BGer 2C_929/2014 |
BGer 2C_929/2014 vom 10.08.2015 |
{T 0/2}
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2C_929/2014
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Urteil vom 10. August 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Haag,
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Gerichtsschreiberin Mayhall.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Kantonales Steueramt Aargau, Rechtsdienst,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Kantons- und Gemeindesteuern 2010,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 28. August 2014.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Der Beschwerdeführer hat frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz auf dem Gebiet der direkten Kantons- und Gemeindesteuern. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 73 StHG). Sie beschränkt sich auf den Gegenstand der direkten Kantons- und Gemeindesteuern und erfasst die direkte Bundessteuer derselben Steuerperiode nicht.
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1.2. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist durch das angefochtene Urteil besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung. Er ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Als spezialgesetzliche Bestimmung ermöglicht Art. 73 StHG dem Bundesgericht nicht nur die Prüfung der Vereinbarkeit der kantonalen Gesetzgebung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes mit freier Kognition (wozu es sich bereits auf Art. 95 BGG stützen könnte), sondern, zur Herstellung der Konkordanz mit dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (SR 642.11; DBG), auch die freie Überprüfung der Auslegung und Anwendung von harmonisiertem kantonalem Gesetzesrecht. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_693/2014 / 2C_694/2014 vom 4. März 2015 E. 2.1; 2C_153/2014 vom 4. September 2014 E. 1.2).
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2. |
2.1. Streitgegenstand im Verfahren der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist das Rechtsverhältnis, welches - im Rahmen des durch das
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2.2. Die Definition des Streitgegenstandes über den Beschwerdeantrag ist Ausfluss der Dispositionsmaxime. Spiegelbildlich gebietet die Dispositionsmaxime, dass die Verwaltungsjustizbehörde nicht mehr und nichts anderes zuspricht, als die beschwerdeführende Partei verlangt, und zugleich nicht weniger, als die massgebende Partei anerkannt hat. Nach der bundesgerichtlichen Praxis kann begrifflich kein ultra petita vorliegen, wenn ein Gericht bei Rechtsanwendung von Amtes wegen den eingeklagten Anspruch abweichend von den Begründungen der Partei würdigt und es sich dabei (noch) im Rahmen der Rechtsbegehren bewegt (Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 2.2.5).
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2.3. Nicht zum Streitgegenstand zählt jedoch die rechtliche Begründung der Verfügung. Bezogen auf verfügungsmässig festgesetzte Geldleistungen bedeutet dies, dass im Falle einer Anfechtung Streitgegenstand grundsätzlich der vom Rechtsunterworfenen geschuldete oder von der öffentlichen Hand zu erbringende
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2.4. Im Steuerrecht wird mit der Veranlagungsverfügung Bestand und Umfang der Steuerforderung, mithin des Geldbetrages, welcher der Private dem Gemeinwesen schuldet, festgesetzt (Blumenstein/Locher, System des Schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl. 2002, S. 391). Das Dispositiv der Veranlagungsverfügung enthält jedoch nicht nur den geschuldeten Steuerbetrag, sondern auch die
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2.5. Aus der Beschwerde des nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers geht mit hinreichender Klarheit hervor, dass er sich gegen eine Kürzung seiner für die Staats- und Gemeindesteuer der Steuerperiode 2010 deklarierten Vermögensverwaltungskosten wendet. Als Begründungselement ist diese Position nicht selbstständig anfechtbar. Wie sich jedoch aus der Beschwerdebegründung ergibt, strebt der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde eine Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage (bzw. des Steuerfaktors, vgl. dazu REICH, Steuerrecht, S. 121) Einkommen an. Gegenstand des vorliegenden bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ist damit der letztlich durch das angefochtene Urteil ersetzte und inhaltlich (mit-) angefochtene (Devolutiveffekt, BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144) Steuerfaktor Einkommen der Veranlagungsverfügung 2010.
