BGer 2C_1085/2014
 
BGer 2C_1085/2014 vom 04.06.2015
{T 0/2}
2C_1085/2014
 
Urteil vom 4. Juni 2015
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Hänni.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Matthias Aeberli,
gegen
Migrationsamt des Kantons Solothurn.
Gegenstand
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 30. Oktober 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Der Beschwerdeführer ist mit einer polnischen Staatsbürgerin verheiratet. Er kann sich auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) berufen, welches ihm einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung einräumt (vgl. Art. 7 lit. d FZA; Art. 3 Anhang I FZA). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) ist einzutreten.
1.2. Das Bundesgericht prüft die Anwendung von Bundesrecht mit Einschluss des Verfassungs- und Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b BGG) frei. Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Angesichts von Art. 42 Abs. 2 BGG entbindet dies die Parteien indessen nicht davon, Mängel zu rügen, die nicht offensichtlich sind (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 140 III 86 E. 2 S. 88; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur dann berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
2.
2.1. Mit Blick auf Art. 2 FZA darf für Ehegatten von Staatsangehörigen von Vertragsparteien keine strengere Regelung zur Anwendung kommen, als sie für ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern gilt (BGE 130 II 177 E. 3.3.2 S. 181; Urteil 2C_221/2012 vom 19. Juni 2012 E. 3.2). Eine ausländische Person, die in einer ehelichen Gemeinschaft mit einem Schweizer Bürger lebt, hat gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AuG Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Anspruch steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass keine Widerrufsgründe nach Art. 63 AuG vorliegen (Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG). Einen derartigen Widerrufsgrund setzt eine ausländische Person unter anderem dann, wenn sie "zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde" (Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG) oder im Bewilligungsverfahren falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat (Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. a AuG). Als längerfristig im Sinne von Art. 62 lit. b AuG gilt eine Freiheitsstrafe, wenn ihre Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.).
2.2. Liegt ein Widerrufsgrund vor, so ist zu prüfen, ob diese Massnahme bzw. die Nichtverlängerung der Bewilligung auch als verhältnismässig erscheint (vgl. Art. 96 AuG), wobei namentlich die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz, der Integrationsgrad sowie die dem Betroffenen und seiner Familie im Falle einer Rückkehr drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind. Die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung ergibt sich auch aus Art. 8 Ziff. 2 EMRK: Bei der Interessenabwägung im Rahmen dieser Bestimmung sind namentlich die Schwere eines allenfalls begangenen Delikts, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während dieser Periode, die Auswirkungen auf die primär betroffene Person sowie deren familiäre Situation zu berücksichtigen (BGE 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381 mit Hinweisen; Urteil des EGMR 
 
