Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img] |
|
|
{T 0/2}
2C_643/2015
|
|
|
Urteil vom 24. November 2015
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Verfahrensbeteiligte
A.-B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Jüsi,
gegen
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.
Gegenstand
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung / Aufenthalt während des Verfahrens,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 8. Juli 2015.
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ (geb. 1985) stammt aus Nigeria und reiste am 2. April 2006 zwecks Vorbereitung der Heirat in die Schweiz ein. Am 24. Juli 2006 heiratete sie einen Schweizer Bürger, worauf ihr eine Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Bern erteilt wurde. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 12. Juli 2007 gerichtlich getrennt und am 10. Juni 2010 geschieden.
A.b. Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte A.________ am 23. Juli 2009 wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG, SR 812.121) sowie versuchter einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten, die bei einer Probezeit von zwei Jahren im Umfang von elf Monaten aufgeschoben wurde.
A.c. Mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9. August 2010 wurde eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung verweigert und A.________ aufgefordert, die Schweiz spätestens am 27. September 2010 zu verlassen.
B.
B.a. Am 23. August 2010 heiratete A.________ (nunmehr A.-B.________) den Schweizer Bürger B.________ und nahm per 1. September 2010 bei diesem in Spreitenbach Wohnsitz. Ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde mit Einspracheentscheid des Migrationsamts des Kantons Aargau vom 12. Mai 2011 abgewiesen, der mit der Abschreibung der dagegen erhobenen Beschwerde am 16. August 2013 rechtskräftig wurde. Der Ministère public de l'arrondissement de Lausanne bestrafte A.-B.________ am 5. Oktober 2011 wegen Fälschung von Ausweisen und rechtswidriger Einreise mit einer Freiheitsstrafe von 15 Tagen.
B.b. Am 18. Mai 2012 wurde der gemeinsame Sohn des Ehepaares geboren, der Schweizer Bürger ist. Mit Verfügung des Bezirksgerichts Baden vom 7. August 2013 wurde die Ehe gerichtlich getrennt und der Sohn unter die Obhut des Ehemannes gestellt. Das Bezirksgericht Baden entzog superprovisorisch am 20. August 2013 und mit Eheschutzentscheid vom 15. Mai 2014 beiden Eltern die Obhut über den Sohn und platzierte diesen fremd. In teilweiser Änderung des Eheschutzentscheids stellte das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 18. September 2014 den Sohn unter die Obhut des Vaters. Der Mutter wurde ein begleitetes Besuchsrecht an zwei Nachmittagen pro Monat zugesprochen. A.-B.________ erhob dagegen Beschwerde an das Bundesgericht, welche mit Urteil vom 4. Mai 2015 abgewiesen wurde (Verfahren 5A_848/2014).
C.
C.a. Am 3. Oktober 2013 stellte A.-B.________ beim Migrationsamt des Kantons Aargau erneut ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Das Migrationsamt wies dieses mit Verfügung vom 19. Dezember 2013 ab, worin sie A.-B.________ aufforderte, die Schweiz umgehend zu verlassen. Die dagegen erhobene Einsprache wurde mit Einspracheentscheid vom 31. März 2014 abgewiesen.
C.b. A.-B.________ erhob dagegen am 30. April 2014 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und stellte darin den Antrag, es sei ihr für die Dauer des Beschwerdeverfahrens der Aufenthalt zu bewilligen. Dieser Antrag wurde mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 10. Juni 2014 abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesgericht mit Urteil vom 12. August 2014 abgewiesen (Verfahren 2C_581/2014). In der Folge gestellte Anträge um Erstreckung der Ausreisefrist oder wiedererwägungsweise vorsorgliche Gestattung des Aufenthalts wurden vom Amt für Migration und Integration sowie vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau jeweils abschlägig beantwortet.
C.c. In der Sache wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 8. Juli 2015 die Beschwerde ab, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
D.
A.-B.________ erhebt mit Eingabe vom 30. Juli 2015 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, ihr eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Zudem beantragt sie Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
Das Verwaltungsgericht und das Migrationsamt des Kantons Aargau sowie das Staatssekretariat für Migration beantragen Abweisung der Beschwerde.
Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 31. Juli 2015 wurde der Beschwerde - antragsgemäss - die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit Eingabe vom 28. September 2015 beantragt A.-B.________ die Sistierung des Verfahrens bis zum Vorliegen des erstinstanzlichen Scheidungsurteils. Diesen Antrag wies der Abteilungspräsident mit Verfügung vom 30. September 2015 ab.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG ) ist zulässig, sofern die Beschwerdeführerin einen bundes- oder völkerrechtlichen Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung in vertretbarer Weise geltend macht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; BGE 139 I 330 E. 1.1 S. 332). Ein bundesrechtlicher Anspruch wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin macht jedoch in vertretbarer Weise einen Anspruch gestützt auf Art. 8 EMRK geltend, so dass auf die Beschwerde einzutreten ist. Ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht, ist Sache der materiellen Beurteilung.
2.
2.1. Das Bundesgericht prüft frei die richtige Anwendung von Bundesrecht und Völkerrecht ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Die Verletzung von Grundrechten mit Einschluss der aus der EMRK fliessenden Rechte prüft es jedoch nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Wird keine rechtsgenügliche Rüge erhoben, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich, ist (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ). Da es sich dabei um eine Grundrechtsrüge handelt, muss sie entsprechend den Anforderungen von Art 106 Abs. 2 BGG vorgebracht werden; rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).
3.
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde unter "Sachverhalt" sowie vereinzelt auch in den folgenden Abschnitten Ausführungen zum Sachverhalt, legt aber nicht dar, dass und inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig oder rechtsverletzend erfolgt sein soll. Von dieser ist folglich auszugehen.
4.
4.1. Die Vorinstanz hat die Beschwerde mit mehreren Begründungen abgewiesen: Zunächst erwog sie, die Beschwerdeführerin könne die Beziehung zu ihrem Sohn im Rahmen des ihr eingeräumten Besuchsrechts leben, so dass die Verweigerung des Aufenthalts einen Eingriff in das durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützte Familienleben darstelle. Aufgrund der Verurteilung zu einer 22-monatigen Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmitteldelikten sei jedoch von einem sehr gewichtigen öffentlichen Interesse an der Verweigerung des Aufenthalts auszugehen. Seit den letzten Delikten (24. September 2008) sei es nicht zu gravierenden Verfehlungen gekommen, doch habe sich die Beschwerdeführerin seit Ende 2010 ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufgehalten und sei am 5. Oktober 2011 wegen Fälschung von Ausweisen und rechtswidriger Einreise zu einer Freiheitsstrafe von 15 Tagen verurteilt worden. Die Beschwerdeführerin habe ihr Besuchsrecht zum Sohn während der Dauer der Fremdplatzierung im Heim (zuletzt an zwei Vormittagen pro Woche insgesamt 4 1/2 Stunden) regelmässig wahrgenommen. Hauptbezugspersonen des Sohns seien jedoch die Betreuungspersonen im Heim gewesen. Seit dem 4. Mai 2015 verfüge sie aufgrund der Entscheide der Zivilgerichte nur noch über ein begleitetes Besuchsrecht von zwei Nachmittagen pro Monat. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht in der Lage, den Sohn finanziell zu unterstützen. Ihr Anteil an der Betreuung des Sohnes sei nicht dergestalt, dass hierfür ihre Anwesenheit in der Schweiz erforderlich wäre. Der Kontakt mit dem Sohn wäre vom Heimatland her zwar nur noch erschwert möglich. Die Beschwerdeführerin halte sich aber bereits seit Ende September 2010 ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz auf, worauf sie verschiedentlich hingewiesen worden sei. Sie habe bereits im Zeitpunkt der Heirat nicht damit rechnen dürfen, ihr Familienleben in der Schweiz führen zu können und hätte das Verfahren betreffend Erteilung der Aufenthaltsbewilligung im Ausland abwarten müssen. Die Beschwerdeführerin habe sich jahrelang über ihre nicht vorhandene Aufenthaltsbewilligung hinweggesetzt und verdiene in ihrem rechtswidrigen Verhalten keinen Schutz.
Weiter erwog die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin sei erst im Alter von 20 Jahren in die Schweiz gelangt und halte sich seit neun Jahren hier auf, wovon aber teilweise während des Strafvollzugs und seit 2010 ohne Aufenthaltsbewilligung. Sie habe sich 2013 für mehrere Wochen mit ihrem Sohn in der Heimat aufgehalten und verfüge dort offensichtlich noch über persönliche Kontakte. Insgesamt überwiege das öffentliche Interesse an einer Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung.
4.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf ihre durch Art. 8 EMRK geschützte Beziehung zu ihrem Sohn. Sie bringt vor, sie sei im zivilrechtlichen Verfahren in Bezug auf die Obhut nur aufgrund ihres unsicheren Aufenthaltsstatus unterlegen. Der Aufenthaltsstatus sei aber nur deshalb unsicher gewesen, weil sich das migrationsrechtliche Verfahren ungewöhnlich lange hingezogen habe und ihr auch kein Aufenthaltsrecht während des Verfahrens erteilt worden sei. Wäre ihr ein vorläufiger Aufenthalt bewilligt worden, so hätte sie die Obhut zugesprochen erhalten, so dass sich die Grundlagen für den Aufenthaltsanspruch heute anders präsentieren würden. Ihre Verurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten schliesse nicht aus, dass sich die Ausweisung als unverhältnismässig erweise; seit der nicht ausserordentlichen schwerwiegenden Tatbegehung seien sieben Jahre vergangen, so dass eine günstige Prognose gestellt werden könne; sie habe sich seither wohl verhalten. Dies müsse im Rahmen der Ermessensausübung (Art. 96 AuG) berücksichtigt werden.
Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe immer noch das Sorgerecht über ihr Kind, nur das Obhutsrecht sei ihr vorsorglich entzogen. Sofern sie ein Aufenthaltsrecht hätte, würde ihr als fürsorglicher und vorbildlicher Mutter auch das Obhutsrecht erteilt. Von Nigeria aus könnte sie den Kontakt zum Kind nicht mehr pflegen. Eine Aufenthaltsbewilligung würde ihr erlauben, die Beziehung zum Kind zu pflegen und auch wirtschaftlich für das Kind zu sorgen. Seit der Geburt ihres Sohnes sei es ihr nicht mehr zumutbar gewesen, im Ausland zu leben, so dass sie berechtigten Grund zur Annahme gehabt habe, gestützt auf Art. 8 EMRK bei ihrem Sohn in der Schweiz verbleiben zu dürfen. Es sei auch im Interesse des Kindswohls geboten, dass sie in der Schweiz leben könne.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin argumentiert über weite Strecken, wie wenn es darum ginge, ihr ein bestehendes Aufenthaltsrecht zu entziehen. Sie verkennt damit, dass ihr bereits mit dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9. August 2010 eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung verweigert wurde und sie spätestens am 27. September 2010 die Schweiz hätte verlassen müssen. Aufgrund ihrer erneuten Heirat mit einem Schweizer Bürger am 23. August 2010 hätte sie zwar grundsätzlich wieder einen Anspruch auf Bewilligung gehabt (Art. 42 Abs. 1 AuG), doch war dieser aufgrund der rund ein Jahr zuvor erfolgten Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe erloschen (Art. 51 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. a und Art. 62 lit. b AuG ). Die in der Folge gestellten Gesuche um erneute Aufenthaltsbewilligung ermächtigten sie daher nicht zum Aufenthalt in der Schweiz (Art. 17 AuG; BGE 139 I 37 E. 3.5.1 e contrario), was ihr zu wiederholten Malen von verschiedenen Instanzen, u.a. auch vom Bundesgericht entgegengehalten wurde (Urteil vom 12. August 2014).
Die Beschwerdeführerin hat sich jedoch über das Gesetz und sämtliche rechtskräftige Entscheide und Gerichtsurteile hinweggesetzt und hält sich seit Herbst 2010 unrechtmässig in der Schweiz auf. Es kann nicht angehen, dass Personen, die sich über das Gesetz und rechtskräftige Urteile hinwegsetzen,
einzig aus diesem Grundeinen Vorteil ziehen können, den sie nicht hätten, wenn sie sich rechtmässig verhalten hätten, würde doch sonst rechtswidriges Verhalten belohnt.