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3. |
3.1. Der Beschwerdeführer ist ein langjähriger und mittlerweile pensionierter Bankangestellter. In seiner Steuererklärung über die direkte Kantons- und Gemeindesteuer der Steuerperiode 2010 hat er seine Dividendeneinkünfte unter Ziff. 241 deklariert und mit dem Zusatz "selbstst. Tätigkeit" versehen. Die Gewinne aus Erwerb und Verkauf von Titeln (vgl. Auszug Swissquote Konto) wurden als nicht steuerbarer Ertrag deklariert. Die kantonalen Rechtsmittelinstanzen haben die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit diesen Einkünften rechtlich nicht ausdrücklich qualifiziert, die steuerliche Abzugsfähigkeit der dafür geltend gemachten Gewinnungskosten jedoch nach den Bestimmungen für die Abzüge von
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3.2. Die steuerliche Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen hängt grundlegend von der
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3.3. Die
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3.3.1. Die zur Ausübung der
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3.3.2. Erst und nur wenn feststeht, dass Einkünfte aus Wertschriften
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3.3.3. Liegt hingegen kein steuerfreier Kapitalgewinn, sondern ein
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4. |
4.1. Die Abgrenzung des
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4.2. Aus der Pflicht, eine Steuererklärung abzugeben (Art. 42 StHG; § 180 StG/AG), fliesst die Vorgabe an den Steuerpflichtigen, den rechtserheblichen Sachverhalt in einer Weise darzulegen, die der Steuerbehörde die Überprüfung der vom Pflichtigen getroffenen rechtlichen Würdigung ermöglicht ( ZWEIFEL, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl. 2002, N. 22 zu Art. 42 StHG). Eine Überprüfung des Sachverhalts und der Steuerfaktoren ist im gemischten Veranlagungsverfahren angezeigt, wenn die Steuerbehörde über Anhaltspunkte für deren materielle Unrichtigkeit verfügt, und kann unterbleiben, wenn die Sachverhaltsdarstellung vollständig und widerspruchsfrei ist sowie auf Grund der übrigen aktenkundigen Umstände und der Lebenserfahrung nicht als unglaubwürdig erscheint (Art. 46 StHG; § 190 Abs. 1 StG/AG; BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 417; ZWEIFEL, Verfahrensgrundsätze und Veranlagungsverfahren, in: ASA 61 S. 432 f.). Die kantonale Rechtsmittelinstanz hat, soweit ersichtlich, die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Einkünften aus Wertschriften und Kapitalanlagen implizit als
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4.3. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers bieten weder die Finanzkrise noch die Stützungskäufe der Schweizerischen Nationalbank oder andere Interventionen dieser Institution Anlass dazu, Dividendenerträge als steuerfreien Kapitalgewinn zu qualifizieren. Die Abgrenzung des steuerbaren Ertrags des Privatvermögens vom steuerfreien Kapitalgewinn ist, entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift, auch nicht gänzlich unpraktikabel, hat der Beschwerdeführer diese doch auch seiner Steuererklärung für die Steuerperiode 2010 zu Grunde gelegt und lediglich die Dividendeneinkünfte, nicht jedoch seine Gewinne aus Erwerb und Veräusserung von Titeln (vgl. Auszug Konto Swissquote), als steuerbaren Vermögensertrag deklariert.
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5. |
5.1. Gemäss § 40 Abs. 1 lit. k StG/AG in der für die Steuerperiode 2010 massgeblichen Fassung können freiwillige Leistungen von Geld und übrigen Vermögenswerten an Bund, Kantone, Gemeinden und ihre Anstalten, an die aargauische Landeskirche und an andere juristische Personen mit Sitz in der Schweiz, die im Hinblick auf öffentliche und gemeinnützige Zwecke gemäss § 14 Abs. 1 lit. c StG/AG von der Steuerpflicht befreit sind, von den Einkünften in Abzug gebracht werden, wenn sie in der massgeblichen Steuerperiode Fr. 100.-- erreichen. Diese Regelung dient der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 lit. i StHG und weist grundsätzlich denselben Inhalt wie Art. 33a DBG auf ( AESCHBACH, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Aufl. 2015, N. 1 zu § 40 StG/AG).
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5.2. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, erfolgte die Bezahlung von Schulgeld an eine Privatschule als Entgelt für den Schulbesuch der Tochter des Beschwerdeführers. Eine freiwillige Leistung im Sinne von § 40 Abs. 1 lit. k StG/AG liegt damit nicht vor (für Schulgeld ausdrücklich Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N. 12 zu Art. 33a DBG). Damit kann in sachverhaltsmässiger Hinsicht offen bleiben, ob die betreffende Privatschule auf Gesuch hin von der Steuer befreit wurde (vgl. dazu Urteil 2C_143/2013 / 2C_144/2013 vom 16. August 2013 E. 3 ff.) und somit überhaupt von einer Leistung im Sinne von § 40 Abs. 1 lit. k StG/AG an eine steuerbefreite Organisation ausgegangen werden könnte. Das angefochtene vorinstanzliche Urteil ist in diesem Punkt zu bestätigen.
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6. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 10. August 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
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