Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
5A_774/2015
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Urteil vom 24. Februar 2016
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Meuwly,
Beschwerdeführerin,
gegen
Zivilgericht des Saanebezirks, Präsident,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege (Abänderung einer Scheidungsrente),
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, II. Zivilappellationshof, vom 2. September 2015.
Sachverhalt:
A.
In dem von ihrem geschiedenen Ehemann angehobenen Verfahren betreffend Abänderung des Scheidungsurteils (Aufhebung des im Scheidungsurteil der geschiedenen Ehefrau zugesprochenen Unterhaltsbeitrages) ersuchte A.________ am 3. Juni 2015 den Präsidenten des Bezirksgerichts des Saanebezirks um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Entscheid vom 16. Juni 2015 wies der Präsident das Gesuch mangels Bedürftigkeit der Ansprecherin ab.
B.
Mit Urteil vom 2. September 2015 gab das Kantonsgericht Freiburg der von A.________ gegen die Abweisung des Gesuchs erhobenen Beschwerde nicht statt.
C.
A.________ (Beschwerdeführerin) hat am 30. September 2015 (Postaufgabe) gegen das Urteil des Kantonsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie ersucht um Aufhebung des angefochtenen Urteils und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor dem Bezirksgericht des Saanebezirks. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht sie ebenso um unentgeltliche Rechtspflege.
D.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit dem einer Prozesspartei die unentgeltliche Rechtspflege verweigert worden ist. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647). Dort ist der im Scheidungsurteil der heutigen Beschwerdeführerin zugesprochene Unterhaltsbeitrag strittig, wobei der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) gegeben ist. Damit kann die Beschwerde in Zivilsachen sowohl gegen den Entscheid in der Sache als auch gegen den vorliegenden Zwischenentscheid ergriffen werden. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen ( Art. 75, 76, 100 BGG ) geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Mit der Beschwerde kann eine Verletzung von Bundesrecht gerügt werden, wozu auch das Verfassungsrecht gehört (Art. 95 lit. a BGG).
2.
2.1. Gemäss Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, sofern dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 29 Abs. 3 BV, die auch für die Auslegung von Art. 117 lit. a ZPO zu berücksichtigen ist (vgl. zur Frage der Aussichtslosigkeit: BGE 139 III 475 E. 2.2 S. 476; 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218), gilt eine Person als bedürftig, wenn sie die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen vermag, ohne jene Mittel anzugreifen, die für die Deckung des eigenen notwendigen Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Familie erforderlich sind (BGE 128 I 225 E. 2.5.1 S. 232; 127 I 202 E. 3b S. 205 mit Hinweisen). Für die Beurteilung der prozessualen Bedürftigkeit ist die gesamte wirtschaftliche Situation der gesuchstellenden Partei zu würdigen, wobei nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abzustellen, sondern den individuellen Umständen Rechnung zu tragen ist. Der Teil der finanziellen Mittel, der das zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse Notwendige übersteigt, muss mit den für den konkreten Fall zu erwartenden Gerichts- und Anwaltskosten verglichen werden; dabei sollte es der monatliche Überschuss der gesuchstellenden Partei ermöglichen, die Prozesskosten bei weniger aufwändigen Prozessen innert eines Jahres, bei anderen innert zweier Jahre zu tilgen (zum Ganzen: BGE 135 I 221 E. 5.1 S. 223 f., in: Pra 2010 Nr. 25 S. 171 mit Hinweisen). Zudem hat es der monatliche Überschuss der gesuchstellenden Partei zu ermöglichen, die anfallenden Gerichts- und Anwaltskostenvorschüsse innert absehbarer Zeit zu leisten (zur Publikation bestimmtes Urteil 5A_997/2014 vom 27. August 2015 E. 4.1).
2.2. Massgebend für die Beurteilung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege sind grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt des Gesuchs (Für die Aussichtslosigkeit: BGE 139 III 475 E. 2.2 S. 477; für die Bedürftigkeit: BGE 135 I 221 E. 5.1 S. 223). Ob die Kriterien zur Bestimmung der Bedürftigkeit zutreffend gewählt wurden, ist Rechtsfrage. Tatfragen bilden hingegen die Höhe und der Bestand einzelner Aufwendungen oder Einnahmen (BGE 135 I 221 E. 5.1 S. 223; 120 Ia 179 E. 3a S. 181).
3.
