BGer 2C_642/2015 |
BGer 2C_642/2015 vom 09.11.2015 |
{T 0/2}
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2C_642/2015
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Urteil vom 9. November 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Haag, als Einzelrichter,
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Gerichtsschreiberin Hänni.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Raffaele Rossetti,
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gegen
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Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Vorsorgliche Massnahmen / Einsetzung einer Untersuchungsbeauftragten (Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung),
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Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom 26. Juni 2015.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Mit superprovisorischer Verfügung vom 5. März 2015 verbot die FINMA der X.________ AG generell, ohne Bewilligung eine finanzmarktrechtlich bewilligungspflichtige Tätigkeit auszuüben sowie im Effektenhandel tätig zu sein. Zugleich setzte sie eine Untersuchungsbeauftragte ein, die ermächtigt worden ist, allein und umfassend für die X.________ AG zu handeln und über deren Vermögenswerte zu verfügen. Den Organen der X.________ AG wurde untersagt, ohne Zustimmung der Untersuchungsbeauftragten für die Gesellschaft weitere Rechtshandlungen auszuüben. Eine Korrektur des Handelsregistereintrags wurde vorgenommen. Die FINMA erklärte die Massnahmen für sofort vollstreckbar und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht trat mit Urteil vom 8. Mai 2015 auf eine gegen die superprovisorische Verfügung der FINMA gerichtete Beschwerde der X.________ AG nicht ein. Die FINMA bestätigte ihre superprovisorische Verfügung mit provisorischer Verfügung vom 24. April 2015 und entzog einer allfälligen Beschwerde hiergegen die aufschiebende Wirkung. Auch gegen diese Verfügung wurde, am 27. Mai 2015, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Am 26. Juni 2015 lehnte dieses das Gesuch der X.________ AG um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die provisorische Verfügung der FINMA vom 24. April 2015 ab.
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1.2. Mit Beschwerde vom 30. Juli 2015 beantragt die X.________ AG dem Bundesgericht sinngemäss, die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2015 sei aufzuheben; die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde vom 27. Mai 2015 gegen die provisorische Verfügung der FINMA sei wiederherzustellen. Die Beschwerdeführerin ersucht um aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde ans Bundesgericht.
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Die FINMA beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin hält mit zwei weiteren Eingabe an ihren Anträgen fest. Mit dem vorliegenden instanzabschliessenden Urteil wird das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos (Art. 103 BGG).
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2. |
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Zwischenverfügung über vorsorgliche Massnahmen. Entscheidet eine Behörde über solche Massnahmen, namentlich über die Gewährung oder den Entzug der aufschiebenden Wirkung, tut sie dies aufgrund einer summarischen Prüfung der im Spiel stehenden Interessen, ohne sich vertieft mit den sich stellenden Sach- und Rechtsfragen auseinanderzusetzen. Erst recht auferlegt sich das Bundesgericht bei der Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Interessenabwägung Zurückhaltung. Es hebt einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen nur auf, wenn die beanstandete Interessenabwägung vernünftiger Grundlage entbehrt und nicht nachvollziehbar erscheint, d.h. letztlich unhaltbar bzw. willkürlich ist (s. etwa Urteil 2C_81/2012 vom 27. Januar 2012 E. 2.2). Heute trägt dem das Bundesgerichtsgesetz namentlich dadurch Rechnung, dass Art. 98 BGG die bei der Anfechtung von Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen möglichen Beschwerdegründe auf die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte beschränkt. Dabei gelten die Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG: Die Beschwerde führende Partei hat unter Berücksichtigung der mit Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen verbundenen Besonderheiten gezielt darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch die angefochtene Zwischenverfügung verletzt worden sein sollen: namentlich in Bezug auf Willkür (s. zum Begriff Willkür BGE 138 I 305 E. 4.3 S. 319; 138 III 378 E. 6.1 S. 379 f.; 137 I 1 E. 2.4 S. 5) genügt appellatorische Kritik nicht (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266).