Die Situation der Beschwerdeführerin ist daher so zu beurteilen, wie wenn sie im September 2010 die Schweiz verlassen hätte; es geht mithin nicht um den Entzug einer bestehenden Aufenthaltsberechtigung, sondern um die Frage, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung hat. Diese Konstellation unterscheidet sich im Lichte von Art. 8 EMRK von derjenigen, in welcher eine bestehende Aufenthaltsberechtigung entzogen wird; die Kriterien, die in der Rechtsprechung für die Zulässigkeit eines Entzugs einer bestehenden Aufenthaltsberechtigung entwickelt worden sind und auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, lassen sich nicht unbesehen auf die Situation einer Person übertragen, die erst ein Gesuch um Aufenthalt stellt; in einer derartigen Konstellation geht es nicht um die Rechtfertigung eines Eingriffs, sondern vielmehr um die Frage, ob die Staaten eine "obligation positive" haben, eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen (Urteil des EGMR [Grosse Kammer] 12738/10 vom 3. Oktober 2014 i.S. Jeunesse g. Niederlande, § 104 f.).
5.2. Art. 8 EMRK garantiert das Familienleben, gibt aber grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufenthalt in einem Konventionsstaat (vgl. BGE 140 I 145 E. 3.1 S. 146 f.; BGE 139 I 37 E. 3.5.1 S. 47 f.; 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250 f.; 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.; Urteil des EGMR de Souza Ribeiro gegen Frankreich vom 13. Dezember 2012 [22689/07], § 77; je mit Hinweisen). Auch wenn eine durch Art. 8 EMRK geschützte familiäre Beziehung vorliegt, folgt daraus nicht ohne weiteres, dass sich eine ausländische Person im Heimat- oder Wohnortstaat ihrer Familienangehörigen aufhalten darf; die Konventionsstaaten haben vielmehr das Recht, die Einwanderung zu kontrollieren (zit. Urteil Jeunesse, § 100). Sie dürfen dabei auch dem Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik Rechnung tragen (BGE 138 I 246 E. 3.2.2 S. 251 f.; 137 I 247 E. 4.1.2 S. 249; 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156). Auch wenn die ausländische Person ein Gesuch um Aufenthalt stellt, sind die Konventionsstaaten nicht verpflichtet, den Aufenthalt während der Dauer des Einwanderungsverfahrens zu dulden (zit. Urteil Jeunesse, § 101); wenn der Staat während der Dauer des Gesuchsverfahrens den Aufenthalt vorläufig toleriert, folgt daraus kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung und grundsätzlich auch keine berechtigte Hoffnung auf eine solche (zit. Urteil Jeunesse, § 103).
5.3. Zur Frage, ob die Konventionsstaaten im Falle von Familienbeziehungen eine "obligation positive" zur Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen haben, hat der EGMR ausgeführt (zit. Urteil Jeunesse, § 107 f.) :
107. En matière d'immigration, l'article 8 ne saurait s'interpréter comme comportant pour un État l'obligation générale de respecter le choix, par les couples mariés, de leur pays de résidence et de permettre le regroupement familial sur le territoire de ce pays. Cela étant, dans une affaire qui concerne la vie familiale aussi bien que l'immigration, l'étendue de l'obligation pour l'État d'admettre sur son territoire des proches de personnes qui y résident varie en fonction de la situation particulière des personnes concernées et de l'intérêt général. Les facteurs à prendre en considération dans ce contexte sont la mesure dans laquelle il y a effectivement entrave à la vie familiale, l'étendue des attaches que les personnes concernées ont dans l'État contractant en cause, la question de savoir s'il existe ou non des obstacles insurmontables à ce que la famille vive dans le pays d'origine de l'étranger concerné et celle de savoir s'il existe des éléments touchant au contrôle de l'immigration (par exemple, des précédents d'infractions aux lois sur l'immigration) ou des considérations d'ordre public pesant en faveur d'une exclusion (Butt, précité, § 78).
