BGer 2C_2/2015
 
BGer 2C_2/2015 vom 13.08.2015
{T 0/2}
2C_2/2015
 
Urteil vom 13. August 2015
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann, Haag,
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Atakan Özçelebi,
gegen
Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons
St. Gallen,
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. November 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).
1.2. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Einzutreten ist auf Beschwerden, die sich gegen eine Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung richten, sofern in vertretbarer Weise ein Anspruch auf eine Verlängerung geltend gemacht wird; ob der Anspruch besteht, ist Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteil 2C_575/2013 vom 7. Februar 2014 E. 1.1). Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine Wiedereingliederung in die sozialen Verhältnisse in ihrem Heimatstaat sei ihr als geschiedene Frau stark erschwert, weshalb ihr gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG ein Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung zukomme. Die Beschwerde ist zulässig und die Beschwerdeführerin dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist, vorbehältlich der Erfüllung der Rüge- und Begründungspflicht, einzutreten.
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
 
1.4.
1.4.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62).
1.4.2. Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt, beruht auch eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung auf einer Rechtsverletzung. Was 
1.4.3. Die dem Bundesgericht durch Art. 105 Abs. 2 BGG eingeräumte Befugnis, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, entbindet die Beschwerdeführerin nicht von ihrer Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288). Die Beschwerdeführerin muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
 
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf einen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG. Danach besteht der Bewilligungsanspruch fort, wenn "wichtige persönliche Gründe" einen weiteren Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz "erforderlich" machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 138 II 229 E. 3.1 S. 232 f.; 136 II 1 E. 5 S. 3 ff.) kann dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist etwa an geschiedene Frauen (mit Kindern) zu denken, welche in ein patriarchalisches Gesellschaftssystem zurückkehren und dort wegen ihres Status als Geschiedene mit Diskriminierungen oder Ächtungen rechnen müssen.
2.2. Unzutreffend ist, dass die Vorinstanz die Anwendbarkeit der nachehelichen Härtefallprüfung gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b und Art. 50 Abs. 2 AuG geprüft, die Anwendbarkeit der Norm jedoch ausgeschlossen habe. Die Vorinstanz führt aus, ob der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen bzw. zu verlängern sei, beurteile sich nach dieser Norm. Anschliessend folgen Ausführungen (rechtlicher Art) zur Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs (vgl. zur Terminologie TSCHANNEN/ ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, S. 216, 221 ff.) der "sozialen Wiedereingliederung" als wichtigem Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AuG. Ob hingegen der Tatbestand von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG in tatsächlicher Hinsicht erfüllt ist, hat die Vorinstanz nicht näher geprüft, sondern den rechtserheblichen und für den Verfahrensausgang massgeblichen Sachverhalt in diesem Punkt ohne Auseinandersetzung mit den pauschalen Vorbringen der Beschwerdeführerin zur gesellschaftlichen Lage von geschiedenen Frauen im Kosovo dahingehend festgestellt, es seien 
2.3. Nach Art. 12 VwVG gilt im Verwaltungsverfahren des Bundes der 
 
2.4.
2.4.1. Die Beschwerdeführerin hat in den kantonalen Verfahren nicht geltend gemacht, Opfer ehelicher Gewalt geworden zu sein. Im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren bringt sie vor, die Vorinstanz habe, indem sie die Gründe für die Einreichung einer Strafanzeige gegen ihren Ehemann nicht gebührend berücksichtigte, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 90 AuG verletzt.
2.4.2. Hingegen hat die Beschwerdeführerin gemäss der Aktenlage in sämtlichen kantonalen und insbesondere im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, im Falle einer Ausweisung müsste sie als geschiedene Frau in den Kosovo zurückkehren und würde dort auf Grund ihrer sozialen Stellung in diesem patriarchalischen Gesellschaftssystem keine Arbeitsstelle finden. Sie wäre somit auf die Unterstützung ihrer Herkunftsfamilie angewiesen, welche ihr auf Grund ihrer Scheidung versagt würde. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass ihre soziale Wiedereingliederung im Kosovo stark erschwert wäre und ihr eine Ausreise nicht zumutbar sei.
 
3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Angesichts dieses Verfahrensausgangs werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. August 2015
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall