Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
8C_487/2015
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Urteil vom 30. November 2015
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiber Jancar.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Grimmer,
Beschwerdeführerin,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang; Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Mai 2015.
Sachverhalt:
A.
Die 1980 geborene A.________ war seit 24. August 2007 als arbeitslos gemeldet und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 22. November 2007 wurde sie als Fussgängerin von einem Auto angefahren. Hierbei erlitt sie eine laterale Tibiakopfspalt-Impressionsfraktur und eine Schädelprellung mit Rissquetschwunde supraorbital rechts. Die SUVA kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Am 27. November 2007 wurde die Versicherte im Spital B.________ am Knie rechts operiert (offene Reposition, Spongiosaplastik und Plattenosteosynthese am lateralen Tibiakopf rechts). In diesem Spital erfolgten im April 2008 eine Arthroskopie und am 6. November 2008 die Osteosynthesematerialentfernung am Knie rechts. Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparats, nahm am 24. April 2009 eine Arthroskopie mit Knorpelglättung lateral/Gelenktoilette, am 29. Mai 2009 eine infrakondyläre zuklappende Varisations-Osteotomie und am 5. März 2010 eine Arthroskopie mit Osteosynthesematerialentfernung an der proximalen Tibia, Patellazentrierung durch medialen Release, lateraler Retinaculum-Raffung und Narbenkorrektur am Knie rechts vor. Am 7. Juni 2011 wurde im D.________, eine Kniearthroskopie rechts (mit Innen- und Aussenmeniskusteilresektion, Reduktion der tibialen Gelenksstufe nach proximaler Tibiafraktur, Teilsynovektomie, Entfernung freier Gelenkkörper, Knorpelglättung retropatellär und im Bereich beider Belastungszonen, Einlage einer Redon-Drainage) durchgeführt. Mit Verfügung vom 10. August 2012 sprach die SUVA der Versicherten ab 1. August 2012 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 13 % und eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 17 % zu. Mit Einspracheentscheid vom 25. Juli 2013 änderte die SUVA die Verfügung dahingehend ab, dass die Versicherte Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 20 % (statt 17 %) habe. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab.
B.
In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde änderte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid insoweit ab, als es feststellte, dass die Versicherte Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bei einer 30%igen Integritätseinbusse habe. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 15. Mai 2015).
C.
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte, ab 1. August 2012 sei ihr eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 57 % (entsprechend Fr. 1'849.- zuzüglich Teuerungszulage pro Monat) sowie eine Integritätsentschädigung bei einer 40%igen Integritätseinbusse (entsprechend Fr. 42'720.-) zu bezahlen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
D.
Die invalidenversicherungsrechtliche Streitigkeit ist Gegenstand des Parallelverfahrens 8C_486/2015, das ebenfalls mit heutigem Rückweisungsurteil erledigt wurde.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
2.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den Rentenanspruch (Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 Satz 1 UVG ), den Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), den Anspruch auf Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Abs. 1 und 2 UVG ; BGE 124 V 29 E. 1 S. 31, 115 V 147) und den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die Berichte der Dres. med. E.________, Facharzt für Chirurgie FMH, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparats, und F.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparats, beide SUVA Versicherungsmedizin, vom 6. Mai 2013, 22. Juli 2013, 28. Oktober 2013 und 28. April 2014 erfüllten die praxisgemässen Anforderungen an eine medizinische Expertise, weshalb darauf abzustellen sei. Demnach könne die Versicherte keine kniebelastende Tätigkeit mehr verrichten, aber eine angepasste Tätigkeit noch vollzeitlich ausüben. Dr. med. G.