BGer 2F_15/2015 |
BGer 2F_15/2015 vom 07.09.2015 |
{T 0/2}
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2F_15/2015
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Urteil vom 7. September 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiber Hugi Yar.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Gesuchstellerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Solothurn,
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Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn.
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Gegenstand
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Revisionsgesuch gegen das Urteil 2C_561/2015
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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vom 14. Juli 2015.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Mit Urteil vom 14. Juli 2015 wies das Bundesgericht die Beschwerde der türkischen Staatsangehörigen A.________ gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 26. Mai 2015 ab, soweit es darauf eintrat. Die kantonalen Behörden hatten es abgelehnt, die Aufenthaltsbewilligung von A.________ zu verlängern, da es sich bei der Beziehung zu ihrem niederlassungsberechtigten Gatten um eine sog. Umgehungsehe handle. Das Bundesgericht schützte diese Annahme aufgrund der gesamten Umstände (entsprechende, später widerrufene Aussage der Betroffenen selber; Alter der Beteiligten; lediglich telefonische Kontakte zum Kennenlernen; wiederholtes polizeiliches Nichtantreffen der Gatten in der ehelichen Wohnung; einschlägige Aussagen des Wohnungsnachbarn, Aussageverhalten der weiteren Beteiligten usw.). Die nicht hinreichend dargelegten gesundheitlichen Probleme von A.________ begründeten ihrerseits keine konkrete Gefährdung im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 10 Abs. 3 BV bzw. Art. 3 EMRK (Schutz vor unmenschlicher Behandlung). Das Vorliegen der begründeten Annahme, es bestehe eine Umgehungsehe, genüge ausländerrechtlich, die Bewilligung nicht mehr zu verlängern und den Verlängerungsanspruch dahin fallen zu lassen; eine strafrechtliche Verurteilung (vgl. Art. 118 AuG) sei hierfür nicht erforderlich.
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1.2. Das Migrationsamt des Kantons Solothurn hielt A.________ in der Folge an, das Land bis zum 12. September 2015 zu verlassen. Ihr Anwalt reagierte am 26. August 2015 mit einem "Revisionsgesuch" hierauf, worin er dem Migrationsamt beantragte, das bundesgerichtliche Urteil nicht zu vollziehen und seiner Klientin eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen; gegen ihren ersten Ehemann, der sich zurzeit im Gefängnis in Tschechien aufhalte, sei wegen "möglichem Rechtspflegedelikt" ein Strafverfahren einzuleiten. Allenfalls sei die Revisionseingabe an eine andere zuständige Behörde weiterzuleiten. Am 26. August 2015 übermittelte das Migrationsamt des Kantons Solothurn das entsprechende Schreiben dem Bundesgericht. Am 3. September 2015 forderte der Rechtsanwalt von A.________ das Bundesgericht auf, das Revisionsgesuch "zuständigkeitshalber" wieder an das Migrationsamt des Kantons Solothurn zurückzuweisen.
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2. |
2.1. Urteile des Bundesgerichts werden mit ihrer Ausfällung rechtskräftig; es steht kein ordentliches Rechtsmittel dagegen offen (vgl. Art. 61 BGG). Das Gericht kann auf seine Entscheide nur dann zurückkommen, wenn einer der vom Gesetz abschliessend genannten Revisionsgründe (Art. 121 ff. BGG) vorliegt. Das entsprechende Gesuch ist den Vorgaben von Art. 42 Abs. 2 BGG entsprechend zu begründen, d.h., der Gesuchsteller hat in gedrängter Form, sachbezogen und in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im zur Revision beantragten Entscheid darzutun, weshalb und inwiefern ein bestimmter Revisionsgrund vorliegt. Die Revision dient nicht dazu, um angebliche Rechtsfehler (fälschlicherweises Nichteintreten, Verweigerung des rechtlichen Gehörs usw.) zu korrigieren (BGE 122 II 17 E. 3 [noch zum OG]) oder in der ursprünglichen Rechtsschrift Verpasstes nachzuholen (vgl. die Urteile 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 2.1 und 4F_1/2007 vom 13. März 2007 E. 5.2; ELISABETH ESCHER, in: BSK Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 9 zu Art. 121 BGG).
