weiter einschränkende Bedeutung (vgl. E. 3 hievor) beimass, stellte das kantonale Gericht unter Verweis auf das Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ (S. 37) in tatsächlicher Hinsicht fest, dass sich diese Befunde hirnorganisch nicht erklären liessen, sondern "im Rahmen der Persönlichkeitsstörung und der depressiven Störung zu sehen" seien. Weder am angeführten Ort noch dem gesamten Gutachten der medizinischen Gutachterstelle B.________ lassen sich jedoch explizit Anhaltspunkte für diese medizinische Tatsachenfeststellung entnehmen.
5.3.3. Soweit die Vorinstanz ausführte, bei den geklagten Empfindlichkeitsstörungen handle es sich "um psychiatrische Diagnosen", lässt sich diese Sachverhaltsfeststellung bei gegebener Aktenlage nicht nachvollziehbar begründen. Statt dessen findet sich bei den Akten unter anderem der Bericht vom 16. August 2013 des PD Dr. med. D.________, Facharzt für Oto-Rhino-Laryngologie an der Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie am Universitätsspital I.________, wonach laut "Geräuschempfindlichkeitsfragebogen nach Nelting" bei der Beschwerdeführerin von einer schweren Beeinträchtigung durch die Hyperakusis auszugehen sei. Anstelle dieser neuen somatischen Befunderhebung des Dr. med. D.________ war offenbar der psychiatrische Gutachter der medizinischen Gutachterstelle B.________, Dr. med. E.________ - allerdings ohne explizite Zuordnung der Lärm- und Lichtempfindlichkeit zu einer bestimmten psychiatrischen Diagnose - zur Auffassung gelangt, differentialdiagnostisch handle es sich um dissoziative Störungen der Bewegung und der Sinnesempfindung.
5.3.4. Wie es sich damit verhält, kann hier angesichts der unklaren medizinischen Aktenlage nicht abschliessend beurteilt werden. Festzuhalten ist, dass Dr. med. D.________ nach Aktenlage - basierend auf unzutreffenden anamnestische Angaben der Versicherten - fälschlicherweise davon ausging, dass Letztere am 30. August 2003 ein "schweres Schädelhirntrauma" erlitten habe, wofür sich jedoch weder im Bericht des Dr. med. F.________, Baden, vom 18. November 2003 noch in den übrigen medizinischen Unterlagen konkrete Anhaltspunkte finden. Dennoch bestand nach Massgabe des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. E. 1.2 hievor) unter den gegebenen Umständen - im Gegensatz zu der vom kantonalen Gericht vertretenen Auffassung - nicht nur hinreichende Veranlassung dazu, insbesondere mit Blick auf Rz. 8142 KSIH (vgl. E. 5.1 hievor) zu den medizinisch umstrittenen Fragen (E. 5.2.2 und 5.3.2 f.) zumindest eine RAD-ärztliche Stellungnahme oder eine fachärztliche Beurteilung einzuholen. Verwaltung und Vorinstanz waren angesichts der neuen Berichte der behandelnden Ärztin med. prakt. G.________ vom 4. September und 27. November 2013, des Neurologen Dr. med. H.________ vom 19. November 2013 und des Dr. med. D.________ vom 16. August 2013, welche allesamt aus dem Zeitraum vor Erlass der Verfügung der IV-Stelle vom 3. Dezember 2013 datieren, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes vielmehr dazu verpflichtet (vgl. auch E. 5.1 hievor), diesbezüglich mit Blick auf die geltend gemachte Hilfsbedürftigkeit in alltäglichen Lebensverrichtungsbereichen (E. 5.2) sowie in Bezug auf lebenspraktische Begleitung (E. 5.3) weitere fachmedizinische Abklärungen zur Klärung der psychischen oder somatischen Genese der erhöhten Lärm- und Lichtempfindlichkeit sowie zur tatsächlichen Gebrauchstauglichkeit der Anziehhilfen unter Berücksichtigung der besonderen lipo-ödematösen Schwellungsverhältnisse an den Beinen der Versicherten zu veranlassen. Indem die Vorinstanz darauf verzichtete, hat sie Bundesrecht verletzt.
5.4. Angesichts des der Abklärungsperson und dem RAD zustehenden Ermessens (E. 5.1) rechtfertigt sich eine Rückweisung an die Verwaltung (vgl. MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 17 zu Art. 107 BGG; Urteil 9C_497/2014 vom 2. April 2015 E. 4.4). Die IV-Stelle wird, insbesondere unter Beachtung von Rz. 8142 KSIH, weitere Abklärungen zu den offenen Fragen (E. 5.3 hievor) zu treffen und über den Anspruch auf Hilflosenentschädigung und lebenspraktische Begleitung erneut zu entscheiden haben.
6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 23. September 2014 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 3. Dezember 2013 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle des Kantons Aargau zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. Mai 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Der Gerichtsschreiber: Hochuli