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2.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, ein Zwischenbericht der Untersuchungsbeauftragten weise darauf hin, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2011-2014 Handelsumsätze von jeweils über 5 Milliarden Franken erzielte und sich die Verdachtsmomente hinsichtlich einer kontinuierlichen Überschreitung der Schwellenwerte für eine Bewilligungspflicht scheinbar erhärten würden (vgl. Art. 10 Abs. 1 BEHG [SR 954.1] und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Börsenverordnung [SR 954.11]; FINMA-Rundschreiben 2008/5 Rz. 23), was der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden sei. Die FINMA habe als Aufsichtsbehörde (Art. 3 FINMAG; SR 956.1) die zum Vollzug des Finanzmarktrechts notwendigen Anordnungen zu treffen und die Einhaltung der finanzmarktrechtlichen, gesetzlichen und reglementarischen Vorschriften zu überwachen, wozu auch die Abklärung finanzmarktrechtlicher Bewilligungen gehöre (Art. 6 Abs. 1 FINMAG; BGE 135 II 356 E. 3.1 S. 359 f. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 139 II 279 E. 4.2 S. 285; sog. Unterstellungspflicht). Die Vorinstanz erwog, es bestünden gestützt auf die bislang vorliegenden Akten gewichtige Anzeichen, dass die Beschwerdeführerin einer unterstellungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sein könnte. Die FINMA verfüge - so die Vorinstanz weiter - über ein weites technisches Ermessen. Sie sei befugt, alle notwendigen Verfügungen zu treffen (Art. 5 FINMAG; BGE 135 II 356 E. 3.1 S. 359 f. mit Hinweisen), hierfür Unterlagen und Informationen von der möglicherweise unterstellungspflichtigen Verfahrenspartei zu beschaffen und eine unabhängige und fachkundige Person dafür einzusetzen, einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären (vgl. Art. 36 Abs. 1 FINMAG). Die Vorinstanz erwog vor diesem Hintergrund, es bestehe ein beidseitiges Interesse, dass die FINMA ihren Entscheid hinsichtlich der Frage der Unterstellungspflicht möglichst zeitnah und basierend auf einer möglichst vollständigen Aktenlage fälle. Namentlich sah sie ein Handlungsverbot und die Einsetzung einer Untersuchungsbeauftragten für die Abklärung des Sachverhalts nicht als zum Vornherein unverhältnismässig an, und erblickte angesichts des öffentlichen Interesses und dem beträchtlichen Schädigungspotential von unbewilligt tätigen Finanzinstituten gestützt auf die bisherige Aktenlage kein offensichtlich rechtswidriges und willkürliches Verhalten der FINMA. Sie kam zum Schluss, der Beschwerdeführerin könne
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2.3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), der Eigentumsfreiheit (Art. 26 BV), der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) und einen Verstoss gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV). Mit all diesen im Wesentlichen rein appellatorischen Vorbringen wird nicht aufgezeigt, inwiefern die beanstandete Interessenabwägung in der Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vernünftiger Grundlage entbehrte und nicht nachvollziehbar erschiene, d.h. letztlich unhaltbar bzw. willkürlich sei (vorne E. 2.1). Die Beschwerdeführerin macht unter mehrfacher Nennung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, ihre Argumente seien nicht berücksichtigt worden. Ihren weitgehend auf den Rechtsstreit in der Hauptsache bezogenen Äusserungen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern die angefochtene Zwischenverfügung und die damit vorgenommene Interessenabwägung inhaltlich verfassungswidrig, bzw. in welchen Punkten deren - verfahrensbedingt zulässigerweise kurze - Begründung gehörsverletzend wäre (vgl. Urteil 2C_478/2015 vom 3. Juni 2015 E. 2.2). Angesichts der erstinstanzlich festgestellten Indizien für eine Unterstellungspflicht ist sodann nicht ersichtlich, inwiefern aktuelle Handelszahlen nach der Beschränkung der Geschäftstätigkeit oder die vorinstanzlichen Ausführungen zur Einsetzung einer Untersuchungsbeauftragten in diesem Verfahrensstadium für eine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) oder der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) sprechen würden; diese Frage und weitere Vorbringen im Zusammenhang mit den beanstandeten Beweisabnahmen bilden denn auch primär Gegenstand der noch zu treffenden Endverfügung der FINMA in der Sache selbst. Auch eine Verfassungsverletzung gestützt auf die Ausführungen zu Art. 55 Abs. 2 VwVG ist nicht dargelegt. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift genügen den besonderen Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Es erübrigen sich Ausführungen zu weiteren Eintretensvoraussetzungen, namentlich zu Art. 93 BGG.
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2.4. Nicht einzutreten ist auch auf die Ergänzungen in der Replik, welche die Beschwerdeführerin bereits in der Beschwerdeschrift hätte vortragen können. Diese Vorbringen sind verspätet (Art. 100 Abs. 1 BGG; Art. 43 BGG e contrario).
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3. Die Beschwerde enthält hinsichtlich der strittigen Zwischenverfügung offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Es ist darauf mit Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 und 2 BGG nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind nach Massgabe von Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 BGG der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet.
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Demnach erkennt der Einzelrichter: |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. November 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Einzelrichter: Haag
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Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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