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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
9C_341/2015
Urteil vom 18. September 2015
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Trütsch.
Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Tomas Kempf, Flum Schlegel Kempf,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. März 2015.
Sachverhalt:
A.
A.________ meldete sich am 11. Dezember 2008 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich liess eine Haushaltsabklärung (Bericht vom 8. Oktober 2010) durchführen und holte Berichte der behandelnden Ärzte sowie zwei Expertisen des Instituts B.________ ein, welche am 17. November 2009 und am 8. Dezember 2011 erstattet wurden. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 24. April 2014 den Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung.
B.
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. März 2015 ab. Gleichzeitig ordnete es die Überweisung der Sache (nach Eintritt der Rechtskraft) an die IV-Stelle zur Prüfung allfällig relevanter Veränderungen an.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei der Entscheid vom 13. März 2015 aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr eine Rente der Invalidenversicherung auszurichten; eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung und Neubeurteilung an die Vorinstanz oder die IV-Stelle zurückzuweisen.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Mit Eingabe vom 25. August 2015 hat A.________ Bemerkungen zur Vernehmlassung der IV-Stelle gemacht.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Unter den zweiten Tatbestand fallen u.a. die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Urteil 9C_126/2013 vom 13. August 2013 E. 1).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat. Einen solchen verneinte die Vorinstanz gestützt auf das Gutachten des Instituts B.________ vom 6. Dezember 2011, welchem sie volle Beweiskraft zuerkannte. Da aus dem Einkommensvergleich, unter Berücksichtigung des geltend gemachten Validen- und Invalideneinkommens und eines Abzuges vom Tabellenlohn von 15 % (vgl. dazu BGE 126 V 75), kein rentenrelevanter Invaliditätsgrad resultierte, konnte das kantonale Sozialversicherungsgericht zudem die Statusfrage offenlassen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet den Beweiswert der Expertise für den Zeitpunkt der Untersuchung (26. Oktober 2011) nicht. Ausserdem rügt sie insofern eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung, als die Vorinstanz auch für die Zeit danach bis zum Erlass der Verfügung vom 24. April 2014 darauf abgestellt habe. Der Gesundheitszustand habe sich jedoch seit der Begutachtung verschlechtert.
3.
Die Vorinstanz hat in Erwägung 4.6 des angefochtenen Entscheides festgehalten, es sei nicht auszuschliessen, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit Verfügungserlass verschlechtert habe. Deshalb sei die Sache nach Eintritt der Rechtskraft an die IV-Stelle zur weiteren Abklärung zu überweisen. Damit hat sie eine Progredienz der Leiden bis zu diesem Zeitpunkt implizit verneint, ohne sich zu den nach der Begutachtung erstellten Arztberichten zu äussern. Aus diesen ergeben sich indessen gewichtige Anhaltspunkte, dass bereits vor Erlass der angefochtenen Verfügung eine anspruchsrelevante Veränderung des Zustandsbildes eingetreten sein könnte.
3.1. Der psychiatrische Gutachter des Instituts B.________ stellte die Diagnosen einer leichten depressiven Episode (ICD-10 F32.0) sowie einer Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10 F54), welchen er keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit beimass. Demgegenüber hielten die Ärzte der Klinik C.________ (Bericht vom 2. Juli 2013) und der behandelnde Psychiater Dr. med. D.________, Oberarzt Psychiatriezentrum (Bericht vom 30. August 2013), eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1) fest. Erstere äusserten zudem den Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4). Aufgrund der gesamten gesundheitlichen Situation bescheinigten sie eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. In ihrer Stellungnahme vom 11. November 2013 führten die Gutachter des Instituts B.________ aus, dass angesichts der längere Zeit zurückliegenden Untersuchung eine mittelgradige depressive Episode nicht auszuschliessen sei. Ohne erneute Exploration der Versicherten könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass nun deutliche Konzentrationsstörungen vorliegen würden, die zusammen mit den übrigen Befunden diese Diagnose begründen könnten.
