Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
2C_1145/2014
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Urteil vom 1. Oktober 2015
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann, Haag,
Gerichtsschreiber Wyssmann.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Steiner,
gegen
Kantonales Steueramt Aargau,
Gemeinderat U.________,
Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2006,
Beschwerde gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau,
2. Kammer, vom 7. November 2014.
Sachverhalt:
A.
Bei der Veranlagung der Eheleute A.A.________ und B.A.________ (nachfolgend die Steuerpflichtigen bzw. Beschwerdeführer) für die Kantons- und Gemeindesteuern 2006 rechnete die Steuerkommission U.________/AG nach Prüfung des Wertschriftenverzeichnisses Marchzinsen (intérêts courus) in der Höhe von Fr. 50'331.-- zum deklarierten Vermögensertrag von Fr. 227'819.-- hinzu (steuerbares Einkommen Fr. 322'500.--; satzbestimmend Fr. 297'800.--). Die Steuerpflichtigen realisierten diese Marchzinsen durch Verkauf kurz vor der Rückzahlung folgender Obligationen:
- USD 200'000 5,5 % Landesbank Baden-Württemberg, 1999-23.02.2006, Valor 198608, gekauft am 06.04.1999, verkauft am 30.01.2006,
- CHF 200'000 2,5 % NV Bank Nederlandse Gemeenten, 1999-03.05.2006, Valor 584273, gekauft am 10.05.2001, verkauft am 18.04.2006,
- ISK 23'000'000 8 % Weltbank, 2005-09.11.2007, Valor 002320578, gekauft am 24.11.2005 zu 99,7 %, verkauft am 06.11.2006 zu 96,07 %.
Eine Einsprache blieb ohne Erfolg. Begründet wurde die Aufrechnung der an sich nicht steuerbaren Marchzinsen mit einer Steuerumgehung.
B.
Den Rekurs der Steuerpflichtigen, es sei auf die Aufrechnung beim Wertschriftenertrag im Umfang von Fr. 50'331.-- zu verzichten, hiess das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 23. Mai 2013 gut.
Hiergegen führte das kantonale Steueramt Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit dem Antrag, es sei das steuerbare Einkommen gemäss Einspracheentscheid zu bestätigen. Das Verwaltungsgericht hiess mit Urteil vom 7. November 2014 die Beschwerde gut und hob den Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts auf. Es bestätigte die Zulässigkeit der Besteuerung der Marchzinsen infolge von Steuerumgehung.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die Steuerpflichtigen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und das steuerpflichtige Einkommen unter Verzicht der Aufrechnung von Marchzinsen auf Fr. 272'100.-- (satzbestimmend Fr. 247'500.--) festzusetzen.
Das Steueramt des Kantons Aargau beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) verzichtete auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten, oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG i.V.m. Art. 73 ff. StHG [SR 642.14]). Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Urteil besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG).
1.2. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Was die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen betrifft, prüft das Bundesgericht diese gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_95/2013, 2C_96/2013 vom 21. August 2013 E. 1.6, in: StE 2013 B 22.2 Nr. 28, StR 68/2013 S. 810).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), sofern die diesbezüglichen Feststellungen nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG).
1.4. Die vorliegende Sache betrifft die Kantons- und Gemeindesteuern. Die Beschwerdeführer rügen eine unvollständige und unrichtige Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts (Art. 105 Abs. 2 BGG), Willkür bei der Rechtsanwendung (Frage der Steuerumgehung; Besteuerung von Marchzinsen; verpönter Methodendualismus), eine Verletzung des Periodizitätsprinzips ( Art. 63 Abs. 1 und 2 StHG in der Fassung vom 14. Dezember 1990 [AS 1991 1256], jetzt Art. 15 Abs. 1 und 2 StHG ), eine rechtsungleiche Behandlung (Art. 8 BV) sowie eine Besteuerung entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV). Auf die Rügen ist im Sachzusammenhang einzugehen.
2.
