BGer 2C_321/2015 |
BGer 2C_321/2015 vom 22.12.2015 |
{T 0/2}
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2C_321/2015
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Urteil vom 22. Dezember 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Haag,
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Gerichtsschreiber Wyssmann.
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Verfahrensbeteiligte |
1. A.________ SA,
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2. B.________, B.________ Weine,
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3. C.________, C.________ Weine,
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4. D.________ AG,
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Beschwerdeführer, alle vier vertreten durch Diego Clavadetscher Rechtsanwalt,
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Sonja Bossart Meier, Rechtsanwältin,
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gegen
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Eidgenössische Steuerverwaltung.
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Gegenstand
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Mehrwertsteuer 2010,
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Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 26. Februar 2015.
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Sachverhalt: |
A. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV erliess am 25. Juni 2014 u.a. folgende Verfügung:
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1. " Die Einzelfirma B.________ [...] wird rückwirkend auf den 1.1.2005 aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen gelöscht.
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2. Die Einzelfirma C.________ [...] wird rückwirkend auf den 1.6.2006 aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen gelöscht.
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3. Die D.________ AG [...] wird rückwirkend auf den 1.6.2007 aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen gelöscht.
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4. Es wird festgestellt, dass die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Unternehmen und die A.________ SA [...] als eine wirtschaftliche Einheit gelten und damit als Gesamtheit die steuerpflichtige Person A.________ SA [...] bilden.
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5. Die A.________ SA (gemäss Ziff. 4 hiervor) schuldet [...] betreffend die Steuerperiode 2010 (Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010) über die für diese Zeitspanne hinaus bereits deklarierten Beträge CHF 225'929.00 Mehrwertsteuer zuzüglich Verzugszins ab 15. Oktober 2010.
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6. Der von der A.________ SA (gemäss Ziff. 4 hiervor) geschuldete Steuerbetrag gemäss Ziffer 5 wird mit noch offenen Guthaben der A.________ SA verrechnet.
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7. [...]."
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Der Verfügung ging eine Kontrolle der ESTV bei der A.________ SA und der Einzelfirma B.________, umfassend die Steuerperioden vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010, voraus, die in der Folge auf die Einzelfirma C.________ und die D.________ AG ausgedehnt und hinsichtlich der vorliegend streitigen Steuerperiode 2010 mit "Einschätzungsmitteilung Nr. 311'956 / Verfügung" vom 15. Dezember 2011 abgeschlossen wurde. Auf eine Beschwerde (Sprungbeschwerde) gegen diese Verfügung trat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 31. Mai 2012 (bestätigt mit Urteil 2C_659/2012 vom 4. Juli 2012) nicht ein.
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In der Folge erliess die ESTV die vorgenannte Verfügung vom 25. Juni 2014. Die Kontrolle hatte ergeben, dass die A.________ SA ihre Weinkäufe von Privatpersonen an die drei Unternehmen Einzelfirma B.________, Einzelfirma C.________ und D.________ AG "ausgelagert" hatte. Diese kauften die Weine von den Privatpersonen (ohne MWST-Belastung) ein und verkauften sie gleichentags zum Einstandspreis zuzüglich 7,6 % MWST an die A.________ SA weiter. Die drei Unternehmen rechneten alle zum Saldosteuersatz von (damals) 1,2 % ab, während die A.________ SA die Vorsteuer von 7,6 % geltend machen konnte. Daraus resultierten in der Steuerperiode 2010 nach der Berechnung der ESTV - vorliegend nicht mehr bestrittene - Steuervorteile durch die Einzelfirma B.________ von Fr. 114'680.35 (vor Aufwand) und durch die D.________ AG von Fr. 113'122.10 (dto.). Die Einzelfirma C.________ erzielte in der Steuerperiode 2010 keine Umsätze. Die ESTV erachtete den Tatbestand der Steuerumgehung als erfüllt. Wirtschaftlich bildeten die Einzelfirmen B.________, C.________ sowie die D.________ AG mit der A.________ SA eine Einheit. Die ESTV befand daher, aus mehrwertsteuerrechtlicher Sicht liege ein einziges Steuersubjekt, die A.________ SA, vor.
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Eine Einsprache gegen diese Verfügung leitete die ESTV mit Zustimmung der Steuerpflichtigen zur Behandlung als Sprungbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 26. Februar 2015 ab. (Bezüglich der Steuerperioden 2005-2009, Verfügung Nr. 64739 vom 24. Juni 2014, bestanden die Steuerpflichtigen auf der Behandlung der Einsprache durch die ESTV.)
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die A.________ SA, B.________, C.________ und die D.________ AG gemeinsam, es sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Umfang von Fr. 225'929.-- abzüglich Fr. 833.45 (Vorsteuerabzug für Aufwendungen "Aston Martin") aufzuheben und die ESTV zu verpflichten, den Betrag von Fr. 225'095.55 zuzüglich Zins gutzuschreiben. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführer je eigenständige Steuerpflichtige seien und die Beschwerdeführenden B.________, C.________ und D.________ AG im Register der Steuerpflichtigen nicht gelöscht werden dürften.
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Eventualiter (für den Fall, dass die Steuerumgehung bejaht werde) beantragen die Beschwerdeführenden, es sei festzustellen, dass ihnen auf den sog. Weinraritäten der fiktive Vorsteuerabzug zustehe, und es sei die Sache zur weiteren Behandlung an die ESTV zurückzuweisen.
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C. Die ESTV beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Die Beschwerdeführer 1-4 sind durch das angefochtene Urteil berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Das gilt auch für den Beschwerdeführer 3; obschon er im Jahr 2010 keine Umsätze bewirkte, wird er doch gemeinsam mit den andern Beschwerdeführern als ein einziges Steuersubjekt behandelt. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig.
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1.2. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Trotz Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (Art. 42 BGG; BGE 140 III 115 E. 2 S. 116). Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur, soweit eine Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
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1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), sofern die diesbezüglichen Feststellungen nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Nur in diesem Rahmen kann auch durch die Parteien die Feststellung des Sachverhalts gerügt werden (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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1.4. Am 1. Januar 2010 ist das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) in Kraft getreten. Es hat das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (aMWSTG; AS 2000 1300) abgelöst. Auf die vor dem 1. Januar 2010 eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse ist weiterhin das Mehrwertsteuergesetz vom 2. September 1999 und die zugehörige Verordnung vom 29. März 2000 (aMWSTGV, AS 2000 1347) anwendbar (Art. 112 Abs. 1 und 2 MWSTG). Auf hängige Verfahren kommt das neue Verfahrensrecht sofort zur Anwendung (Art. 113 Abs. 3 MWSTG). Für die Frage der subjektiven und objektiven Steuerpflicht ab 1. Januar 2010 ist somit das neue Recht massgebend. Soweit Fragen der Steuerpflicht der Jahre 2006 bis 2009 eine Rolle spielen, sind diese nach altem Recht zu beurteilen.
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1.5. Ausgangsverfügung bildet die im Sinne von Art. 83 Abs. 4 MWSTG einlässlich begründete Verfügung Nr. 64738 der ESTV vom 25. Juni 2014 betreffend die Mehrwertsteuer der Steuerperiode 2010. Angefochten ist zum einen die Zulässigkeit der Löschung der Beschwerdeführenden 2-4 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen per 1. Januar 2005 (Beschwerdeführerin 2), 1. Juni 2006 (Beschwerdeführer 3) und 1. Juni 2007 (Beschwerdeführerin 4). Diese Löschungen sind Folge der - bestrittenen - Feststellung, dass die Beschwerdeführenden 2-4 zusammen mit der Beschwerdeführerin 1 als wirtschaftliche Einheit gelten würden und als Gesamtheit in der Person der Beschwerdeführerin 1 die steuerpflichtige Person bildeten. Angefochten ist sodann auch die dadurch notwendige Steuerkorrektur im nicht anerkannten Betrag von Fr. 225'095.55 (Fr. 225'929.-- abzüglich anerkannte Position "Aston Martin" von Fr. 833.45).
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Betroffen ist die Steuerperiode 2010. Ob und inwieweit sich der vorliegend zu treffende Entscheid auf das Verfahren betreffend die Steuerperioden 2005-2009 (hierzu die Verfügung der ESTV Nr. 64739 vom 25. Juni 2014) auswirkt, ist - entgegen der Ansicht der Vorinstanz (s. angefochtenes Urteil E. 1.4.2 f.) - nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Diese Steuerperioden sind Gegenstand der vorgenannten mit Einsprache angefochtenen Verfügung Nr. 64739 vom 25. Juni 2014 der ESTV (vgl. vorne Sachverhalt A, letzter Absatz).
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2. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil (E. 4.1.1) für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG) den folgenden Sachverhalt festgehalten:
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"Die Beschwerdeführerin 1 ist im Weinhandel tätig. An ihrem Sitz in U.________ betreibt sie ein grosses Weinlager. Sie bietet vorwiegend hochklassige Weine im Preissegment zwischen hundert und mehreren Tausend Franken pro Flasche zum Verkauf an. Über ihre Homepage können Spitzen weine und Weinraritäten indes nicht nur gekauft werden, sondern es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, entsprechende Verkaufsangebote abzugeben.
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Bei den Personen, welche der Beschwerdeführerin 1 Weine zum Verkauf anbieten, handelt es sich in der Regel um inländische (nicht steuerpflichtige) Privatpersonen. Die Beschwerdeführerin 1 nimmt die entsprechenden Verkaufsangebote jedoch nicht bzw. 'nur in Ausnahmefällen' selbst wahr. Vielmehr leitet sie diese in der Regel an die Beschwerdeführenden 2-4 weiter, die ebenfalls im Weinhandel tätig sind. Für die betreffenden Weiterleitungen bezahlen die Beschwerdeführenden 2-4 der Beschwerdeführerin 1 eine Vergütung von 2-6 % ihres (daraus erzielten) Jahresumsatzes. Zwischen den Beschwerdeführenden 2-4 und der Beschwerdeführerin 1 bestehen entsprechende schriftliche Vereinbarungen (Vereinbarungen vom 31. Dezember 2004, 31. Dezember 2006 bzw. 31. Dezember 2007).
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Nachdem die Beschwerdeführenden 2-4 die ihnen von der Beschwerdeführerin 1 weitergeleiteten Verkaufsangebote der (nicht steuerpflichtigen) inländischen Privatpersonen wahrgenommen bzw. die entsprechenden Weine ohne Mehrwertsteuerbelastung (vgl. E. 2.2) eingekauft haben, verkaufen sie diese - in der Regel noch an demselben Tag - zum gleichen Preis (Einstands- bzw. Ankaufspreis) zuzüglich 7.6 % Mehrwertsteuer an die Beschwerdeführerin 1. Den Ankaufspreis bei den fraglichen Privatpersonen legen die Beschwerdeführenden 2-4 jeweils in Absprache mit der Beschwerdeführerin 1 fest.
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Die Beschwerdeführerin 1 übernimmt grundsätzlich sämtliche der ihr von den Beschwerdeführenden 2-4 angebotenen Weine. Diese kaufen einen bestimmten Wein in der Regel gar nicht erst ein, wenn die Beschwerdeführerin 1 am Erwerb desselben nicht interessiert ist.
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Die Beschwerdeführenden 2-4 kaufen nach eigenen Aussagen 'praktisch' ausschliesslich bei (nicht steuerpflichtigen) inländischen Privatpersonen Wein ein. Den entsprechenden Wein verkaufen sie in der Folge 'fast' ausschliesslich an die Beschwerdeführerin 1.
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Anders als die Beschwerdeführerin 1 bieten sich die Beschwerdeführenden 2-4 nicht in relevanter Weise am Weinmarkt als Käufer oder Verkäufer an. Namentlich ist keines der drei Unternehmen im Internet oder Telefonbuch zu finden oder tätigt Auslagen für Werbung."
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3. Zu prüfen sind vorab die Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführenden sowie die in diesem Zusammenhang erhobene Verfassungsrüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
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3.1. Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die Vorinstanz stütze sich zur Begründung der von ihr erblickten Steuerumgehung auf unzutreffende Annahmen, nämlich:
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- Die Beschwerdeführenden 2-4 würden einzig "aufgrund steuerlicher Umstände" überhaupt Gewinn erzielen und sie würden Verluste verzeichnen, wenn sie die Mehrwertsteuer "ordentlich" abrechnen würden (angefochtenes Urteil E. 4.3.1, 1. Absatz).
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- Sie seien zur Aufrechterhaltung "ihrer Umwegstruktur" auf die Erzielung des Steuervorteils angewiesen (angefochtenes Urteil E. 4.3.1, 1. Absatz);
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- Die Beschwerdeführenden 2-4 könnten den Handel mit der Beschwerdeführerin 1 ohne den damit erzielten Steuervorteil nicht gewinnbringend betreiben (angefochtenes Urteil E. 4.3.2, 2. Absatz in fine).
