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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
9C_57/2015
Urteil vom 19. Mai 2015
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Williner.
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Zanotelli,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid
des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 3. Dezember 2014.
Sachverhalt:
A.
Die 1958 geborene A.________ arbeitete zuletzt bis Ende Februar 2012 (letzter effektiver Arbeitstag 1. Dezember 2010) als Sachbearbeiterin im Verkauf bei der B.________ AG in einem Pensum von 50 %. Daneben erledigt sie seit 1992 die Buchhaltung für die C.________ AG. A.________ meldete sich im September 2011 wegen Diskusprotrusionen an Hals- und Lendenwirbelsäule bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich führte erwerbliche und medizinische Abklärungen durch, namentlich veranlasste sie eine orthopädische Untersuchung beim regionalärztlichen Dienst (RAD; Untersuchungsbericht vom 24. September 2012) sowie eine Abklärung der beeinträchtigten Arbeitsfähigkeit in Beruf und Haushalt (Bericht vom 15. Januar 2013). Mit Verfügung vom 8. Mai 2013 sprach die IV-Stelle A.________ für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Dezember 2012 eine befristete ganze Rente der Invalidenversicherung zu.
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 3. Dezember 2014 ab.
C.
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides zur Einholung eines medizinischen Gerichtsgutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche gestützt darauf über die Bemessung der Invalidenrente ab dem 1. Januar 2013 zu befinden haben werde.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_463/2014 vom 9. September 2014 E. 1.1).
1.2. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteil 9C_779/2010 vom 30. September 2011 E. 1.1.1, nicht publ. in: BGE 137 V 446, aber in: SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44). Dem kantonalen Versicherungsgericht steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum Begriff der Willkür BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f. mit Hinweisen). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis; zum Ganzen: Urteil 9C_463/2014 vom 9. September 2014).
2.
2.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen zu den Begriffen der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.2. Richtig ist insbesondere auch, dass den Berichten versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen nicht dieselbe Beweiskraft wie einem gerichtlichen oder einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger in Auftrag gegebenen Gutachten zukommt. Soll demnach ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f. mit Hinweisen).
3.
Streitig ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung ab dem 1. Januar 2013. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht ohne weitere Abklärungen auf den verwaltungsinternen Untersuchungsbericht des RAD vom 24. September 2012 abgestellt hat (E. 4 nachfolgend) und ob seit dieser Untersuchung eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten ist (E. 5 nachfolgend).
4.
4.1. Das kantonale Gericht konnte keine auch nur geringen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit des RAD-Untersuchungsberichts von med. pract. D.________, Fachärztin Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, vom 24. September 2012 erkennen und mass diesem deshalb volle Beweiskraft zu. Gestützt darauf stellte die Vorinstanz fest, die Beschwerdeführerin sei für eine angepasste Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig. Diese Feststellung kann weder als offensichtlich unrichtig noch sonst wie bundesrechtswidrig bezeichnet werden, woran auch die Rügen der Beschwerdeführerin - soweit sie nicht ohnehin als appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung letztinstanzlich ausser Acht bleiben müssen (E. 1.2 hievor) - nichts zu ändern vermögen.
4.2. Insbesondere verfängt der Einwand nicht, die Untersuchungen von med. pract. D.________ beruhten nicht auf umfassenden Untersuchungen, weil die RAD-Ärztin keine weiteren Untersuchungen betreffend Schwindelbeschwerden und Gedächtnisstörungen veranlasst habe.
So werden die von der Beschwerdeführerin geklagten, mit Übelkeit einhergehenden Schwindelattacken im RAD-Untersuchungsbericht mehrfach erwähnt. Nicht zu beanstanden ist, dass med. pract. D.________ trotzdem keine weiteren medizinischen Abklärungen in diese Richtung veranlasste. So liegt es im pflichtgemässen Ermessen eines Gutachters zu entscheiden, ob in Bezug auf die geklagten Beschwerden weitere medizinische Spezialisten aus anderen Fachbereichen beizuziehen sind oder - wie hier - darauf verzichtet werden kann. Eine Indikation, die Schwindelbeschwerden neurologisch oder neuropsychologisch weiter abzuklären, wie dies die Beschwerdeführerin für angezeigt hält, geht weder aus den Akten hervor noch wird dies in substanziierter Weise dargelegt.
Nichts anderes hat für die fragliche Gedächtnisstörung zu gelten. Zwar hatte Dr. med. E.________, Neurochirurgie FMH, im Bericht vom 15. Juni 2012 eine solche zumindest "subjektiv" diagnostiziert und Dr. med. F.________, Praktischer Arzt FMH, deren Abklärungsbedürftigkeit in der RAD-Stellungnahme vom 21. Juni 2012 zumindest in Frage gestellt. Eine Notwendigkeit zu weiteren Abklärungen konnte med. pract. D.________ aber auch hier nicht erkennen, anderenfalls sie solche veranlasst hätte. Zweifel an diesem impliziten Schluss sind nicht angebracht, weil mit Ausnahme von Dr. med. E.________ im Bericht vom 15. Juni 2012 niemand eine entsprechende Diagnose gestellt hatte und selbst dieser in seinen Folgeberichten vom 20. März und vom 28. Mai 2013 wiederum davon absah. Eine Notwendigkeit zu weiteren Abklärungen lässt sich damit seinen Berichten ebenso wenig entnehmen wie jenen des Dr. med. G.________, Orthopädie und Traumatologie FMH, vom 19. Dezember 2012 oder des Dr. med. H.________, Neurochirurgie FMH, vom 19. Juli 2013.