3.1. Die Vorinstanz hat den der Beschwerdeführerin im Scheidungsurteil zugesprochenen Unterhaltsbeitrag von Fr. 4'000.-- pro Monat als massgebendes Einkommen für die Ermittlung der Bedürftigkeit berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kantonsgericht habe nicht beachtet, dass der frühere Ehemann mit der Abänderungsklage die Aufhebung des Unterhaltsbeitrages ab dem 19. März 2015 verlangt habe. Werde der Klage entsprochen, verfüge die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt über kein Einkommen in der angenommenen Höhe. Sei die Leistung dieses Beitrages ungewiss, verstosse dessen Berücksichtigung gegen Art. 117 ZPO. Ferner legt die Beschwerdeführerin dar, die Vorinstanz habe im Sinne einer antizipierten Beweiswürdigung das Ergebnis des Hauptverfahrens vorweggenommen, ohne dies jedoch im angefochtenen Entscheid zu begründen; insbesondere zeige sie nicht auf, weshalb ihrer Ansicht nach die Beschwerdeführerin auch nach dem 19. März 2015 über einen Unterhaltsbeitrag verfügen werde. Sie gehe im Ergebnis in willkürlicher Beweiswürdigung davon aus, der Kläger werde im Abänderungsprozess mit seinem Antrag auf Streichung des Unterhaltsbeitrages nicht durchdringen.
3.2. Das Kantonsgericht hat erwogen, die erste Instanz sei in tatsächlicher Hinsicht von einem Einkommen der Beschwerdeführerin von Fr. 4'000.-- pro Monat ausgegangen; die Beschwerdeführerin lege nicht dar, inwiefern die erste Instanz damit in Willkür verfallen sei. Die Beschwerdeführerin erörtert vor Bundesgericht nicht rechtsgenügend, dass sie die erstinstanzliche Ermittlung des Einkommens als willkürlich angefochten hat. Mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges ist auf die Rüge willkürlicher Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Ermittlung des Einkommens nicht einzutreten (BGE 133 III 639 E. 2). War aber die Ermittlung des Einkommens nicht sachgerecht angefochten worden, durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, die Beschwerdeführerin verfüge zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs über dieses monatliche Einkommen. Nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf das Urteil 5A_58/2014 vom 17. Oktober 2014. In diesem Eheschutzmassnahmen betreffenden Fall sprach die zweite Instanz der um unentgeltliche Rechtspflege ersuchenden Ehefrau in Abänderung eines anderslautenden erstinstanzlichen Entscheides einen Unterhaltsbeitrag zu. Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege dazu erwogen, bezüglich dieser Einkommensquelle komme es darauf an, ob die mit dem Armenrechtsgesuch befasste Behörde die Gewissheit haben könne, dass die (rückwirkend) zugesprochenen Alimente auch tatsächlich geleistet werden. Es hat dies verneint (E. 3.3.3). Im konkreten Fall ist aufgrund der nicht rechtsgenügend angefochtenen tatsächlichen Feststellung davon auszugehen, dass der Unterhaltsschuldner den im Scheidungsurteil gesprochenen Unterhaltsbeitrag von Fr. 4'000.-- auch tatsächlich leistet. Angesichts der unterschiedlichen Ausgangslage erweist sich der Verweis auf das Urteil 5A_58/2014 als nicht zutreffend. Im konkreten Fall ist denn auch ungewiss, ob der Kläger mit seiner Abänderungsklage durchdringt. Da - wie gesagt - auch für die Ermittlung der Bedürftigkeit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist, erweist sich die Annahme eines Einkommens von Fr. 4'000.-- als bundesrechtskonform. Sollte der Kläger schliesslich mit seiner Klage durchdringen, stellte sich die Frage, ob der Unterhaltsbeitrag rückwirkend gestrichen bzw. gekürzt werden kann (BGE 117 II 368; Urteil 5A_501/2015 vom 12. Januar 2016). Im Übrigen bliebe es im Falle der Gutheissung der Klage der Beschwerdeführerin unbenommen, ein neues Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu stellen und dabei um rückwirkende Gewährung ab Beginn des Abänderungsverfahrens zu ersuchen (zur rückwirkenden Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege siehe auch: Urteil 5A_843/2009 vom 23. Februar 2010 E. 4.3).
4.
4.1. Die Vorinstanz hat im zivilprozessualen Notbedarf der Beschwerdeführerin die Prämie für die Krankenkassenzusatzversicherung und für das Fitness-Abonnement nicht berücksichtigt. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin verstösst dies gegen Art. 117 ZPO, zumal damit entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung den konkreten Umständen des Einzelfalles nicht Rechnung getragen werde. Insbesondere gelte es, die Krebserkrankung der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen.
4.2. Die Vorinstanz hat den Umständen des konkreten Falles durchaus Rechnung getragen, indem sie nicht einfach den in den Richtlinien der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (Notbedarf) nach Art. 93 SchKG vom 1. Juli 2009 (nachfolgend: Richtlinien) aufgeführten Grundbetrag von Fr. 1'200.-- aufgenommen, sondern einen Zuschlag von 20 % zum Betrag von Fr. 1'100.-- gutgeschrieben hat. Dass sie für den Zuschlag von 20 % nicht von einem Betrag von Fr. 1'200.-- für Einzelpersonen ausgegangen ist, erklärt sich damit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Sohn zusammenlebt, was die Vorinstanz dazu veranlasst hat, den Grundbetrag für Einzelpersonen um einen pauschalen Betrag von Fr. 100.-- zu kürzen. Im Übrigen gilt auch für die Berechnung des zivilprozessualen Notbedarfs der Grundsatz, dass Beiträge an die Krankenkassen-Zusatzversicherung nicht zu berücksichtigen sind (BGE 134 III 323; siehe dazu insbesondere Urteil 5D_121/2009 vom 30. November 2009 E. 7.2). Gleiches gilt für die geltend gemachten Kosten des Fitness-Abonnements. Mit der Grundversicherung ist eine ausreichende medizinische Versorgung der Beschwerdeführerin sichergestellt. Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht ersichtlich.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet sodann, dass die Kosten für das Swisscom Fixnet sowie das Swisscom Mobile nicht in den Notbedarf aufgenommen worden sind.
5.2. Die Telefonkosten sind in den Richtlinien nicht separat aufgeführt, weshalb davon auszugehen ist, diese seien im Grundbetrag enthalten. Die unterbliebene Berücksichtigung eines zusätzlichen Betrages ist daher nicht zu beanstanden (vgl. Urteil U 234/01 vom 14. Februar 2002 E. 4b/bb).
6.
6.1. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin die Kosten für das Fahrzeug (und die damit zusammenhängenden Auslagen) nicht zugestanden mit der Begründung, dem Fahrzeug komme kein Kompetenzcharakter zu. Die Beschwerdeführerin erblickt auch darin eine Verletzung von Art. 117 ZPO.
6.2. Einen Zuschlag zum Grundbetrag rechtfertigen die unumgänglichen Berufsauslagen, wozu auch die Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz zu zählen sind (DANIEL WUFFLI, Die unentgeltliche Rechtspflege in der schweizerischen Zivilprozessordnung, 2015, S. 126 Rz. 296). In diesem Sinne gehen Rechtsprechung und Lehre davon aus, Leasingraten für ein Auto mit Kompetenzcharakter seien sowohl beim betreibungsrechtlichen Existenzminimum als auch in der prozessualen Bedarfsberechnung zu berücksichtigen (ALFRED BÜHLER Prozessarmut, in: Gerichtskosten, Parteikosten, Prozesskaution, unentgeltliche Prozessführung, 2001, S. 179; STEFAN MEICHSSNER, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [Art. 29 Abs. 3 BV], 2008, S. 93; GEORGES VONDER MÜHLL, Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 31 zu Art. 93; KREN KOSTKIEWICZ, in: Kurzkommentar SchKG, 2014, N. 50 zu Art. 93; zum Ganzen: Urteil 5A_27/2010 vom 15. April 2010 E. 3.2.2).
6.3. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass es sich bei dem von ihr benutzten Fahrzeug um ein Kompetenzstück im genannten Sinne handelt. Die unterbliebene Berücksichtigung der entsprechenden Kosten ist nicht zu beanstanden.
7.
Damit bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Einkommen von Fr. 4'000.-- pro Monat und monatlichen Auslagen von Fr. 3'148.55. Die Beschwerdeführerin hat die Schlussfolgerung der Vorinstanz nicht angefochten, sie sei bei einem Einkommen von Fr. 4'000.-- pro Monat und monatlichen Auslagen von Fr. 3'148.55 in der Lage die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten (innert eines Jahres) ratenweise zu begleichen. Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
8.
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, hat sich die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos erwiesen. Fehlt es somit an einer der kumulativen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, ist das entsprechende Gesuch der Beschwerdeführerin abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, II. Zivilappellationshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. Februar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Zbinden