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2.2. Das Bundesgericht hat im Urteil vom 14. Juli 2015 in Kenntnis sämtlicher Umstände über das Schicksal des ausländerrechtlichen Verlängerungsgesuchs definitiv befunden, soweit der Rechtsvertreter die Eingabe überhaupt gesetzeskonform begründet hatte. Es stellte dabei nicht nur auf die von der Beschwerdeführerin behaupteten Falschaussagen der Beteiligten ab, sondern legte seinem Urteil auch die weiteren, bereits vorbestandenen Hinweise und Indizien für das Vorliegen einer Umgehungsehe zugrunde. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern durch ein Verbrechen oder Vergehen im Sinne von Art. 123 Abs. 1 BGG auf das Urteil eingewirkt worden wäre. Selbst wenn alle drei Beteiligten Falschaussagen gemacht haben sollten, waren diese für das bundesgerichtliche Urteil - wie sich daraus ergibt - nicht kausal. Es liegt somit kein Revisionsgrund vor, zumal der Vertreter der Beschwerdeführerin sich darauf beschränkt, die verschiedenen Entscheide erneut mit den bereits in den ordentlichen Rechtsmittelverfahren berücksichtigten Vorbringen und dem Hinweis infrage zu stellen, dass er sich persönlich diesen "nicht anschliessen" könne; hierauf kommt es indessen nicht an. Eine Urteilskritik unter blosser Wiederholung der bereits definitiv beurteilten Einwände ist kein Anlass, auf ein bundesgerichtliches Urteil zurückzukommen.
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3. |
3.1. Der Widerruf bzw. die Nichtverlängerung der Bewilligung beendet die bisher bestehende Aufenthaltsberechtigung; die Massnahme wirkt damit pro futuro, indem ab der Rechtskraft des Entscheids die Bewilligung nicht mehr besteht und sich (abgesehen von einem bewilligungsfreien Aufenthalt gemäss Art. 10 Abs. 1 AuG) die weitere Anwesenheit in der Schweiz als unzulässig erweist. In der Folge kann grundsätzlich jederzeit ein neues Bewilligungsgesuch gestellt werden. Wird dieses bewilligt, so lebt damit nicht die frühere, rechtskräftig aufgehobene Berechtigung wieder auf, sondern es handelt sich um eine neue Beurteilung, die voraussetzt, dass im Zeitpunkt ihrer Erteilung die dannzumal geltenden Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind. Ein neues Gesuch darf wie ein Wiedererwägungsantrag nicht lediglich dazu dienen, rechtskräftige Entscheide immer wieder infrage zu stellen. Die Verwaltungsbehörde ist von Verfassungs wegen nur verpflichtet, auf ein solches einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich verändert haben oder falls der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand, falls gestützt darauf zudem ernsthaft eine andere Beurteilung geboten erscheinen könnte (BGE 136 II 177 E. 2 S. 181 ff.; Urteile 2D_7/2015 vom 14. Juli 2015 E. 2 und 2C_876/2013 vom 18. November 2013 E. 3.1).
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3.2. Dies ist hier nicht der Fall, nachdem die Einwände der Beschwerdeführerin im ausländerrechtlichen Verfahren berücksichtigt wurden; ob die Strafbehörden zu Unrecht nicht, zu langsam oder falsch tätig geworden sind, ändert an der Bewilligungssituation nichts. Das Handeln des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin ist - ohne relevante neue Gesichtspunkte - lediglich darauf ausgerichtet, das ausländerrechtliche (Vollzugs-) Verfahren in die Länge zu ziehen, was keinen Rechtsschutz verdient.
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4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 7. September 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
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