Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
2C_118/2015
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Urteil vom 29. September 2015
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Zähndler.
Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke,
gegen
Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern.
Gegenstand
Kurzaufenthaltsbewilligung; Rechtsverweigerung,
Beschwerde gegen die Abschreibungsverfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Dezember 2014.
Sachverhalt:
A.
A.________ ist ein abgewiesener Asylbewerber, wobei weder zur Staatsangehörigkeit noch zum Geburtsdatum gesicherte Angaben bestehen. Während laufender Ausreisefrist sprach er am 28. August 2014 bei der Einwohnergemeinde der Stadt Bern vor und ersuchte mündlich um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Eheschliessung mit einer Schweizerin. Nachdem diesem mündlichen Ersuchen nicht entsprochen und er offenbar an eine andere Behörde weiterverwiesen worden war, reichte er am 8. September 2014 bei der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern eine Rechtsverweigerungsbeschwerde ein.
B.
Mit Entscheid vom 16. September 2014 wies die Polizei- und Militärdirektion die Beschwerde ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, A.________ hätte sein Gesuch gemäss den anwendbaren kantonalrechtlichen Bestimmungen schriftlich einreichen müssen.
Hiergegen führte A.________ einerseits am 21. September 2014 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Andererseits stellte er am 25. September 2014 ein schriftliches Bewilligungsgesuch bei der Einwohnergemeinde der Stadt Bern, worauf ihm diese den Aufenthalt zwecks Ehevorbereitung vorläufig bis zum 31. Dezember 2014 gestattete.
Aufgrund dieser Entwicklung schrieb das Verwaltungsgericht des Kantons Bern das bei ihm anhängige Beschwerdeverfahren mit Verfügung vom 15. Dezember 2014 als gegenstandslos vom Geschäftsverzeichnis ab. Es auferlegte A.________ die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und wies das vom Betroffenen gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung unter Hinweis auf die Aussichtslosigkeit des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens ab.
C.
Mit Eingabe vom 2. Februar 2015 führt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt im Wesentlichen, die Kosten- und Entschädigungsfolgen der Abschreibungsverfügung seien dahingehend zu ändern, dass er für das Verfahren vor Verwaltungsgericht keine Kosten zu tragen habe und eine Parteientschädigung erhalte; eventualiter sei seinem Anwalt eine Entschädigung als unentgeltlicher Rechtsvertreter zu entrichten. Weiter verlangt A.________, ihm sei auch für das Verfahren vor der Polizei- und Militärdirektion eine Parteientschädigung auszurichten, resp. sein Anwalt sei auch für jenes Verfahren als unentgeltlicher Rechtsvertreter zu entschädigen. Die Abschreibung des Verfahrens an sich ficht A.________ dagegen nicht an.
Das Bundesgericht verzichtet auf das Einholen von Vernehmlassungen.
Erwägungen:
1.
1.1. Die eingereichte Beschwerde betrifft die Abschreibungsverfügung eines Beschwerdeverfahrens, welches die Nichterteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung zum Gegenstand hatte. Dass vor Bundesgericht nur noch die Kostenfolgen streitig sind, ändert an der Zuordnung der Streitsache zum Rechtsgebiet des Ausländerrechts nichts. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt es, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht; ob die jeweiligen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet praxisgemäss Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 136 II 497 E. 3.3 S. 500 f.). Vorliegend beantragte der Beschwerdeführer eine Kurzaufenthaltsbewilligung, damit ihm die Eheschliessung mit seiner schweizerischen Verlobten ermöglicht wird. Somit besteht ein möglicher Rechtsanspruch auf eine Bewilligungserteilung gestützt auf das verfassungsmässige Recht auf Ehe (Art. 14 BV und Art. 8 i.V.m. Art. 12 EMRK), was für das Eintreten hinreichend ist.