108. Il importe également de tenir compte du point de savoir si la vie familiale a débuté à un moment où les individus concernés savaient que la situation de l'un d'entre eux au regard des lois sur l'immigration était telle que cela conférait d'emblée un caractère précaire à la poursuite de cette vie familiale dans l'État d'accueil. En vertu d'une jurisprudence constante de la Cour, lorsque tel est le cas ce n'est en principe que dans des circonstances exceptionnelles que l'éloignement du membre de la famille ressortissant d'un pays tiers emporte violation de l'article 8 (Abdulaziz, Cabales et Balkandali c. Royaume-Uni, 28 mai 1985, § 68, série A no 94, Mitchell c. Royaume-Uni (déc.), no 40447/98, 24 novembre 1998, Ajayi et autres c. Royaume-Uni (déc.), no 27663/95, 22 juin 1999, M. c. Royaume-Uni (déc.), no 25087/06, 24 juin 2008, Rodrigues da Silva et Hoogkamer, précité, § 39, Arvelo Aponte, précité, §§ 57-58, et Butt, précité, § 78).
Eine besondere Situation liegt vor, wenn Kinder betroffen sind (zit. Urteil Jeunesse, § 109) :
109. Lorsque des enfants sont concernés, il faut prendre en compte leur intérêt supérieur (Tuquabo-Tekle et autres c. Pays-Bas, no 60665/00, § 44, 1er décembre 2005 ; mutatis mutandis, Popov c. France, nos 39472/07 et 39474/07, §§ 139-140, 19 janvier 2012 ; Neulinger et Shuruk, précité, § 135, et X c. Lettonie [GC], no 27853/09, § 96, CEDH 2013). Sur ce point particulier, la Cour rappelle que l'idée selon laquelle l'intérêt supérieur des enfants doit primer dans toutes les décisions qui les concernent fait l'objet d'un large consensus, notamment en droit international (Neulinger et Shuruk, précité, § 135, et X c. Lettonie, précité, § 96). Cet intérêt n'est certes pas déterminant à lui seul, mais il faut assurément lui accorder un poids important. Pour accorder à l'intérêt supérieur des enfants qui sont directement concernés une protection effective et un poids suffisant, les organes décisionnels nationaux doivent en principe examiner et apprécier les éléments touchant à la commodité, à la faisabilité et à la proportionnalité d'un éventuel éloignement de leur père ou mère ressortissants d'un pays tiers.
Auch dann besteht aber nicht automatisch ein Anspruch auf Bewilligung; insbesondere wenn die Behörden vor vollendete Tatsachen - ein fait accompli - gestellt worden sind, ist eine Entfernungsmassnahme nur in "des circonstances exceptionelles" mit Art. 8 EMRK unvereinbar (zit. Urteil Jeunesse, § 114).
Die Situation der Beschwerdeführerin ist insofern mit derjenigen im Urteil Jeunesse vergleichbar, als es um eine ausländische Person geht, die bisher im betreffenden Staat keine Aufenthaltsberechtigung hat, sich aber faktisch bereits dort aufhält und in Kenntnis ihres prekären Aufenthaltsstatuts eine Familie gegründet hat. Wie dargelegt, ergibt sich in solchen Konstellationen grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung, unter Vorbehalt der Kindesinteressen.