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Diese Sachverhaltsfeststellungen seien im Sinne von Art. 97 BGG offensichtlich unrichtig (weil willkürlich). Die Beschwerdeführenden 2-4 könnten auch bei einer höheren Mehrwertsteuerbelastung durchaus genügend Gewinn erzielen. Es treffe zudem nicht zu, dass die Gewinne auf einem konstanten Minimum gehalten würden.
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3.1.1. In der beanstandeten Erwägung 4.3.1 ihres Urteils hielt die Vorinstanz Folgendes fest:
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"Wie gesagt [...], erzielen die Beschwerdeführenden 2-4 vorliegend einzig aufgrund der steuerlichen Umstände (Einkauf bei nicht steuerpflichtigen inländischen Privatpersonen, Abrechnung zum Saldosteuersatz von 1.2 %, Fakturierung zum Normalsatz von 7.6 %) überhaupt einen 'Gewinn' bzw. eine 'Marge'. Müssten sie die Mehrwertsteuer dagegen ordentlich (hier zu 7.6 %) abrechnen, erwiese sich der geschilderte Handel für sie als Verlustgeschäft, wenn man berücksichtigt, dass sie vom Verkaufspreis an die Beschwerdeführerin 1 (x + 7.6 % von x) noch den Ankaufspreis bei den Privaten (x), die Mehrwertsteuer (7.6 % von x) sowie ihre (wenn auch nur geringfügigen) Aufwendungen in Abzug zu bringen hätten. Entsprechend wären sie kaum mehr in der Lage, zu den gleichen Bedingungen (insb. Verkauf zum Ankaufspreis zuzüglich 7.6 % Mehrwertsteuer) mit der Beschwerdeführerin 1 Handel zu treiben. Die Beschwerdeführenden sind mithin zur Aufrechterhaltung ihrer Umwegstruktur auf die Beanspruchung des Saldosteuersatzes bzw. die Erzielung des entsprechenden Steuervorteils durch die Beschwerdeführenden 2-4 angewiesen. [...]"
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3.1.2. Mit dieser Darstellung der Geschäftsabwicklung und der Abrechnung gemäss Saldosteuersatz und Null-Rendite gab aber die Vorinstanz (nur) den effektiven, d.h. den Ist-Zustand, wieder. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführenden 2-4 auch bei einer höheren Mehrwertsteuerbelastung noch einen genügenden Gewinn erzielen könnten, wie sie monieren. Allerdings müssten sie dann ihr Geschäftsmodell aufgeben oder mindestens modifizieren und eigenverantwortlich und unternehmerisch am Markt auftreten. Sie könnten beispielsweise als unabhängige Weinhändler in eigener Verantwortung tätig sein und versuchen eine höhere Rendite zu erzielen.
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Massgebend für die steuerliche Beurteilung sind indessen nicht Fiktionen, sondern das tatsächliche Geschäftsverhalten. Dieses besteht vorliegend darin, dass die Beschwerdeführenden 2-4 die Kaufsache zum Einstandspreis weiterreichen und lediglich von der Differenz aus einkassierter und abgeführter Steuer einen Überschuss erzielen (wobei darin die "Rückvergütungen", welche die Beschwerdeführenden 2-4 aufgrund ihrer Vereinbarung mit der Beschwerdeführerin 1 in Prozenten des Umsatzes an diese entrichten müssen, noch nicht berücksichtigt sind). Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung kann in den beanstandeten Ausführungen der Vorinstanz daher nicht erblickt werden.
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3.2. Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, für den Auftritt am Weinmarkt als Käufer bedürfe es - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - nicht zwingend der "konventionellen Werbung". Solche sei nicht nötig, weil dieses Geschäft über Bekanntheit, ein Beziehungsnetz und Empfehlungen funktioniere. Von den entsprechenden Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde habe die Vorinstanz allerdings nichts wissen wollen. Deren Feststellung, dass die Beschwerdeführenden 2-4 sich am Weinmarkt nicht als Käufer anbieten würden (Urteil E. 4.1.1 zweitletzter Absatz), beinhalte daher eine offensichtlich falsche, also willkürliche Sachverhaltsfeststellung.
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Die Rüge ist offensichtlich unbegründet: In sachverhaltlicher Hinsicht hielt die Vorinstanz am angeführten Ort lediglich fest (vorne E. 2) :
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"Anders als die Beschwerdeführerin 1 bieten sich die Beschwerdeführenden 2-4 nicht in relevanter Weise am Weinmarkt als Käufer oder Verkäufer an. Namentlich ist keines der drei Unternehmen im Internet oder Telefonbuch zu finden oder tätigt Auslagen für Werbung."
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Auch diesbezüglich stellte die Vorinstanz im Bereich Geschäftsablauf lediglich den Ist-Zustand fest. Sie hat namentlich nicht erklärt, dass es für den Geschäftsauftritt als Weinhändler oder -broker zwingend expliziter Werbung bedürfte, sondern sie hat den Umstand, dass die Beschwerdeführer 2-4 keine Werbung betreiben, lediglich als ein weiteres Indiz für den fehlenden Marktauftritt genommen. Inwiefern diese Feststellung daher willkürlich sein könnte, ist nicht ersichtlich.
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3.3. Schliesslich rügen die Beschwerdeführer eine unzutreffende, auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (und damit auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG) beruhende Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 97 BGG. Sie tragen vor, die Beschwerdeführenden 2-4 besässen in Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin 1 eigene (nicht steuerliche) Motive für die Ausübung ihrer Tätigkeit als Weinbroker. Diese wiederum habe geschäftliche (nicht steuerliche) Gründe für den Einkauf bei den Beschwerdeführenden 2-4. Es handle sich um entscheidrelevante Sachverhaltselemente, weil eine Steuerumgehung ausgeschlossen sei, wenn andere als blosse Steuerersparnisgründe bei der Rechtsgestaltung eine Rolle spielten. Dennoch sei die Vorinstanz auf keinen einzigen dieser Gründe eingegangen, sondern habe sie (in E. 4.3.2 2. Absatz) pauschal "erledigt". Darin liege die Gehörsverweigerung und damit Rechtsverletzung gemäss Art. 95 in Verbindung mit Art. 97 BGG.