4.3. Nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag die Beschwerdeführerin weiter mit dem Einwand, die Untersuchungen der Orthopädin med. pract. D.________ beruhten auch in ihrem Fachbereich nicht auf umfassenden Untersuchungen, weil weder eine Schädigung der Schulter in Betracht gezogen noch die Diskusprotrusionen berücksichtigt worden seien. Aus dem Untersuchungsbericht des RAD geht ohne Weiteres hervor, dass med. pract. D.________ die Beschwerdeführerin an beiden Schultern untersucht hat und dabei verschiedene Druckschmerzen und Verspannungen feststellen konnte. Es entspricht somit nicht den Tatsachen, dass eine diesbezügliche Schädigung nicht in Betracht gezogen wurde.
Dasselbe muss für die geklagten Beschwerden in der Lendenwirbelsäule festgehalten werden. Nicht zu beanstanden sind zudem die vorinstanzlichen Feststellungen, es liesse sich weder dem Bericht von Dr. med. E.________ noch den übrigen nachgereichten Berichten entnehmen, inwiefern aus den diagnostizierten Diskusprotrusionen in den Segmenten L3/4 und L4/5 eine weitergehende Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit resultieren sollte. Tatsächlich attestierte Dr. med. E.________ im Bericht vom 28. Mai 2013 gar eine geringere Arbeitsunfähigkeit (80 %), als er dies zuvor am 20. März 2013 getan hatte (100 %). In der Folge verneinte auch Dr. med. H.________ im Rahmen seiner Untersuchung vom 19. Juli 2013 bei lediglich leichtgradigen Osteochondrosen und breitbasigen Protrusionen LWK 3/4 und LWK 4/5 eine neural komprimierende Pathologie und vermochte eine isolierte Schmerzursache weder klinisch noch radiologisch festzustellen.
Ausserdem gilt es zu den Diskusprotrusionen in den Segmenten LWK 3/4 und LWK 4/5, die von Dr. med. E.________ im erst nach Verfügungserlasse ergangenen Bericht vom 28. Mai 2013 diagnostiziert wurden, auch festzuhalten, dass sie keineswegs neu sind - zumindest nicht in Bezug auf LWK 4/5 - und der RAD die Beschwerdeführerin folglich in Kenntnis davon untersucht hat. So finden sich Hinweise auf die Protrusionen nicht nur in der Anmeldung der Beschwerdeführerin, sondern auch im Bericht von Dr. med. I.________, FMH Neurochirurgie, vom 1. November 2011, wo kernspintomographisch nachgewiesene Protrusionen LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 in der Anamnese erwähnt werden. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang, dass auch bei Diagnosen betreffend den Rücken häufig keine Korrelation zur Arbeitsunfähigkeit besteht (BGE 140 V 193 E. 3.1 S. 195); eine bildgebend ausgewiesene Protrusion ist somit nicht ausreichender Beweis für eine Arbeitsunfähigkeit.
4.4. Davon, dass es im Untersuchungsbericht vom 24. September 2012 an einer nachvollziehbaren Einschätzung der Arbeitsfähigkeit fehle, weil diese nicht auf einer objektiven Messung der Leistungsfähigkeit, sondern auf dem rein subjektiven Eindruck der Orthopädin sowie den Blutuntersuchungen beruhen würden, kann nach dem Gesagten nicht die Rede sein.
5.
Die Vorinstanz stellte weiter fest, die nach der RAD-Untersuchung verfassten medizinischen Berichte - soweit diese nicht ohnehin ausser Betracht bleiben müssten, weil sie den Zeitraum nach der Verfügung vom 8. Mai 2013 betreffen würden - vermöchten eine seither eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustands der Beschwerdeführerin nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darzulegen.
Inwiefern diese Feststellungen offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen sollten, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere vermag der Umstand, dass die Beschwerdeführerin vom 29. November bis zum 19. Dezember 2012 in der Klinik J.________ zur stationären Rehabilitation weilte, keine dauerhafte Verschlechterung des Gesundheitszustandes auszuweisen. So ergeben sich aus dem Austrittsbericht vom 19. Dezember 2012 keine neuen Erkenntnisse und die Beschwerdeführerin konnte in wesentlich verbessertem Allgemeinzustand wieder entlassen werden.
6.
Was schliesslich die vorinstanzliche Feststellung anbelangt, bei der angestammten Tätigkeit handle es sich um eine behinderungsangepasste Tätigkeit, kann diese weder als rechtsfehlerhaft noch als offensichtlich unrichtig bezeichnet werden. Das kantonale Gericht hat auf die allfällige Notwendigkeit ergonomischer Anpassungen - zum Beispiel in Form eines höhenverstellbaren Steh-/Sitzpultes - hingewiesen, weshalb der Einwand der Beschwerdeführerin, sie könne nicht mehr ausreichend lange sitzen, daran nichts zu ändern vermag.
7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Mai 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Glanzmann
Der Gerichtsschreiber: Williner