BGer 1B_195/2016 |
BGer 1B_195/2016 vom 08.06.2016 |
{T 0/2}
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1B_195/2016
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Urteil vom 8. Juni 2016 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
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Gerichtsschreiber Störi.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Advokatin Elisabeth Joller,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
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Binningerstrasse 21, Postfach 1348, 4001 Basel.
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Gegenstand
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Untersuchungshaft,
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Beschwerde gegen den Entscheid vom 20. April 2016 des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht.
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Sachverhalt: |
A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen A.________ ein Strafverfahren wegen Verursachung einer Explosion (Art. 223 Ziff. 1 StGB), versuchter Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), Sachbeschädigung (Art. 144 StGB), Diebstahls (Art. 139 Ziff. 1 StGB) und Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 StGB). Sie verdächtigt ihn u.a., am 3. Februar 2016 an seiner Arbeitsstelle im Restaurant "..." eine Explosion ausgelöst zu haben, indem er in einem Abstellraum eine Gasflasche geöffnet und eine brennende Kerze daneben gestellt habe. Damit habe er vom Umstand ablenken wollen, dass er zuvor Fr. 26'700.- aus dem Tresor seines Arbeitgebers gestohlen hatte. A.________ wurde am 5. Februar 2016 festgenommen und am 8. Februar 2016 in Untersuchungshaft versetzt.
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Am 16. März 2016 stellte A.________ ein Haftentlassungsgesuch. Das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Stadt wies dieses am 24. März 2016 ab und verlängerte die Untersuchungshaft um 12 Wochen bis zum 27. Juni 2016.
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Am 20. April 2016 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde von A.________ gegen diesen Haftentscheid ab.
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B. Mit Beschwerde vom 25. Mai 2016 beantragt A.________, diesen Entscheid des Appellationsgerichts aufzuheben und ihn unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen oder die Sache eventuell an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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C. Das Appellationsgericht und die Staatsanwaltschaft beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat auf eine Replik verzichtet.
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Erwägungen: |
1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Haftentscheid des Appellationsgerichts. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung der Haftentlassung in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Er macht die Verletzung von Bundesrecht geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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2. Untersuchungshaft kann unter anderem angeordnet werden, wenn ein dringender Tatverdacht in Bezug auf ein Verbrechen oder Vergehen sowie Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr besteht (Art. 221 Abs. 1 StPO).
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2.1. In Bezug auf den Vorfall im Restaurant "..." wird der Beschwerdeführer vor allem durch seine damaligen Arbeitskollegen und Vorgesetzten stark belastet. Nach den Aussagen von B.________ und C.________ verfügte der Beschwerdeführer am 1. und am 2. Februar 2016 zeitweilig über einen Tresorschlüssel. Am 2. Februar 2016 verbuchte der Beschwerdeführer im System, der im Tresor fehlende Betrag von Fr. 26'700.- sei auf ein Bankkonto des Arbeitgebers einbezahlt worden. Sein Vorgesetzter D.________ und seine Mitarbeiterin E.________ sagten aus, nachdem das Fehlen des Geldes im Tresor bemerkt worden sei, habe ihnen der Beschwerdeführer erklärt, er habe das Geld am Vortag bei der Bank einbezahlt. Die entsprechende Quittung habe er aber nicht vorweisen können. Er sei dann aufgefordert worden, diese beizubringen. Das Geld war effektiv nicht auf das fragliche Konto einbezahlt worden, was klarerweise den dringenden Verdacht begründet, dass sich der hoch verschuldete Beschwerdeführer, der zwischen dem 30. Januar und dem 4. Februar 2016 insgesamt Fr. 23'300.-- verspielte, den Geldbetrag unrechtmässig angeeignet hat.
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Die Explosion ereignete sich sodann just in dem Zeitraum, als der Beschwerdeführer den (nicht existierenden) Zahlungsbeleg beibringen sollte. Nach übereinstimmenden Aussagen verschiedener Mitarbeiter verhielt sich der Beschwerdeführer vor der Explosion auffallend nervös; B.________ und E.________ gaben an, er habe sie kurz vor der Explosion gedrängt, sich vom Lagerraum (und damit aus der gefährdeten Zone) zu entfernen. Aufgrund der zeitlichen Abfolge und der Aussagen seiner damaligen Arbeitskollegen ist der Beschwerdeführer damit auch dringend verdächtig, die Explosion herbeigeführt zu haben.