________, Spezialarzt FMH für Orthopädische Chirurgie, begründe in den Berichten vom 30. August 2012, 31. Mai 2013, 4. September 2013, 14. März 2014 und 9. Juli 2014 die von ihm postulierte 50%ige Arbeitsunfähigkeit einzig damit, die Versicherte bedürfe vermehrter Pausen, müsse sie doch auch beim unbelasteten normalen Stehen, Gehen und Sitzen - wegen Schmerzen - nach gut 10 Min. die Haltung wechseln und liessen sich diese längerfristig nicht allein dadurch beherrschen; nötig seien längere Pausen der vollständigen Entlastung, in denen sie liegen müsse. Dr. med. G.________ könne nicht gefolgt werden. Die Ärzte seien sich einig, dass nach 15 Min. grundsätzlich ein Haltungswechsel nötig werde. Gehe man von der Zumutbarkeit einer grundsätzlich sitzenden Tätigkeit aus, welche die Möglichkeit biete, aufzustehen (z.B. mit Arbeit an einem Stehpult) und umherzugehen, könne die Versicherte durch Verwendung einer Beinstütze auch während der Arbeit (z.B. am Computer oder am Telefon) die Position einnehmen, die Dr. med. G.________ verlange und eine gestreckte Beinhaltung ermögliche. Dass es ihr sehr wohl möglich sei, das Bein auch längerdauernd in sitzender Haltung zu belassen, zeige der Umstand, dass sie regelmässig nach Portugal reise. Der Flug dauere - sofern sie nicht gar den Landweg benutze - 2 1/2 Stunden. Die Integritätsentschädigung sei entgegen den Dres. med. E.________ und F.________ - die von einer 20%igen Integritätseinbusse ausgegangen seien - und G.________ - der eine 40%ige Integritätseinbusse postuliert habe - auf 30 % festzulegen.
4.
4.1.
4.1.1. Zwischen den Beurteilungen der Dres. med. E.________ und F.________ einerseits sowie G.________ andererseits besteht eine erhebliche Diskrepanz nicht nur bezüglich des Grades der Arbeitsfähigkeit und der Integritätseinbusse, sondern auch hinsichtlich der Befunde. Unter anderem ist die Schwere der Kniearthrose rechts umstritten. Zudem ging Dr. med. G.________ von einer relevanten Beinverkürzung rechts von gut 2 cm aus, während die Dres. med. E.________ und F.________ ausführten, es liege weder eine reelle noch eine funktionelle Beinverkürzung vor.
4.1.2. Weiter erachtete Dr. med. G.________ die von der Versicherten angeführten Beschwerden im rechten Fuss (oberen Sprunggelenk [OSG]), in der rechten Hüfte, im Iliosakralgelenk (ISG) sowie im Rücken wegen unfallbedingter Fehlbelastung als unfallkausal (zum Zusammenhang zwischen unfallbedingter Fehlbelastung und Rückenbeschwerden vgl. RKUV 2003 Nr. U 487 S. 337 [U 38/01]). Die Fussproblematik rechts wurde auch von den Dres. med. E.________ und F.________ als unfallkausal anerkannt.
Hingegen führten die beiden Letzteren aus, sie hätten bei der Versicherten statische Veränderungen im Rückenbereich gefunden, namentlich eine ventrale Beckenkippung, eine lumbale Hyperlordose und einen thorakalen Flachrücken; hierbei handle es sich um wachstumsbedingte, oft familiäre Formvarianten des Achsenskeletts, die gehäuft zur Schmerzproblematik im Rücken und im ISG führten; der ganze Beschwerdekomplex sei überwiegend wahrscheinlich nicht Folge des Unfalls vom 22. November 2007, sondern dieser Haltungsveränderungen des Achsenskeletts. Zu diesem von der Versicherten bereits vorinstanzlich geltend gemachten Beschwerdenkomplex führte die Vorinstanz ohne nähere Begründung lediglich aus, die Unfallkausalität der Rückenproblematik sei nicht erstellt; damit hat sie im Lichte der Aktenlage ihre Begründungspflicht (hierzu vgl. BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237) nicht erfüllt.
Soweit die Vorinstanz auf den Bericht des Kreisarztes Dr. med. H.________, Facharzt FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 14. Juni 2010 verwies, der von ganztägiger Arbeitsfähigkeit in leidensangepasster Tätigkeit ausging, ist festzuhalten, dass bereits Dr. med. I.________, Facharzt für Chirurgie FMH, Unfallchirurgie, Sportmedizin, Orthopädische Chirurgie, in Kenntnis dieses Berichts lediglich eine ca. 50%ige Arbeitsfähigkeit attestierte (Bericht vom 23. November 2010).
