BGer 5A_1008/2014 |
BGer 5A_1008/2014 vom 01.06.2015 |
{T 0/2}
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5A_1008/2014
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Urteil vom 1. Juni 2015 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Marazzi, Bovey,
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Gerichtsschreiber Levante.
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Verfahrensbeteiligte |
A.A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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B.________ AG,
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vertreten durch Rechtsanwalt Theo Kuny,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Provisorische Rechtsöffnung,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer, vom 9. Dezember 2014 (BEK 2014 83).
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 15. September 2009 erwarben A.A.________ und C.A.________ von der B.________ AG eine 4½-Zimmerwohnung samt Doppelgarage in U.________. Der Kaufpreis von Fr. 677'500.-- wurde ratenweise getilgt bis auf Fr. 30'000.--.
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A.b. Mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Lauerz Nr. xxx vom 5. Dezember 2010 betrieb die B.________ AG A.A.________ für den Betrag von Fr. 38'913.15 nebst Zins zu 5% seit dem 30. Oktober 2010. A.A.________ erhob Rechtsvorschlag.
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B. Auf Ersuchen der B.________ AG erteilte das Bezirksgericht Schwyz am 5. Mai 2014 die provisorische Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 30'000.- plus Kosten und Zinsen. Gegen diese Verfügung gelangte A.A.________ an das Kantonsgericht Schwyz, welches die Beschwerde am 9. Dezember 2014 abwies.
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C. Am 23. Dezember 2014 ist A.A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer wehrt sich sinngemäss gegen die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung und die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Verfahren.
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Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsöffnungsentscheid, mithin eine Zwangsvollstreckungssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die gesetzliche Streitwertgrenze wird erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist daher gegeben.
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1.2. Mit vorliegender Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Zulässig ist einzig die Rüge, dass eine Tatsachenfeststellung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhe oder eine Tatsache offensichtlich unrichtig festgestellt worden sei (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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2. Nach Ansicht der Vorinstanz erfüllt der Kaufvertrag vom 15. September 2009 die Anforderungen an eine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG. Daraus ergebe sich insbesondere der Kaufpreis von insgesamt Fr. 677'500.--, den der Beschwerdeführer (und seine Ehefrau) zu zahlen sich verpflichtet hatten. Zudem sei im Kaufvertrag die Fälligkeit der einzelnen Raten vereinbart worden. Damit sei die provisorische Rechtsöffnung für den Restbetrag von Fr. 30'000.-- zu erteilen, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft mache. Dies sei ihm nicht gelungen.
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3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung aufgrund eines zweiseitigen Vertrages.
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3.1. Nach Art. 82 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen, wenn die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung beruht. Eine solche Schuldanerkennung muss unter anderem den Willen des Schuldners beinhalten, dem Gläubiger ohne Vorbehalte und bedingungslos einen bestimmten oder leicht bestimmbaren Betrag zu bezahlen. Die Bestimmung hält in Abs. 2 zudem fest, dass der Richter die Rechtsöffnung ausspricht, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht (BGE 136 III 627 E. 2 S. 629).
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3.2. Ein Kaufvertrag taugt für den darin vereinbarten Kaufpreis grundsätzlich als Rechtsöffnungstitel. Dass dem so ist, stellt auch der Beschwerdeführer nicht in Frage. Hingegen betont er, dass die Beschwerdegegnerin als Verkäuferin ihren vertraglichen Verpflichtungen in verschiedener Hinsicht nicht nachgekommen sei, weshalb es an einem Rechtsöffnungstitel fehle. Mit diesem Vorbringen vermengt er lediglich die gegenseitigen Verpflichtungen der Parteien aus dem Kaufvertrag. Im Rechtsöffnungsverfahren sind indes ausschliesslich Einwendungen des Betriebenen zu berücksichtigen, welche den Kaufvertrag als Schuldanerkennung sofort zu entkräften vermögen. Dabei ist einzig erforderlich, dass die angeführten Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Das Beweismass der "Glaubhaftmachung" ist vom Beweismass der "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" abzugrenzen (BGE 130 III 321 E. 3.3 S. 325; Urteil 5A_881/2011 vom 16. März 2012 E. 3.2 und 3.3, in: Pra 2012 Nr. 103 S. 714). Die Wahrscheinlichkeit muss somit lediglich in dem Sinne überwiegen, als mehr für die Verwirklichung der behaupteten, die Rechtsöffnung hindernden Tatsachen sprechen muss als dagegen (BGE 132 III 140 E. 4.1.2 S. 144).