2.1. Gemäss den Einkommensgeneralklauseln der Steuergesetze des Bundes und der Kantone unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 DBG [SR 642.11], Art. 7 Abs. 1 StHG, § 25 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember 1998 [StG/AG; SAR 651.100]). Steuerbar sind auch die Erträge aus beweglichem Vermögen und namentlich Zinsen aus Guthaben aller Art (Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG, Art. 7 Abs. 1 StHG; § 29 Abs. 1 lit. a StG/AG). Guthaben sind geldmässige Vermögensrechte (Kapital), welche die steuerpflichtige Person (Gläubigerin) einer Drittperson zur Nutzung überlässt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl. 2013, N. 17 zu § 20 StG/ZH). Zu den Guthaben zählen auch Darlehen, Anleihensobligationen, Forderungen aus Bank- und Spareinlagen, Geldmarktpapiere usw. (Hans-Jörg Müllhaupt, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 2009, N. 6 zu § 29 StG/AG).
Die Einkommenssteuergesetze des Bundes und der Kantone sind in diesem Bereich weitgehend harmonisiert (s. auch Markus Reich in: Schweizerisches Steuerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl. 2002, N. 50 zu Art. 7 StHG). Das Bundesgericht prüft den angefochtenen Entscheid insoweit frei und mit voller Kognition auf seinen Bestand vor Bundesrecht, auch was das Instrument der Steuerumgehung betrifft (vgl. Peter Locher, Rechtsmissbrauchsüberlegungen im Recht der direkten Steuern der Schweiz, in: ASA 75 S. 680).
2.2. Was steuerrechtlich als Obligation zu gelten hat, ist in Art. 4 Abs. 3 - 5 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (SR 641.10) sowie in Art. 15 der Verrechnungssteuerverordnung vom 19. Dezember 1966 (VStV; SR 642.211) geregelt. Im Bereich der direkten Steuern der Kantone und des Bundes (einschliesslich Stempelabgaben und Verrechnungssteuer) gelten demnach als Obligationen schriftliche, auf feste Beträge lautende Schuldanerkennungen, die zwecks kollektiver Mittelbeschaffung in einer Mehrzahl von Exemplaren zu gleichartigen Bedingungen ausgegeben werden und dem Gläubiger zum Nachweis, zur Geltendmachung oder zur Übertragung der Forderung dienen. Die Ausgabe und die Rückzahlung erfolgt in der Regel zu pari. Der Obligationär hat Anspruch auf eine Entschädigung (Zinsen) für das hingegebene Kapital, welche periodisch ausbezahlt wird (zum Ganzen Müllhaupt, a.a.O., N. 6 ff. und 11 ff. zu § 29 StG/AG; Richner et al., a.a.O., N. 34 ff. zu § 20 StG/ZH).
2.3. Die Zinsforderung entsteht nicht in einem bestimmten Zeitpunkt, sondern laufend, pro rata temporis, und zwar solange die zinstragende Hauptforderung besteht (von Tuhr/Peter, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band I, 3. Aufl. 1984, S. 68; Gauch/Schluep et al., Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 2014, Band II, S. 52 Rz. 2349 ff. mit Hinweis auf BGE 130 III 591 E. 3). Zinsen können daher im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen angesehen und besteuert werden (Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG; § 29 Abs. 1 lit. a StG/AG. Als Besteuerungszeitpunkt kommt somit grundsätzlich frühestens der Termin, an dem der aufgelaufene Zins fällig wird, in Betracht.