5.4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der nicht sorge- bzw. obhutsberechtigte ausländische Elternteil die familiäre Beziehung mit seinem Kind von vornherein nur in beschränktem Rahmen pflegen, nämlich durch Ausübung des ihm eingeräumten Besuchsrechts. Um dieses wahrnehmen zu können, ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der ausländische Elternteil dauerhaft im selben Land wie das Kind lebt und dort über ein Anwesenheitsrecht verfügt. Unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf Familienleben (Art. 8 Ziff. 1 EMRK) ist es grundsätzlich ausreichend, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von Kurzaufenthalten vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei allenfalls die Modalitäten des Besuchsrechts entsprechend auszugestalten sind. Ein weitergehender Anspruch kann nur dann in Betracht fallen, wenn in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung zum Kind besteht, diese Beziehung wegen der Distanz zum Heimatland des Ausländers praktisch nicht aufrechterhalten werden könnte und das bisherige Verhalten des Ausländers in der Schweiz zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat (BGE 139 I 315 E. 2.2 S. 319). Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichts macht dabei einen Unterschied zwischen denjenigen Fällen, in denen es um die Weiterführung eines bisherigen Aufenthalts nach gescheiterter Ehe (im Rahmen von Art. 50 AuG) geht und denjenigen, in denen es um eine neue Bewilligung zur Einreise oder bei illegalem Aufenthalt geht (BGE 139 I 315 E. 2.4 S. 320 f.; Urteil 2C_ 648/2014 vom 6. Juli 2015 E. 3.4). Ungeachtet einer solchen Differenzierung ist vorliegend keines dieser Kriterien erfüllt: Die Beschwerdeführerin verfügt nur über ein weit unterdurchschnittliches Besuchsrecht und ist nicht in der Lage, ihren Sohn finanziell zu unterstützen. Zudem hat sie sich nicht tadellos verhalten (vgl. vorne lit. A.b und B.a.).
5.5. Im zit. Urteil Jeunesse hat der EGMR in der Verweigerung einer Bewilligung eine Verletzung von Art. 8 EMRK erblickt (§§ 115-123); ausschlaggebend war erstens und vor allem, dass die ausländische Person in intakter Ehe- und Familiengemeinschaft mit ihrem Mann und drei Kindern lebte, die alle die niederländische Staatsangehörigkeit hatten. Zweitens hatte sie seit 16 Jahren in den Niederlanden gelebt, ohne sich strafbar gemacht zu haben, wobei die Behörden in dieser Zeit ihren Aufenthalt faktisch toleriert hatten. Drittens wäre es dem Ehemann und den Kindern der betroffenen Frau zwar nicht gerade unmöglich gewesen, im Heimatland der Mutter zu leben, doch hätte dies ihnen eine eher schwierige Situation verursacht. Viertens trug der EGMR dem Umstand Rechnung, dass die Mutter die tägliche Sorge über die in den Niederlanden verwurzelten Kinder ausübte, während ihr Ehemann berufstätig und häufig abwesend war. Unter Berücksichtigung dieser kumulativen Umstände kam der EGMR zum Ergebnis, dass die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung Art. 8 EMRK verletzte (§§ 115-123).
Der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich in mehrfacher und wesentlicher Beziehung vom Fall Jeunesse: Die Beschwerdeführerin lebt nicht in intakter Familienbeziehung zu Ehemann und Kind. Sie lebt auch nicht seit langer Zeit unbescholten und faktisch toleriert in der Schweiz. Im Gegenteil wurde sie wegen eines Verbrechens verurteilt; sie wurde gerichtlich aus der Schweiz weggewiesen und es wurde ihr auch später wiederholt von verschiedenen Behörden und Gerichten klargemacht, dass sie die Schweiz zu verlassen habe. Daraus, dass die Behörden bisher darauf verzichtet haben, die Wegweisung zwangsweise zu vollziehen, kann sie nichts zu ihren Gunsten ableiten: Die ausländische Person, die weggewiesen ist, hat in erster Linie selber auszureisen, was der Beschwerdeführerin ohne weiteres möglich gewesen wäre: Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz hielt sie sich im Jahre 2013 für mehrere Wochen in der Heimat auf und besass sie bis Juli 2014 einen gültigen Reisepass; anschliessend war ein Wegweisungsvollzug faktisch nicht möglich, weil die heimatliche Botschaft keine Ersatzreisedokumente ausstellte. In dieser Konstellation konnte die Beschwerdeführerin nie in guten Treuen davon ausgehen, dass sie ein Familienleben in der Schweiz würde leben können; sie ging vielmehr ihr familiäres Verhältnis in Kenntnis ihres prekären Status ein. Anders als im Fall Jeunesse übt die Beschwerdeführerin auch nicht die tägliche Sorge und Obhut über das Kind aus: Dieses lebt vielmehr seit seinem zweiten Altersjahr in einem Heim und nunmehr in der Obhut des Vaters. Die Beschwerdeführerin hat bloss ein weit unterdurchschnittliches und begleitetes Besuchsrecht. Sie nimmt dieses zwar zuverlässig wahr, doch ist sie schon aus zivilrechtlichen Gründen nicht zur Hauptbezugsperson des Sohnes geworden.
