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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1B_166/2016
Urteil vom 30. Mai 2016
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Uebersax.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hollinger,
gegen
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach,
Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau.
Gegenstand
Untersuchungshaft,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 4. April 2016 des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen.
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt gegen A.________ ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Tätlichkeiten, Raub und Nötigung zum Nachteil von B.________. A.________ wurde am 8. Dezember 2015 festgenommen. Am 11. Dezember 2015 ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau Untersuchungshaft bis zum 8. März 2016 an. Eine dagegen beim Obergericht des Kantons Aargau erhobene Beschwerde blieb erfolglos. Am 9. März 2016 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Haft bis zum 8. Juni 2016.
B.
Mit Entscheid vom 4. April 2016 wies das Obergericht des Kantons Aargau eine gegen die Verfügung über die Haftverlängerung eingereichte Beschwerde von A.________ ab.
C.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil vom 4. April 2016 aufzuheben und ihn sofort aus der Haft zu entlassen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, das Obergericht gehe zu Unrecht vom Vorliegen von Kollusionsgefahr aus.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau liess sich innert Frist nicht zur Sache vernehmen. Das Obergericht verzichtete auf eine Stellungnahme. Weitere Eingaben gingen beim Bundesgericht nicht ein.
Erwägungen:
1.
1.1. Der angefochtene Entscheid des Obergerichts ist als kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Verlängerung der Untersuchungshaft beim Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen anfechtbar (vgl. Art. 222 StPO und Art. 80 BGG). Der Beschwerdeführer nahm vor der Vorinstanz am Verfahren teil und hat als Inhaftierter und direkt betroffener Adressat des angefochtenen Entscheides ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an dessen Änderung bzw. Aufhebung. Er ist mithin nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt.
1.2. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
2.1. Gemäss dem Grundsatz von Art. 212 Abs. 1 StPO bleibt die beschuldigte Person während des Strafverfahrens, d.h. bis zur rechtskräftigen Erledigung desselben, in Freiheit. Eine vorherige Inhaftierung bildet demnach die Ausnahme. Nach den Grundvoraussetzungen von Art. 221 StPO ist Untersuchungshaft insbesondere nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ein im Gesetz genannter Haftgrund vorliegt. Überdies hat die Haft wie alle strafprozessualen Zwangsmassnahmen verhältnismässig zu sein (vgl. insbes. Art. 197 StPO) und sie darf nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe (Art. 212 Abs. 3 StPO). Nach Art. 237 StPO sind anstelle der Haft eine oder mehrere mildere Massnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen. Die Haftvoraussetzungen sind aufgrund der aktuellen Sachlage zu prüfen. Zu beachten ist schliesslich das strafprozessuale Beschleunigungsgebot (vgl. Art. 5 Abs. 2 StPO).
2.2. Die Vorinstanz bejahte im vorliegenden Fall den gegenüber dem Beschwerdeführer bestehenden dringenden Tatverdacht sowie das Vorliegen von Kollusionsgefahr, ohne weitere Haftgründe zu prüfen. Zugleich schloss sie mildere Massnahmen aus und beurteilte das strafprozessuale Beschleunigungsgebot als gewahrt. Vor Bundesgericht bestreitet der Beschwerdeführer einzig noch das Vorliegen von Kollusionsgefahr. Andere Rügen erhebt er nicht. Zwar hält er daran fest, dass aus seiner Sicht die Voraussetzung des dringenden Tatverdachts nicht erfüllt sei, er verzichtet vor Bundesgericht aber ausdrücklich auf eine entsprechende Rüge. Zu prüfen ist damit lediglich, ob Kollusionsgefahr zu bejahen ist.
2.3. Der Haftgrund der Kollusionsgefahr liegt vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass der Beschuldigte Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO). Verdunkelung kann nach der bundesgerichtlichen Praxis insbesondere in der Weise erfolgen, dass sich der Beschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt oder sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst, oder dass er Spuren und Beweismittel beseitigt. Untersuchungshaft wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass der Beschuldigte die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhaltes vereitelt oder gefährdet. Die theoretische Möglichkeit, dass der Beschuldigte kolludieren könnte, genügt indessen nicht, um Untersuchungshaft unter diesem Titel zu rechtfertigen. Es müssen vielmehr konkrete Indizien für die Annahme von Verdunkelungsgefahr sprechen. Das Vorliegen des Haftgrundes ist nach Massgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen (BGE 137 IV 122 E. 4.2 S. 127 f.; 132 I 21 E. 3.2 S. 23 mit Hinweisen).
2.4. Der Beschwerdeführer beruft sich auf eine Parteimitteilung vom 22. April 2016 der Staatsanwaltschaft, wonach die Untersuchung abgeschlossen sei. Diese Mitteilung erging nach dem angefochtenen Entscheid, der das Datum vom 4. April 2016 trägt, und kann daher im bundesgerichtlichen Verfahren gemäss Art. 99 BGG als neue Tatsache keine Berücksichtigung finden.
2.5. Die Vorinstanz erachtete die Kollusionsgefahr insbesondere im Zusammenhang mit dem Aussageverhalten des geschädigten mutmasslichen Opfers als erstellt. Da Aussage gegen Aussage stehe, gebe es eine erhebliche Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Hauptverhandlung versuchen könnte, den Geschädigten zu einem für ihn möglichst günstigen Aussageverhalten zu beeinflussen. Aufgrund einer Intelligenzminderung und weil er Angst vor dem Beschwerdeführer habe, sei der Geschädigte zudem für Beeinflussungsversuche besonders anfällig. Der kollusionsfreien Einvernahme des Geschädigten in der Hauptverhandlung, wo es zur Konfrontation mit dem Beschwerdeführer kommen werde, sei ein hoher Stellenwert beizumessen.
2.5.1. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass in der Hauptverhandlung eine Konfrontation zwischen ihm und dem Geschädigten stattfinden werde. Wie es sich damit verhält, ist zurzeit letztlich spekulativ. Es besteht jedoch angesichts der Bedeutung der Aussagen der beiden beteiligten Personen eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass das Strafgericht eine Konfrontation ins Auge fassen könnte. Die entsprechende tatsächliche Einschätzung der Vorinstanz ist daher nicht offensichtlich unrichtig und für das Bundesgericht verbindlich.
2.5.2. Angesichts der bekannten Umstände ist nicht zu beanstanden, dass das Obergericht von der Gefahr ausgeht, der Beschwerdeführer könnte bei einer Haftentlassung vor der Hauptverhandlung versucht sein, den Geschädigten zu beeinflussen, wozu dieser angesichts seiner reduzierten Intelligenz besonders anfällig wäre. Unabhängig davon, ob die Strafuntersuchung im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids bereits abgeschlossen war oder nicht, verletzt es demnach Art. 221 StPO nicht, von Kollusionsgefahr auf Seiten des Beschwerdeführers auszugehen. Der angefochtene Entscheid hält mithin vor Bundesrecht stand.
3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgangs würde der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da er bedürftig ist und seine Begehren knapp nicht als von vornherein aussichtslos erscheinen, ist ihm für das bundesgerichtliche Verfahren antragsgemäss die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mit seinem Rechtsvertreter zu bewilligen (vgl. Art. 64 BGG). Damit sind keine Kosten zu erheben, und es ist seinem Rechtsvertreter für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung aus der Bundesgerichtskasse zu entrichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Franz Hollinger als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Rechtsanwalt Franz Hollinger wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Mai 2016
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Uebersax