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3.3.1. In ihrer Beschwerde an die Vorinstanz vom 27. August 2014 (Rz. 25 ff. und 173 ff.) legten die Beschwerdeführenden ausführlich dar, welche persönlichen Gründe sie zur gewählten Rechtsgestaltung bewogen hätten: Die Beschwerdeführerin 1 habe ein Interesse, den Ankauf von Weinen von Privatpersonen nur über Zwischenhändler (und nicht durch eigene Angestellte) auszuüben, da Markt und Preise sehr volatil und die Personalkosten möglichst gering zu halten seien; zudem seien die Margen der Zwischenhändler sehr niedrig. Der Zwischenhandel ermögliche ausserdem, dass die eigene Handelsspanne nicht offengelegt werden müsse. Bei den Beschwerdeführenden 2-4 habe der Aufbau einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit möglichst viel organisatorischer Selbstbestimmung im Vordergrund gestanden: So habe der Beschwerdeführerin 2 die Nebentätigkeit als Weinhändlerin die notwendige Ungebundenheit und Flexibilität im Hinblick auf die Kindererziehung gebracht. Mit der Beschwerdeführerin 4 habe deren Verwaltungsratspräsident und Alleinaktionär neben seinem Hauptberuf (Historiker und Archivar) ein zweites Standbein aufbauen können.
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3.3.2. Mit diesen Ausführungen verkennen die Beschwerdeführenden, dass im Hinblick auf den Vorwurf der Steuerumgehung sich die "persönlichen Gründe" (Motive) auf die gewählte absonderliche Rechtsgestaltung (1. Voraussetzung für eine Steuerumgehung, s. dazu nachfolgend im Kontext) beziehen müssen. Aus welchen Motiven eine Person eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen will, ist für die Beurteilung der Steuerumgehung irrelevant. Es geht vorliegend auch nicht um die Frage, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin 1 den Weineinkauf bei Privatpersonen auf Zwischenhändler verlagern will. Entscheidend sind vielmehr die Gründe für die gewählte Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Beschwerdeführerin 1 einerseits und den Beschwerdeführenden 2-4 andererseits. Diese Ausgestaltung muss im Hinblick auf eine mögliche Steuerumgehung aus anderen als aus steuerlichen Motiven (2. Voraussetzung der Steuerumgehung) plausibel erscheinen. Nichts anderes hat auch die Vorinstanz erwogen, wenn sie in E. 4.3.2 ihres Urteils ausführte:
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--..] Mit diesen (und den weiteren in diesem Zusammenhang vorgebrachten) Argumenten zielen die Beschwerdeführenden jedoch [...] an der Sache vorbei. Ihre Vorbringen stellen [keine] Begründung dafür dar, weshalb die Beschwerdeführenden 2-4 ihre (sozusagen) 'Preis- und Gewinnpolitik' im Verhältnis zur Beschwerdeführerin 1 dauerhaft in der geschilderten marktwidrigen Weise (bzw. in einer 'jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen' liegenden Weise [vgl. E. 3.1 und 4.2]) ausgestaltet haben. Inwiefern dabei andere als steuerliche Gründe (bzw. andere als die damit erzielten Steuervorteile bei der Beschwerdeführerin 1 und den Beschwerdeführenden 2-4) eine relevante Rolle spielen sollen, ist denn auch nicht ersichtlich, zumal - wie gezeigt - die Beschwerdeführenden 2-4 den fraglichen Handel mit der Beschwerdeführerin 1 ohne den damit erzielten Steuervorteil überhaupt nicht gewinnbringend betreiben könnten."
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Auch die Sachverhaltsrüge und Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erweisen sich somit als unbegründet.
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4. |
4.1. Mehrwertsteuerpflichtig ist, wer ein Unternehmen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 MWSTG betreibt und nicht nach Absatz 2 von der Steuerpflicht befreit ist. Von der Steuerpflicht ist befreit, wer im Inland innerhalb eines Jahres weniger als Fr. 100'000.-- Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt. Auf die Befreiung von der Steuerpflicht kann aber verzichtet werden (Art. 10 Abs. 2 lit. a in Verb. mit Art. 11 MWSTG). Im Gegensatz zum alten Recht (Art. 21 Abs. 1 aMWSTG) ist somit für die subjektive Steuerpflicht ein Mindestumsatz nicht mehr erforderlich. Zentrales Kriterium ist vielmehr das Vorhandensein eines Unternehmens. Ein solches liegt gemäss Legaldefinition vor, wenn eine auf die "nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbständig" und nach aussen erkennbar ausgeübt wird (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. a und b MWSTG; zum Ganzen, s. Baumgartner/Clavadetscher/Kocher, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 3 Rz. 18 ff., S. 73 ff.). Zentraler Anknüpfungspunkt ist daher im neuen Recht das Betreiben eines Unternehmens. Die Umschreibung der unternehmerischen Tätigkeit in Art. 10 Abs. 1 lit. a MWSTG ist allerdings umfassender als die betriebswirtschaftliche Definition des Unternehmens, und sie geht auch weiter als im gemeinen Sprachgebrauch (Botschaft über die Vereinfachung der Mehrwertsteuer vom 25. Juni 2008, BBl 2008 6885 S. 6947 f.).
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4.2. Die Steuerpflicht setzt zwar das Betreiben eines Unternehmens voraus, steuerpflichtig ist jedoch nicht das Unternehmen, sondern die Person oder Personengesamtheit, die das Unternehmen führt und die nach aussen auftritt (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. a und b MWSTG). Im neuen Recht ist daher deutlicher als im alten Recht zu unterscheiden zwischen dem Unternehmen und der steuerpflichtigen Person. Um keine falsche Assoziation zu erwecken, ist in der neueren Doktrin auch die Rede vom "Unternehmensträger" (und weniger vom "Unternehmer", vgl. Baumgartner et al., a.a.O., § 3 N. 8 S. 69; Niklaus Honauer, Die subjektive Steuerpflicht, Schweizer Treuhänder, 2010, S. 252). Wie im abgelösten Recht ist der Begriff des Steuersubjekts nicht näher definiert und offen. Auf die Rechtsform kommt es dabei nicht an. Bereits im alten Recht war die Aufzählung der steuerpflichtigen natürlichen und juristischen Personen und Personengesamtheiten nicht abschliessend. Steuerpflichtig waren namentlich natürliche Personen, Personengesellschaften, juristische Personen, Anstalten, aber auch Personengesamtheiten ohne Rechtspersönlichkeit (Art. 21 Abs. 2 aMWSTG). Auch Arbeitsgemeinschaften, Konsortien, Erbengemeinschaften oder StWEG-Gemeinschaften waren somit steuerpflichtig (vgl. Camenzind/Honauer/ Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz 2. Aufl. 2003, Rz. 1026 ff.; Rivier/Rochat Pochard, Droit fiscal suisse, La taxe sur la valeur ajoutée, 2000, S. 103 f.). Da schon nach altem Recht die Aufzählung nicht abschliessend war und das neue Recht auf eine Definition verzichtet, besteht keine Abweichung zur früheren Praxis (Camenzind et al., a.a.O., 3. Aufl. 2012, Rz. 422 S. 196). Damit fallen als Steuerpflichtige auch Personengesamtheiten in Betracht (zum Ganzen, vgl. Botschaft vom 25. Juni 2008 a.a.O.; Camenzind et al., a.a.O., 3. Aufl., Rz. 422 ff. S. 196 f.; Diego Clavadetscher, Die Stellung des Unternehmens im neuen Mehrwertsteuerrecht, Der Schweizer Treuhänder, 2010 S. 241 ff.; Baumgartner et al., a.a.O., § 3 Rz. 7 ff. S. 68 ff.; Claudio Fischer, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015, N. 8 ff., bes. 50 ff. zu Art. 10 MWSTG).
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4.3. Nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens bezieht sich die Steuerpflicht auf sämtliche Betriebszweige und sämtliche Umsätze des Unternehmensträgers. Mehrere Betriebsstätten bilden zusammen ein Steuersubjekt (Art. 10 Abs. 3 MWSTG). Das Prinzip war schon bei der Warenumsatzsteuer bekannt und gilt auch für die Mehrwertsteuer (ausführlich Weidmann/Bader, Die mehrwertsteuerliche Stellung der Betriebsstätten, Die Einheit des Unternehmens im nationalen und internationalen Verhältnis, in: ASA 78 S. 803 ff.). Der Grundsatz der Einheit des Unternehmens dient dazu, den Umfang der Steuerpflicht einer bereits steuerpflichtigen Person zu bestimmen. Er kann aber nicht herangezogen werden, um zwei oder mehrere Steuerpflichtige als ein einziges Steuersubjekt zu behandeln und deren Umsätze zusammenzurechnen (Camenzind et al., a.a.O., 3. Aufl., N. 426 ff. S. 197). Der Grundsatz erlaubt es namentlich nicht, von der zivilrechtlichen Ausgestaltung abzusehen und eine einzige steuerpflichtige Unternehmung anzunehmen, um verschiedene, rechtlich verselbständigte Unternehmen, die aber unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ein und dasselbe Unternehmen betreiben, zusammenzufassen (Urteil 2C_742/2008 vom 11.02.2009 E. 5.3, in: ASA 79 S. 260; Heinz Keller, Besondere mehrwertsteuerliche Probleme bei Selbständigerwerbenden, ASA 73 S. 446 f.).
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4.4. Eine Zusammenfassung verschiedener, nach dem Gesetz steuerpflichtiger Personen oder Personengesamtheiten zu einem einzigen Steuersubjekt bei der Mehrwertsteuer, wie das die ESTV vorliegend praktiziert, kommt folglich nur in Frage, wenn die Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung erfüllt sind (ausführlich Urteil 2C_742/2008, a.a.O., E. 5.4 ff. mit Hinweisen). Der Lehrmeinung, wonach im Mehrwertsteuerrecht die Theorie der Steuerumgehung nicht greife, da bereits die anwendbaren Normen an wirtschaftliche Verhältnisse anknüpfen (ausführlich dazu Pierre-Marie Glauser, Evasion fiscale et interprétation économique en matière de TVA, ASA 75 S. 759 ff.), folgt das Bundesgericht nicht in letzter Konsequenz. Richtig ist, dass im Zusammenhang mit einer Steuernorm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten die Zulässigkeit der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt sind. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, wenn eine Norm in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausgelegt werde, sei kein Raum mehr für die Annahme einer Steuerumgehung. Die missbräuchliche Berufung auf eine Steuernorm verdient keinen Rechtsschutz unabhängig davon, ob die betreffende Norm rein zivilrechtlich oder in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auszulegen ist (BGE 138 II 239 E. 4.2 S. 245 f.; so jetzt auch Camenzind et al., a.a.O., 3. Aufl., N. 156 ff. S. 95 ff., besonders N. 169 ff.; s. auch Urteil 2C_742/2008, a.a.O., E. 5.5).
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5. Es ist daher vorliegend zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht eine Steuerumgehung angenommen hat.
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5.1. Eine Steuer- bzw. Abgabeumgehung liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor, wenn (1.) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich (insolite), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, (2.) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, und (3.) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1 S. 243 f.; 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; Urteil 2C_135/2014 vom 10. Juni 2014 E. 2.7.1, in: StE 2014 A 12 Nr. 20 mit weiteren Hinweisen).
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Grundsätzlich hat die Steuerbehörde auf die von der steuerpflichtigen Person getroffene Rechtsgestaltung abzustellen. Der steuerpflichtigen Person ist freigestellt, ihre Verhältnisse so zu gestalten, dass möglichst niedrige Steuern anfallen. Gegen eine solche Steuerplanung ist nichts einzuwenden, solange erlaubte Mittel eingesetzt werden (so schon BGE 98 Ib 314 E. 3d S. 323; Urteil 2C_487/2011 vom 13. Februar 2013 E. 2.7, in: ASA 82 S. 241; Urteil 2A.11/1994 vom 16. August 1996 E. 5c, in: ASA 65 S. 406, RDAF 1997 II 222; zur zulässigen "économie d'impôt", vgl. Xavier Oberson, Droit fiscal suisse, 4. Aufl., 2012, § 4 N. 19).
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Der Tatbestand der Steuerumgehung ist vielmehr den ausserordentlichen Konstellationen vorbehalten, bei denen eine Rechtsgestaltung vorliegt (objektives Element), die - abgesehen von den steuerlichen Aspekten - jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen liegt (BGE 138 II 239 E. 4.1 S. 244 mit Hinweisen). Eine Missbrauchsabsicht (subjektives Element) kann zudem nicht angenommen werden, wenn bei der Rechtsgestaltung andere Gründe als die blosse Absicht, Steuern zu sparen, eine entscheidende Rolle spielen. Eine gewählte Struktur kann nämlich auch durch anderweitige geschäftliche oder persönliche Gründe gerechtfertigt sein (Urteil 2C_836/2009 vom 15. Mai 2012 E. 6.3, in: ASA 81 S. 564).
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Das Instrument der Steuerumgehung kommt schliesslich nur zum Zug, wenn die Steuernorm - auch unter Berücksichtigung der in ihr enthaltenen wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte - sich nicht in einem befriedigenden Sinn auslegen lässt (BGE 138 II 239 E. 4.2 S. 245 f.).
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Ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Wird eine Steuerumgehung bejaht, ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Besteuerung die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den erstrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. Es handelt sich um eine Sachverhaltsfiktion, die aber unproblematisch ist, da lediglich die formale privatrechtliche Ausgestaltung des Sachverhalts negiert bzw. fingiert wird, und im Übrigen der Sachverhalt mit Bezug auf seine - für die Beurteilung massgebenden - wirtschaftlichen Auswirkungen unverändert bleibt (BGE 138 II 239 E. 4.1 in fine mit Hinweisen).
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5.2. Nach diesen Kriterien ist vorliegend die Frage der Steuerumgehung zu prüfen.
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5.2.1. Die Vorinstanz hat eine Steuerumgehung bejaht. Sie stellte fest, dass die (angeblich unabhängigen) Beschwerdeführenden 2-4 den Ankaufspreis bei den Privaten nicht selbst festlegen, sondern in Absprache mit der Beschwerdeführerin 1. Sie würden anschliessend die Ware zu demselben Preis (zuzüglich 7.6 % Mehrwertsteuer) an die Beschwerdeführerin 1 weiterverkaufen. Die Beschwerdeführenden 2-4 würden somit angekaufte Weine weder allgemein am Markt anbieten noch versuchen, Ankaufspreise zu erzielen, die unter den von der Beschwerdeführerin 1 angebotenen (abgesprochenen) Preisen liegen. Damit würden vorliegend Marktteilnehmer auf zwei unterschiedlichen Umsatzstufen "Preisabsprachen" tätigen, die sich gar auf eine vorgelagerte Umsatzstufe (der privaten Zulieferer) auswirken. Wirtschaftlich betrachtet werde dergestalt eine Situation herbeigeführt, als ob die Beschwerdeführerin 1 die Weine selbst - ohne Zwischenhandel durch die Beschwerdeführenden 2-4 - bei den (nicht steuerpflichtigen) inländischen Privatpersonen einkauft mit dem einzigen Unterschied, dass sie die Weine mit einer Mehrwertsteuerbelastung von 7,6 % und einer Vorsteuerabzugsberechtigung in gleicher Höhe bezieht.
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Die Beschwerdeführenden 2-4 ihrerseits würden im Handel mit der Beschwerdeführerin 1 lediglich deshalb eine "Marge" erzielen, weil sie der Beschwerdeführerin 1 die Steuer zum ordentlichen Satz von 7.6 % fakturieren können, gegenüber der ESTV die Mehrwertsteuer aber lediglich zum Saldosteuersatz von 1.2 % abrechnen müssen. Dieser Saldosteuersatz sei deshalb so niedrig, weil er als Durchschnittswert eine Vorsteuerquote berücksichtige (Ankauf von Mehrwertsteuerpflichtigen und Privaten). Die "Marge" der Beschwerdeführenden 2-4 sei mithin rechnerisch bzw. in Prozenten ausgedrückt stets gleich hoch und insoweit in marktwidriger Weise völlig unabhängig vom getätigten Aufwand, der Nachfrage oder etwa auch der Art und Qualität des angekauften Weins. Dies sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht als sachwidrig zu beurteilen ist. Ein relevantes unternehmerisches Interesse der Beschwerdeführenden 2-4 sei bei der vorliegenden Geschäftsgestaltung nicht erkennbar. Aufgrund der zwischen den Beschwerdeführenden dauerhaft betriebenen markt- bzw. sachwidrigen "Preis- und Gewinnpolitik" sei die vorliegende Geschäftsgestaltung als ungewöhnlich im Sinn des Steuerumgehungstatbestandes zu qualifizieren. Aufgrund der objektiven Elemente müsse angenommen werden, die Rechtsgestaltung sei missbräuchlich lediglich deshalb getroffen worden, um den erwähnte Steuervorteil zu erzielen; dieser sei erheblich (2. und 3. Voraussetzung der Steuerumgehung). Eine Steuerumgehung sei daher zu bejahen.
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5.2.2. Die Beschwerdeführer tragen vor, für die getroffene Rechtsgestaltung (2. Voraussetzung für eine Steuerumgehung) lägen andere als steuerliche Gründe vor: Die Beschwerdeführerin 2 verfüge über die nötigen Fachkenntnisse, Erfahrungen und Sozialkompetenz, um eine eigene Tätigkeit im Weinhandel aufzunehmen. Die Nebentätigkeit habe ihr die Möglichkeit verschafft, ihre Arbeit ungebunden auszuüben und daneben ihre beiden Kinder zu betreuen. E.________, der Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsident der Beschwerdeführerin 4, habe eine besondere Affinität zu Qualitätsweinen. Die Tätigkeit im Rahmen seiner Gesellschaft sei ein zweites Standbein zu seiner Tätigkeit als Historiker und Archivar. Der Beschwerdeführer 3 interessiere vorliegend nicht (keine steuerbaren Umsätze). Die Beschwerdeführenden 2-4 seien somit keine fiktiven Umgehungskonstrukte, sondern hätten je eigene Motive für die Gründung und den Betrieb eines Unternehmens. Auch die Beschwerdeführerin 1 habe wirtschaftliche und insbesondere marketingtechnische Gründe, Qualitätsweine nicht direkt bei Privaten, sondern über Händler und insbesondere über die Beschwerdeführenden 2-4 einzukaufen (was näher dargestellt wird). Bei der Wahl der Saldosteuersatzmethode durch die Beschwerdeführenden 2-4 handle es sich zudem um einen logischen unternehmerischen Entscheid, denn diese bringe grosse administrative Erleichterungen.
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Da somit die Belieferung ausschliesslich der Beschwerdeführerin 1 durch die Beschwerdeführenden 2-4 auf guten, wirtschaftlichen Gründen beruhe, könne sie auch nicht absonderlich sein (1. Voraussetzung für eine Steuerumgehung). Absonderlichkeit sei schon deshalb zu verneinen, weil die Beschwerdeführerin 1 auch dritte Steuerpflichtige als Hauptkunden (auch Lieferanten) habe. Die Marge vermöge den betrieblichen Aufwand der Beschwerdeführenden 2-4 (einschliesslich der von ihnen jährlich geschuldeten Rückvergütungen in Prozenten des Umsatzes an die Beschwerdeführerin 1) zu decken. Unzutreffend sei, dass die Beschwerdeführer 2-4 einzig aufgrund steuerlicher Umstände einen Gewinn erzielen würden (dazu bereits vorstehende E. 3.1 bes. 3.1.2). Der Aussenauftritt der Beschwerdeführenden 2-4 zeige sich auch in den diversen Ankaufs- und Verkaufsbelegen. Sie würden diese Tätigkeit reell und "physisch" ausüben. Der geschilderte Ablauf der An- und Verkäufe beruhe auf logischen und organisatorischen Gründen und sei nicht absonderlich. Die Beschwerdeführenden 2-4 würden aber den Ankauf im Normalfall erst vornehmen, wenn sie bereits einen Käufer für die angebotene Ware hätten. Die Vorinstanz ziehe diese Tatsache zu Unrecht als Hauptargument für die Annahme einer Steuerumgehung heran. Der Schluss der Vorinstanz, allein durch die Preisabsprache werde eine Situation herbeigeführt, als ob die Beschwerdeführerin 1 die Weine selbst einkaufen würden, sei absurd und absolut unzulässig. Hintergrund des angeblichen Steuervorteils sei eine Fehlleistung der ESTV. Diese sei verpflichtet, angemessene Saldosteuersätze festzusetzen und dabei eine branchenübliche Vorsteuerquote berücksichtigen. Das Institut der Steuerumgehung könne nicht dazu dienen, im Nachhinein Fehler der ESTV zu korrigieren.
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5.3. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid aufgezeigt, weshalb die durch die Beschwerdeführenden gewählte Rechtsgestaltung als "ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen" erscheint (Urteil E. 4.1 und 4.2). Ihre tatsächlichen Feststellungen decken sich im Wesentlichen mit dem bereits durch die ESTV in der Verfügung vom 25. Juni 2014 (E. II/2.2 ff.) erhobenen Sachverhalt. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass
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- die Unternehmen der Beschwerdeführenden 2-4 (nachfolgend: "die Unternehmen") ausschliesslich an einen Kunden, nämlich die Beschwerdeführerin 1 liefern;
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- die Unternehmen die Einstandspreise nicht selbst, sondern in Absprache mit der Beschwerdeführerin 1 festlegen;
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- die Unternehmen die Weine - meistens am gleichen Tag - zum Einstandspreis zuzüglich Mehrwertsteuer von 6,7 % an die Beschwerdeführerin 1 liefern;
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- keines der Unternehmen über Anlagegüter oder Räumlichkeiten für den Weinhandel verfügt;
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- bei allen Unternehmen in den Aktiven mit Ausnahme eines Motorfahrzeuges nur ein Konto Kasse oder Bank vorhanden ist und somit kein Kapital gebunden ist;
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- keines der Unternehmen relevante Aufwendungen erfasst, insbesondere keine Material-, Lager- oder Versandkosten;
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- keines der Unternehmen Auslagen für Werbung oder Marktauftritt tätigt;
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- keines der Unternehmen im Internet oder im Telefonbuch zu finden ist;
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- aus der Homepage der Beschwerdeführerin 1 ersichtlich ist, dass Verkaufsangebote für Spitzenweine direkt an sie zu richten seien;
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- keines der Unternehmen ein wirtschaftliches Risiko trägt, weil sämtliche Weine durch die Beschwerdeführerin übernommen werden;
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- die drei Unternehmen über die gleiche Buchhaltungsstelle verfügen.
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Dergestalt wird, wie die Vorinstanz zu Recht festhält, eine Situation herbeigeführt, als ob die Beschwerdeführerin 1 die Weine selbst - ohne Zwischenhandel durch die Beschwerdeführenden 2-4 - bei den Privaten einkauft, und erscheinen die Unternehmen der Beschwerdeführenden 2-4 lediglich als "Durchlaufposten". Diese Beurteilung beruht nicht auf Sachverhaltsfeststellungen, die offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 97 BGG beruhen. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin 1 Qualitätsweine aus Privatkellern auch über unabhängige Händler im normalen Geschäftsverkehr zu den handelsüblichen Konditionen erwirbt, wie sie geltend macht.
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Sofern aber die Unternehmen der Beschwerdeführenden 2-4 als blosse "Durchlaufposten" fungieren, erscheint fraglich, ob sie als eigenständige Mehrwertsteuersubjekte anerkannt werden können. Das Geschäftsmodell mit der vorgeschalteten zusätzlichen Umsatzstufe ist darauf angelegt, allein aus einer steuergesetzlichen Regelung, ohne eigene Wertschöpfung oder Erzielung einer Marge durch Leistung, einen Ertrag zu generieren. Eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche selbständige Tätigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. a MWSTG ist darin nicht zu erblicken. Als Steuerplanung kann dies nicht angesehen werden. Die Absonderlichkeit der Rechtsgestaltung liegt auf der Hand.
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5.4. Die Steuerumgehung setzt weiter voraus, dass die ungewöhnliche Regelung allein aus steuerlichen Gründen gewählt wurde. Dies ist vorliegend ohne Weiteres zu bejahen. Vorne, im Zusammenhang mit den Sachverhaltsrügen, ist bereits aufgezeigt worden, dass sich allenfalls vorhandene geschäftliche (nichtsteuerliche) Gründe (Motive) auf die absonderliche Rechtsgestaltung beziehen müssen (vorstehende E. 3.3.2). Dass die Beschwerdeführenden 2-4 daneben angeblich auch "normale" Geschäfte tätigen (wie z.B. die Beschwerdeführerin 2 den Weineinkauf unter eigener Firma für die Beschwerdeführerin 1 bei grossen Weinhandlungen), lässt noch nicht auf eine unternehmerische Tätigkeit schliessen. Dass die Unternehmen der Beschwerdeführer 2-4 ausschliesslich steuerlichen Motiven dienen, zeigt sich schon darin, dass sich jeweils ein Unternehmen bei der ESTV als Mehrwertsteuerpflichtiger anmeldete, sobald jeweils eine schon eingetragene Unternehmung die unter dem aMWSTG für die Anwendung der Saldosteuersatzmethode geltende Umsatzgrenze von Fr. 3 Mio. zu überschreiten drohte (vgl. die Tabelle im angefochtenen Entscheid E. 4.3.1).
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5.5. Schliesslich führt die gewählte Rechtsgestaltung tatsächlich zu einer erheblichen Steuereinsparung, sollte sie von der ESTV hingenommen werden. Allein im Jahr 2010 betragen diese gemäss Verfügung der ESTV vom 25. Juni 2014 (E. 2.11) ungefähr Fr. 230'000.--. Alle Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung sind somit erfüllt.
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5.6. Ist eine Steuerumgehung zu bejahen, ist der Besteuerung die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den erstrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen (vorstehende E. 5.1 in fine).
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5.6.1. Aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz, die sich mit den Erkenntnissen der ESTV decken, dienten die Unternehmen der Beschwerdeführer 2-4 der Generierung von Vorsteuern. Eine andere Verwendung ist nicht nachgewiesen. Unter diesen Umständen verneinte die ESTV gegenüber den Beschwerdeführenden 2-4 zu Recht das Bestehen einer eigenen selbständigen unternehmerischen Tätigkeit (Art. 10 MWSTG) und praktizierte sie den Durchgriff, indem sie die Unternehmen der Beschwerdeführenden 2-4 zusammen mit dem Unternehmen der Beschwerdeführerin 1 zu einem einzigen Unternehmen zusammenfasste und die Beschwerdeführerin 1 als Unternehmensträgerin bestätigte. Das hat zur Folge, dass die Beschwerdeführenden 2-4 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen rückwirkend zu löschen sind und die Umsätze der Beschwerdeführer 2 und 4 (die Einzelfirma des Beschwerdeführers 3 erzielte im Jahr 2010 keine Umsätze) mehrwertsteuerrechtlich keine Wirkung entfalten, und zwar weder umsatz- noch vorsteuerseitig.
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5.6.2. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, "sachgemäss" wäre es gewesen, wenn die Beschwerdeführerin 1 die Weine bei anderen Zwischenhändler bezogen hätte. Denn der direkte Ankauf bei Privatpersonen sei für die Beschwerdeführerin 1 aus den bereits genannten wirtschaftlichen und marketingtechnischen Gründen (vorstehende E. 5.2.2) - keine Alternative. Hätte sie solche Zulieferfirmen berücksichtigt, so liesse sich genau das gleiche Ergebnis erreichen, zumal diese Zwischenhändler "höchstwahrscheinlich" ebenfalls nach Saldosteuersätzen abgerechnet hätten.
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Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Sie beruht auf einem fingierten Sachverhalt. Im Rahmen der Steuerumgehung ist die Sachverhaltsfiktion nur insoweit unproblematisch, als die formale privatrechtliche Ausgestaltung des Sachverhalts negiert bzw. fingiert wird und im Übrigen der Sachverhalt mit Bezug auf seine - für die Beurteilung massgebenden - wirtschaftlichen Auswirkungen unverändert belassen wird (vgl. vorstehende E. 5.1). Genau das haben die Vorinstanzen gemacht: Sie haben die Unternehmen der Beschwerdeführer 2-4 die Eigenständigkeit als Steuersubjekt abgesprochen und die Beschwerdeführerin 1 zusammen mit den drei Unternehmen als einziges Mehrwertsubjekt anerkannt. Demgegenüber will die Beschwerdeführerin einen neuen "konstruierten" Sachverhalt einführen.
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6. Die Beschwerdeführer beantragen eventualiter, die Beschwerde teilweise gutzuheissen und die Sache zur Ermittlung der Höhe des fiktiven Vorsteuerabzugs an die ESTV zurückzuweisen.
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6.1. Hat eine steuerpflichtige Person im Rahmen ihrer zum Vorsteuerabzug berechtigenden unternehmerischen Tätigkeit einen gebrauchten individualisierbaren beweglichen Gegenstand für die Lieferung an einen Abnehmer oder eine Abnehmerin im Inland ohne Mehrwertsteuerbelastung bezogen, so kann sie auf dem von ihr entrichteten Betrag einen fiktiven Vorsteuerabzug vornehmen (Art. 28 Abs. 3 1. Satz MWSTG). Zur Anwendung gelangt der beim Bezug geltende Steuersatz (Art. 28 Abs. 3 2. Satz MWSTG).
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Der fiktive Vorsteuerabzug löst die Margenbesteuerung gemäss Art. 35 aMWSTG ab. Es geht darum, bei nicht vollständigem Verbrauch eines gebrauchten Gegenstandes im nichtunternehmerischen Bereich einer doppelten Steuerbelastung entgegenzuwirken (Baumgartner et al., a.a.O., § 7 Rz. 34 S. 202 f.). Als Gebrauchtgegenstand galten nach altem Recht auch Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten (vgl. Art. 35 Abs. 2 aMWSTG und Art. 11 aMWSTGV). Obschon neurechtlich weder im Gesetz noch in der Verordnung erwähnt, anerkennt die ESTV auch unter dem neuen Recht den fiktiven Vorsteuerabzug auf Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten (Vernehmlassung vom 27. November 2014, S. 19).
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6.2. Das Gesetz bezieht sich auf "gebrauchte, individualisierbare, bewegliche Gegenstände" und damit auf Konsumgüter, die im privaten, nichtunternehmerischen Bereich nicht bereits vollständig verbraucht sind (so auch BAUMGARTNER ET AL., a.a.O.). Die betriebswirtschaftliche Lehre unterscheidet bei den Konsumgütern zwischen Verbrauchs- und Gebrauchsgütern (JEAN-PAUL THOMMEN, Betriebswirtschaft und Management, 9. Aufl. 2013, S. 33 f.). Gesetz und Verordnung verwenden die Begriffe Wein in Flaschen als Genussmittel ist ein Verbrauchsgut. Einmal geöffnet, ist die Flasche zum Verbrauch bestimmt. Bei Qualitäts- und Spitzenweinen verhält es sich nicht anders; die blosse Lagerung eines Gegenstandes macht diesen noch nicht zum Gebrauchtgegenstand oder zur Antiquität. Dem fiktiven Vorsteuerabzug sind Flaschenweine somit erst zugänglich, wenn sie aufgrund ihrer Herkunft und ihres Alters als Sammlungsstücke in Frage kommen. Nach der erwähnten Praxis der ESTV wäre das erst ab einem Alter von 100 Jahren der Fall.
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6.3. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, bei welchen von den aus Privatkellern aufgekauften "Weinraritäten" es sich in diesem Sinn um Sammlerstücke handeln soll. Sie wiesen in der Beschwerde an die Vorinstanz (Sprungbeschwerde) auf die in den Beilagen 37-44 vorgelegten Rechnungen und Quittungen hin. Der älteste Wein datiert von 1978 (Barolo Prapo, Ceretto, gekauft für Fr. 100.--). Die teuersten Weine bewegen sich in der Preisspanne von Fr. 1'100.-- - Fr. 2'100.-- und sind noch nicht ausgesprochen alt (z.B. Château Lafite-Rothschild 1986, Romanée St. Vivant Dom. Romanée-Conti 2005). Diese Weine sind weder individualisiert noch stellen sie Sammlungsobjekte im Sinne der Verwaltungspraxis dar. Bereits aus diesem Grund kann im Rahmen der Sachverhaltsfiktion der fiktive Vorsteuerabzug nicht gewährt werden. Auch der Eventualantrag erweist sich als unbegründet.
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7. Die Steuernachbelastung ist betragsmässig nicht bestritten. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Als unterliegende Parteien haben die Beschwerdeführenden die Verfahrenskosten zu tragen. Sie haften hierfür solidarisch. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 65 ff. BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden den Beschwerdeführern 1-4 unter solidarischer Haftung auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 22. Dezember 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Wyssmann
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