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3.3. Die Vorinstanz hat sich beim erforderlichen Beweismass an die Einredetheorie gemäss Basler Rechtsöffnungspraxis gehalten. Sie bezieht sich dabei auf eine von der Lehre vertretene Ansicht (VOCK, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 18, 19 zu Art. 82, mit Hinweis auf STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 101 zu Art. 82). Demnach hat der Schuldner bei zweiseitigen Verträgen die Einrede der nicht gehörig erbrachten Gegenleistung nur zu behaupten und nicht glaubhaft zu machen. Das Rechtsöffnungsbegehren ist aufgrund der schuldnerischen Behauptung, die Gegenleistung sei qualitativ und quantitativ mangelhaft, abzuweisen, sofern diese nicht haltlos erscheint. Trifft den Schuldner eine Prüfungs- und Rügepflicht, so muss er glaubhaft machen, dass er den diesbezüglichen Obliegenheiten rechtzeitig nachgekommen ist.
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3.4. Dem Bundesgericht hat sich in den letzten Jahren verschiedentlich die Frage nach der Rechtmässigkeit der Basler Rechtsöffnungspraxis gestellt. Dabei hat es sich bisher nur zu einzelnen Aspekten und mit unterschiedlicher Kognition geäussert.
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3.4.1. Unter der Herrschaft des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) war gegen Rechtsöffnungsentscheide nur die staatsrechtliche Beschwerde gegeben, weshalb einzig eine Anrufung von Art. 4 aBV bzw. Art. 9 BV zulässig war. Angesichts des klaren Wortlautes von Art. 82 Abs. 2 SchKG äusserte das Bundesgericht damals zumindest Zweifel, ob die Basler Rechtsöffnungspraxis mit dem Willkürverbot vereinbar sei (Urteil P.739/1986 vom 13. Oktober 1986 E. 3, in: Rep. 1987 S. 150/151; Urteil 5P.314/2002 vom 21. Januar 2003 E. 2.2, in: Pra 2003 Nr. 161 S. 884). Allerdings hat es, mit Blick auf die Kontroverse in der Lehre und die unterschiedliche Rechtsprechung in den Kantonen, in einem Fall, indem der Schuldner zwar die Nichtigkeit einer Vertragsklausel glaubhaft gemacht hatte, die Praxis nicht als geradezu willkürlich erachtet (Urteil 5P.321/2005 vom 27. Januar 2006 E. 3.2). Im Weiteren hat das Bundesgericht unter Willkürgesichtspunkten die differenzierte Anwendung von Art. 82 SchKG für Gewährleistungsrechte und für die nicht gehörige Erfüllung nicht beanstandet (Urteil 5P.69/2004 vom 14. April 2004 E. 4 und 5). Schliesslich hat es, zumindest für den Einwand des Schuldners, die Unterschrift sei gefälscht, die Glaubhaftmachung gefordert (BGE 132 III 140 E. 4.1.2 S. 143).
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3.4.2. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) können kantonal letztinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide je nach Streitwert mit Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) oder mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) beim Bundesgericht angefochten werden. Das Bundesgericht prüft nur im ersten Fall die Anwendung von Bundesrecht frei (Art. 95 lit. a BGG). Auf diese Weise ist für eine einheitliche Anwendung von Bundesrecht gesorgt, womit für eine abweichende kantonale Praxis kein Raum mehr besteht (vgl. dazu AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 19 N 70). So hat das Bundesgericht bei einem Darlehensvertrag als Rechtsöffnungstitel festgehalten, dass es im Bestreitungsfall selbstverständlich dem Gläubiger obliegt, die Auszahlung des Geldes zu beweisen; damit hat es einer von der kantonalen Instanz analog weitergeführten Basler Rechtsöffnungspraxis in dieser Frage eine Absage erteilt (Urteil 5A_326/2011 vom 6. September 2011 E. 3.3). In Anlehnung an die Lehre hat das Bundesgericht überdies festgehalten, dass gestützt auf einen Kaufvertrag die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen ist, sofern der Schuldner nicht glaubhaft machen kann, dass er allfällige Mängel rechtzeitig gerügt hat; eine blosse Bestreitung der einwandfreien Vertragserfüllung genügt hingegen nicht (Urteil 5A_630/2010 vom 1. September 2011 E. 2.2, in: Pra 2012 Nr. 32 S. 223, mit Hinweis auf STAEHELIN, a.a.O., N. 113 zu Art. 82).