5.6. Zu Unrecht beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass ihr nur mit Rücksicht auf ihren unsicheren ausländerrechtlichen Zustand die Obhut entzogen worden sei: Erstens war der ausländerrechtliche Zustand zu keinem Zeitpunkt unsicher, sondern es war seit vielen Jahren klar, dass die Beschwerdeführerin keine Aufenthaltsberechtigung besass. Zweitens hat sie ihren prekären Status und auch die daherige Beeinträchtigung der Beziehung zum Sohn ausschliesslich selber zu verantworten: Wäre sie bereits im September 2010 ausgereist, wozu sie rechtlich verpflichtet war, so hätte sie das Kind in ihrer Heimat gebären und dort die mütterliche Beziehung zu ihm leben können.
5.7. Unter diesen Umständen kann schliesslich die Beschwerdeführerin auch aus dem von ihr angerufenen EGMR-Urteil Polidario g. Schweiz vom 30. Juli 2013 (33169/10) nichts ableiten: In jenem Fall ging es um eine Philippinin, die im Zeitpunkt der Geburt ihres Sohnes in der Schweiz gelebt hatte. Nachdem sie sich mit dem Kindsvater überworfen hatte und aus der Schweiz weggewiesen worden war, kehrte sie zusammen mit ihrem Sohn in die Philippinen zurück, von wo aber der Vater später das Kind unter nicht ganz geklärten Umständen in die Schweiz zurückholte. Danach entspann sich ein zivilrechtlicher Streit zwischen den Eltern um das Sorge- und Obhutsrecht über den Sohn; dieser Streit zog sich während mehrerer Jahre hin, in denen die Mutter erfolglos Gesuche um Rückführung des Kindes oder um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellte. Es war der Mutter daher während des jahrelangen Zivilstreits unmöglich, das ihr rechtlich nach wie vor zustehende Sorge- und Obhutsrecht auszuüben. In der Folge wurde die Obhut dem Vater zugesprochen und der Mutter ein Besuchsrecht eingeräumt, das sie aufgrund der zivilrechtlichen Regelung aber nur in der Schweiz ausüben durfte; umgekehrt hatte sie ausländerrechtlich keine Bewilligung, um das Besuchsrecht auszuüben. Der EGMR stellte eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest (zit. Urteil Polidario §§ 70-78) : Der entscheidende Punkt für den EGMR war hier, dass die schweizerischen Behörden im Ergebnis während rund sechs Jahren - insbesondere aufgrund der langen Dauer des Zivilrechtsstreits - den Kontakt der Mutter mit dem Kind völlig verunmöglicht hatten und damit ihre "obligation positive" nicht wahrgenommen hatten, angemessene Massnahmen zu treffen, um die Beziehungen zwischen Mutter und Kind aufrechtzuerhalten (§ 77). Wie diese angemessenen Massnahmen auszusehen haben, liess der EGMR aber offen. Diese hätten auch darin bestehen können, den zivilrechtlichen Streit rascher zu entscheiden, die Rückkehr des Kindes zur (zunächst) sorgeberechtigten Mutter in die Philippinen anzuordnen oder sodann durch eine angepasste Ausgestaltung des Besuchsrechts den Kontakt zu ermöglichen. Aus dem Urteil Polidario kann daher entgegen der offenbaren Auffassung der Beschwerdeführerin nicht ein Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung des Besuchsrechts abgeleitet werden. Die angemessenen Massnahmen zur Ermöglichung des Kontakts können insbesondere auch in einer angemessenen Ausgestaltung des Besuchsrechts bestehen (Urteil 2C_ 648/2014 vom 6. Juli 2015 E. 3.4).
6.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.
Bei diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG), zumal die Beschwerdeführerin ihre aussichtslose Beschwerde wesentlich auf Umstände stützt, die sich nur deshalb verwirklichen konnten, weil sie wiederholt rechtskräftige Entscheide und Urteile missachtet hatte.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. November 2015
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein