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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
9C_264/2015
Urteil vom 12. August 2015
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Rechtsanwältin Dr. Sabine Baumann Wey,
Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zug,
Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Altersrente; Betreuungsgutschriften),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Februar 2015.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 6. August 2014 sprach die Ausgleichskasse Zug A.________ eine Altersrente der AHV von monatlich Fr. 1'582.- ab 1. Juni 2012 und Fr. 1'586.- ab 1. Januar 2013 zu. Dieser beantragte in seiner Einsprache vom 5. September 2014 die "Berücksichtigung meiner Betreuungsleistungen für meine bald .... jährige Mutter". Weiter führte er aus, er werde sofort die erhaltene Anmeldung für die Hilflosenentschädigung ausfüllen und auch Berichte und Unterlagen von Spital, Pro Senectute und Spitex beschaffen und zur Prüfung vorlegen. Mit Einspracheentscheid vom 9. Oktober 2014 bestätigte die Ausgleichskasse ihre Verfügung vom 6. August 2014.
B.
Die Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, unter Berücksichtigung der lite pendente eingereichten Unterlagen (u.a. Verfügung der Ausgleichskasse Schreiner vom 16. Januar 2015 betreffend den Anspruch seiner Mutter auf eine Hilflosenentschädigung der AHV für Hilflosigkeit mittleren Grades für die Zeit ab 1. Oktober 2013) mit Entscheid vom 26. Februar 2015 ab, soweit darauf einzutreten war.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 26. Februar 2015 sei aufzuheben und die Sache zu weiteren Abklärungen und zu neuer Verfügung über seinen Altersrentenanspruch an die Ausgleichskasse zurückzuweisen.
Die IV-Stelle Zug und das kantonale Verwaltungsgericht beantragen Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
In Bezug auf die Streitgegenstand bildende Altersrente der AHV stellt sich in erster Linie die Frage, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Anrechnung von Betreuungsgutschriften nach Art. 29septies Abs. 1 AHVG hat. Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz geht es um den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011.
2.
Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, aufgrund der Aktenlage bei Erlass des Einspracheentscheids vom 9. Oktober 2014 habe die Beschwerdegegnerin davon ausgehen dürfen, die Voraussetzung für den Anspruch des Beschwerdeführers auf Anrechnung von Betreuungsgutschriften, dass seine mit ihm zusammen wohnende Mutter einen "anerkannten Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV (...) für mindestens mittlere Hilflosigkeit" hat (Art. 29septies Abs. 1 AHVG), sei nicht erfüllt. Es habe in diesem Zeitpunkt nicht den geringsten Anhaltspunkt für die geforderte Hilflosigkeit bzw. den geforderten Entschädigungsanspruch gegeben. Die bisherige Nichtberücksichtigung von Betreuungsgutschriften bzw. der angefochtene Einspracheentscheid gälten somit als korrekt. Eine teilweise Anrechnung solcher Gutschriften für die Jahre 2009 bis 2011 sei aufgrund der lite pendente eingereichten Unterlagen indessen noch immer möglich, was definitiv zu prüfen allerdings Sache der Beschwerdegegnerin sei.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer bringt richtig vor, dass bei Nichtanfechtung des vorinstanzlichen Entscheids (oder im Falle der Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) der Einspracheentscheid vom 9. Oktober 2014 und damit auch die Berechnung der Altersrente der AHV in Rechtskraft erwüchsen (vgl. BGE 125 V 413 E. 2b S. 416). Darauf könnte im Hinblick auf die nachträgliche Anrechnung von Betreuungsgutschriften, die von der Vorinstanz ausdrücklich als nicht ausgeschlossen bezeichnet wurde, lediglich unter dem Titel der prozessualen Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG zurückgekommen werden. Die diesbezüglichen Voraussetzungen (vgl. dazu Urteil 8C_334/2013 vom 15. November 2013 E. 3.2 und dortige Hinweise, in: ARV 2013 S. 356) könnten indessen nicht als gegeben betrachtet werden. Der angefochten Entscheid leidet somit an einem inneren Widerspruch, dem eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und damit eine Bundesrechtsverletzung (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 2C_647/2013 vom 1. Mai 2014 E. 2.4) zugrundeliegt.
3.2.
3.2.1. Im Sozialversicherungsverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz. Danach haben der Versicherungsträger oder das Durchführungsorgan und im Beschwerdefall das kantonale Versicherungsgericht von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Die Versicherten resp. die Parteien trifft eine Mitwirkungspflicht (Art. 43 Abs. 1 ATSG und Art. 61 lit. c ATSG; BGE 136 V 376 E. 4.1.1 S. 377; 110 V 48 E. 4a S. 52). In diesem Sinne rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 43 und 273; Urteil 9C_238/2015 vom 6. Juli 2015 E. 3.2.1). Dazu zählen vorliegend alle Umstände, die für den Anspruch der Mutter des Beschwerdeführers auf eine Hilflosenentschädigung der AHV für mittlere oder schwere Hilflosigkeit (Art. 29septies Abs. 1 und Art. 43bis Abs. 1 AHVG, Art. 42 Abs. 2 IVG und Art. 37 Abs. 1 und 2 IVV i.V.m. Art. 43bis Abs. 5 AHVG) in den Jahren 2009 bis 2011 von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nicht ein tatsächlicher Bezug von Hilflosenentschädigung erforderlich ist (BGE 127 V 113 E. 3a S. 116; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts H 60/02 vom 30. November 2004 E. 6.3, in: SVR 2005 AHV Nr. 14 S. 45). Es genügt, dass im fraglichen Zeitraum Anspruch bestünde, d.h. insbesondere eine Hilflosigkeit mindestens mittleren Grades erwiesen ist oder als erstellt gelten kann, jedoch die betreute Person etwa wegen verspäteter Anmeldung keine Entschädigung beziehen kann. Offen ist, ob der Anspruch in einem Verwaltungsverfahren durch die insoweit zuständige IV-Stelle (Art. 43bis Abs. 5 Satz 2 und 3 AHVG, Art. 69quater Abs. 1 AHVV) festgestellt worden sein muss (BGE 126 V 435 E. 4b S. 441 f.).
3.2.2. Der Beschwerdeführer hatte bereits in seiner Einsprache vom 5. September 2014 gegen die Verfügung vom 6. August 2014 beantragt, bei der Berechnung der Altersrente der AHV seien (auch) seine Betreuungsleistungen für seine bald .... -jährige Mutter zu berücksichtigen. Weiter führte er aus, er werde sofort die - bei der Vorsprache am Schalter am 1. September erhaltene - Anmeldung für die Hilflosenentschädigung ausfüllen und auch Berichte und Unterlagen von Spital, Pro Senectute und Spitex beschaffen und zur Prüfung vorlegen. Klar erkennbar wollte somit der Beschwerdeführer zusätzlich zu den Erwerbseinkommen auch Betreuungsgutschriften nach Art. 29septies Abs. 1 AHVG angerechnet haben und für die Beurteilung sachdienliche Belege einreichen. Unter diesen Umständen hätte die Beschwerdegegnerin mit dem Erlass des Einspracheentscheides zuwarten und, wenn sie nicht selber diesbezügliche Abklärungen vornehmen wollte, die für die Bemessung der Hilflosigkeit der Mutter des Einsprechers zuständige IV-Stelle (Art. 43bis Abs. 5 Satz 2 AHVG) darum ersuchen müssen, den Anspruch auf Hilflosenentschädigung, soweit möglich, auch ausserhalb der vom Gesetz aufgestellten zeitlichen Schranken (vgl. insbesondere Art. 29septies Abs. 5 AHVG) zu prüfen. Davon durfte sie nicht absehen und am 9. Oktober 2014 über die Einsprache entscheiden, weil bis zu diesem Zeitpunkt die Mutter bzw. in ihrem Namen der Beschwerdeführer das Anmeldeformular noch nicht eingereicht hatte. Die Anmeldung erfolgte am 24. Oktober 2014. Zumindest wäre die Beschwerdegegnerin nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) verpflichtet gewesen, zunächst den Erlass des Einspracheentscheids in Aussicht zu stellen, wenn die Anmeldung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt sein sollte.
3.2.3. Das Verhalten der Beschwerdegegnerin verletzt den Untersuchungsgrundsatz. Die Feststellung der Vorinstanz, bei Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids habe nicht der geringste Anhaltspunkt für eine im Sinne von Art. 29septies Abs. 1 AHVG relevante Hilflosigkeit in den Jahren 2009 bis 2011 bestanden (vorne E. 3), beruht somit auf einem unvollständig festgestellten Sachverhalt, welcher daher für das Bundesgericht nicht verbindlich ist (Urteil 8C_623/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 1.3 mit Hinweisen). Die Akten sind indessen nicht spruchreif und daher die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die Voraussetzung für die Anrechnung von Betreuungsgutschriften für 2009 bis 2011, dass die Mutter des Beschwerdeführers Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV für mindestens mittlere Hilflosigkeit hat (Art. 29septies Abs. 1 AHVG), prüfe und dessen Altersrente neu festsetze. Die Beschwerde ist begründet.
4.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, vom 26. Februar 2015 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Zug vom 9. Oktober 2014 werden aufgehoben und die Sache zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an diese zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 12. August 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Glanzmann
Der Gerichtsschreiber: Fessler