4.1.3. Weiter ist entgegen der Vorinstanz festzuhalten, dass die Berichte der SUVA-Ärzte Dres. med. E.________ und F.________ nicht im gesetzlich vorgesehenen Verfahren für die Anordnung von Gutachten eingeholt wurden (vgl. Art. 44 ATSG; BGE 137 V 210), weshalb sie auch nicht als solche gewertet werden können. Diesen Berichten kommt vielmehr der Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher Feststellungen zu. Gleiches gilt für den Bericht des SUVA-Kreisarztes Dr. med. H.________ vom 14. Juni 2010. Wenn auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit versicherungsinterner ärztlicher Berichte bestehen, ist eine versicherungsexterne Begutachtung anzuordnen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229 mit Hinweis). Solche Zweifel bestehen aufgrund der Ausführungen des von der Versicherten ins Feld geführten Dr. med. G.________ allemal. Dieser ist nicht ihr behandelnder Arzt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, er argumentiere aufgrund auftragsrechtlicher Vertrauensstellung im Zweifelsfall eher zu ihren Gunsten (BGE 135 V 465 E. 4.5. S. 470).
4.2. Hinsichtlich der Integritätsentschädigung war selbst die Vorinstanz von der Einschätzung der Dres. med. E.________ und F.________ nicht überzeugt (E. 3 hievor).
4.3. Vorinstanzlich legte die Versicherte einen Bericht der Frau Dr. med. J.________, Neurologie FMH, vom 26. August 2014 auf. Hierin wurde ausgeführt, die elektrophysiologischen Befunde zeigten eine leichtgradige axonale Läsion des N. peronaeus superficialis rechts. Ursache der residualen neuropathischen Beschwerden im proximalen Anteil des rechten lateralen Unterschenkels sei eine leichtgradige Neuropathie des N. peronaeus superficialis rechts. Zu diesem Bericht nahm die SUVA vorinstanzlich Stellung und verwies auf eine orthopädisch-chirurgische und neurologische Beurteilung vom 23. Oktober 2014; diese Beurteilung liegt aber nicht bei den Akten, auch nicht bei denjenigen der Invalidenversicherung. Die Vorinstanz erwähnte zwar den Bericht der Frau Dr. med. J.________ vom 26. August 2014, nahm aber zu der dort angeführten neurologischen Problematik materiell nicht Stellung, wie die Versicherte zu Recht rügt.
4.4. Die Versicherte bringt vor, sie unternehme ausschliesslich Flugreisen nach Portugal. Bei solchen Flügen müsse lediglich während der ca. 10 bis max. 15-minütigen Start- und Landephase gesessen werden. Dazwischen könne sie aufstehen und ein paar Schritte gehen. Der Flug dauere in etwa wie die von Dr. med. G.________ empfohlene Arbeitszeit, die sie an einen Stück leisten könne. Längere Bus- oder Autofahren unternehme sie nicht. Da Gegenteiliges nicht bewiesen ist, ist der vorinstanzliche Verweis auf die Reisen der Versicherten nicht stichhaltig.
4.5. Nach dem Gesagten kann auf die Beurteilungen der versicherungsinternen Ärzte Dres. med. E.________, F.________ und H.________ nicht abgestellt werden. Die Angaben der von der Versicherten angerufenen Berichte der Dres. med. G.________ und J.________ können ebenfalls nicht als Beurteilungsgrundlage dienen. Demnach ist die Sache an die SUVA zurückzuweisen, damit sie eine versicherungsexterne medizinische Begutachtung der Versicherten veranlasse und gestützt hierauf über ihren Leistungsanspruch neu verfüge.
5.
Die unterliegende SUVA trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG ; BGE 141 V 281 E. 11.1 S. 312).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Mai 2015 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 25. Juli 2013 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die SUVA zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 30. November 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Der Gerichtsschreiber: Jancar