2.4. Besondere Regeln gelten für Marchzinsen (intérêts courus). Gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG wie auch § 29 Abs. 1 lit. b StG/AG sind Einkünfte aus der Veräusserung oder Rückzahlung von Obligationen mit überwiegender Einmalverzinsung (globalverzinsliche Obligationen, Diskont-Obligationen) der Besteuerung als Erträge unterworfen. Als Marchzinsen werden die aufgelaufenen aber im Zeitpunkt der Titelabtretung noch nicht fälligen Zinsansprüche bezeichnet, die der Käufer einer Obligation dem Verkäufer zu bezahlen hat. Es handelt sich nicht um Zinsen im technischen Sinn, weil die Zinsforderung im Zeitpunkt der Veräusserung der Obligation noch nicht fällig ist und der Marchzins auch nicht vom Schuldner der Obligation, sondern vom Käufer bezahlt wird. Marchzinsen bilden insofern Teil der Gesamtsumme, die als Kaufpreis für den Erwerb der Obligation zu qualifizieren ist (Urteil 2A.201/1989 vom 17. Dezember 1992 E. 3b, in: ASA 63 S. 49 = StE 1993 B 24.3 Nr. 4 = StR 48/1993 S. 554). Marchzinsen, die bei der Veräusserung oder Rückzahlung von überwiegend einmalverzinslichen Obligationen realisiert werden, sind gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG bzw. § 29 Abs. 1 lit. b StG/AG zu versteuern (vgl. Daniel Aeschbach, in: Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 2009 N. 17 und 43 zu § 40 StG/AG; Yves Noël, in: Commentaire romand, Impôt fédéral direct, 2008, N. 14 zu Art. 20 DBG).
2.5. Aus der expliziten Anordnung der Besteuerung von Marchzinsen bei überwiegend einmalverzinslichen Obligationen in Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG und in den kantonalen Steuergesetzen (vgl. § 29 Abs. 1 lit. b StG/AG) folgt durch Umkehrschluss, dass bei den nicht überwiegend einmalverzinslichen (einschliesslich den periodisch zu verzinsenden) Obligationen die Marchzinsen nicht zu versteuern sind, auch wenn Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG als eine Norm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten eine Besteuerung solcher Einkünfte an sich zuliesse (Peter Locher, Kommentar zum DBG, Band I, 2001, N. 76 zu Art. 16 DBG und N. 7 zu Art. 20 DBG; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl. 2008, N. 15 zu Art. 20 DBG). Beim Veräusserer einer nicht überwiegend einmalverzinslichen oder periodisch zu verzinsenden Obligation stellt daher der vereinnahmte Marchzins keine Einkunft dar, sondern einen - im Privatvermögensbereich steuerfreien (Art. 16 Abs. 3 DBG; § 33 lit. i StG/AG) - Kapitalgewinn.
Es handelt sich um eine steuergesetzliche Vereinfachung, die sich nicht wirtschaftlich erklären lässt, sondern rein erhebungstechnische Gründe hat und sich nach Ansicht des Gesetzgebers auch vertreten lässt (s. dazu auch Duss/Helbing/Duss, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. Aufl. 2012, N. 100 zu Art. 4 VStG; Reich, a.a.O. [Bd. I/2a], N. 15 zu Art. 20 DBG). Bei überwiegend einmalverzinslichen Obligationen ist demgegenüber der Anteil des Marchzinses gewichtiger. Wenn daher der Gesetzgeber die Marchzinsbesteuerung ausdrücklich nur für die überwiegend einmalverzinslichen Obligationen und nicht auch für die gewöhnlichen und übrigen Obligationen angeordnet hat, so muss von einer bewussten Entscheidung ausgegangen werden.
Diese Regelung gilt für die direkte Bundessteuer (BGE 107 Ib 208 E. 2 S. 211 f.; Urteil 2A.201/1989 des Bundesgerichts vom 17. Dezember 1992 E. 3, in: ASA 63 S. 49 = StE 1993 B 24.3 Nr. 4 = StR 48/1993 S. 554; Locher, a.a.O., N. 23 zu Art. 20 DBG; Noël, a.a.O., N. 14 zu Art. 20 DBG). Sie findet aber auch auf die kantonalen Steuerrechte Anwendung, soweit diese harmonisiert sind (vgl. Reich, a.a.O. [Bd. I/1], N. 50 zu Art. 7 StHG). Auf den Kanton Aargau trifft das zu (vgl. Aeschbach, a.a.O., N. 43 zu § 40 StG/AG).
