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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
{T 0/2}
1C_11/2016
Urteil vom 10. Juni 2016
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Salt Mobile SA,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwälte Lorenzo Marazzotta und Janine Jauner,
Einwohnergemeinde Walterswil,
handelnd durch den Gemeinderat Walterswil,
Dorf, 4942 Walterswil,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern,
Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3011 Bern.
Gegenstand
Baubewilligung für Mobilfunkanlage; Austausch der Sendeanlage,
Beschwerde gegen das Urteil vom 1. Dezember 2015 des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Die Salt Mobile SA (vormals: Orange Communications SA) ersuchte am 31. Juli 2014 die Einwohnergemeinde Walterswil um die Baubewilligung für den Austausch der bestehenden Sendeanlage auf der in der Landwirtschaftszone gelegenen Parzelle Nr. 358. Gegen das Bauvorhaben erhob unter anderen A.________ Einsprache. Mit Gesamtentscheid vom 12. Dezember 2014 erteilte das Regierungsstatthalteramt Oberaargau die beantragte Bewilligung und wies die Einsprache ab.
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ am 8. Januar 2015 Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE). Diese wies das Rechtsmittel mit Entscheid vom 22. April 2015 ab.
Eine von A.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 1. Dezember 2015 ab, soweit es darauf eintrat.
B.
Mit Beschwerde vom 10. Januar 2016 beantragt A.________ dem Bundesgericht, die Baubewilligung zu verweigern. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanzen zurückzuweisen.
Die BVE und das Verwaltungsgericht schliessen auf die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Einwohnergemeinde Walterswil hat sich nicht vernehmen lassen. Das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe kein Bundesrecht verletzt. Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an seiner Beschwerde fest.
Erwägungen:
1.
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage, welcher der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (Art. 82 ff. BGG). Der Beschwerdeführer wohnt innerhalb des Perimeters, in dem die Strahlung noch 10 % des Anlagegrenzwerts beträgt. Er ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG; BGE 128 II 168 E. 2 S. 169 ff. mit Hinweisen). Auf seine Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die Beschwerdegegnerin betreibt auf der Parzelle Nr. 358 eine Mobilfunkanlage, die gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid im Jahr 2001 bewilligt und im Jahr 2004 umgebaut und mit UMTS-Funkdiensten erweitert wurde. Auf dem Sendemast befinden sich zusätzlich Antennenanlagen der Swisscom (Schweiz) AG, der Sunrise Communications AG sowie der Kantonspolizei Bern. Die Beschwerdegegnerin beabsichtigt, ihre zwei bestehenden Antennenpanels durch zwei neue Panels mit den gleichen Senderichtungen zu ersetzen. Durch die neuen Antennenpanels soll die Sendeleistung von 4'320 W auf 14'400 W erhöht und sollen zusätzlich zu den bisherigen Funkdiensten GSM und UMTS auch LTE-Funkdienste angeboten werden. Das Erscheinungsbild der Anlage bleibt unverändert.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, schon im Jahr 2009 sei die Leistung der Antennenanlage vermutlich ohne Bewilligung erhöht worden. Der Vorwand sei gewesen, es müsse für das Polizeifunknetz eine Anlage eingerichtet werden. Er habe dies schon im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, doch das Verwaltungsgericht sei darauf nicht eingegangen.
3.2. Im vorinstanzlichen Verfahren stellte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Replik den Antrag, die Anlage sei auf den Stand von 2001 zurückzubauen. Das Verwaltungsgericht trat auf den Antrag mit der Begründung nicht ein, er sei zum einen verspätet und liege zum andern ausserhalb des Verfahrensgegenstands. Konsequenterweise setzte es sich auch nicht mit den Vorbringen auseinander, mit denen der Beschwerdeführer seinen Antrag begründet hatte. Dass es damit Bundesrecht verletzt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist der angefochtene Entscheid deswegen nicht unzureichend begründet (Art. 29 Abs. 2 BV). Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Bewilligung von 2009 für das vorliegende Verfahren nicht als entscheiderheblich erachtete. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass dies unzutreffend ist.
4.