1.2. Da sich die Beschwerde gegen einen kantonal letztinstanzlichen, verfahrensabschliessenden Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts richtet (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG), und der Beschwerdeführer als Adressat des angefochtenen Entscheids ohne weiteres zur Beschwerdeführung legitimiert ist (Art. 89 Abs. 1 BGG), kann auf die fristgerecht eingereichte Eingabe (Art. 100 Abs. 1 BGG) grundsätzlich eingetreten werden (unter Vorbehalt von E. 1.3 und E. 1.4 hiernach).
1.3. Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Verletzung von kantonalem Recht ist dagegen ausser in den Fällen von Art. 95 lit. c - e BGG kein zulässiger Beschwerdegrund. Überprüft werden kann diesbezüglich nur, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder sonstwie gegen übergeordnetes Recht verstösst (BGE 136 I 241 E. 2.4 und E. 2.5.2 S. 249 f.; 133 II 249 E. 1.2.1 S. 151 f.). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht: Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insoweit, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.4. Wie bereits ausgeführt, richtet sich die vorliegende Beschwerde ausschliesslich gegen jene Dispositivziffern der angefochtenen Verfügung, welche die Kosten- und Entschädigungsfolgen des abgeschriebenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffen. Die Verfahrensabschreibung selbst (Ziff. 1 des Dispositives der angefochtenen Verfügung) wird vom Beschwerdeführer dagegen weder in seinen Anträgen noch in deren Begründung beanstandet. Die Abschreibung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bedeutet indes, dass der dort angefochtene Beschwerdeentscheid der kantonalen Polizei- und Militärdirektion vom 16. September 2014 gerade nicht abgeändert wird, sondern unverändert Bestand hat (vgl. Verfügung 2G_3/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 2.4). Dies betrifft namentlich auch die Kostenziffer dieses Beschwerdeentscheids. Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vor Bundesgericht auch die Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des Beschwerdeverfahrens bei der Polizei- und Militärdirektion verlangt bzw. auch für jenes Verfahren die nachträgliche Einsetzung seines Anwalts als unentgeltlichen Rechtsbeistand beantragt, stehen diese Begehren im Widerspruch zur vorliegend unstreitigen Abschreibung des Verfahrens vor dem kantonalen Verwaltungsgericht und dem damit verbundenen unveränderten Fortbestand des Beschwerdeentscheids der Polizei- und Militärdirektion. Die Kosten- und Entschädigungsfolgen resp. die nachgesuchte unentgeltliche Verbeiständung im Beschwerdeverfahren bei der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern stellen mithin im bundesgerichtlichen Verfahren keinen zulässigen Prozessgegenstand dar. Überprüft werden kann einzig die angefochtene Abschreibungsverfügung des Verwaltungsgerichts, welche sich ausschliesslich zur Kosten- und Entschädigungsfolge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens äussert.
2.
In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer vorab eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts (Art. 105 Abs. 2 BGG i.V.m Art. 9 BV). Er macht geltend, die Vorinstanz habe bei der Festsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen in ihrem Abschreibungsbeschluss nicht berücksichtigt, dass die Einwohnergemeinde Bern die persönliche Vorsprache auf ihrer Internetseite verlangt habe. Zudem habe ihn die Einwohnergemeinde anlässlich seiner Vorsprache nicht auf die Notwendigkeit eines schriftlichen Gesuchs hingewiesen, sondern vielmehr an eine unzuständige Behörde weiterverwiesen.
Die Rüge geht ins Leere: Wie bereits ausgeführt, können vorliegend nur noch die Kosten- und Entschädigungsfolgen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nicht aber jene des Beschwerdeverfahrens vor der kantonalen Polizei- und Militärdirektion überprüft werden. Da der Beschwerdeführer im Beschwerdeentscheid der Polizei- und Militärdirektion ausdrücklich auf das Erfordernis der Schriftform hingewiesen wurde, muss er davon jedenfalls bei Ergreifung des Rechtsmittels beim Verwaltungsgericht Kenntnis gehabt haben, weshalb der genaue Inhalt des persönlichen Gesprächs anlässlich seiner Vorsprache bei der Einwohnergemeinde sowie deren Angaben auf ihrer Internetseite für die hier massgebenden Fragestellungen von vornherein keine Rolle mehr spielen. Der Vollständigkeit halber ist jedoch anzumerken, dass eine von der Gemeinde verlangte (zusätzliche) persönliche Vorsprache nicht im Widerspruch zur vom kantonalen Recht vorgeschriebenen Schriftlichkeit des Gesuchs steht.
