BGer 1B_29/2015
 
BGer 1B_29/2015 vom 16.06.2015
{T 0/2}
1B_29/2015
 
Urteil vom 16. Juni 2015
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Härri.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________ Limited,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thiemo Sturny,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Lucius Richard Blattner,
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich,
Weststrasse 70, Postfach 9717, 8036 Zürich.
Gegenstand
Strafverfahren; Parteistellung,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 5. Dezember 2014 des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer.
 
Sachverhalt:
A. Am 28. Juni 2013 erstattete die A.________ Ltd. Strafanzeige gegen B.________ wegen des Verdachts der Veruntreuung, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und gegebenenfalls weiterer Delikte.
Zusammengefasst brachte die A.________ Ltd. vor, sie habe 10 Millionen Euro in einen Fonds, die C.________ Ltd. mit Sitz auf den britischen Jungferninseln (im Folgenden: Fonds), investiert. Verantwortlich für den Fonds sei B.________ gewesen. Im Jahr 2012 habe die A.________ Ltd. ihr Investment in den Fonds gekündigt. B.________ habe jedoch keine Rückzahlungen vorgenommen. Es bestehe der Verdacht, dass sich dieser Vermögen des Fonds unrechtmässig angeeignet habe.
B. Mit Verfügung vom 20. Mai 2014 gestand die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich der A.________ Ltd. keine Parteistellung zu und verweigerte ihr deshalb die Ausübung von Parteirechten, insbesondere das Teilnahme- und Akteneinsichtsrecht.
Die von der A.________ Ltd. hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) am 5. Dezember 2014 ab.
C. Die A.________ Ltd. führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und festzustellen, dass sie als Privatklägerin zuzulassen sei. Eventualiter sei der Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen.
D. Das Obergericht, die Staatsanwaltschaft und B.________ haben auf Vernehmlassung verzichtet.
 
Erwägungen:
1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben.
Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist somit nach Art. 80 BGG zulässig.
Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung von Parteirechten geltend, die ihr aufgrund der Strafprozessordnung zustehen. Sie ist insoweit gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5 mit Hinweisen).
Der angefochtene Entscheid schliesst für die Beschwerdeführerin das Verfahren ab. Er ist deshalb als Endentscheid nach Art. 90 BGG anzusehen (BGE 139 IV 310 E. 1 S. 312).
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
 
2.
2.1. Partei ist namentlich die Privatklägerschaft (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin oder -kläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO).
Die Vorinstanz ist der Auffassung, die Beschwerdeführerin sei durch die dem Beschwerdegegner vorgeworfenen Straftaten lediglich mittelbar in ihren Vermögensrechten verletzt worden, weshalb ihr keine Parteistellung zukomme. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dies verletze Bundesrecht; sie sei unmittelbar geschädigt.
2.2. Gemäss Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB wird wegen Veruntreuung bestraft, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet.
Nach Art. 158 Ziff. 1 StGB macht sich der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig, wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrags oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird.
 
2.3.
2.3.1. Die Beschwerdeführerin wirft dem Beschwerdegegner in erster Linie eine Veruntreuung vor.
2.3.2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Beschwerdeführerin in den Fonds investierten Vermögenswerte dem Beschwerdegegner anvertraut waren. Die Beschwerdeführerin überwies das investierte Kapital dem Fonds, dem unstreitig eine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Dafür erhielt die Beschwerdeführerin Anteile ("shares") am Fonds. Hätte der Beschwerdegegner, wie die Beschwerdeführerin mutmasst, Fondsvermögen in seinem Nutzen verwendet, wäre dadurch unmittelbar der Fonds geschädigt worden. Die Beschwerdeführerin wäre lediglich mittelbar geschädigt worden. Dies entspricht in Konstellationen wie hier der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 140 IV 155 E. 3.3.1 S. 158; Urteile 6B_680/2013 vom 6. November 2013 E. 3; 1B_294/2013 vom 24. September 2013 E. 2.1; je mit Hinweisen). Auf diese zurückzukommen besteht kein Anlass.
2.3.3. Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Beschwerdegegner habe ihr einen unmittelbaren Schaden zugefügt, indem er ihr Informationen zum Stand des Vermögens des Fonds vorenthalten habe. Dadurch habe die Beschwerdeführerin ihre Anteile nicht mehr beziffern können, weshalb sie diese - wenn überhaupt - nicht mehr zum wirklichen Wert habe veräussern können.
Es ist nicht erkennbar und die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern der Beschwerdegegner einzig dadurch, dass er ihr Informationen vorenthalten haben soll, eine Veruntreuung begangen haben könnte. Die Erfüllung des Tatbestandes setzt die Absicht des Täters voraus, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern (BGE 118 IV 32 E. 2a S. 34 mit Hinweis; MARCEL ALEXANDER NIGGLI/CHRISTOF RIEDO, in: Strafrecht II, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 113 zu Art. 138 StGB). Es ist nicht auszumachen, inwiefern die unrechtmässige Bereicherungsabsicht erfüllt sein könnte, wenn der Täter einem Investor lediglich Informationen vorenthält, ohne anvertraute Vermögenswerte in seinem oder eines anderen Nutzen zu verwenden.
2.3.4. Soweit eine Veruntreuung überhaupt in Betracht kommt, ist die Beschwerdeführerin demnach lediglich mittelbar geschädigt.
2.3.5. Dasselbe gilt für den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Nach der Strafanzeige war der Beschwerdegegner für den Fonds verantwortlich. Er war somit nach Art. 158 Ziff. 1 StGB durch Rechtsgeschäft damit betraut, Vermögen eines andern zu verwalten. Dieser "andere" war der Fonds. Hätte der Beschwerdegegner unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt, dass der Fonds am Vermögen geschädigt wird, hätte wiederum dieser einen unmittelbaren Schaden erlitten. Die Beschwerdeführerin wäre lediglich mittelbar geschädigt gewesen.
2.4. Wenn die Vorinstanz die unmittelbare Schädigung der Beschwerdeführerin verneint und ihr daher keine Parteistellung zuerkannt hat, verletzt das demnach kein Bundesrecht.
3. Unbehelflich ist die Beschwerde ebenso, soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Vorinstanz habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, indem sie ihren Entscheid ungenügend begründet habe. Die Vorinstanz hat ihren Entscheid eingehend und nachvollziehbar begründet. Die Beschwerdeführerin war denn auch ohne Weiteres in der Lage, diesen sachgerecht anzufechten. Die Vorinstanz musste sich nicht mit jedem tatsächlichen oder rechtlichen Einwand auseinandersetzen. Wenn sie sich auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränkt hat, ist das nicht zu beanstanden (BGE 139 IV 179 E. 2.2 S. 183 mit Hinweisen).
4. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juni 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Härri