4.1. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Erteilung der Baubewilligung sei nur mit den finanziellen Motiven der Beschwerdegegnerin zu erklären. Wegen dem ungebremsten Anstieg der zu übertragenden Datenraten sei für die Mobilfunkbetreiber eine Vielzahl kleinerer Anlagen innerhalb der Bauzonen indessen wesentlich vorteilhafter. Die Alternativstandorte in den Bauzonen von Dürrenroth, Oeschenbach und Ursenbach würden früher oder später ohnehin ausgebaut. Auch grössere Anlagen auf entfernten Anhöhen könnten nur eine sehr beschränkte Anzahl Verbindungen aufbauen. Der vorliegende Fall sei mit dem Urteil 1C_200/2012 vom 17. Dezember 2012 vergleichbar. Auch dort sei klar gewesen, dass die Verweigerung der Baubewilligung nicht die Pflicht zum Abbruch der bereits bestehenden Antennenanlage zur Folge haben würde. Dennoch habe das Bundesgericht damals festgehalten, es handle sich nicht um eine altrechtliche Anlage und die Bewilligung könne nicht gestützt auf Art. 24c Abs. 2 RPG erteilt werden. Schliesslich sei der Versuch der Beschwerdegegnerin, mit Netzabdeckungskarten nachträglich eine Standortbegründung beizubringen, untauglich. Das Verwaltungsgericht sei offenbar auch dieser Auffassung, denn es habe betont, die Beschwerdegegnerin habe nicht nachgewiesen, wegen Kapazitäts- oder Deckungslücken auf den Standort angewiesen zu sein.
4.2. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass es sich bei der Umrüstung auf einen neuen Mobilfunkstandard um eine wesentliche Änderung der bestehenden Anlage handle (vgl. BGE 133 II 400 E. 3 S. 416 f.). Es stützte seinen Entscheid deshalb nicht auf Art. 24c RPG betreffend bestehende zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen, sondern auf Art. 24 RPG. Das beschwerdeführerische Zitat der bundesgerichtlichen Erwägungen zu Art. 24c RPG im Urteil 1C_200/2012 vom 17. Dezember 2012 geht insofern an der Sache vorbei.
4.3. Eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG setzt voraus, dass der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Eine Anlage ist im Sinne von Art. 24 lit. a RPG standortgebunden, wenn sie aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist oder wenn die Anlage aus bestimmten Gründen in einer Bauzone ausgeschlossen ist. Nach bundesgerichtlicher Praxis muss jedoch ein Standort in der Bauzone nicht absolut ausgeschlossen sein. Es genügt vielmehr eine relative Standortgebundenheit, welche dann zu bejahen ist, wenn gewichtige Gründe einen Standort in der Nichtbauzone gegenüber Standorten innerhalb der Bauzone als erheblich vorteilhafter erscheinen lassen. Die Bejahung der relativen Standortgebundenheit setzt eine umfassende Interessenabwägung voraus, die sich mit derjenigen nach Art. 24 lit. b RPG überschneidet (zum Ganzen: BGE 141 II 245 E. 7.6.1 S. 253 f. mit Hinweisen).
Mobilfunkanlagen sind nach der Rechtsprechung im Sinne von Art. 24 lit. a RPG absolut standortgebunden, wenn eine Deckungs- oder Kapazitätslücke aus funktechnischen Gründen mit einem oder mehreren Standorten innerhalb der Bauzonen nicht in genügender Weise beseitigt werden kann. Die relative Standortgebundenheit kann bejaht werden, wenn die Mobilfunkanlagen ausserhalb der Bauzone keine erhebliche Zweckentfremdung von Nichtbauzonenland bewirken und nicht störend in Erscheinung treten. Dies kann zutreffen, wenn sie an bestehende Bauten und Anlagen wie z. B. Hochspannungsmasten oder landwirtschaftliche Gebäude und Anlagen montiert werden können (zum Ganzen: BGE 141 II 245 E. 7.6.2 S. 254 mit Hinweisen). Strassen, Wege und Parkplätze ausserhalb der Bauzonen fallen als Standorte für die Neuerstellung von Mobilfunkanlagen in diesem Zusammenhang dagegen grundsätzlich ausser Betracht (BGE 133 II 321 E. 4.3.3 S. 427).