3.2. Somatischerseits diagnostizierte der Orthopäde der Medizinischen Abklärungsstelle u.a. chronische Knieschmerzen links (ICD-10 M79.66). Zwar führte er diese gesundheitliche Beeinträchtigung unter den Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit auf, jedoch vermochten die klinischen und bildgebenden Erhebungen diese Beschwerden nicht zu erklären. Die Kniegelenke waren reizlos, symmetrisch frei beweglich und ohne Hinweis für eine Instabilität, Meniskusläsion oder höhergradig degenerative Veränderung. Radiologisch zeigte sich ein altersentsprechender Befund. Ein neun Monate nach der Begutachtung am 11. Juli 2012 im Spital E.________ durchgeführtes MRI (Magnet Resonance Imaging) ergab Zeichen einer erheblichen Chondropathia patellae Grad III (mittlerweile Grad IV) und eines lokal in der Trochlea sagittal durchlaufenden Knorpelschadens mit subchondralem Ödem im Femur und Chondropathie. Am 11. November 2013 wurde eine Arthroskopie des linken Knies mit Débridement der losen Knorpelanteile an der Patellarückfläche und Microfracturing durchgeführt. Hierzu äusserten sich die Gutachter des Instituts B.________ in ihrer Stellungnahme vom 30. Januar 2014 dahingehend, es könne davon ausgegangen werden, dass durch diesen Eingriff die Problematik anhaltend günstig zu beeinflussen sei und das Knieleiden ohnehin nicht die Arbeitsfähigkeit jenseits der anderen Probleme am Bewegungsapparat zusätzlich wesentlich beeinträchtigen würde. In Bezug auf die Kniebeschwerden links könne an der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im Gutachten festgehalten werden. Die erste Verlaufskontrolle am 1. April 2014 ergab indessen fünf Monate postoperativ ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis. ... Dr. med. F.________, Chefarzt Klinik G.________, vermutete das ausgeprägte Knochenödem als Ursache, weshalb er eine medikamentöse Behandlung und eine Optimierung des Knochenstoffwechsels empfahl und von einer erneuten operativen Massnahme binnen Jahresfrist abriet (Bericht vom 17. April 2014). Aufgrund persistierender Beschwerden wurde ein weiteres MRI des linken Knies angefertigt, welches eine Osteonekrose im Bereich der retrograden Patellaanbohrung zeigte. Ein Knorpelregenerat war überwiegend nicht mehr nachweisbar. Daneben bestand nach wie vor eine deutliche intraartikuläre Synovitis (Bericht vom 16. Mai 2014). Anhand eines durchgeführten SPECT-CT sah ... Dr. med. H.________, Oberarzt Klinik G.________, - entgegen der ursprünglichen Prognose (nicht binnen Jahresfrist) - die operative Rekonstruktion des linken Kniegelenks als indiziert an (Bericht vom 20. Juli 2014).
3.3. Die im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren eingereichten Berichte der Klinik G.________ vom 16. Mai und 20. Juli 2014 sind vorliegend ebenfalls miteinzubeziehen. Sie datieren zwar nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens (hier: 24. April 2014; BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220; Urteil 8C_279/2015 vom 27. August 2015 E. 3.2.1). Indessen stehen sie in einem engen Sachzusammenhang mit dem Streitgegenstand, insbesondere dem Bericht vom 17. April 2014 und sind geeignet, die Beurteilung im Zeitpunkt des Verfügungserlasses zu beeinflussen (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366). Daraus ergeben sich gewichtige Anhaltspunkte, dass sich der Gesundheitszustand seit der Expertise aus dem Jahr 2011 verschlechtert hat. Namentlich traten am Knie links neu eine Chondropathia patellae Grad IV und Komplikationen auf, nachdem eine Arthroskopie durchgeführt worden ist. Der orthopädische Gutachter fand seinerzeit ein praktisch reizloses und in seiner Beweglichkeit freies Kniegelenk vor, was offensichtlich nicht mehr der Fall ist. Die Gutachter des Instituts B.________ hatten zudem eingeräumt, dass sie ohne neue Untersuchung nicht mit Sicherheit sagen könnten, ob mittlerweile deutliche Konzentrationsstörungen aufgetreten seien und mit den übrigen Einschränkungen eine andere Diagnose gestellt werden müsste.
3.4. Nach dem Gesagten beruht der angefochtene Entscheid für die Zeit ab Begutachtung - der Zeitraum davor ist unbestritten - auf ungenügender Beweisgrundlage und ist insofern unvollständig festgestellt, was Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 9C_886/2014 vom 15. Juni 2014 E. 5.3). Die Sache ist zwecks weiterer Abklärungen und zu neuer Entscheidung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Je nach Ergebnis ist auch die offen gelassene Statusfrage (BGE 141 V 15 E. 3.1 und 3.2 S. 20 f.) zu prüfen.
4.
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu weiterer Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG (BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271). Dementsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche der Beschwerdeführerin überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. März 2015 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 24. April 2014 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Verwaltung zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich auferlegt.
3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 18. September 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Glanzmann
Der Gerichtsschreiber: Trütsch