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Zutreffend ist der Einwand des Beschwerdeführers, dass keine "schlagkräftigen" objektiven Belastungsbeweise wie etwa Fingerabdrücke oder DNA-Spuren auf der geöffneten Gasflasche gegen ihn vorliegen. Das ändert indessen nichts daran, dass er durch die aufgeführten, sich gegenseitig stützenden Indizien dringend verdächtig erscheint. Der Tatverdacht bezieht sich zudem auf Verbrechen (Art. 111, Art. 139 Ziff. 1 und Art. 223 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 2 StGB), womit der allgemeine Haftgrund gegeben ist.
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2.2. Für die Annahme von Fluchtgefahr genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe für sich allein nicht. Eine solche darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Vielmehr müssen konkrete Gründe dargetan werden, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe kann immer nur neben anderen, eine Flucht begünstigenden Tatsachen herangezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a; 117 Ia 69 E. 4a; 108 Ia 64 E. 3; 107 Ia 3 E. 6; Urteil 1B_353/2013 vom 4. November 2013 E. 4.1).
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Der Beschwerdeführer ist thailändisch-schweizerischer Doppelbürger, wurde 1986 in Thailand geboren und kam mit 11 Jahren in die Schweiz, wo er die Schulen besuchte und eine Kochlehre bestand. Nach der Rekrutenschule als Truppenkoch arbeitete er bei verschiedenen Gastrobetrieben. Er lebt bei seinen Eltern und hat Freunde, die ihn teilweise auch in der Untersuchungshaft besuchen. Er ist somit privat und gesellschaftlich in der Schweiz gut integriert. Allerdings ist seine wirtschaftliche Existenz prekär, hat er doch, offenbar vor allem wegen seiner Leidenschaft für das Pokerspiel, Schulden in der Grössenordnung von Fr. 120'000.-- angehäuft, und seine berufliche Zukunftsaussichten sind, mit dem einer allfälligen Verurteilung entsprechenden Strafregisterauszug, zumindest stark getrübt. Für den Fall einer Verurteilung droht ihm zudem eine empfindliche Freiheitsstrafe. Er könnte somit ohne weiteres versucht sein, sich den Gläubigern und den Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz zu entziehen, um in Thailand, das er gut kennt und wo er Verwandtschaft hat, unterzutauchen und sich ein neues Leben aufzubauen. Das Appellationsgericht hat kein Bundesrecht verletzt, indem es diese Möglichkeit als wahrscheinlich einstufte und Fluchtgefahr bejahte.
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2.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Fluchtgefahr liesse sich auch durch eine Schriftensperre bannen, da er ohne Reisedokumente nicht nach Thailand reisen könne. Da somit eine Ersatzmassnahme den gleichen Zweck erfüllen könne, sei die Anordnung von Untersuchungshaft unverhältnismässig.
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Der Einwand ist unbegründet. Zwar mag es schwierig sei, ohne Reisedokumente nach Thailand zu reisen. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass sich der Beschwerdeführer in Freiheit thailändische Dokumente besorgen würde; das könnten die Schweizerischen Behörden weder verhindern noch kontrollieren. Eine Schriftensperre ist unter diesen Umständen nicht geeignet, den Beschwerdeführer zuverlässig an einer Flucht zu hindern.
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2.4. In zeitlicher Hinsicht ist die Fortführung der Untersuchungshaft zurzeit noch unproblematisch. Damit ist der Beschwerdeführer der ihm vorgeworfenen Verbrechen dringend verdächtig, es besteht Fluchtgefahr und es sind keine tauglichen Ersatzmassnahmen ersichtlich. Die Beschwerde ist damit abzuweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob ein weiterer besonderer Haftgrund - z.B. Kollusionsgefahr - besteht, wie dies die Vorinstanz angenommen hat.
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3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGGI). Er hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. Juni 2016
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Störi
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