2.6. Das Kreisschreiben Nr. 15 der ESTV vom 7. Februar 2007, Obligationen und derivative Finanzierungsinstrumente als Gegenstand der direkten Bundessteuer, der Verrechnungssteuer sowie der Stempelabgabe (nachfolgend Kreisschreiben Nr. 15; vormals Kreisschreiben Nr. 4 vom 12. April 1999), legt die Unterscheidungsmerkmale fest. Eine überwiegende Einmalverzinsung der Obligation ist gegeben, wenn der überwiegende Teil des gesamten Nutzungsentgelts auf einem Emissionsdisagio oder einem Rückzahlungsagio beruht (Ziffer 2.1.4).
Im Übrigen unterscheidet das Kreisschreiben zwischen gewöhnlichen Obligationen, Diskont- sowie globalverzinslichen Obligationen (Ziffer 2.1; zum Folgenden auch Richner et al., a.a.O., N. 35 ff. zu § 20 StG/ZH; Ryser/Rolli, Précis de droit fiscal suisse [impôts directs], 2002, S. 168 f.). Bei gewöhnlichen Obligationen erfolgen Ausgabe und Rückzahlung in der Regel zu pari. Der Obligationär hat zudem Anspruch auf eine Entschädigung des hingegebenen Kapitals, die periodisch (als Zins) ausbezahlt wird (Kreisschreiben Nr. 15 Ziff. 2.1.1).
Diskontobligationen werden demgegenüber unter pari ausgegeben (d.h. mit einem Emissionsdisagio), während die Rückzahlung zum Nennwert erfolgt. Bei den
globalverzinslichen Obligationen erfolgt die Ausgabe zum Nennwert und die Rückzahlung über pari (Rückzahlungsagio) (Kreisschreiben Nr. 15 Ziff. 2.1.2).
2.7. Im vorliegenden Fall geht es um gewöhnliche Obligationen, d.h. Obligationen mit jährlichem Zinstermin ohne Emissionsdisagio oder Rückzahlungsagio. Gemäss der dargestellten gesetzlichen Regelung und Praxis unterliegen die von den Beschwerdeführern aus dem Verkauf der Obligationen erzielten Marchzinsen der Einkommenssteuer grundsätzlich nicht.
3.
Es fragt sich, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung erfüllt sind und für die Besteuerung auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen sei.
3.1. Eine Steuer- bzw. Abgabeumgehung liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor, wenn (1.) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich (insolite), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, (2.) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, und (3.) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1 S. 243 f.; 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; Urteil 2C_135/2014 vom 10. Juni 2014 E. 2.7.1, in: StE 2014 A 12 Nr. 20 mit weiteren Hinweisen).
Grundsätzlich hat die Steuerbehörde auf die von der steuerpflichtigen Person getroffene Rechtsgestaltung abzustellen. Der steuerpflichtigen Person ist freigestellt, ihre Verhältnisse so zu gestalten, dass möglichst niedrige Steuern anfallen. Gegen eine solche Steuerplanung ist nichts einzuwenden, solange erlaubte Mittel eingesetzt werden (so schon BGE 98 Ib 314 E. 3d S. 323; Urteil 2C_487/2011 vom 13. Februar 2013 E. 2.7, in: ASA 82 S. 241; Urteil 2A.11/1994 vom 16. August 1996 E. 5c, in: ASA 65 S. 406, RDAF 1997 II 222; zur zulässigen "économie d'impôt", vgl. Xavier Oberson, Droit fiscal suisse, 4. Aufl., 2012, § 4 N. 19).
Der Tatbestand der Steuerumgehung ist vielmehr den ausserordentlichen Konstellationen vorbehalten, bei denen eine Rechtsgestaltung (objektives Element) vorliegt, die - abgesehen von den steuerlichen Aspekten - jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen liegt (BGE 138 II 239 E. 4.1 S. 244 mit Hinweisen). Eine Missbrauchsabsicht (subjektives Element) kann zudem nicht angenommen werden, wenn bei der Rechtsgestaltung andere Gründe als die blosse Absicht, Steuern zu sparen, eine entscheidende Rolle spielen. Eine gewählte Struktur kann nämlich auch durch anderweitige geschäftliche oder persönliche Gründe gerechtfertigt sein (Urteil 2C_836/2009 vom 15. Mai 2012 E. 6.3, in: ASA 81 S. 564).
