BGer 1B_263/2015 |
BGer 1B_263/2015 vom 16.09.2015 |
{T 0/2}
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1B_263/2015
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Urteil vom 16. September 2015 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Uebersax.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hübner,
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gegen
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B.________, Beschwerdegegner,
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Staatsanwaltschaft Baden.
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Gegenstand
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Strafverfahren; unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung,
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Beschwerde gegen die Verfügung vom 15. Juli 2015 des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiterin.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung des Antragstellers im Zusammenhang mit einem teilweisen Nichtanhandnahmeentscheid des Strafantrags wegen angeblicher Ehrverletzung. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Zwischenverfügung, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131 mit Hinweis). Der Rechtsweg folgt jenem der Hauptsache (Urteil des Bundesgerichts 2C_683/2014 vom 24. Oktober 2014 E. 2.2). Anwendbar ist hier demnach die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG. Der Beschwerdeführer ist als Gesuchsteller zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 81 BGG).
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1.2. Streitgegenstand bildet einzig die Frage der Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung und, obwohl dafür die Erfolgschancen in der Sache mitzubeurteilen sind (vgl. hinten E. 2.2), nicht diejenige, wieweit das Strafverfahren zu Recht nicht anhand genommen wurde. Da die Nichtanhandnahmeverfügung nicht nur die Strafverfolgung, sondern auch die adhäsionsweise Beurteilung einer eventuellen Zivilklage ausschliesst (Art. 310 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 320 Abs. 3 StPO), wirkt sich der angefochtene Entscheid auch auf die Kosten- und Verbeiständungsfrage im entsprechenden zivilrechtlichen Streitpunkt im Strafprozess aus.
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1.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht sowie von kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a und c BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG), was hier nicht geltend gemacht wird.
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2. |
2.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwieweit die von ihm zusätzlich angerufenen Bestimmungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 32 BV zum Strafverfahren, Art. 136 Abs. 1 StPO über die unentgeltliche Rechtspflege der Privatklägerschaft im Strafprozess sowie § 22 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 (SR 131.227; KV-AG) über die unentgeltliche Rechtspflege ihm im vorliegenden Zusammenhang einen weitergehenden Schutz bieten als der Anspruch von Art. 29 Abs. 3 BV. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.
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2.2. Die Vorinstanz lehnte das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit der gestellten Anträge ab. Als aussichtslos sind Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 138 III 217 E. 2.2.4). Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen).
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2.3. Die dem hier strittigen Entscheid zugrunde liegende Nichtanhandnahmeverfügung sützte sich auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO. Danach verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind. Die Staatsanwaltschaft hat die Strafanzeige hinsichtlich des behaupteten Vorwurfs der üblen Nachrede (Art. 173 Ziff. 1 StGB) und der Verleumdung (Art. 174 Ziff. 1 StGB) nicht anhand genommen. Sie führte dazu aus, die vom Beschuldigten in seinem Zeitungsartikel aufgestellten Behauptungen, wonach sich das vom Gesuchsteller gemietete Haus auf dem Grundstück des geplanten Stadion-Neubaus befinde, dem Gesuchsteller Auszugs-Fristen gesetzt worden seien und er alternative Wohnungsangebote erhalten habe, nicht ehrenrührig seien. Davon ging auch die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid aus. Diese Folgerung trifft offensichtlich zu. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich, inwiefern er durch die fraglichen Tatsachenbehauptungen, selbst in der offenbar nicht strittigen Annahme, dass sie effektiv nicht zutreffen, in seiner Ehre in strafrechtlich massgeblicher Weise getroffen sein sollte.
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2.4. Der Beschwerdeführer hält sodann dafür, der Zeitungsartikel sei als Ganzes zu beurteilen und dürfe nicht je nach Strafbestimmung aufgespalten werden. Hinsichtlich der im Artikel verwendeten Bezeichnungen des Beschwerdeführers als "Querulant" und "Totengräber" wurde das Strafverfahren allerdings mit Blick auf den möglichen Tatbestand der Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB) weiter geführt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Tatbestand der Beschimpfung nicht im Gesamtzusammenhang zu beurteilen sein wird und die im Vordergrund stehenden Bezeichnungen als "Querulant" und "Totengräber" nicht auch in einen Zusammenhang mit sonstigen tatsächlichen Behauptungen im Zeitungsartikel gestellt werden dürfen; damit wird hier freilich nichts dazu ausgesagt, ob dadurch im Ergebnis auch ein entscheidender Einfluss auf den Ausgang des Strafverfahrens verbunden ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers beeinträchtigt die Nichtanhandnahme seines Strafantrags hinsichtlich des Vorwurfs der üblen Nachrede und der Verleumdung die Strafuntersuchung zum Vorwurf der möglichen Beschimpfung nicht.
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2.5. Insgesamt erweisen sich die Erfolgschancen der vom Beschwerdeführer vor dem Obergericht eingereichten Beschwerde als deutlich geringer als das Verlustrisiko. Die Würdigung der vom Beschwerdeführer gestellten Rechtsbegehren durch die Vorinstanz als aussichtslos verletzt demnach Art. 29 Abs. 3 und Art. 32 BV, Art. 136 Abs. 1 StPO, Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie § 22 KV-AG nicht. Der angefochtene Entscheid verstösst auch nicht direkt oder in Verbindung mit dem Willkürverbot nach Art. 9 BV und dem Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 BV gegen Art. 173 und 174 StGB.
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3. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1.
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2.
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3.
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4.
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Lausanne, 16. September 2015
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Uebersax
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