Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
5A_499/2015
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Urteil vom 20. Januar 2016
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiberin Griessen.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald,
Beschwerdeführer,
gegen
1. B.B.________,
2. C.B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Melanie Bleuler,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Abänderung Unterhaltsverträge,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer,
vom 21. April 2015.
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ und D.B.________ sind die nicht verheirateten Eltern von B.B.________ (geb. 2002) und C.B.________ (geb. 2004).
A.b. Am 5. Oktober 2004 genehmigte der Gemeinderat U.________ als Vormundschaftsbehörde Unterhaltsverträge zwischen A.________ und seinen Töchtern. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Eltern der Töchter noch zusammen. A.________ verpflichtete sich für die beiden Kinder monatlich vorschüssig je folgende Unterhaltsbeiträge zu bezahlen:
"Von der Geburt bis zum vollendeten 6. Altersjahr: Fr. 650.--
vom 7. bis zum vollendeten 12. Altersjahr: Fr. 750.--
vom 13. Altersjahr bis zum Eintritt in die volle
Erwerbstätigkeit bzw. bis zur Mündigkeit des Kindes: Fr. 850.--"
Im Juli 2010 trennten sich A.________ und D.B.________.
A.c. Mit Klage vom 19. November 2013 gegen seine beiden Töchter beantragte A.________ beim Bezirksgericht Baden, die beiden Unterhaltsverträge für seine Töchter seien rückwirkend per 1. August 2010 aufzuheben und es sei festzustellen, dass er und die Kindsmutter im Rahmen der je hälftigen Betreuung der Töchter die Kosten des Unterhalts gemeinsam tragen würden und gegenseitig keine Unterhaltsbeiträge zu leisten seien. Zudem behielt er sich vor, nach dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung ein separates Begehren betreffend die Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts zu stellen.
A.d. Das Gerichtspräsidium Baden entschied mit Urteil vom 31. Juli 2014, beide Unterhaltsverträge seien abzuändern, und verpflichtete A.________, ab dem 19. November 2013 für die beiden Kinder monatlich vorschüssig je folgende Unterhaltsbeiträge zu bezahlen (Ziff. 1) :
"Bis zum 12. Altersjahr: Fr. 285.--
vom 13. - 16. Altersjahr: Fr. 293.--
vom 17. - 18. Altersjahr: Fr. 368.--
Vorbehalten bleibt die über die Mündigkeit hinausgehende Unterhaltspflicht gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB."
Weitergehende Anträge wies das Gerichtspräsidium Baden ab (Ziff. 2). Die Gerichtskosten wies es den Parteien je hälftig zu (Ziff. 3), Parteientschädigungen wurden keine gesprochen (Ziff. 4), den Beklagten aber die unentgeltliche Prozessführung gewährt (Ziff. 5).
B.
B.a. Die Töchter erhoben am 24. September 2014 Berufung gegen diesen Entscheid. Sie verlangten, die Ziff. 1, 3 und 4 aufzuheben, die Klage von A.________ abzuweisen und diesen zur Bezahlung der Entscheidgebühr und einer Parteientschädigung zu verpflichten, alles unter Kostenfolgen zu Lasten von A.________ respektive der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Beklagten. Eventualiter verlangten sie, die Ziff. 1 insoweit abzuändern, als dass ihr Vater zu verpflichten sei, ihnen ab dem 19. November 2013 monatlich vorschüssig je folgende Unterhaltsbeiträge zu bezahlen:
"Bis zum 12. Altersjahr: Fr. 402.32
vom 13. - 16. Altersjahr: Fr. 406.90
vom 17. - 18. Altersjahr: Fr. 460.32
Vorbehalten bleibt die über die Mündigkeit hinausgehende Unterhaltspflicht gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB."
B.b. Mit Urteil vom 21. April 2015 hiess das Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, die Berufung gut. Es hob das Urteil des Gerichtspräsidiums Baden vom 31. Juli 2014 vollständig auf und wies die Klage ab. Es auferlegte A.________ die Gerichtskosten für das Verfahren vor erster und zweiter Instanz und verpflichtete ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung für das erstinstanzliche und das zweitinstanzliche Verfahren.
C.
Gegen dieses Urteil hat A.________ (Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 22. Juni 2015 Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, den Entscheid des Obergerichts vollumfänglich aufzuheben und die beiden Unterhaltsverträge für seine Töchter (Beschwerdegegnerinnen) rückwirkend per 1. Dezember 2013 aufzuheben. Eventualiter seien die Unterhaltsbeiträge nach Ermessen festzusetzen, subeventualiter die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die kantonalen Akten sind beigezogen worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht über eine vermögensrechtliche Zivilsache entschieden hat (Art. 72 Abs. 1, 75 Abs. 1 und 90 BGG). Der Streitwert übersteigt Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 51 Abs. 4 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).
1.2. Da der Beschwerdeführer das erstinstanzliche Urteil nicht angefochten hat, hat er den Beschwerdegegnerinnen - im Falle einer Gutheissung seiner Beschwerde - mindestens die im Urteil des Gerichtspräsidiums Baden festgesetzten Unterhaltsbeiträge zu leisten (vgl. Sachverhalt A.d). Soweit der Beschwerdeführer weitergehende Anträge stellt respektive verlangt, die beiden Unterhaltsverträge für seine Töchter seien aufzuheben, eventualiter nach richterlichem Ermessen herabzusetzen, ist darauf nicht einzutreten.
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG gerügt werden. Unter Vorbehalt des Bereichs der verfassungsmässigen Rechte wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist allerdings nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen von sich aus zu untersuchen, wenn der Beschwerdeführer diese nicht mehr thematisiert (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88; 137 III 580 E. 1.3 S. 584). Deshalb ist in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104).
2.
2.1. Das Obergericht erwog zunächst, das bei ihm angefochtene Urteil des Gerichtspräsidiums Baden sei zwischen dem Beschwerdeführer als Kläger und Unterhaltsschuldner und den beklagten Kindern als Unterhaltsgläubigern ergangen. Unter Verweisung auf die Klageantwortbeilage 3 führte es fort, dass den Beschwerdegegnerinnen die in den Unterhaltsverträgen festgesetzten Unterhaltsbeiträge seit Mai 2012 vollumfänglich von der Gemeinde U.________ bevorschusst würden. Damit sei das Stammrecht auf Unterhalt bzw. der in Form einer Geldzahlung zu erfüllende Unterhaltsanspruch auf das Gemeinwesen übergegangen (Art. 289 Abs. 2 ZGB; BGE 137 III 193 E. 3.8 S. 202 ff. und Urteil 5A_634/2013 vom 12. März 2014 E. 4.1), welchem auch die Befugnis zur Unterhaltsklage oder zur Klage auf Abänderung des Unterhaltsbeitrages zustehen würde. Da vorliegend aufgrund der vollständigen Bevorschussung allein dem Gemeinwesen (Gemeinde U.________) Gläubigerstellung bezüglich der in den Unterhaltsverträgen festgesetzten Unterhaltsbeiträge zukomme, hätte der Beschwerdeführer die Abänderungsklage gegen dieses richten müssen. Die Abänderungsklage wäre somit wegen fehlender Passivlegitimation der Beschwerdegegnerinnen abzuweisen gewesen, sodass die Berufung schon aus diesem Grund gutzuheissen sei. Im Übrigen erachtete die Vorinstanz die Abänderungsklage auch bei gegebener Passivlegitimation als unbegründet.
2.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Beschwerdegegnerinnen hätten weder im erstinstanzlichen Verfahren noch vor dem Obergericht geltend gemacht, nicht passivlegitimiert zu sein. Sie seien im Gegenteil auf die Klage "eingetreten" und hätten sich darauf berufen, eine Abänderung der Unterhaltsbeiträge "käme aus materiellen Gründen nicht in Frage". Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, die Passivlegitimation ohne entsprechende "Einrede" der Beschwerdegegnerinnen geprüft zu haben. Mit der rechtlichen Würdigung zur Frage, wer im Abänderungsverfahren passivlegitimiert ist, setzt er sich dann aber nicht auseinander. Vielmehr führt er seine Beschwerde fort, indem er, gestützt auf eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse, eine Verletzung von Art. 286 Abs. 2 ZGB behauptet.
2.3. Es mag zutreffen, dass die Beschwerdegegnerinnen ihre Passivlegitimation nicht bestritten hatten. Die Frage, wer hinsichtlich des eingeklagten materiell-rechtlichen Anspruchs berechtigt oder verpflichtet ist, gehört jedoch zum materiellen Recht (vgl. SIMON ZINGG, Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 171 zu Art. 59 ZPO mit Hinweisen) und bildet keine Prozessvoraussetzung (vgl. BGE 139 III 504 E. 1.2 S. 507; 133 III 180 E. 3.4 S. 184), wie es der Beschwerdeführer anzunehmen scheint. Fehlt die Sachlegitimation, wird die Klage als unbegründet abgewiesen (BGE 138 III 737 E. 2 S. 738). Die Sachlegitimation ist als materiellrechtliche Voraussetzung des eingeklagten Anspruchs vom Richter im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen zu prüfen (BGE 126 III 59 E. 1a S. 63). Gilt die Verhandlungsmaxime, so gilt dies zwar nur nach Massgabe des behaupteten und festgestellten Sachverhalts (BGE 130 III 550 E. 2; 118 Ia 129 E. 1; Urteil 4A_1/2014 vom 26. März 2014 E. 2.3). Vorliegend hatte jedoch das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen (Art. 296 Abs. 1 ZPO) und folgte die Tatsache der Bevorschussung bereits aus der Klageantwort (beilage) der Beschwerdegegnerinnen. Dass die Vorinstanz den Sachverhalt im Sinne von Art. 97 BGG fehlerhaft festgestellt hätte, macht der Beschwerdeführer ferner nicht geltend.
Somit hat die Vorinstanz die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerinnen zu Recht geprüft. Da der Beschwerdeführer die rechtliche Auffassung der Vorinstanz in dieser Hinsicht nicht rügt, bleibt es bei der Abweisung der Abänderungsklage aufgrund der fehlenden Passivlegitimation. Ausführungen zu den weiteren Rügen des Beschwerdeführers, mit welchen er sich gegen die Unbegründetheit der Abänderungsklage richtet, erübrigen sich somit.
3.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnerinnen ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Januar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Die Gerichtsschreiberin: Griessen