3.
3.1. In der Sache führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Gerichtskosten bei einer Abschreibung des Verfahrens grundsätzlich von der unterliegenden Partei zu tragen seien (Art. 108 Abs. 1 und Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Bern vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG/BE]) und als unterliegende Partei gelte, wer die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens zu vertreten habe (Art. 110 Abs. 1 VRPG/BE), wobei dies sämtliche Verhaltensweisen umfasse, welche die Gegenstandslosigkeit bewirken und einer Partei zuzurechnen seien. Der Beschwerdeführer habe sich dem Entscheid der Polizei- und Militärdirektion insoweit unterzogen, als er nach dessen Eröffnung bei der Einwohnergemeinde Bern ein schriftliches Gesuch um Bewilligung seines Aufenthalts zwecks Ehevorbereitung eingereicht hat. Die schriftliche Eingabe dieses Gesuchs habe dann dazu geführt, dass die Einwohnergemeinde erklärt hat, sie werde den Aufenthalt des Beschwerdeführers vorläufig dulden. Die Gegenstandslosigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens sei damit im Wesentlichen auf das erwähnte schriftliche Gesuch und mithin auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen, weshalb ihm entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen die Gerichtskosten zu auferlegen seien.
Dem Ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor Verwaltungsgericht könne zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde ebenfalls nicht entsprochen werden: Die Polizei- und Militärdirektion habe in ihrem Entscheid unter Hinweis auf Art. 31 VRPG/BE ausführlich und zutreffend dargelegt, weshalb ein Gesuch um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwingend schriftlich einzureichen sei. Selbst der Beschwerdeführer habe die Richtigkeit dieser Ausführungen jedenfalls implizit anerkannt, indem er kurz nach Eröffnung dieses Entscheids ein schriftliches Gesuch um Bewilligung des Aufenthalts zwecks Ehevorbereitung gestellt habe, welchem umgehend entsprochen wurde.
3.2. Was der Beschwerdeführer hiergegen vorbringt, ist nicht geeignet, um eine willkürliche Anwendung von kantonalem Recht oder eine Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte darzutun: Er verweist im Wesentlichen erneut auf den Umstand, dass er fälschlicherweise an eine unzuständige Behörde weiterverwiesen worden sei und dass die Internetseite der Einwohnergemeinde Bern eine persönliche Vorsprache verlange.
Wie bereits aufgezeigt (E. 2 hiervor) kann der Beschwerdeführer hieraus in Bezug auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nichts zu seinen Gunsten herleiten, da er spätestens mit dem Beschwerdeentscheid der Polizei- und Militärdirektion Kenntnis davon erhielt, welche Behörde für sein Anliegen zuständig ist, und dass er sein Gesuch schriftlich einreichen muss. Dass die Erwägungen der Vorinstanzen betreffend Zuständigkeiten und Formerfordernis inhaltlich falsch sein sollen, behauptet der Beschwerdeführer nicht substantiiert. Im Gegenteil: Wie die Vorinstanz nachvollziehbar ausgeführt hat, brachte er durch sein konkludentes Handeln - durch das Stellen eines schriftlichen Gesuchs bei der von der Polizei- und Militärdirektion als zuständig bezeichneten Behörde - zum Ausdruck, dass er die Ausführungen der Polizei- und Militärdirektion akzeptiert und sich deren Entscheid unterzieht. Warum er dennoch Beschwerde beim Verwaltungsgericht führte, ist unerfindlich. Jedenfalls ist es bei dieser Sachlage unter den hier massgeblichen Verfassungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht in seiner Abschreibungsverfügung die Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer auferlegte und dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zufolge Aussichtslosigkeit abwies.
4.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde unbegründet und somit abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht kann in Ermangelung von Erfolgsaussichten seiner Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. September 2015
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Zähndler