Das Instrument der Steuerumgehung kommt schliesslich nur zum Zug, wenn die Steuernorm - auch unter Berücksichtigung der in ihr enthaltenen wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte - sich nicht in einem befriedigenden Sinn auslegen lässt (BGE 138 II 239 E. 4.2 S. 245 f.).
3.2. Die Ordnung, wonach bei der Veräusserung nicht überwiegend einmalverzinslicher und gewöhnlicher Obligationen der Marchzins unbesteuert gelassen wird, beruht, wie dargelegt, auf dem Gesetz (vorstehende E. 2.4 f.). Diese gesetzliche Ordnung darf nicht durch das Instrument der Steuerumgehung umgangen oder korrigiert werden. Eine Berichtigung der Besteuerung durch Annahme einer Steuerumgehung ist daher nur in aussergewöhnlichen Konstellationen zulässig, die, wenn sie nicht korrigiert würden, der gesetzgeberischen Absicht zuwiderlaufen und die gesetzgeberische Lösung in Frage stellen würden. Soweit steuerplanerische Überlegungen in Frage stehen, sind sie grundsätzlich hinzunehmen, nachdem der Gesetzgeber eine lückenlose Besteuerung von Marchzinsen bei Obligationen bewusst (Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG, vgl. vorstehende E. 2.5) nicht angeordnet hat.
4.
4.1. Vorliegend wurde die Obligation USD 200'000, 5,5 % Landesbank Baden-Württemberg, 1999-23.02.2006, Valor 198608, gekauft am 06.04.1999, verkauft am 30.01.2006, durch die Beschwerdeführer über sechs Jahre gehalten. Sie wurde 23 Tage vor der Rückzahlung veräussert (Buchungsdatum). Angesichts der langen Haltedauer, während welcher die periodischen Zinsen zu versteuern waren, kann nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführer durch die Veräusserung der Obligation 24 Tage vor der Rückzahlung in Form von Marchzinsen einen vermögenswerten Vorteil erwirkt hätten, der das Halten dieser Obligation wirtschaftlich in die Nähe einer Obligation mit überwiegender Einmalverzinsung (Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG; § 29 Abs. 1 lit. b StG/AG) rücken würde. Insofern wird durch die Nichtbesteuerung des Marchzinses auch die gesetzgeberische Entscheidung, die Einkommenssteuer auf Marchzinsen nur bei Obligationen mit überwiegender Einmalverzinsung zu erheben, nicht in Frage gestellt. Es fehlt daher am objektiven Merkmal der Steuerumgehung.
Dazu kommt, dass die Beschwerdeführer nachgewiesen haben, dass sie den Erlös aus der Veräusserung dieser Obligation in den Erwerb von Anteilen des Fidelity Funds Emerging Markets Fund A-USD, Valor 973267, investiert haben. Es handelt sich bei diesem um einen sehr volatilen Fonds, wie aus dessen Chart hervorgeht, weshalb der Anlagezeitpunkt eine Rolle spielt. Auch unter diesem Aspekt muss daran gezweifelt werden, dass die Entscheidung zur Veräusserung der Obligation kurz vor der Rückzahlung ausschliesslich auf steuerplanerischen Überlegungen beruhte.
4.2. Bei der Obligation CHF 200'000, 2,5 % NV Bank Nederlandse Gemeenten, 1999-03.05.2006, Valor 584 273, gekauft am 10.05.2001, verkauft am 18.04.2006, Haltedauer knapp fünf Jahre, konnten die Beschwerdeführer eine unmittelbare Wiederinvestition des Veräusserungserlöses oder andere Umstände, die einen Verkauf nahegelegt hätten, nicht nachweisen. Es muss daher angenommen werden, dass der Verkauf 14 Tage vor der Rückzahlung auf einem steuerplanerischen Entscheid beruhte. Steuerplanerische Überlegungen allein genügen für die Annahme einer Steuerumgehung indessen nicht. Ebenso muss das Element der Absonderlichkeit erfüllt sein (vgl. vorstehende E. 3). Die Haltedauer der Obligation belief sich auf über vier Jahre. Auch hier besteht keine Missbrauchsgefahr in dem Sinne, dass die Entscheidung des Gesetzgebers in Frage gestellt würde, wenn der Marchzins nicht besteuert wird.