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3.4.3. Der Vorinstanz kann daher zumindest dann gefolgt werden, wenn sie sich hinsichtlich der Anforderungen an die Mängelrüge an der Basler Rechtsöffnungspraxis (und ihren Grenzen) orientiert. Damit ist sie nämlich der erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtes gefolgt (E. 3.4.2). Zur weiteren Ausgestaltung dieser Einredepraxis und der dazu gehörigen Kontroverse in der Lehre ist im vorliegenden Fall nicht abschliessend Stellung zu nehmen (diese Praxis
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3.5. Der Beschwerdeführer hatte im kantonalen Verfahren gerügt, dass ihm aufgrund von Baufehlern und nicht behebbaren Mängeln an der gekauften Liegenschaft Schäden entstanden seien, die den geforderten Restbetrag von Fr. 30'000.-- übersteigen. Daher sei der Beschwerdegegnerin die provisorische Rechtsöffnung zu verweigern.
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3.5.1. Die Vorinstanz ging in zweifacher Weise auf diese Einwendungen ein. Vorerst verwies sie auf Ziff. IV.9.4 des Kaufvertrages vom 15. September 2009, worin die Parteien vereinbarten, dass dem Käufer kein Zahlungsrückbehalt wegen allfälliger Mängel und nicht vollendeter Arbeiten an der Liegenschaft zustehe und er auch kein Verrechnungsrecht für Gegenforderungen habe. Zudem habe der Beschwerdeführer weder die geltend gemachten Mängel glaubhaft gemacht noch dargelegt, dass er seiner Prüfungs- und Rügepflicht nachgekommen sei. Soweit er zudem vorbringe, er sei von der Verkäuferin absichtlich getäuscht worden, könne dem Kaufvertrag keine Zusicherung im Sinne einer unverbaubaren Bergsicht entnommen werden. Die erst im Beschwerdeverfahren eingereichten Dokumente seien neu und daher unbeachtlich (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
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3.5.2. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der vorinstanzlichen Begründung nicht rechtsgenüglich auseinander. Insbesondere geht er nicht auf seine Prüfungs- und Rügepflicht ein, sondern schildert ausschliesslich seine Sicht der Dinge. Damit kann auf die Beschwerde hinsichtlich der Einwendungen nach Art. 82 Abs. 2 SchKG nicht eingetreten werden. Eine Auseinandersetzung mit der weiteren Begründung des angefochtenen Beschlusses erübrigt sich daher (BGE 133 III 221 E. 2 S. 223, E. 7 S. 228). Die Frage nach der Massgeblichkeit der vertraglichen Klauseln im Hinblick auf die Einwendungen nach Art. 82 Abs. 2 SchKG, konkret dem Ausschluss der Verrechnung und des Zahlungsrückbehaltes, muss daher unbeanwortet bleiben.
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3.6. Der Beschwerdeführer rügt zudem, dass ihm im kantonalen Verfahren kein unentgeltlicher Rechtsbeistand gewährt worden ist.
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3.6.1. Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Sofern es zur Wahrung der Rechte notwendig ist, umfasst die unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands.
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3.6.2. Strittig sind einzig die Voraussetzungen für die Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. Die Vorinstanz hat das Begehren abgewiesen, da die Beschwerde aussichtslos sei und der Gesuchsteller seine finanziellen Verhältnisse nicht dargelegt habe.
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3.6.3. Der Beschwerdeführer beschränkt sich vor Bundesgericht darauf, seine schwierige wirtschaftliche und persönliche Situation darzulegen und auf seine Rechtsunkenntnis hinzuweisen. Zu den Prozesschancen nimmt er indes nicht Stellung. Damit geht der Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich auf die vorinstanzliche Begründung ein (E. 1.2). Beizufügen bleibt, dass die Vorinstanz den nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer am 23. Mai 2014 über die mutmassliche Höhe der Prozesskosten und die unentgeltliche Rechtspflege aufgeklärt hat (Art. 97 ZPO).
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4. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss werden die Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin ist nicht geschuldet, da ihr kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Juni 2015
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Levante
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