Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
6B_230/2015
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Urteil vom 1. Juni 2015
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benno Lindegger,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Einstellung (Sachentziehung usw.),
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 14. Januar 2015.
Der Präsident zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer erhob am 9. Dezember 2011 Strafklage gegen den Beschwerdegegner. Am 14. Februar 2012 entschied die Anklagekammer, kein Strafverfahren gegen diesen zu eröffnen. Auf Beschwerde des Beschwerdeführers hin hob das Bundesgericht den Entscheid der Anklagekammer auf und erteilte die Ermächtigung zur Strafverfolgung des Beschwerdegegners (Urteil 1C_158/2012 vom 13. Juni 2012).
Das zuständige Untersuchungsamt stellte das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner wegen Sachentziehung und Amtsmissbrauchs am 7. Mai 2013 ein. Auf Beschwerde des Beschwerdeführers hin hob die Anklagekammer am 28. August 2013 die Einstellungsverfügung auf. Sie ordnete an, dass das Strafverfahren weiter zu führen sei, und dass nach Vornahme der erforderlichen Abklärungen die Staatsanwaltschaft über das weitere Vorgehen gemäss Art. 318 ff. StPO zu entscheiden habe.
Am 31. Oktober 2014 stellte das Untersuchungsamt das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner wegen Sachentziehung, Amtsmissbrauchs und Nötigung (Versuch) erneut ein. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer am 14. Januar 2015 ab, soweit sie darauf eintrat.
Der Beschwerdeführer wendet sich am 5. März und 16. Mai 2015 mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.
2.
Der Beschwerdeführer verlangt den Ausstand von Bundesrichter Oberholzer. Da dieser am vorliegenden Verfahren nicht mitwirkt, ist das Gesuch gegenstandslos.
3.
Der Beschwerdeführer verlangt, es sei ihm eine Nachfrist anzusetzen, damit er die Beschwerdeschrift von einem patentierten Rechtsanwalt ergänzen lassen könne. Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde in Strafsachen beträgt 30 Tage (Art. 100 Abs. 1 BGG). Gesetzlich bestimmte Fristen können nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Eine Ergänzung der Beschwerdebegründung innert Nachfrist ist nur auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen vorgesehen (Art. 43 BGG). Die vorliegende Beschwerde betrifft indes nicht das Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Das Gesuch um Einräumung einer Nachfrist zur Begründung/Ergänzung des Rechtsmittels ist daher abzuweisen. Im Übrigen hat das Nachreichen einer ergänzenden Beschwerdebegründung ausserhalb einer Replik innerhalb der Rechtsmittelfrist zu erfolgen (Urteil 6B_1039/2014 vom 24. März 2015 E. 4.3 mit Hinweis). Der vorinstanzliche Entscheid wurde dem Beschwerdeführer am 3. Februar 2015 eröffnet. Die 30-tägige Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG begann folglich am 4. Februar 2015 zu laufen und endete am 5. März 2015. Eine Beschwerdeergänzung nach Ablauf der Beschwerdefrist ist nicht zulässig. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2015 erweist sich als verspätet.
4.
Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist der Privatkläger zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann. Als Zivilansprüche im Sinne der genannten Bestimmung gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (Urteil 6B_530/2013 vom 13. September 2013).
Der Beschwerdegegner ist Leiter des Sozialamtes einer Gemeinde in St. Gallen. Nach Art. 1 Abs. 1 des Verantwortlichkeitsgesetzes (VG) vom 7. Dezember 1959 (Stand 1. Januar 2013) des Kantons St. Gallen haften [...] die Gemeinden für den Schaden, den ihre Behörden und Angestellten in Ausübung dienstlicher Verrichtungen Dritten widerrechtlich zufügen. Nach Art. 1 Abs. 3 VG/SG kann der Geschädigte Behördemitglieder und Angestellte nicht unmittelbar belangen. Ein Zivilanspruch gegen den Beschwerdegegner steht dem Beschwerdeführer folglich nicht zu. Zur vorliegenden Beschwerde ist er daher grundsätzlich nicht legitimiert.
5.
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich in diesem Fall aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Als Partei des kantonalen Verfahrens kann der Privatkläger die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Unzulässig sind allerdings Rügen, deren Beurteilung von der Prüfung in der Sache nicht getrennt werden kann und die im Ergebnis auf eine materielle Prüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen (BGE 136 IV 41 E. 1.4).
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dazu ist er grundsätzlich berechtigt. Seine Kritik geht indes an der Sache vorbei bzw. ist unzulässig. Die Frage der Rechtmässigkeit der anwendbaren Nothilferegelung ist - worauf die Vorinstanz zutreffend hinweist (Entscheid, S. 5) - nicht im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern auf dem verwaltungsrechtlichen Weg zu beurteilen. Im Übrigen zielen die Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere sein Einwand, der angefochtene Entscheid unterlaufe sein Recht, dass ein Strafgericht seine Strafklage prüfe, auf eine inhaltliche Überprüfung der Angelegenheit, die das Bundesgericht nicht vornehmen darf.
6.
Auf die Beschwerde ist damit im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ausnahmsweise kann auf eine Kostenauflage verzichtet werden. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Juni 2015
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill