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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1C_612/2015
Urteil vom 17. Mai 2016
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Pedretti.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
gegen
Dienststelle Soziales und Gesellschaft
des Kantons Luzern, Opferhilfe,
Rösslimattstrasse 37, Postfach 3439, 6002 Luzern.
Gegenstand
Längerfristige Hilfe nach Opferhilfegesetz,
Beschwerde gegen das Urteil vom 13. Oktober 2015
des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung.
Sachverhalt:
A.
A.________ wurde am 11. Januar 2011 auf der Rothenburgstrasse in Emmenbrücke in einen Auffahrunfall verwickelt. Seither leidet er nach eigenen Angaben zumindest an einem cervico-cephalen Syndrom, allenfalls auch an einer auf den Unfall zurückgehenden Depression.
B.
Am 15. Oktober 2014 gelangte er an die Dienststelle für Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern (DISG) und beantragte die Ausrichtung einer Entschädigung von Fr. 100'000.-- und einer Genugtuung von Fr. 50'000.-- sowie die Übernahme der Anwaltskosten. Auf entsprechende Aufforderung der DISG hin, präzisierte sein Rechtsvertreter, es werde um Kostengutsprache entweder für einen Prozess gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG oder "für das Haftpflicht- und Sozialversicherungsverfahren" ersucht. Die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG, bei der A.________ versichert sei, weigere sich, Unterstützungsbeiträge zu leisten, nachdem die von ihr verlangten, umfangreichen Unterlagen aus Gründen des Anwaltsgeheimnisses und der Wahrung der Interessen seines Klienten nicht eingereicht worden seien. Da die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG eine Tochtergesellschaft der C.________ Versicherungs-Gesellschaft AG sei, bei welcher der Unfallverursacher versichert sei, habe er sich zu einem solchen Schritt veranlasst gesehen, um zu verhindern, dass die eingeforderten Dokumente an die Gegenseite weitergegeben würden.
C.
Am 25. Februar 2015 sistierte die DISG das Verfahren betreffend Entschädigung bzw. Genugtuung und mit Entscheid vom 19. März 2015 wies sie das Gesuch um längerfristige Hilfe für die anwaltliche Vertretung im Verfahren gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG bzw. gegen die Haftpflicht- und Sozialversicherung ab. Zur Begründung führte sie an, sie habe mit Blick auf die Beurteilung der Opferstellung und der Kausalität der geltend gemachten Beeinträchtigung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft sowie bei der involvierten Unfall- bzw. Krankentaggeldversicherung die Akten einfordern wollen, weshalb sie A.________ um Unterzeichnung einer Entbindungserklärung und Vollmacht zur Aktenedition gebeten habe. Da er diesem Ersuchen unter Verletzung seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, habe sie nicht beurteilen können, ob ihm Opferstellung mit der für die Kostengutsprache gebotenen Wahrscheinlichkeit zukomme. Selbst wenn aber seine Opfereigenschaft zu bejahen gewesen wäre, hätte infolge Nichtwahrung der Subsidiarität keine Kostengutsprache geleistet werden können. Bei den involvierten Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherungen handle es sich um zwei verschiedene, voneinander unabhängige Unternehmen, weshalb die Befürchtung von A.________, Unterlagen könnten weitergegeben werden, unbegründet sei. Verzichte er auf die Leistungen seiner Rechtsschutzversicherung, könne seitens der Opferhilfe keine Kostengutsprache für die anwaltliche Vertretung erfolgen. Der Grundsatz der Subsidiarität gelte auch für das Haftpflicht- und Sozialversicherungsverfahren.
D.
Diesen Entscheid focht A.________ beim Kantonsgericht Luzern an, das seine Beschwerde und die mit ihr gestellten Anträge mit Urteil vom 13. Oktober 2015 abwies (Dispositiv Ziff. 1). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gab es ebenfalls nicht statt (Ziff. 2). Verfahrenskosten erhob es keine (Ziff. 3). Das Kantonsgericht erwog im Wesentlichen, die DISG sei zu Recht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgegangen, da A.________ weder die in seinem Besitz befindlichen Unterlagen (Strafakten, Angaben über seine finanziellen Verhältnisse und die Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung) eingereicht noch die Entbindungserklärung bzw. Vollmacht unterzeichnet habe. Ausserdem sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass er keine oder nur ungenügende Leistungen von Dritten erhalten könne bzw. es ihm nicht zuzumuten sei, sich um diese Leistungen zu bemühen (Art. 4 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 23. März 2007 [OHG; SR 312.5]). Gleiches gelte für die Notwendigkeit einer rechtlichen Verbeiständung, für die Nicht-Aussichtslosigkeit der Verfahren gegen die Rechtsschutz- bzw. die Haftpflicht- und Sozialversicherung sowie für die finanzielle Bedürftigkeit.
Das Kantonsgericht führte zudem aus, A.________ sei gegenüber der B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG mangels Interessenkollision im Hinblick auf die geplanten Verfahren mitwirkungspflichtig, weshalb er die von ihr verlangten IV- und UV-Akten hätte einreichen müssen. Da er dem nicht nachgekommen sei, habe er mit dem Verlust des Versicherungsanspruchs rechnen müssen. Ob sich die Rechtsschutzversicherung zu Recht auf den Verlust des Versicherungsanspruchs und/oder auf fehlende Fälligkeit berufe, könne nicht in dem von ihm angestrebten Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten geklärt werden. Somit sei das Vorgehen gegen die Rechtsschutzversicherung im Sinne einer Einleitung eines Schiedsverfahrens aussichtslos. Da die Opferhilfe nicht gehalten sei, solche Verfahren zu finanzieren, sei der Antrag auf längerfristige Hilfe zu Recht abgewiesen worden. Im Falle eines ordentlichen Gerichtsverfahrens gegen die Rechtsschutzversicherung könne A.________ die unentgeltliche Rechtspflege beantragen, die der opferhilferechtlichen Kostengutsprache vorginge. Falls diese wegen Aussichtslosigkeit verweigert werde, müsse auch die Opferhilfe das Verfahren nicht finanzieren. Seitens der Opferhilfe könne keine Kostengutsprache für das Haftpflicht- und Sozialversicherungsverfahren geleistet werden, wenn A.________ durch seine ungerechtfertigte Mitwirkungsverweigerung auf die Leistung der Rechtsschutzversicherung verzichte bzw. diese gegebenenfalls sogar verwirkt habe.
E.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. November 2015 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, Ziff. 1 des Urteils des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin anzuweisen, eine Kostengutsprache für das Verfahren gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG abzugeben. Zudem sei dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren zuzubilligen. Jedenfalls sei Ziff. 2 des Urteils des Kantonsgerichts aufzuheben und dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung seines Vertreters, Rechtsanwalt Philip Stolkin, zu gewähren. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zur Neubehandlung zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Das Kantonsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die DISG hat sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesamt für Justiz (BJ) verzichtet auf eine Stellungnahme. Der Beschwerdeführer hält im weiteren Schriftenwechsel an seinen Anträgen fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid betrifft die Abweisung eines Gesuchs um finanzielle Leistung nach dem OHG. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als direkter Adressat der Gesuchsabweisung zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
1.2. Der Beschwerdeführer beantragt im bundesgerichtlichen Verfahren eine Kostengutsprache für das Verfahren gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG. Nicht verlangt wird dagegen - anders als noch im Gesuch an die DISG und in den Rechtsbegehren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - die Übernahme der Anwaltskosten für das Haftpflicht- und Sozialversicherungsverfahren. Auch in der Beschwerdebegründung werden nur die Anwaltskosten für das Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung thematisiert. Da das Bundesgericht an die Begehren der Parteien gebunden ist (Art. 107 Abs. 1 BGG) und im bundesgerichtlichen Verfahren keine weitergehenden Begehren gestellt werden können als im kantonal letztinstanzlichen Verfahren (Art. 99 Abs. 2 BGG), ist der Streitgegenstand vorliegend auf die Frage der längerfristigen juristischen Hilfe durch einen Dritten, in der Person von Rechtsanwalt Stolkin, für das angestrebte Verfahren gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG nach Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 OHG beschränkt.
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an ( iura novit curia; Art. 106 Abs. 1 BGG). Es kann daher eine Beschwerde aus anderen als den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen (BGE 133 V 196 E. 1.4 S. 200; BGE 122 V 34 E. 2b S. 36 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).
1.4. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Beruht dieser auf mehreren selbstständigen Begründungen, die je für sich den Ausgang des Rechtsstreits besiegeln, so hat der Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung darzulegen, dass jede von ihnen Recht verletzt. Andernfalls kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 138 III 728 E. 3.4 S. 734 f.; 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.).
1.4.1. Das Kantonsgericht bringt in seiner Stellungnahme vor, die Abweisung des Gesuchs um längerfristige Hilfe aufgrund einer Verletzung der Mitwirkungspflicht gegenüber der DISG sei vom Beschwerdeführer nicht angefochten worden. Ausserdem habe er sich nicht zum Vorwurf geäussert, seine Beschwerde sei von vornherein aussichtslos gewesen, da er der Opferhilfestelle nicht die von ihr verlangten Unterlagen eingereicht habe.
1.4.2. Opfer und damit anspruchsberechtigt im Sinne des OHG ist jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 1 Abs. 1 OHG).
1.4.3. Die DISG wies das Gesuch um längerfristige juristische Hilfe durch einen Dritten mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer habe weder die von ihr verlangten Unterlagen eingereicht noch eine entsprechende Entbindungserklärung bzw. Vollmacht zur Aktenedition unterzeichnet, so dass es ihr nicht möglich gewesen sei, seine Opferstellung zu beurteilen. Das Kantonsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus, die DISG sei zu Recht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgegangen. Der Beschwerdeführer legt in seiner Rechtsschrift nicht dar, inwiefern diese Begründung der Vorinstanz Bundesrecht verletzen soll. Vielmehr beschränkt er sich darauf, die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Aussichtslosigkeit eines (schieds-) gerichtlichen Verfahrens gegen die Rechtsschutzversicherung zu bestreiten. Damit vermag er jedoch den Begründungsanforderungen nicht zu genügen. Bei der Folgerung der Vorinstanz, die DISG sei zu Recht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgegangen, handelt es sich um eine selbstständige Begründung, die für sich geeignet war, zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
2.
Im Übrigen erfüllte der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine längerfristige juristische Hilfe durch einen Dritten für das angestrebte Verfahren gegen die B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG gemäss Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 OHG ohnehin nicht.
2.1. Nach Art. 13 OHG leisten die Beratungsstellen dem Opfer und seinen Angehörigen sofort Hilfe für die dringenden Bedürfnisse, die als Folge der Straftat entstehen (Soforthilfe; Abs. 1). Sie leisten dem Opfer und dessen Angehörigen soweit nötig zusätzliche Hilfe, bis sich der gesundheitliche Zustand der betroffenen Person stabilisiert hat und bis die übrigen Folgen der Straftat möglichst beseitigt oder ausgeglichen worden sind (längerfristige Hilfe; Abs. 2). Die Beratungsstellen können die Soforthilfe und die längerfristige Hilfe durch Dritte erbringen lassen (Abs. 3). Gemäss Art. 14 Abs. 1 OHG umfassen die Leistungen unter anderem die angemessene juristische Hilfe in der Schweiz, die als Folge der Straftat notwendig geworden ist. Art. 16 OHG bestimmt den Umfang der Kosten für die längerfristige Hilfe Dritter. Leistungen der Opferhilfe werden nur endgültig gewährt, wenn der Täter oder eine andere verpflichtete Person oder Institution keine oder keine genügende Leistung erbringt (Art. 4 Abs. 1 OHG). Wer Kostenbeiträge für die längerfristige Hilfe Dritter beansprucht, muss glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind, es sei denn, es sei ihm oder ihr angesichts der besonderen Umstände nicht zumutbar, sich um Leistungen Dritter zu bemühen (Art. 4 Abs. 2 OHG).
2.2. Die Vorinstanz erwog, das vom Beschwerdeführer angestrebte Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten gemäss Art. 169 der Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (AVO; SR 961.011) sei zur Klärung der Frage, ob sich der Versicherer zu Recht auf den Verlust des Versicherungsanspruchs und/oder auf fehlende Fälligkeit berufe, nicht vorgesehen und somit aussichtslos. Da die Opferhilfe keine aussichtslosen Verfahren zu finanzieren habe, sei der Antrag auf längerfristige Hilfe für das Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung zu Recht abgewiesen worden. Ausserdem ginge im Falle eines ordentlichen Gerichtsverfahrens die unentgeltliche Rechtspflege der opferhilferechtlichen Kostengutsprache vor. Würde Erstere wegen Aussichtslosigkeit verweigert, müsste auch die Opferhilfe das Verfahren nicht finanzieren.
2.3. Gemäss Art. 14 Abs. 1 OHG sind ausschliesslich angemessene Leistungen, die als Folge der Straftat notwendig geworden sind, von der Opferhilfe zu übernehmen. Damit wird ein kausaler Zusammenhang zwischen der Straftat und der beantragten Leistung gefordert. Die juristische Hilfe muss zudem notwendig sein. Insoweit befand das Bundesgericht, dass das Opfer keiner staatlichen Hilfe bedarf, wenn es sich in zumutbarer Weise selber helfen kann (Urteil 1C_32/2014 vom 6. Oktober 2014 E. 2.3 mit Hinweisen). Des Weiteren muss die Hilfe angemessen sein. In seiner Rechtsprechung zum alten Opferhilfegesetz vom 4. Oktober 1991 (aOHG) ging das Bundesgericht davon aus, dass die Opferhilfestelle die Übernahme von Anwaltskosten verweigern kann, wenn diese offensichtlich nutzlos aufgewendet erscheinen (BGE 122 II 211 E. 4b S. 218; 121 II 209 E. 3b S. 212 f.). So erachtete es beispielsweise die Verweigerung einer Kostengutsprache für ein Verfahren zur Geltendmachung einer zusätzlichen Entschädigung als bundesrechtskonform, wenn der Beschwerdeführer zuvor bereits eine Ausgleichszahlung für alle haftpflichtrechtlichen Ansprüche erhalten hat (Urteil 1C_443/2009 vom 5. Januar 2010 E. 3.1). Vorliegend sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb diese Praxis unter dem neuen OHG nicht zur Anwendung gelangen sollte (vgl. Urteil 1B_114/2010 vom 28. Juni 2010 E. 3.1; AEMISEGGER/SCHODER, Opferhilfe in der Gerichtspraxis, insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, in: Ehrenzeller/Guy-Ecabert/Kuhn (Hrsg.), Das revidierte Opferhilfegesetz, 2009, S. 25). Namentlich orientiert sich auch die Botschaft zur Totalrevision des Opferhilfegesetzes vom 9. November 2005 an dieser Rechtsprechung, indem sie die juristische Hilfe dann als angemessen betrachtet, wenn sie sich nicht auf offensichtlich nutzlose Schritte erstreckt (BBl 2005 7165, S. 7212). Auch in der Lehre wird dieser Ansatz vertreten (vgl. PETER GOMM, Kommentar zum OHG, 3. Aufl. 2009, Rz. 17 zu Art. 4 OHG).
2.4. Das Bundesgericht hatte im Urteil 8C_27/2016 vom 5. April 2016 bereits zu beurteilen, ob eine mögliche Interessenkollision des Rechtsschutzversicherers wegen seiner Zugehörigkeit zum selben Konzern wie der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers den Versicherungsnehmer dazu berechtigt, die zur Abklärung der Leistungspflicht eingeforderten Unterlagen zu verweigern. In jenem Verfahren wehrte sich der gleiche Beschwerdeführer wie im vorliegenden Fall gegen die Abweisung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege in einer sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeit. Das Bundesgericht erwog, zur Leistungsauslösung reiche nicht aus, lediglich einen Versicherungsfall mit Interessenkollision zu behaupten. Vielmehr müsse der Rechtsschutzversicherer in die Lage versetzt werden, die Anspruchsvoraussetzungen eigenständig zu prüfen. Komme der Anspruchsberechtigte seinen damit zusammenhängenden Obliegenheiten nicht nach, setze dies die Fälligkeit des Leistungsanspruchs nach Art. 41 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG; SR 221.229.1) aus. Der auf Art. 39 VVG zurückgehende Bst. E Ziff. 2e der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AGB) nehme den Leistungsansprecher ausdrücklich in die Pflicht, die zur Beurteilung der Prozessaussichten nötigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Auf die in Art. 168 der Aufsichtsverordnung (AVO; SR 961.011) vorgesehene Nichtanwendbarkeit der Entbindung des Rechtsvertreters vom Berufsgeheimnis gegenüber dem Versicherer könne sich im Einzelfall nur der Rechtsanwalt, nicht jedoch der Anspruchsberechtigte berufen. Dieser habe die zur Abklärung der Leistungspflicht erforderlichen Belege beizubringen, wobei dem Rechtsschutzversicherer bei der Bestimmung, welcher Informationen es dafür bedürfe, ein weites Ermessen zustehe. Art. 165 Abs. 3 AVO untersage es den Rechtsschutzversicherern, diese Unterlagen bzw. daraus gewonnene Erkenntnisse innerhalb des Konzerns weiterzugeben (vgl. E. 4.2.2).
2.5. Steht somit bereits fest, dass der Beschwerdeführer eine mögliche Leistungserbringung des Rechtsschutzversicherers durch sein Verhalten in Verletzung seiner Mitwirkungspflicht bisher verunmöglicht hat, erscheint das angestrebte (Schieds-) Verfahren gegen B.________ Rechtsschutz-Versicherung AG von vornherein als aussichtslos bzw. als offensichtlich nutzlos. Daran vermögen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einwände nichts zu ändern. Insbesondere tut nichts zur Sache, dass das Urteil 8C_27/2016 vom 5. April 2016 nicht in einem Verfahren nach Art. 23 BGG ergangen ist. Auch lässt sich aus diesem nicht ableiten, dass vorliegend ein Schiedsverfahren nach Art. 169 AVO einzuleiten sei, geht es hier doch nicht um eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Beschwerdeführer und der Rechtsschutzversicherung über die zu treffenden Schadenregelungsmassnahmen. Soweit der Beschwerdeführer seine Weigerung, die geforderten Unterlagen einzureichen, weiterhin mit der genannten Interessenkollision begründet und sich dabei auf den Schutz der Privatsphäre nach Art. 8 EMRK beruft, kann auf das Vorerwähnte verwiesen werden. Insbesondere kann aufgrund der im Urteil 8C_27/2016 angeführten Gründe nicht von einer unzulässigen Druckausübung gesprochen werden. Der vorinstanzliche Entscheid ist mithin nicht zu beanstanden und die Opferhilfe hat die Anwaltskosten für ein Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung zu Recht nicht übernommen.
3.
Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz mit der Abweisung des Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gegen Bundes- bzw. Konventionsrecht verstossen hat. Das Kantonsgericht wies dieses wegen Aussichtslosigkeit ab. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 29 BV und Art. 6 EMRK.
3.1. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet. Wie es sich damit verhält, prüft das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht mit freier Kognition. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zur Zeit, in der das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt wird (BGE 140 V 521 E. 9.1 S. 537 mit Hinweisen).
3.2. Da der Beschwerdeführer es klarerweise unterlassen hat, diejenigen zumutbaren Angaben zu machen und die Vollmacht zur Aktenedition zu unterzeichnen, die es der Behörde erlaubt hätten, den Sachverhalt und damit die Anspruchsberechtigung näher abzuklären, war einer gegen den Entscheid des DISG erhobenen Beschwerde beim Kantonsgericht von vornherein kein Erfolg beschieden. Wie die Vorinstanz zu Recht hervorhebt, bedingt die in Art. 29 OHG verlangte Einfachheit und Raschheit des Verfahrens, dass Opfer die in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen offenlegen. Die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege im kantonsgerichtlichen Verfahren ist somit nicht zu beanstanden.
4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 30 Abs. 1 OHG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen, da die Beschwerde schon zum Vornherein aussichtslos erschien (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern, Opferhilfe, dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, und dem Bundesamt für Justiz BJ schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Mai 2016
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Die Gerichtsschreiberin: Pedretti