4.4. Das Verwaltungsgericht hielt fest, die Beschwerdegegnerin berufe sich nicht darauf, dass sie auf den bestehenden Standort angewiesen sei, weil eine Deckungs- oder Kapazitätslücke aus funktechnischen Gründen mit einem oder mehreren Standorten innerhalb der Bauzone nicht in genügender Weise beseitigt werden könne. Der Standort müsse sich daher im Vergleich zu einem Standort innerhalb der Bauzonen aufgrund einer Gesamtsicht als erheblich vorteilhafter erweisen. Dies sei zu bejahen: Der freistehende Mast werde neben der Beschwerdegegnerin auch von Sunrise, Swisscom und der Kantonspolizei genutzt. Die Verweigerung der Ausnahmebewilligung würde deshalb nicht zum Verschwinden des Masts führen. Es sei insofern sinnvoll, zumindest eine Konzentration der Anlagen an einem bestehenden Standort anzustreben. Hinzu komme, dass der Mast auf einer Anhöhe stehe, so dass ein grosses Gebiet mit nur einer Antenne erschlossen werden könne.
4.5. Das ARE gibt zu bedenken, dass Mobilfunknetze generell einem raschen Erneuerungsrhythmus unterliegen. Werde ein Mast nur von Mobilfunkbetreiberinnen genutzt, dürfe deshalb nicht ohne vertiefte Abklärungen davon ausgegangen werden, dass er ohnehin bestehen bleibe. Würde nämlich allen Betreiberinnen die Aufrüstung auf eine neue Mobilfunkgeneration verweigert, wäre die Chance intakt, dass der Mast innert nützlicher Frist verschwinde. Auch in solchen Fällen seien daher Varianten zu prüfen, inklusive der Verlegung in die Bauzone. Unter den vorliegenden Umständen habe das Verwaltungsgericht indessen kein Bundesrecht verletzt, dies auch mit Blick auf die Topographie und die periphere Lage.
4.6. Mit der Integration der neuen Antennen in die bestehende Mastkonstruktion wird das Landschaftsbild nicht zusätzlich belastet. Zudem wäre in raumplanerischer Hinsicht durch eine Verweigerung der Baubewilligung kaum etwas gewonnen, denn die Anlage bliebe bestehen. Würde eine Aufrüstung der Mobilfunkanlagen generell verweigert, so wäre zwar nicht auszuschliessen, dass der Standort früher oder später von allen drei Mobilfunkbetreiberinnen aufgegeben würde, wie dies das ARE mit Hinweis auf die Notwendigkeit von regelmässigen Modernisierungen darlegt. Jedoch wird der umstrittene Antennenstandort auch für den Polizeifunk verwendet. Insgesamt wäre deshalb jedenfalls nicht von einem Rückbau in absehbarer Zeit auszugehen (vgl. zum Ganzen: BGE 133 II 409 E. 4.3 S. 419; Urteile 1C_200/2012 vom 17. Dezember 2012 E. 4.3 mit Hinweisen; 1A.274/2006 vom 6. August 2007 E. 4.4, in: URP 2008 S. 317). Hinzu kommt, dass sich der Standort in peripherer Lage auf einer Anhöhe besonders gut für die Mobilfunkabdeckung eignet und dass die gemeinsam genutzte Anlage direkt neben einem Skilift steht, was die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds vermindert. Unter diesen Umständen ging das Verwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass die Aufrüstung der Mobilfunkanlage der Beschwerdeführerin keine erhebliche Zweckentfremdung von Nichtbauzonenland bewirkt und nicht störend in Erscheinung tritt. Die (relative) Standortgebundenheit nach Art. 24 lit. a RPG ist somit zu bejahen.
Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist zudem nicht geeignet, aufgrund einer Interessenabwägung nach Art. 24 lit. b RPG die Baubewilligung in Frage zu stellen. Nebst dem bereits Ausgeführten ist in dieser Hinsicht zu berücksichtigen, dass sich der Standort auch unter dem Gesichtspunkt des Strahlenschutzes anbietet. Aufgrund der spärlichen Überbauung im Umkreis der Sendestation und der grossen Höhe des Sendemasts von ca. 35 m kann ein grosses Gebiet mit einem Minimum an Strahlung versorgt werden. Alternative Standorte, die prioritär innerhalb der Bauzone gesucht werden müssten, hätten mit Sicherheit eine höhere Belastung von Wohngebieten zur Folge. Die Kritik des Beschwerdeführers ist somit unbegründet.
5.
Die Beschwerde ist aus den genannten Gründen abzuweisen.
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Gesuch zu bewilligen: Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat indessen der obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird gutgeheissen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Walterswil, der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. Juni 2016
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Dold