4.3. Das Verwaltungsgericht hat die Absonderlichkeit (objektives Element der Steuerumgehung) bei den soeben besprochenen beiden Obligationen darin gesehen, dass durch die Verkäufe äusserst kurz vor der Rückzahlung ein Verlust erzielt wurde, was (unter Ausklammerung der Steuerersparnis) jenseits der wirtschaftlichen Vernunft liege. Das Vorgehen der Beschwerdeführer lasse daher nur den Schluss zu, dass sie die Mindereinnahmen, verglichen mit der Rückzahlung der Obligationen, wie sie später spesenfrei erfolgt wäre, nur in Kauf genommen hätten, um Steuern zu sparen (subjektives Element). Das Verwaltungsgericht hat den Fall vor Augen, dass die Veräusserung einer Obligation kurz vor dem Rückzahlungstermin wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist, nämlich dann, wenn der Erlös unter Berücksichtigung der Transaktionskosten klar geringer ist als jener Betrag, der bei der Rückzahlung der Obligation eingenommen würde (s. angefochtenes Urteil E. 3.2.1 f.).
Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann in dieser Absolutheit nicht gefolgt werden. Die Steuerplanung besteht gerade in einer Optimierung der Kosten, einschliesslich Steuern, die in diesem Sinn ebenfalls einen Kostenfaktor darstellen. Es bedarf daher eines weiteren qualifizierenden Merkmals, um objektiv auf eine Steuerumgehung schliessen zu dürfen. Es muss schon feststehen, dass die gesetzliche Regelung, welche Marchzinsen bei nicht überwiegend einmalverzinslichen Obligationen als Kapitalgewinne behandelt, planmässig nach einem bestimmten Muster oder unter Anwendung unlauterer Mittel zu umgehen versucht wird, so dass nicht mehr von einfacher Steuerplanung gesprochen werden kann. Das wäre etwa dann der Fall, wenn Obligationen wiederholt und nach einem erkennbaren Muster systematisch kurz vor der Rückzahlung veräussert werden oder wenn Obligationen im Zusammenwirken von Kunde und Bank umsatzsteuerbefreit in den Handelsbestand der Bank übernommen werden, weil sie z.B. in diesem Zeitpunkt zum Kurswert gar nicht mehr verkäuflich sind (s. auch die Beschwerde des Kantonalen Steueramts vom 20. Juni 2013 S. 5). In Bezug auf die USD- und die CHF-Obligation ist kein solches Verhalten nachgewiesen. Vielmehr wird durch das Verwaltungsgericht bestätigt, dass den Veräusserungen Börsengeschäfte zugrunde liegen (angefochtenes Urteil E. 2.2). Die Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung sind damit nicht erfüllt.
4.4. Die Veräusserung der Obligation ISK 23'000'000, 8 % Weltbank, 2005-09.11.2007, Valor 2320578, gekauft am 24.11.2005 zu 99,7 %, verkauft am 06.11.2006 zu 96,07 %, ist in einen grösseren Zusammenhang zu stellen. Über drei Steuerperioden hinweg betrachtet, erwarben und veräusserten die Beschwerdeführer in isländischer Währung folgende Obligationen:
Valor
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Währung/Anzahl/Titel
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Kauf
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Verkauf
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2320578
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ISK 23'000'000, 8.0 % Weltbank
2005 - 09.11.2007
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24.11.2005
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08.11.2006
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2740739
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ISK 24'000'000, 12.5 % Svensk Exportkredit 2006 - 17.10.2007
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06.11.2006
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04.10.2007
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2706460
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ISK 25'000'000, 10.75 % KFW 2006 - 22.09.2008
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01.10.2007
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16.09.2008
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Alle drei Obligationen wurden knapp ein Jahr gehalten und vor Eintritt des Zinstermins veräussert. Wie bereits eine Gerichtsminderheit im Urteil des Spezialverwaltungsgerichts (E. 4) anmerken liess, lassen diese Käufe und Verkäufe ein klares Handlungsmuster erkennen. Sämtliche Käufe und Verkäufe wurden in der gleichen Währung abgewickelt (ISK), und in den Jahren 2006 bis 2008 trat nie eine Zinsfälligkeit ein. Die aufgelaufenen Zinsen wurden jeweils als Marchzinsen kurz vor der Zinsfälligkeit durch Verkauf des Titels realisiert. Dieses Vorgehen beruht nicht auf blossen Zufälligkeiten. Vielmehr wurde es bewusst gewählt, um die auf fälligen Zinsen geschuldeten Steuern zu umgehen. Nachvollziehbare Gründe - ausser steuerlichen - sind nicht erkennbar. Es handelt sich um ein Modell, welches es erlaubt, Steuern systematisch zu vermeiden, wenn es durch die Steuerverwaltungen akzeptiert würde. Es ist daher nicht bloss von einem auf Steueroptimierung, sondern auf Steuervermeidung ausgerichteten Handeln, d.h. objektiv von einer Steuerumgehung, auszugehen. Die Steuerersparnis ist erheblich, eine andere Absicht als diejenige, Steuern zu umgehen, ist nicht zu sehen. Da alle Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt sind, unterliegt der im Jahr 2006 aus der Veräusserung der ISK-Obligation erzielte Marchzins der Einkommenssteuer.
4.5. Mit dieser Besteuerung wird weder das Rechtsgleichheitsgebot verletzt, noch wird ein periodenfremder Ertrag erfasst oder das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt ( Art. 8 und 127 Abs. 2 BV ), wie die Beschwerdeführer behaupten. Auch die steuerlichen und möglichen aussersteuerlichen Motive, welche die Beschwerdeführer zu ihrem Handeln bewogen haben könnten, sind abschliessend geklärt; andere Motive sind nicht zu erkennen, weshalb auch die Rüge der unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts unbegründet ist. Das vorliegende Ergebnis ergibt sich in Anwendung der vom Bundesgericht in langjähriger Praxis befolgten Regeln zur Steuerumgehung, weshalb auch der Vorwurf des verpönten Methodendualismus fehl geht. Der Einwand der Beschwerdeführer, der beim Erwerb der Obligation bezahlte Marchzins (09.11.2005 - 24.11.2005) sei nicht zum Abzug zugelassen worden, ist unbehelflich; er betrifft nicht die vorliegend streitige Steuerperiode 2006.
4.6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Aufrechnung der Marchzinsen auf den beiden Obligationen
- USD 200'000 5,5 % Landesbank Baden-Württemberg, 1999-23.02.2006, Valor 198608, und
- CHF 200'000 2,5 % NV Bank Nederlandse Gemeenten, 1999-03.05.2006, Valor 584 273,
unzulässig ist. Insofern ist die Beschwerde begründet und daher gutzuheissen.
Hinsichtlich der Aufrechnung des Marchzinses aus der Obligation
- ISK 23'000'000, 8.0 % Weltbank, 2005-09.11.2007, Valor 002320578,
ist die Beschwerde abzuweisen.
Die Sache ist zur Vornahme der neuen Veranlagung an die Steuerkommission U.________ zurückzuweisen.
5.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den Beschwerdeführern und dem Kantonalen Steueramt anteilmässig aufzuerlegen. Die Beschwerdeführer, die anwaltlich vertreten sind, haben Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 65 f. und 68 BGG).
Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens hat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau neu zu befinden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 7. November 2014 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Veranlagung im Sinne der Erwägungen an die Steuerkommission U.________ zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern mit Fr. 2'000.-- und dem Kanton Aargau mit Fr. 1'000.-- auferlegt.
3.
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'300.-- zu entschädigen.
4.
Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen im kantonalen Verfahren hat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau neu zu entscheiden.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Oktober 2015
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Wyssmann