3.
3.1. Durch die Verurteilung zu einer 33-monatigen Freiheitsstrafe liegt beim Beschwerdeführer ein Widerrufsgrund im Sinne von Art. 62 lit. b AuG vor. Dieser bringt jedoch vor, der mit der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung verbundene Eingriff in sein Familienleben sei unverhältnismässig. Bei einer Gesamtbetrachtung lasse sich kein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner Wegweisung feststellen.
3.2. Ausgangspunkt und Massstab der fremdenpolizeilichen Güterabwägung ist in erster Linie die Schwere des Verschuldens, das sich in der Dauer der Freiheitsstrafe niederschlägt (Urteil 2C_295/2009 vom 25. September 2009 E. 5.3, nicht publ. in: BGE 135 II 377 ff.; BGE 129 II 215 E. 3.1 S 316). Die Vorinstanz ist aufgrund des Strafmasses von 33 Monaten Freiheitsstrafe in zulässiger Weise von einem sehr erheblichen Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen. Die Verurteilung vom 30. April 2013 erfolgte wegen erheblichen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz, was generell als schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Gesundheit zu bewerten ist (vgl. BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34; 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20; 129 II 215 E. 6 und 7 S. 220 ff.; 125 II 521 E. 4a S. 527 mit Hinweisen; vgl. die EGMR-Urteile 
3.2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Straftat sei "nicht zu beschönigen"; gleichwohl sei er in der Schweiz bestens integriert. So bestätige das Temporärbüro, bei dem er als Hilfsarbeiter in der Zeit vom 19. Dezember 2011 bis zum 16. Juli 2012 angestellt war, dass er seine Arbeit zur vollen Zufriedenheit ausgeführt habe. Nach der Entlassung aus der Haft habe er innerhalb von nur wenigen Wochen eine neue Arbeitsstelle gefunden, und seit Ende November 2013 arbeite er im Rahmen einer Festanstellung. Sodann sei er in einen Fussballverein (FC U.________) integriert und habe einen Deutschkurs besucht. Er habe nie Sozialhilfegelder bezogen und plane die Zukunft mit seiner Frau in der Schweiz.
3.2.2. Die Bemühungen des Beschwerdeführers um Integration sind ihm zweifellos zugute zu halten. Sie sind indessen den - vorliegend gewichtigen - Fernhalteinteressen gegenüberzustellen: Durch den Handel mit Heroin und Kokain hat der Beschwerdeführer eine unbestimmte Anzahl von Personen abstrakt gefährdet (Urteile 2C_843/2014 vom 18. März 2015 E. 3.2.2; 2C_318/2014 vom 27. November 2014 E. 3.2.1; 2C_1033/2013 vom 4. Juli 2014 E. 4.2; 2C_963/2012 vom 1. April 2013 E. 5.1.2). Es ist kein Zusammenhang mit einer eigenen Betäubungsmittelabhängigkeit festgestellt; die Delikte beging er aus rein pekuniären Interessen. Eine in Deutschland ausgesprochene vierjährige Freiheitsstrafe wegen Heroinhandels konnte ihn nicht vor weiterer Delinquenz abhalten. Die Vorinstanz durfte vor diesem Hintergrund von einem sehr gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers ausgehen (BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 126 betr. Art. 67 Abs. 3 AuG; Urteile 2C_614/2014 vom 5. Mai 2015 E. 4.2; 2C_743/2014 vom 13. Februar 2015 E. 3.2; 2C_815/2013 vom 26. Mai 2014 E. 3.1). Seine Vorbringen zu einer partiellen Integration vermögen die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts nicht entscheidwesentlich infrage zu stellen.
3.2.3. Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Gattin ist intakt und als erhebliches privates Interesse am Verbleib in der Schweiz zu gewichten (vgl. BGE 139 I 330 E. 2.1 S. 336; 135 I 143 E. 1.3.2 S. 146 mit Hinweis; Urteile 2C_1119/2012 vom 4. Juli 2013 E. 6.1; 2C_288/2013 vom 27. Juni 2013 E. 2.5.1). Indessen war dem Beschwerdeführer diese familiäre Bindung nicht Anlass genug, um von einer erneuten schweren  Delinquenz im Betäubungsmittelbereich abzusehen (vgl. Urteile 2C_743/2014 vom 13. Februar 2015 E. 3.3; 2C_395/2014 vom 11. Dezember 2014 E. 4.1; 2C_817/2011 vom 13. März 2012 E. 3.2.3). Für die Ehefrau wäre eine Mit-Ausreise in den Kosovo zumutbar, nachdem sie dort nach eigenen Angaben bereits mehrere Jahre gelebt hatte. Der Beschwerdeführer macht schliesslich keine spezifischen Hindernisse für eine Rückkehr in seine Heimat geltend, und solche sind auch nicht ersichtlich. Er reiste erst mit 36 Jahren in die Schweiz ein und hielt sich hier (bis zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils) gut drei Jahre auf. Er ist mit den sozio-kulturellen Gegebenheiten in seiner Heimat bestens vertraut und dürfte, wie dies bereits das Migrationsamt unwidersprochen feststellte, im Kosovo auch über familiäre und freundschaftliche Beziehungen verfügen.
3.3. Es bleibt - von Amtes wegen (vgl. hiervor E. 1.2) - zu prüfen, ob die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung mit Art. 5 Anhang I FZA vereinbar ist.
3.3.1. Der Beschwerdeführer ist mit einer polnischen Staatsbürgerin verheiratet. Gemäss Art. 7 lit. d FZA und Art. 3 Abs. 1, 2 und 4 Anhang I FZA hat eine ausländische Person, die mit einem Staatsangehörigen einer Vertragspartei verheiratet ist und mit ihm zusammen wohnt, grundsätzlich Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit einer gleich langen Gültigkeitsdauer wie der Ehegatte. Dieser Anspruch gilt indessen nicht absolut. Er kann namentlich eingeschränkt werden, wenn von der ausländischen Person eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit ausgeht (Art. 5 Anhang I FZA). Dazu wird auf die Richtlinien 64/221/EWG (ABl. Nr. 56, 1964, S. 850), 72/194/EWG (ABl. Nr. L 121, 1972, S. 32) und 75/35/EWG (ABl. Nr. L 14, 1975, S. 10) Bezug genommen.
3.3.2. Drogenhandel stellt nach der Rechtsprechung eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 5 Anhang I FZA  dar und kann eine Wegweisung auch im Bereich der Freizügigkeitsrechte rechtfertigen (vgl. Urteil des EuGH vom 23. November 2010 C-145/09 
 
4.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Juni 2015
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Die Gerichtsschreiberin: Hänni